| Titel: | Mittheilungen über Santonin; von Ingenieur L. Knapp. | 
| Autor: | L. Knapp | 
| Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 42 | 
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                        Mittheilungen über Santonin; von Ingenieur L.
                              								Knapp.
                        Knapp, Mittheilungen über Santonin.
                        
                     
                        
                           Bei der Fabrikation von Santonin kommt man oft in den Fall, Laugen, Extracte u.s.w.
                              									zu haben, über deren Freisein von Santonin man im Zweifel sein kann. Zur
                              									Beurtheilung, ob die Flüssigkeit noch erhebliche Mengen Santonin enthält, existirt
                              									eine Reaction von Linde, welche jedoch nur für farblose
                              									Flüssigkeiten angewandt werden kann. Für dunkelkaffebraune bis 10° B. schwere, mit
                              									Harzlösungen verunreinigte Mutterlaugen, wie solche sich ergeben bei Ausfällung des
                              									Santonins aus dem
                              									wässerigen Auszüge des mit Kalkhydrat vermischten Zitwersamens, lieſs diese Reaction
                              									im Stich. Dem Ingenieur (Chemiker der Santoninfabrik in Tschimkent, Ruſsland) Joh. Kossakoffsky gelang es, auch hierfür, d.h. für
                              									gefärbte Laugen, die Reaction dienstbar zu machen. Die Reaction nach Linde besteht darin, die zu untersuchende, mit irgend
                              									einer Metallsalzlösung zu versetzende Flüssigkeit im Quantum von einigen Tropfen auf
                              									einem Porzellanschalendeckel mit einigen Tropfen concentrirter Schwefelsäure zu
                              									mischen; vor dem Zusatz der Schwefelsäure und nachher wird über einer Flamme schwach
                              									erwärmt, wobei sich die Flüssigkeit auf dem Schälchen je nach dem Santoningehalte
                              									violett färbt. Die Modification, die Kossakoffsky fand,
                              									besteht nun darin, das Extract oder die Mutterlauge, welche auf Santonin zu prüfen
                              									sind, vorher mit basischem essigsaurem Bleioxyd zu klären. Zu dem Filtrat dieser
                              									Ausfällung kann man auf dem Porzellanschalendeckel nach gelindem Erwärmen direkt
                              									einige Tropfen concentrirter Schwefelsäure zusetzen: tritt bei weiterem Erwärmen
                              									keine lebhafte violette Färbung ein, so ist der zu untersuchende Stoff (Extract oder
                              									Mutterlauge, Spülwasser der Diffusion u.s.w.) frei genug von Santonin, um denselben
                              									ablaufen lassen zu können.
                           Das Bedürfniſs nach einer solchen Reaction trat um so lebhafter auf, als die
                              									Tschimkenter Fabrik seit Juni 1887 den Betrieb dahin abgeändert hatte, daſs die
                              									bisher allein zum Ausfällen gebrauchte Salzsäure durch Schwefelsäure ersetzt wurde.
                              									Dieses Verfahren drängte sich auf, da die Kosten der Schwefelsäure loco Fabrik in
                              									Ruſsland fast gleich sind mit denen der Salzsäure. Die Transportkosten auf Kameelen
                              									auf eine Strecke von 2000km von Orenburg bis
                              									Tschimkent verändern jedoch die Calculation wesentlich; an Stelle des früheren
                              									Quantums von 25 Pud Salzsäure täglich tritt nun ein solches von 10½ Pud
                              									Schwefelsäure. Da nun durch Bruch der Flaschen, Transportkosten und andere Verluste
                              									der Preis der Säuren sich von 1 Rubel 75 Kop. loco Säurefabrik auf 5 Rubel loco
                              									Tschimkent stellt, so steht das Verfahren mit Schwefelsäure an Billigkeit dem mit
                              									Salzsäure weit voran. Es ist letzteres zwar das weitaus bequemste für den
                              									Groſsbetrieb, doch für Tschimkenter Verhältnisse zu theuer. Unterstützt wird die
                              									Verwendung der Schwefelsäure noch dadurch, daſs die zum Ausfällen des Kalkes nöthige
                              									Soda hier am Platze in Tschimkent in Form von schlackenartigen Massen, herrührend
                              									von dem Verbrennen von Steppenkräutern in Gruben, sehr billig zu haben ist: 10 Pud
                              									für 1 Rubel. Der chemische Vorgang beim Ausfällen des Santonins mit Soda und
                              									Schwefelsäure aus den Kalk haltigen Extracten des Zitwersamens ist folgender: Durch
                              									Versetzen mit Soda wird der freie Kalk und das Kalksantonat in Calciumcarbonat
                              									übergeführt, welcher Niederschlag abzufiltriren ist. Das Santonin befindet sich in
                              									der Lauge nunmehr als santoninsaures Natrium, welches durch Schwefelsäure zerlegt
                              										wird, worauf sich das
                              									Santonin, ebenso wie früher beim Ausfallen mit Salzsäure, in aus groſsen gelb
                              									gefärbten Blättchen bestehenden dicken Krusten an den Wänden des Fällbottichs
                              									absetzt.
                           Die Reaction, welche erkennen läſst, wann zum Extract genug Schwefelsäure zugesetzt
                              									ist, ist nicht so scharf und deutlich in die Augen springend als beim Verfahren mit
                              									Salzsäure, und stellte sich hierdurch das Bedürfniſs nach einer leicht und sicher zu
                              									machenden Controlanalyse heraus, welche zu finden Kossakoffsky ebenfalls gelang. Das Verfahren der Ausfällung des Santonins
                              									aus Kalkextracten des Zitwersamens mit Soda und Schwefelsäure wurde schon im Juni
                              									1885 Herrn Prof. Knapp in Braunschweig vom Direktor der
                              									Santoninfabrik in Tschimkent zur Begutachtung mitgetheilt (vgl. C.O. Cech 1884 253 474 und
                              										254 316).
                           Chemische Fabrik Iwanoff und
                                 										Sawinkoff, Tschimkent, Ruſsland.