| Titel: | Brückenbau. | 
| Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 241 | 
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                        Brückenbau.
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									16.
                        Ueber Brückenbau.
                        
                     
                        
                           Die bedeutendsten Brückenbauten der Gegenwart sind die beiden groſsen Brücken über
                              									den Firth of Tay und den Firth of Forth, beides Meereinschnitte an der Ostküste von
                              									Schottland.
                           Die erstgenannte Brücke in der Linie Edinburg-Dundee-Aberdeen der North-Britisch
                              									Railway liegend bildet ein wichtiges Verbindungsglied zwischen der schottischen
                              									Hauptstadt und dem Norden des Landes.
                           Nachdem schon seit 10 Jahren die Absicht bestanden hatte, diese Brücke zu bauen,
                              									wurde die Ausführung des ersten, verunglückten Baues nach den Plänen des Ingenieurs
                              										Thomas Bouch von der Firma Charles de Bergue und Company in London, Cardiff und Manchester übernommen
                              									und am 24. Juni 1871 der Grundstein gelegt. Mit vielen Schwierigkeiten, zu denen in
                              									erster Linie heftige Stürme zählten, wurde die Brücke von 3145m Gesammtlänge in 85 Oeffnungen, von denen 11
                              									mittlere 74m,7, 2 desgleichen 69m,9, alle anderen weniger bis zu 8m,8 Spannweite hatten, am 22. September 1877
                              									fertig, im Februar 1878 mit 6 Locomotiven von je 73 englischen Tonnen Gewicht bei
                              										14m,9 Länge geprüft und am 30. Mai desselben
                              									Jahres in Betrieb genommen. Die eingleisige Brücke lag in einer Steigung, welche an
                              									dem nördlichen, theilen und felsigen Ufer bei Dundee das höchste Maſs von 1 : 73,6
                              									erreichte und hier gleichzeitig mit einer Curve von einer Viertelwendung Parallel
                              									zum Ufer auf die Hochebene ausmündete.
                           Die Brücke war, weniger durch groſse Spannung, als durch ihre Länge von 3145m und die schwierige Fundirung in Tiefen bis 24m unter dem Hochwasserstande, nach damaliger
                              									Auffassung das bedeutendste Brückenbauwerk der Welt. Der Erbauer, Ingenieur Bouch, wurde nach der Inbetriebnahme in den Adelstand
                              									erhoben und ihm der Auftrag ertheilt, an Stelle einer Trajectfähre mit
                              									Kettenbetrieb, eine Brücke über den Firth of Forth zu projectiren.
                           Diese Brücke hat den Zweck, eine direkte Verbindung von Edinburg nach dem Norden von
                              									Schottland ohne Umführung um die Meeresbucht, welche 40km tief in das Land einschneidet, herzustellen und so die Concurrenz mit
                              									den weiter westlich erbauten Linien zu ermöglichen. Es vereinigten sich als
                              									Bauherren vier groſse Eisenbahngesellschaften, die Nordost-, Midland-, nordbritische
                              									und groſse Nordbahn.
                           Da die Ausführung eines Tunnels bei Wassertiefen von über 60m unmöglich war, so wurde die Erbauung einer
                              									Hängebrücke nach dem Muster der East River-Brücke in New-York beschlossen, welche in
                              									der Nähe von Queenferry mit Benutzung einer Felseninsel, „Inch Grarvie“, als
                              									Pfeilerpunkt in zwei groſsen Spannungen von je 487m Weite und vielen kleinen Oeffnungen nach dem Plane Sir Bouch's erbaut werden sollte.
                           Die Ausführung wurde den Unternehmern Taucred, Arrol und
                                 										Comp.
                              									zum Preise von 37
                              									Millionen Mark übertragen, welche mit dem Baue bereits begonnen hatten, als am 28.
                              									December 1879 abends die 13 gröſsten mittleren Oeffnungen der Taybrücke, unter einem
                              									von Edinburg kommenden Eisenbahn-Personenzuge, während eines heftigen Sturmes ein-
                              									oder richtiger umstürzten.
