| Titel: | Neue Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken. | 
| Autor: | St. | 
| Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 221 | 
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                        Neue Verfahren und Apparate für
                           								Zuckerfabriken.
                        (Patentklasse 89. Fortsetzung des Berichtes Bd.
                           								267 S. 132.)
                        Neue Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken.
                        
                     
                        
                           Briem hat sehr merkwürdige Beobachtungen über die Verschiedenartigkeit der aus demselben Samenknäuel stammenden Rübenpflanzen mitgetheilt (Organ des
                                       										Centralvereins der österreichisch-ungarischen Monarchie, 1887 Bd. 25 S.
                                 									687).
                           Es entwickelte beispielsweise ein Knäuel in gleicher Zeit Keimlinge von folgenden
                              									Gewichten in Grammen:
                           
                              
                                 Knäuel
                                 gab Keimlinge
                                 
                              
                                 
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 5
                                 
                              
                                   I.
                                 0,154
                                 0,112
                                 0,077
                                 0,0699
                                 0,0232
                                 
                              
                                  II.
                                 0,089
                                   0,0715
                                   0,0115
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 III.
                                 0,079
                                   0,0361
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                           Setzt man den schwersten Keimling jedes Knäuels = 100, so erhält man folgende
                              									Verhältniſszahlen für die Keimlinge je eines Knäuels:
                           
                           
                              
                                 I
                                 100
                                 72
                                 50
                                 45
                                 15
                                 
                              
                                 II
                                 100
                                 80
                                 13
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 III
                                 100
                                 45
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                           Es entsteht nun die Frage, ob diese so verschiedenen Keimlinge sich nicht später im
                              									ferneren Verlauf des Wachsthumes ausgleichen würden. Nach den Erfahrungen, die man
                              									bei anderen Saaten gemacht, war dies im Vorhinein nicht wahrscheinlich.
                           Um diese Frage zu beantworten, wurden nun einzeln ausgelegte Rübenknäuel nach dem
                              									Aufgange bis zum Zeitpunkt des Vereinzelns stehen gelassen und davon die aus vier
                              									Knäueln gewachsenen Pflänzchen in diesem Stadium des Wachsthumes gewogen. Also aus
                              									einem Knäuel gewachsen, dieselbe Vegetationsdauer, dieselbe Witterung, ja, weil
                              									unmittelbar neben einander gewachsen, dieselben Lebensbedingungen; und das Resultat
                              									war, daſs auch hier, wo eine Wurzelgewichtsbestimmung vorgenommen wurde, selbst aus
                              									einem Knäuel sehr verschiedene Pflänzchen sich heranbildeten.
                           
                              
                                 Knäuel
                                 I
                                 2,55
                                 2,18
                                 2,16
                                   1,87g
                                 
                              
                                 „
                                 II
                                 3,04
                                 2,49
                                 2,44
                                 0,66
                                 
                              
                                 „
                                 III
                                 2,74
                                 1,88
                                 1,04
                                 1,00
                                 
                              
                                 „
                                 IV
                                 2,32
                                 2,03
                                 0,72
                                 –
                                 
                              
                           Auch in der weiteren Entwickelung der Pflanzen zeigten sich auſserordentliche
                              									Verschiedenheiten. Es wogen z.B. fünf von dem Samen desselben Knäuels stammende Rüben bei der Ernte 55, 165, 245, 460 und
                              										835g.
                           Weitere Versuche, welche unter solchen Umständen angestellt waren, daſs jedem
                              									etwaigen Einwurfe begegnet wurde, dienten nur dazu, die Thatsache noch bestimmter
                              									festzustellen, daſs in jedem Rübenknäuel sich sehr verschiedene Samen befinden,
                              									welche sehr verschiedene Pflanzen liefern (vgl. auch die Versuche von Proskowetz über die Veränderlichkeit der Rüben, 1887
                              										266 127).
                           Die Folgerungen für die Samenzucht liegen nahe, und es wird noch sehr mühsamer
                              									Arbeiten bedürfen, ehe man die nothwendige Sicherheit des Erfolges erreicht haben
                              									wird.
                           Diese Verschiedenheiten setzen sich auch, wie derselbe Beobachter fand, im zweiten
                              									Jahre des Wachsthumes fort (a.a.O. 1887 Bd. 25 S. 773). Fünf Rüben, welche einem Rübenknäuel entstammten und den Winter durch im
                              									Keller sorgfältig aufbewahrt worden waren, zeigten ein Gewicht von je 1156, 859,
                              									574, 344 und 310g. Sie wurden am 1. April
                              									ausgepflanzt. Mitte August wurde der Samen geerntet und gewogen; es ergab die Rübe
                              									in der obigen Reihenfolge je 241, 167, 202, 239 und 104g gleichmäſsig lufttrockene Samenknäuel.
                           Ein regelmäſsiger Zusammenhang mit dem Rübengewicht ist nicht zu erkennen, ebenso
                              									wenig ein solcher zwischen letzterem und der Gröſse der Rübenknäuel, denn 1000
                              									Knäuel des Samens hatten ein Gewicht von bezieh. 20,7, 17,4, 23,8, 30,0 und 20g,8.
                           
