| Titel: | Ueber Apparate zur Selbstregistrirung unter Zuhilfenahme der chemischen Wirkung des Inductionsfunkenstromes; von Dr. Nik. v. Klobukow. | 
| Autor: | Nik. v. Klobukow | 
| Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 216 | 
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                        Ueber Apparate zur Selbstregistrirung unter
                           								Zuhilfenahme der chemischen Wirkung des Inductionsfunkenstromes; von Dr. Nik. v.
                              								Klobukow.
                        Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 15.
                        Klobukow's Apparate zur Selbstregistrirung.
                        
                     
                        
                           Das bei der Construction von selbstregistrirenden Apparaten fast ausschlieſslich
                              									angewendete Prinzip besteht bekanntlich in einer unmittelbaren graphischen Uebertragung der Bewegung des registrirenden
                              									Theiles des Mechanismus auf zur Aufnahme der Zeichnung geeignete Unterlagen, wie
                              									z.B. Papier, beruſste Glas- oder Metallplatten u.s.w.; dabei bewegt sich also die
                              									zeichnende Vorrichtung mit gröſserer oder geringerer Reibung ununterbrochen auf der
                              									Zeichnungsfläche.
                           Die Aufzeichnung selbst geschieht bei solchen Apparaten in den meisten Fällen auf
                              									rein mechanischem Wege, indem man sich fester oder
                              									flüssiger farbiger Substanzen bedient, seltener auf chemischem bezieh. elektrochemischem Wege,
                              									indem man an den betreffenden Stellen der Zeichnungsfläche chemische Reactionen vor
                              									sich gehen läſst, durch welche gefärbte, also dem Auge sichtbare,
                              									Zersetzungsproducte entstehen.
                           Der Mangel der soeben prinzipiell geschilderten Registrirapparate liegt in ihrem
                              									Prinzipe selbst und es ist ohne Weiteres einleuchtend, daſs ihre Anwendung sich nur
                              									auf gröbere und verhältniſsmäſsig wenig empfindliche Mechanismen ausdehnen kann.
                           So z.B. wäre die unmittelbare graphische Auftragung der Bewegung des Zeigers eines
                              									elektrischen Meſsinstrumentes auf diesem Wege unbedingt unmöglich, denn der
                              									geringste Reibungswiderstand, den man einer solchen Bewegung entgegensetzen würde,
                              									genügt, um sie zu hemmen; ebenso verhält es sich bei vielen anderen empfindlichen
                              									Mechanismen.
                           In allen solchen Fällen nun kann und soll eine graphische Auftragung der zu
                              									registrirenden Bewegung nur mittelbar geschehen.
                           Zur Lösung dieser letzteren Aufgabe bediente man sich mit mehr oder weniger Erfolg
                              									der optischen bezieh. der photographischen Methoden; bekannt ist ferner die überaus sinnreiche
                              									Construction, welche Thomson seinem transatlantischen
                              									Kabeltelegraphen (1877 224 * 279) zu Grunde legte.
                           Die Ausnutzung der chemischen Wirkung des
                                 										Inductionsfunkenstromes schien mir nun ein weiteres willkommenes Mittel zur
                              									Lösung der Aufgabe einer mittelbaren und continuirlichen graphischen Auftragung
                              									einer Bewegung zu sein, was auch durch die bereits angestellten Versuche vollkommen
                              									bestätigt wurde.
                           Man denke sich den zeichnenden Theil des zu construirenden Registrirapparates nicht
                              									mehr auf der Zeichnungsfläche aufliegend, sondern in einem gewissen Abstande von
                              									derselben befindlich und mit einer feinen Spitze ausgestattet.
                           