                           Die traurigen Vorgänge sind durch die Tagespresse genügend bekannt geworden, eine
                              									weitere weniger bekannte Folge war die sofortige Einstellung aller Arbeiten an der
                              									Forthbrücke. Sir Thomas Bouch büſste das Vertrauen
                              									seiner Auftraggeber, welches er im höchsten Maſse besessen hatte, mit diesem
                              									Unglücke vollständig ein.
                           Der Grund des Einsturzes ist nach dem Ergebnisse der Untersuchung in der ungenügenden
                              									Stabilität der Pfeiler besonders gegen seitlichen Druck, z.B. Winddruck, in dem
                              									Mangel richtiger Vorkehrungen zum Beseitigen der schädlichen Einflüsse, welche
                              									Temperaturdifferenzen auf Eisenconstructionen ausüben und ganz besonders in der
                              									leichtfertigen Art, mit welcher die Windstreben der Pfeiler an die guſseisernen
                              									Säulen angeschlossen waren, zu suchen.
                           Die vereinigten Eisenbahngesellschaften beriefen nunmehr für den Bau der Brücke über
                              									den Firth of Forth eine Commission, bestehend aus den Ingenieuren Fowler, Harrison und Barlow, welche den Bau an der erwählten Stelle für möglich erklärten, das
                              									in Ausführung befindliche Project jedoch verwarfen, so daſs von demselben
                              									vollständig abgesehen wurde.
                           Sir John FowlerNicht zu verwechseln mit dem Besitzer der bekannten Fabrik
                                       												landwirthschaftlicher Maschinen. erhielt den Auftrag zur
                              									Ausarbeitung eines neuen Projectes, welches er mit einem früheren Schüler und
                              									Mitarbeiter, dem Ingenieur Baker, ausarbeitete.
                           Dies Project, welches am 21. December 1882 den bereits genannten Unternehmern Taucred, Arrol und Comp. in Glasgow für den Preis von
                              									40 Millionen Mark zur Ausführung übertragen wurde und welches jetzt zur Hälfte
                              									ausgeführt ist, übertrifft in seinen Abmessungen, sowie in der Art seiner Ausführung
                              									alles was bis jetzt auf dem Gebiete des Brückenbaues geleistet worden ist. Der
                              									Berichterstatter des österreichischen Ingenieur- und
                                 										Architekten-Vereines, welcher das Bauwerk besichtigt hat, ist der Ansicht,
                              									daſs jeder, dessen Zeit und Verhältnisse es gestatten, nach Schottland reisen und
                              									das Bauwerk noch während der Bauzeit ansehen solle, und daſs die Reise-Stipendien
                              									der höheren technischen Lehranstalten eine bessere Verwendung nicht finden können,
                              									als diejenige, jungen Technikern das Studium an Ort und Stelle zu ermöglichen.
                           
                        
                           I. Brücke über den Firth of
                                 									Forth.
                           
                              a) Construction und
                                    											Hauptabmessungen des Ueberbaues in Stahl.
                                 									
                              Von dem mittleren Theile des riesigen Bauwerkes ist in Fig. 1 Taf. 16 eine
                                 										Seitenansicht, in Fig. 2 halb obere
                                 										Ansicht, halb Schnitt über der unteren Gurtung, in Fig. 3 die
                                 										Seitenansicht eines äuſseren Pfeilers und in Fig. 4 ein Querschnitt
                                 										durch diesen Pfeiler dargestellt. (Photo-Lithographien enthalten die Journale
                                 												„Industries“, vom 21. Oktober 1887,
                                 										die „Wochenschrift des österreichischen Ingenieur-
                                       												und Architectenvereines“ vom 2. December 1887 Nr. 48 und
                                 												„Le Génie Civil“ vom 19. November
                                 										1887.)
                              Die Gesammtlänge des Bauwerkes ist 2466m, die
                                 										Breite der Meeresbucht bei der Ebbe jedoch nur 1210m, die gröſsere Hälfte der Länge ist demnach über Niederungen für die
                                 										Sturmfluth hinweg geführt.