                           Nach Bestimmung der Keimfähigkeit ergab sich, daſs die einzelnen Rüben je
                           13178, 14011, 11692, 12742 und 6297
                           Keimlinge lieferten.
                           Aus allen diesen Beobachtungen sind bestimmte Gesetzmäſsigkeiten noch nicht
                              									abzuleiten.
                           Zur Zuckeranalyse. Da dem während der Campagne sehr in
                              									Anspruch genommenen Chemiker die Aschenbestimmungen
                              									unter Zusatz von Schwefelsäure nach der bisher üblichen Methode durch öfteres
                              									Ueber-gehen und Verspritzen manche Schwierigkeiten und Zeitvergeudung verursachen,
                              									hat Danysz in Münsterburg (Deutsche Zuckerindustrie, 1888 Bd. 13 S. 38) während der letzten Campagne
                              									ein etwas abgeändertes Verfahren eingeschlagen, mit welchem sich in jeder Hinsicht
                              									bequem und sicher arbeiten lieſs. Die Veränderung beruhte auf einer geringen Zugabe
                              									– etwa 1ccm – Aether, zu dem bereits mit einigen
                              									Tropfen Schwefelsäure versetzten Zucker. Nach 1 bis 2 Minuten wurde der Aether
                              									angezündet und verbrannte Anfangs ruhig, gegen das Ende lebhafter, wobei die Masse
                              									ohne besondere Blähung gleichmäſsig verkohlte und darauf in der üblichen
                              									Platinmuffel in einer wesentlich kürzeren Zeit zu einer porösen, sehr gleichmäſsigen
                              									Asche verbrannte.
                           Ein vorzügliches Mittel, Rübenzucker darauf zu prüfen, ob Traubenzucker, Invertzucker, Dextrin oder
                              									vielleicht auch andere organische Nichtzuckerbestandtheile auch nur in sehr geringer
                              									Menge vorhanden sind, ist nach Prof. Ihl
                                 										(Chemiker-Zeitung, 1888 Bd. 12 S. 25) Methylenblau.
                           Eine reine Rübenzuckerlösung, versetzt mit einer Lösung von kohlensaurem Natron,
                              									entfärbt zugefügte Methylenblaulösung beim Kochen gar nicht, während die geringste
                              									Menge Invertzucker, Traubenzucker, Dextrin u.s.w. beim Kochen reducirend auf
                              									Methylenblau, d.i. entfärbend, einwirkt. Auch zur Prüfung des Rübensaftes und der
                              									Melasse dürfte diese Reaction zu gebrauchen sein.
                           Die Zahl der im Rübenrohzucker nachgewiesenen Nichtzuckerstoffe hat kürzlich eine interessante
                              									Bereicherung erfahren durch eine in der Deutschen
                                 										Zuckerindustrie, 1887 Bd. 12 S. 1602, abgedruckte Arbeit von v. Lippmann, dem es gelang, aus einer ätherischen
                              									Mutterlauge, welche durch Ausschütteln von Rohzucker gewonnen war, Brenzkatechin zu isoliren. Das Vorkommen dieser
                              									Substanz besitzt ein erhöhtes Interesse deshalb, weil wegen der bekannten
                              									reducirenden Wirkung derselben auf Fehling'sche Lösung
                              									die Annahme nahe liegt, es sei hier einer der vielgesuchten Bestandtheile entdeckt
                              									worden, der die Invertzuckerreaction von Zuckern verursacht, bei denen ein Gehalt an
                              									wirklichem Invertzucker höchst unwahrscheinlich ist. Nun hat allerdings v. Lippmann ausdrücklich angegeben, daſs es ihm fern
                              									liege, auf Grund seiner Untersuchung Brenzkatechin für einen constanten Bestandtheil
                              									reducirender Zucker oder für. eine wesentliche Ursache des Reductionsvermögens zu
                              										erklären; letzteres
                              									erscheint auch wenig wahrscheinlich, wenn man bedenkt, daſs bei der der
                              									Invertzuckerbestimmung vorhergehenden Behandlung mit Bleiessig die sehr schwer
                              									lösliche Bleiverbindung des Brenzkatechins zum überwiegend gröſsten Theil ausfallen
                              									muſs. Aber da ein mindestens sporadisches Vorkommen dieser Substanz durch die
                              									erwähnte Arbeit unzweifelhaft erwiesen ist, und man doch bei der nicht völligen
                              									Unlöslichkeit der Bleiverbindung immer geneigt sein könnte, den Gehalt an