                           Als Zeichnungsfläche nehme man einen Papierstreifen, welcher mit einer gegen die
                              									Wirkung des Inductionsfunkenstromes empfindlichen und eine sichtbare Spur der
                              									Zersetzung hinterlassenden Substanz getränkt wurde und als Unterlage für diesen
                              									Papierstreifen eine isolirt angebrachte Metallfläche. Verbindet man nun die genannte
                              									Metallfläche mit dem einen, die registrirende Spitze mit dem anderen Pol eines
                              									Inductionsapparates und setzt diesen letzteren in Thätigkeit, so wird ein
                              									continuirlicher Inductionsfunkenstrom von der Spitze durch Luft und Papier zur
                              									isolirten Unterlage flieſsen, an den Stellen seines Durchganges das Papier chemisch verändernd und somit die gewünschte graphische
                              									Aufzeichnung mittelbar hervorbringend.
                           Merkwürdigerweise wurde dieses so einfache Prinzip meines Wissens bei
                              									selbstregistrirenden Apparaten noch nicht angewendet. In letzter Zeit habe ich
                              									allerdings durch persönliche Mittheilungen erfahren, daſs seiner Zeit von Lamont an magnetischen Instrumenten die
                              									Funkenregistrirung versucht wurde; gleichfalls wurden diesbezügliche Angaben von
                              									Herrn Ingenieur B. Steinach, Generalsecretär des
                              									Polytechnischen Vereines in München, gemacht.Vgl. z.B. Siemens' Funken-Chronograph, 1875 216 152.D. Red.
                           Von den vielfachen Anwendungen, deren das Prinzip der Funkenregistrirung auf
                              									chemischem Wege fähig ist, sei nachstehend ein Apparat zum
                                 										Selbstregistriren geringer Druckschwankungen beschrieben.
                           Zur Construction dieses Apparates wurde ich durch Herrn Ingenieur Th. Teller, Inspector des Beleuchtungswesens an der
                              									Gasanstalt zu München, angeregt und die von mir vorgeschlagene Registrirvorrichtung
                              									wurde an einem bereits von ihm zum Zweck seiner Untersuchungen über die durch den
                              									Gang von Gasmessern verursachten Druckschwankungen abgeänderten Elster'schen „multiplicirenden“ Gasmesser
                              									angebracht.
                           Die Construction des Elster'schen
                              										„multiplicirenden“ Gasmessers darf ich wohl als bekannt
                              										voraussetzen.Vgl. N.H. Schilling's Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung, 1866 S. 97. N.H. Schilling's Handbuch für Steinkohlengasbeleuchtung, S. 200.
                           Die Einrichtung des Registrirapparates ist aus den schematischen Darstellungen seiner
                              									Vorder- und Seitenansicht (Fig. 9 und 10 Taf. 15) zu
                              									ersehen.
                           Der Schwimmer S des Elster'schen Apparates wird mit einem langen in radialer Richtung angebrachten
                              									Zeiger Z versehen, dessen Ende o vor einer feststehenden und isolirt angebrachten Metallplatte P zu spielen kommt.
                           Verbindet man nun die Platte P mit dem einen, den
                              									Schwimmer S (bezieh. irgend einen mit diesem letzteren
                              									in metallischer Verbindung stehenden Theil des Apparates) mit dem anderen Pol des
                              									Inductionsapparates J, so kommt zwischen dem Zeiger und
                              									der in einer seiner Schwingungsebene parallel liegenden Oberfläche der Platte P bei jeder Stellung des Zeigers ein Inductionsfunkenstrom zu Stande.
                           Läſst man nun zwischen Zeiger und Platte, letztere berührend, einen gegen die Wirkung
                              									des Inductionsfunkenstromes empfindlichen Papierstreifen xx abgleiten, so zeichnet der Zeiger des Schwimmers bei seiner Bewegung
                              									auf diesem letzteren die Curve der Druckschwankungen auf.
                           Ueber die einzelnen Theile des Apparates mögen folgende
                              									Bemerkungen Aufklärung geben.
                           Der Schwimmer S bewegt sich möglichst reibungsfrei
                              									zwischen Spitzen und wurde seine ohnedies groſse Empfindlichkeit noch dadurch
                              									gesteigert, daſs man ihm die Gestalt einer biconvexen Linse gab.
                           Der Zeiger Z soll bei einer beträchtlichen Länge (etwa
                              										21cm) ein möglichst geringes Gewicht besitzen;
                              									man fertigt ihn zweckmäſsig aus mehreren sich gegenseitig versteifenden
                              									Platindrähten, wie das in den Figuren angedeutet ist. Selbstredend kann auch
                              									Aluminium oder ein sonstiges Material angewendet werden; unter allen Umständen aber
                              									muſs das rechtwinkelig gegen die Platte P gebogene Ende
                              										o des Zeigers in eine feine Platinspitze verlaufen.
                              									Der Abstand zwischen Platte und Zeigerspitze kann durch Verschieben der ersteren
                              									regulirt werden und beträgt fürs Gewöhnliche 1,0 bis 1mm,5.
                           Die Metallplatte P wird durch die Stützen i und i1 getragen, welche ganz oder nur im unteren Theile
                              									aus Hartgummi bestehen; sie ist längs dieser Stützen in senkrechter Richtung
                              									verstellbar anzubringen, um mit Zeigern von verschiedener Länge arbeiten zu können.
                              									Ferner soll die Platte in wagerechter Richtung verstellbar sein, um ihren Abstand in
                              									wagerechter Richtung reguliren zu können, was durch Anbringen von
                              									Mikrometerschrauben mit Schlittenbetrieb erreicht wird.
                           Die Auſsenseite der Platte P wird mit dünnem Platinblech
                              									belegt, um ihre Oberfläche gegen die stark corrodirende Wirkung des
                              									Inductionsfunkens zu schützen; die Ränder der Platte sind nach auſsen abgerundet und
                              									lassen den Papierstreifen unter einem Winkel von 45° abgleiten, wodurch ein
                              									vollkommenes Anliegen des Streifens an die Fläche P
                              									gesichert ist.
                           Der Inductionsapparat J ist so zu wählen, daſs er bei
                              									einem Polabstand von 1,0 bis 1cm,5 in der Luft
                              									eben noch eine Entladung geben kann; es genügt also für unsere Zwecke eines der
                              									kleinsten Modelle, in welchen die Inductionsapparate construirt werden. Zum Treiben
                              									des Inductionsapparates verwende man für Dauerversuche Bunsen-Elemente, für kurz andauernde Versuche kleine Tauchbatterien mit
                              									Chromsäurefüllung; die Einschaltung eines Stromregulators in die Batterienleitung
                              									ist zu empfehlen.
                           Die zur Aufnahme der Zuleitungen dienenden Klemmschrauben befinden sich: die eine f in der Nähe der Schwimmerachse, die andere f1 an der Platte P selbst angebracht.
                           