                              Die groſse mittlere Brücke hat vom südlichen Endpfeiler der Fluthbrücken bis zu
                                 										dem nördlichen eine Länge von 1626m,30. Sie
                                 										enthält 2 groſse Oeffnungen von 521m,6
                                 										Stützweite, 2 äuſsere Pfeiler von je 44m,2, 1
                                 										mittleren Pfeiler von 79m,3 Länge (Abstand der
                                 										Säulenachsen) und 2 Seitenöffnungen von 207m,4
                                 										Stützweite. Die Spannweite beträgt in den Achsen der Steinpfeiler gemessen
                                 											518m,2.
                              Südlich schlieſst sich an die groſse Brücke ein Viadukt von 542m,23 Länge mit 10 Oeffnungen von je 51m,2 lichter Weite und nördlich ein solcher von
                                 											295m,65 Länge, bestehend aus 5 gleich
                                 										weiten Oeffnungen, an.
                              Der Construction nach bestehen diese Brücken aus einem mittleren Wipp- oder
                                 											WagebalkenträgerVgl. Josef Langer, Theorie der combinirten
                                          													Brücken-Systeme. Prag 1859, 1862 und 1873, sowie Zeitschrift des Vereines deutscher
                                          													Ingenieure, 1876 S. 137. Die im Werke von Dr. Ritter, Elementare Berechnung der Dach- und
                                          													Brückenconstructionen 1863, dargestellten continuirlichen
                                       												Träger unterscheiden sich Wesentlich von der hier vorliegenden
                                       												Construction. von 494m,1
                                 										Länge, zwei desgleichen, seitlichen von je 459m,0 Länge, auf deren freistehenden Enden sich je ein Halbparabelträger
                                 										von 106m,8 Länge mit einem gelenkigen, jedoch
                                 										festen und einem beweglichen Auflager stützt. Das letztgenannte Auflager macht
                                 										die Längendifferenzen bei Temperaturunterschieden, welche ungefähr 400mm für 1 Spannweite betragen, unschädlich.
                                 										Durch diese Längenbeweglichkeit unterscheidet sich die Construction von allen
                                 										combinirten, continuirlichen Gelenkträgern und von den bekannten
                                 										Wagebalkenträgern mit Längenausdehnung durch die breitbasige Doppelunterstützung
                                 										auf den Pfeilern und den selbständigen Halbparabelträger. In England wird diese
                                 										Bauart Cantilever-System (Hebel-System) gekannt.
                                 										Schon im J. 1810 hatte M. Pope eine Brücke von
                                 											540m Spannweite über den East River in
                                 										New-York nach diesem System entworfen, welche jedoch nicht zur Ausführung
                                 										gelangte.
                              Die Halbparabelträger haben ungefähr die Abmessungen und Spannweiten der gröſsten
                                 										deutschen Rheinbrücken.Rheinbrücke Hamm bei Düsseldorf und Rheinbrücke bei Wesel haben
                                       												Halbparabelträger, erstere von 106m
                                       												Stützweite, letztere 4 Spannungen von 101m,69 Stütz- und 104m,5
                                       												Achsenweite. Bisher sind nur Balkenbrücken bis ⅓ der
                                 										Spannweite der Forthbrücke gebaut worden.Die Brücke bei Kuilenburg in Holland hat 154m,5, die Hudson River-Brücke 160m,2 Spannweite. Die Hängebrücke über den East River 493m Spannweite. Letztere ist nur
                                       												Straſsenbrücke in New-York.
                              
                              Die Halbparabelträger unterscheiden sich von unseren deutschen Brückenträgern
                                 										dadurch, daſs sie keine Vertikalen haben und die obere gedrückte Gurtung in
                                 										jedem Felde gegen die Kreuzungspunkte der Diagonalen durch Halbvertikalen
                                 										nochmals abgesteift wird.