                              									Brenzkatechin für die Ursache des Reductionsvermögens solcher Zucker zu halten, so
                              									hat A. Wohl untersucht (a.a.O. Bd. 13 S. 37), ob
                              									Brenzkatechin in denjenigen Mengen, in denen ein Vorkommen desselben im Rohzucker
                              									anzunehmen ist, überhaupt einen wesentlichen Einfluſs auf das Reductionsvermögen
                              									gegen Fehling'sche Lösung ausübt.
                           Dabei hat sich gezeigt, daſs bei Gegenwart eines groſsen Ueberschusses an Zucker
                              									Brenzkatechin nicht reducirend auf Fehling'sche Lösung
                              									einwirkt, daſs dementsprechend ein Gehalt von etwa 0,2 Proc. die Menge des
                              									abgeschiedenen Kupferoxyduls überhaupt nicht beeinfluſst, und daſs sogar ein
                              									erheblich höherer Gehalt die Menge des Kupferoxyduls in steigendem Maſse zu
                              									vermindern vermag. Diese auf den ersten Blick etwas auffällige Thatsache wird
                              									verständlich, wenn man erwägt, daſs Brenzkatechin, wie bekannt, in alkalischer
                              									Lösung unter Dunkelfärbung Sauerstoff aus der Luft aufnimmt, und daſs demnach wohl
                              									die so gebildeten unbekannten Oxydationsproducte als Sauerstoffüberträger wirken und
                              									einen Theil des gebildeten Kupferoxyduls wieder in Oxyd überführen können. Hiernach
                              									wird also ein Gehalt an Brenzkatechin niemals direkt als Ursache des
                              									Reductionsvermögens von Zucker gelten dürfen.
                           Inaktose. Durch längeres Erhitzen von Zucker mit
                              									salpetersaurem Silber und wenig Wasser auf über 140° hat Maumené vor 20 Jahren den optisch unwirksam, d.h. nicht polarisirenden
                              									Zucker erhalten, den er Inaktose nannte. Die Versuche wurden anderwärts nicht mit
                              									gleichem Erfolge wiederholt und die Existenz des optisch wirkenden Zuckers mehrfach
                              									angezweifelt. Neuerdings hat nun Maumené denselben aus
                              									reinstem Candis nicht wieder erhalten können (Journal des
                                 										fabr. de sucre, 1887 Bd. 28 Nr. 48), worüber derselbe folgendes mittheilt:
                              									Der Versuch gelingt nur mit einem, wenn auch noch so schwach alkalischen Zucker. Der
                              									Zucker, welcher zu dem ersten Versuche diente, stammte aus einer Rohzuckerfabrik und
                              									enthielt wie gewöhnlich zwischen 6- und 10-Tausendsteln Kali, Natron und selbst
                              									Kalk, was genügt, um die geringste Menge der die schleunige Inversion des ganzen
                              									Zuckers bewirkenden Säure C12H12O14 zu
                              									neutralisiren.
                           Enthält der Zucker nun kein Alkali oder doch nicht mehr als 1- bis 1,5-Tausendstel,
                              									so geschieht dagegen folgendes:
                           Eine Erwärmung um 30° höchstens, im Wasserbad bewirkt fast vollständige Inversion.
                              									Die normale Zuckerlösung (16g,2 zu 100) zeigt – 18° und nach einigen
                              									Stunden – 36°. Immerhin ist diese Lösung sauer und liefert einen geringen, aber
                              									stetig zunehmenden Niederschlag von salpetrigsaurem Silber. Die Flüssigkeit riecht
                              									nach salpetriger Säure, färbt aber die Luft des Kolbens nicht. Es hat sich
                              									Hexepensäure gebildet und die Flüssigkeit sauer gemacht; ihre Gegenwart wird auch
                              									durch das Erscheinen lebhaft metallisch glänzender mikroskopischer Silberblättchen
                              									im salpetrigsauren Salz bewiesen.
                           Wenn man dagegen zu reinem Candiszucker 1- oder
                              									2-Tausendstel Kali oder Natron zusetzt, so verhindert dies das Auftreten der
                              									Inversion vollkommen.
                           Maumené hat den optisch unwirksamen Zucker durch
                              									Ausfällen der Silberlösung mit reinem Chlorcalcium in der Kälte rein dargestellt.
                              									Nach dem Abfiltriren hat man eine Lösung von Zucker und salpetersaurem Kalk, man