                           Die Bewegung des Papier Streifens wird durch das Uhrwerk
                              										U mit einer entsprechenden variablen
                              									Geschwindigkeit bewerkstelligt; das Walzenpaar w dient
                              									zur Führung und Spannung des Papierstreifens. Man verwende für die Streifen nicht zu
                              									schwaches, möglichst glattes ungeleimtes Papier.
                           Es erübrigt nur noch, über die chemische Vorbereitung des
                                 										Papieres das Nöthige anzuführen.
                           Unter den zahlreichen Substanzen, welche durch die Wirkung des Inductionsfunkens
                              									unter Zustandekommen einer Farbenreaction chemisch verändert werden, eignen sich
                              									begreiflicherweise für unsere Zwecke nur die allerempfindlichsten, d.h. solche,
                              									welche schon im ersten Augenblick durch die Funkenwirkung verändert werden. Ferner
                              									muſs die Lösung, mit welcher das Papier getränkt wird 1) ein guter Leiter für Elektricität sein, um dem Inductionsfunkenstrom keinen
                              									allzu groſsen Widerstand im Papier entgegenzusetzen, 2) dem Papier schwach hygroskopische Eigenschaften verleihen, weil
                              									hierdurch die chemische Reaction begünstigt bezieh. beschleunigt wird.
                           Der Versuch zeigte, daſs sämmtliche Mischungen, die als Bäder zum Tränken der
                              									Papierstreifen für die Zwecke der chemischen TelegraphieSiehe 1855 138 43. 1856 140 * 185. Zetzsche, Handbuch der
                                       												elektrischen Telegraphier Bd. 1 S. 477. empfohlen
                              									wurden, sich auch für unsere Zwecke im gewünschten Maſse eignen, was auch im Voraus
                              									zu erwarten war, da bekanntlich dem Inductionsfunkenstrom sämmtliche Eigenschaften
                              									des galvanischen Stromes, nur im abgeschwächten Maſse, zukommen.
                           Ich empfehle zum Tränken der Papierstreifen in erster Linie folgende Mischung:
                           
                              
                                 Wasser
                                 100
                                 Gew.-Th.
                                 
                              
                                 Salpetersaures Ammoniak
                                 100
                                 „
                                 
                              
                                 Ferrocyankalium
                                     5
                                 „
                                 
                              
                           welche sich von der Pouget-Maisonneuve'schen Mischung für chemische Telegraphie nur durch
                              									einen Mindergehalt an salpetersaurem Ammoniak unterscheidet.
                           Ferner lieferte mir sehr gut brauchbare Resultate folgende Mischung:
                           
                              
                                 Wasser
                                 1000
                                 Gew.-Th.
                                 