                              Die Höhenabmessungen der Forthbrücke sind ebenfalls riesig bemessen. Die Pfeiler
                                 										haben von der Unterkante der unteren, eisernen Gurtung bis zur Oberkante der
                                 										oberen eine Höhe von 104m,5 und vom
                                 										Wasserspiegel der Ebbe eine Gesammthöhe von 115m,5. Die Thürme der Votivkirche in Wien haben 102m,5, der Thurm der Petrikirche in Berlin hat
                                 											96m,35 und die Thürme des Cölner Domes
                                 											125m,5 Höhe.
                              Im Querschnitte sind die Wagebalkenträger nach einem Verhältnisse 1 : 7,5 gegen
                                 										einander geneigt, so daſs die Säulen der Thürme unten 36m,57 und oben 10m,065 Achsenentfernung haben.
                              An den Auflagern der Halbparabelträger ist der lichte Abstand der Gurtungen der
                                 										Wagebalken unten 9m,7 und oben 6m,7.
                              Die Trägerwände gehen an dieser Stelle ganz nahe beim freien Profil der
                                 										zweigleisigen Bahn vorbei und haben eine Höhe von 15m,24. Die freie Durchlaſsöffnung unter den groſsen Ueberbauten beträgt
                                 										auf eine Breite von 150m 45m,8 über dem Fluthwasserstande.
                              Gleich riesig wie die Spannweiten und Höhen sind die Abmessungen der einzelnen
                                 										Constructionsglieder.
                              Die untere Gurtung und die Säulen der Pfeiler haben Röhrenform von 3m,66 äuſserem Durchmesser, welcher Durchmesser
                                 										bei den unteren Gurtungen der Consolträger gegen die Enden hin bis auf 1m,52 abnimmt. Die Blechstärke beträgt an den
                                 										Säulen 25mm und an den Gurtungen 32mm.
                              In Fig. 5
                                 										ist ein Querschnitt durch eine untere Gurtung der Pfeiler gezeichnet. Im Inneren
                                 										sind die Blechröhren durch 10 Stück ⌶-Träger
                                 										abgesteift, welche an ihrer inneren Winkelgurtung in Abständen von je 2m,4 durch Ringe aus Winkeleisen mit einander
                                 										verbunden und gegen einander abgesteift sind.
                              Die Blechlängen betragen 4m,88 und es sind
                                 										diese Bleche der Länge nach, zur Hälfte ihrer Länge übergreifend, und im
                                 										Querschnitte, wie die Bleche der Schiffe, gegen einander versetzt mit doppelter
                                 										Nietreihe zusammengenietet. Bei den Längenstöſsen stoſsen die abgehobelten
                                 										Stoſskanten fest gegen einander und sind noch durch Stoſsbleche gelascht, welche
                                 										jedoch mehr den Zweck haben, die Verschiebung der Blechkanten gegen einander zu
                                 										verhindern und die Steifigkeit zu erhöhen.
                              Die oberen Gurtungen der Pfeiler und Consolträger, von denen in Fig. 6 ein Querschnitt
                                 										gezeichnet ist, sind als rechteckige kastenförmige Gitterträger ausgebildet.
                              Ihre Höhe, gemessen in den Auſsenkanten der Gurtungswinkel, beträgt an den
                                 										Pfeilern 3m,76 und die Breite von Mitte zu
                                 										Mitte der Seitenwände 2m,2.
                              
                              Die Druckstreben sind ebenfalls in Säulenform ausgebildet mit einem Durchmesser,
                                 										welcher für die stärksten an den Pfeilern 2m,4
                                 										und nach den Enden der Consolträger abnehmend immer etwa 10 Proc. mehr beträgt
                                 										als der mittlere Abstand in den Seitenwänden der oberen Gurtung. Sie flachen
                                 										sich an ihren oberen Enden ab, so daſs die Breite bei denjenigen von 2m,4 Durchmesser nur noch 2m,1 beträgt, und werden dann durch
                                 										Anschluſsplatten verlängert, welche in die Seitenwände der oberen Gurtungen
                                 										hineintreten und durch absteifende Querwände, als Verlängerung der
                                 										Druckdiagonalen einen vollständigen viereckigen Kasten bilden.