                              									setzt Alkohol zu und stellt die Flüssigkeit unter eine Glocke neben eine gehörige
                              									Menge Kalk. Bei der so bewirkten Concentrirung tritt ein Augenblick ein, wo sich die
                              									Flüssigkeit in eine alkoholische Lösung und abgesetzte Inaktose trennt; man wäscht
                              									mit etwas Alkohol, löst dann den Zucker in möglichst wenig Wasser, fügt wieder
                              									Alkohol zu und stellt wieder unter die Glocke. – Nach dieser zweiten Behandlung ist
                              									der Zucker rein.
                           Er bleibt syrupartig und zeigt auch nach 3 Wochen keine Spur Kristallisation. – Man
                              									kann ihn als eine bestimmte Zuckerart betrachten, denn er zeigt Beständigkeit unter
                              									den besonderen Umständen seiner Entstehung in einem neutralen oder schwach aber
                              									deutlich alkalischen Mittel. Mit alkalischer Kupferlösung gibt er keine Reduction;
                              									vorher mit wenig Säure erhitzt, wird er rascher invertirt, als der Rohrzucker. Mit
                              									Kalk gemischt, verbindet er sich damit, kann aber nicht durch Kohlensäure davon
                              									getrennt werden und bleibt wie vorher optisch unwirksam.
                           M. Hönig und St. Schubert
                              									ist es gelungen (Sitzungsberichte der Kaiserl. Akademie der
                                 										Wissenschaften, 1887 Bd. 96 2. Abth. Juniheft, nach Zeitschrift des Vereins für Rübenzuckerindustrie, Bd. 37 S. 999), die Lävulose (Fruchtzucker) in derart deutlichen Krystallen darzustellen, daſs eine krystallographische
                              									Bestimmung damit ausgeführt werden kann.
                           Nach verschiedenen Versuchen, die Lävulose in Krystallform zu erhalten, blieben die
                              									genannten Autoren schlieſslich bei folgendem Verfahren stehen.
                           Aus einer abgewogenen Menge reinen Inulins wird mit Hilfe einer ½ procentigen
                              									Schwefelsäure eine ungefähr 18- bis 20 procentige Lösung hergestellt und diese
                              									höchstens eine Stunde lang auf dem kochenden Wasserbade digerirt. Diese Zeit ist
                              									mehr als ausreichend, um das Inulin nahezu vollständig zu verzuckern, und liefert
                              									dabei noch wenig gefärbte, fast wasserhelle Zuckerlösungen, aus denen sich leicht
                              									helle Syrupe gewinnen lassen. Nach dem Absättigen mit kohlensaurem Baryt wird filtrirt, und das Filtrat
                              									auf einem nicht zur vollen Kochhitze angeheizten Wasserbade langsam zum Syrup
                              									eingeengt. Behufs möglichst weitgehender Entwässerung wird derselbe entweder längere
                              									Zeit über Schwefelsäure stehen gelassen, oder, was schneller zum Ziele führt, vorher
                              									in absolutem Alkohol gelöst, und die filtrirte Lösung nach dem Verdunsten des
                              									Alkohols einige Tage im Exsiccator aufbewahrt. Von dem auf diese Art dargestellten,
                              									sehr zähflüssigen, schwach gelb gefärbten Syrup werden ungefähr 50g in 200cc
                              									käuflichem absoluten Alkohol heiſs gelöst, die Lösung nach dem Erkalten und 24
                              									Stunden langem Stehenlassen klar abgegossen und, nachdem man einige Kryställchen von
                              									reinem Fruchtzucker eingetragen, in einem bedeckten Becherglase sich selbst
                              									überlassen. Nach einigen Tagen beginnt die krystallinische Ausscheidung, und wenn
                              									dieselbe keine Bereicherung mehr erfährt, werden die Krystalle an der Pumpe auf
                              									einem Trichter abgesaugt und durch wiederholtes Umkrystallisiren gereinigt.
                           Das Krystallsystem des dargestellten Fruchtzuckers ist rhombisch. Die einzeln
                              									aufgewachsenen Individuen sind vorwiegend prismatisch entwickelt, während die zu
                              									lockeren Gruppen vereinigten Krystalle zumeist pyramidalen Habitus besitzen.
                           Am Schlusse einer längeren Besprechung der polaristrobometrischchemischen Analyse (Sitzungsberichte der Königl.
                                 										preuſsischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1887 Bd. 48 nach Zeitschrift des Vereins für Rübenzuckerindustrie, 1888