                              
                                 Stärkemehl
                                 6
                                 „
                                 
                              
                                 Jodkalium
                                 20 bis 25
                                 „
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 40
                                 „
                                 
                              
                                 Glycerin
                                 130
                                 „
                                 
                              
                           Das Stärkemehl wird zunächst zu einem dünnen Kleister verkocht; dann erfolgt in
                              									angeführter Reihenfolge der Zusatz der übrigen Stoffe. Das Kochsalz dient zur
                              									Erhöhung der Leitungsfähigkeit des Papieres, das Glycerin verleiht ihm
                              									hygroskopische Eigenschaften. Das nach diesem Recept präparirte Papier ist jedoch
                              									weniger haltbar als das mit der erst angeführten Mischung getränkte.
                           
                           Einige Versuche mit weiteren Mischungen von Metallsalzen ergaben keine günstigen
                              									Resultate, sie sind auch nach dem Gesagten nicht von Nöthen und möchte ich die
                              									Ferrocyankaliummischung für alle Fälle empfehlen.
                           Das Annetzen der Papierstreifen vor dem Gebrauch ist beim Inductionsfunkenstrom nicht
                              									nothwendig, worauf ich besonders aufmerksam machen möchte, weil hierdurch die
                              									Construction der Apparate wesentlich vereinfacht wird.
                           Die Zeichnung erscheint auf dem Ferrocyankaliumpapier in blauer bezieh. blaugrüner
                              									Farbe; das Jodkaliumstärkepapier gibt eine violette bezieh. dunkelblaue
                              									Zeichnung.
                           Da beim Liegen die erhaltenen Zeichnungen bald an Schärfe und Ton verlieren, so ist
                              									es zu empfehlen, sie mit Bleistift nachzuziehen oder abzupausen.
                           Fig. 1., Bd. 268, S. 220Fig. 2., Bd. 268, S. 220Fig. 3., Bd. 268, S. 220Neben der chemischen Wirkung äuſsert der
                              									Inductionsfunken bekanntlich auch noch eine rein mechanische – das Papier wird fein durchlöchert, so daſs man im
                              									durchfallenden Lichte die aufgezeichneten Linien deutlich sehen kann. Ich möchte
                              									hier auf diesen Umstand nur hingewiesen haben, weil sich vielleicht diese
                              									Erscheinung durch Anwendung eines Copirverfahrens zur
                              									Vervielfältigung der erhaltenen Diagramme verwerthen lieſse. Ein Copirverfahren
                              									mittels des Inductionsfunkenstromes wurde nämlich in neuester Zeit von GarelLumière électrique, 1887 Bd. 25 S.
                                       											247. in Vorschlag gebracht und soll sich gut bewährt
                              									haben.
                           Zur Darstellung der Wirkungsweise des Apparates zur Registrirung geringer
                              									Druckschwankungen führe ich in den Textfig. 1 bis
                              										3 einige Curven der
                                 										Druckschwankungen, wie sie vom Apparat aufgezeichnet wurden, an.
                           In diesen Figuren entspricht der Abstand zwischen den parallelen Linien einem
                              									Druckunterschiede von 1mm Wassersäule und wurde
                              									dieser Reductionswerth auf empirischem Wege für den benutzten Apparat ermittelt. Der
                              									Abstand zwischen den in der Nähe der Curven angebrachten Punkten entspricht jedesmal
                              									einer vollen Umdrehung der Trommel des zu prüfenden Gasmessers; man sieht, daſs bei
                              									der Aufzeichnung unserer Curven der Papierstreifen mit ungleicher Geschwindigkeit
                              									abgewickelt wurde.
                           Die Zeichnung der Diagramme läſst in Bezug auf Feinheit und Genauigkeit nichts zu
                              									wünschen übrig.
                           Gegenwärtig bin ich mit der Construction der Funkenregistrirvorrichtung für
                              									elektrotechnische Meſsinstrumente und andere Apparate beschäftigt.
                           München, den 14. März 1888.
                           Elektrochemisches Laboratorium des Herrn Professor W.v. Miller an der Königl. technischen Hochschule.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