                              									Bd. 38 S. 29, bringt Prof. Landolt eine neue sehr
                              									sinnreiche Methode zur Sprache: die Anwendung des Polaristrometers zur Analyse
                              									optisch nicht activer Substanzen.
                           Gewisse active Körper, wie Weinsäure, Apfelsäure, Asparaginsäure, Invertzucker, die
                              									meisten Alkaloide, Santonin, Campher u.A., zeigen bekanntlich die Eigenschaft, daſs
                              									ihr Rotationsvermögen sich oft in bedeutendem Grade ändert, wenn zu dem
                              									Lösungsmittel noch eine andere inactive Substanz zugesetzt wird. Hierauf läſst sich
                              									eine Bestimmungsmethode dieser letzteren Stoffe gründen, welche beispielsweise
                              									folgende Anwendungen finden kann:
                           1) Zur Ermittelung des Gehaltes einer Lösung. Hierfür
                              									ist es nöthig, Vorversuche in der Art auszuführen, daſs man erst eine Reihe
                              									verschieden concentrirter Lösungen der inactiven Substanz herstellt, in jeder
                              									derselben eine gleiche Quantität des activen Körpers zu dem nämlichen Volumen
                              									auflöst, und die Ablenkungen der verschiedenen Mischungen bestimmt. Hat man daraus
                              									eine Formel berechnet, welche den Gehalt an inactiver Substanz als Function des
                              									Drehungswinkels ausdrückt, so werden sich unbekannte Lösungen analysiren lassen,
                              									wenn man in dieselben die gegebene Menge des activen Stoffes einträgt und die
                              									Flüssigkeit im Polarisationsapparate prüft.
                           Als Beispiel beschreibt Landolt vorläufig nur die
                              									Bestimmung der Borsäure, in wässerigen Lösungen mit Hilfe von Weinsäure, deren Drehungsvermögen bei
                              									steigendem Zusatz ersterer Säure in erheblichem Grade zunimmt.
                           Mit Hilfe der Weinsäure oder löslicher Tartrate müssen sich ferner die arsenige und
                              									antimonige Säure, sowie Molybdän- und Wolframsäure und deren Salze bestimmen lassen,
                              									da alle diese Körper das Drehungsvermögen bedeutend erhöhen. Auf gleiche Weise
                              									sollen Formamid, Acetamid, Harnstoff wirken. Noch empfindlicher als die Weinsäure
                              									verhält sich die Apfelsäure und vielleicht die Asparaginsäure gegen solche
                              									Substanzen. – Mittels Invertzucker könnte der Gehalt der Lösungen von Bleiessig und
                              									möglicherweise noch mancher anderer Metallsalze ermittelt werden u.s.w.
                           2) Gemenge aus zwei festen inactiven Körpern werden sich
                              									analysiren lassen, wenn man zuvor die Wirkung einer Anzahl Mischungen von bekannter
                              									Zusammensetzung auf die Drehung einer activen Substanz bestimmt, und zwar unter
                              									Anwendung stets gleicher Mengen sowie des nämlichen Lösungsmittels. Dabei sind
                              									selbstverständlich um so günstigere Ergebnisse zu erwarten, je verschiedener der
                              									Einfluſs der Einzelbestandtheile ist. So kann auf diese Weise vielleicht mit Hilfe
                              									neutraler Tartrate oder Malate die Analyse von Gemengen aus Chlorkalium und
                              									Chlornatrium oder anderer Salze ermöglicht werden.
                           3) In gleicher Weise wird in gewissen Fällen die Analyse einer Mischung aus zwei inactiven Flüssigkeiten ausführbar
                              									sein, vorausgesetzt, daſs die Aenderung der specifischen Drehung des zugesetzten
                              									activen Körpers regelmäſsig verläuft. Nach den Versuchen von Oudemans läſst sich z.B. das Cinchonin benutzen, um kleine Mengen von
                              									Alkohol in Chloroform quantitativ, zu ermitteln.
                           Ueber die Brauchbarkeit dieser Methoden zu bestimmten Zwecken müssen weitere Versuche
                              									entscheiden.
                           
                              
                                 St.
                                 
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)