                              In dem Uebergange sind sie durch kräftige Querabsteifungen gesichert, wie der
                                 										Querschnitt Fig.
                                    											7 zeigt. Die Säulen der Pfeiler gehen ebenfalls im Inneren kräftig
                                 										versteift in einen viereckigen Querschnitt von 3m,125 mittlere Länge und 2m,2
                                 										mittlere Breite über, so daſs ihre Seitenwände direkt in die Gurtungswinkel der
                                 										oberen Gurtung hineintreten, wie die Fig. 8 im
                                 										Längenschnitt und Fig. 9 im
                                 										Horizontalschnitt zeigen. Es bilden sich demnach die Knotenpunkte der oberen
                                 										Gurtung ähnlich aus wie bei einer jeden Gitterträgerbrücke mit doppelten
                                 										Haupt-trägern. Wenn dennoch die Säulen in der äuſseren Ansicht bis an ihr Ende
                                 										rund erscheint, so ist diese Täuschung durch eine in Fig. 9 sichtbare
                                 										Blendung hervorgebracht. Die Zugdiagonalen haben einen ähnlichen Querschnitt wie
                                 										die obere Gurtung, welcher in Fig. 10 gezeichnet
                                 										ist. Derselbe hat für die stärksten an die Pfeiler anschlieſsenden Diagonalen
                                 										eine Höhe von 2m,4 und eine Breite von 2m,1, so daſs er sich ohne Schwierigkeit an die
                                 										obere Gurtung anschlieſst. Der Querschnitt der Zugdiagonalen nimmt in seinen
                                 										Abmessungen wie derjenige der Druckdiagonalen gegen die Enden der Consolträger
                                 										hin allmählich mit der Breite der oberen Gurtung ab.
                              Schwieriger als der Anschluſs an die obere Gurtung ist die Verbindung der
                                 										Vertikalen und Diagonalen mit der röhrenförmigen unteren Gurtung. An den
                                 										Knotenpunkten der Consolträger sind die röhrenförmigen Druckdiagonalen ebenfalls
                                 										abgeflacht und schlieſsen sich mit den Zugdiagonalen an Plattenwände an, welche
                                 										denselben Abstand haben wie die Vertikalwände der oberen Gurtung. Diese
                                 										vertikalen Plattenwände treten in die röhrenförmigen Gurtungen hinein und sind
                                 										direkt, sowie durch horizontale Querwände im Inneren mittels Winkeleisen fest an
                                 										dieselben angeschlossen.
                              Ueber den Auflagerpunkten treten nur gedrückte, röhrenförmige Glieder zusammen.
                                 										Die durchgehende untere Gurtung ist an diesen Stellen ebenfalls, im Inneren
                                 										durch 2 vertikale Plattenwände abgesteift, an welche sich die abgeflachten
                                 										Druckdiagonalen anschlieſsen. Dieselben sind höher hinauf bis in die
                                 										Pfeilersäulen hinein fortgesetzt und selbst, so wie durch horizontale
                                 										Querabsteifungen und Winkeleisen, allseitig an die Cylinderwände
                                 										angeschlossen.
                              
                              Von auſsen ist an jede Pfeilersäule ein starker kegelförmiger Stahlschuh
                                 										angeschraubt, welcher aus 4 vertikal getheilten Stücken zusammengesetzt ist.
                              Derselbe steht mit seinem Fuſse auf einer unter der unteren Gurtung befestigten
                                 										horizontalen Platte und reicht mit kräftigen Streberippen bis zum runden Theile
                                 										der Säule hinauf, den er vollständig umhüllt. Rechts und links neben diesem
                                 										senkrechten Stahlschuhe liegen auf der genannten horizontalen Platte noch 2
                                 										Stahlschuhe unter den röhrenförmigen Theilen der unteren Gurtung, von denen
                                 										jeder aus zwei Stücken zusammengesetzt ist und die Gurtungen unter den
                                 										Druckdiagonalen durch kräftige Rippen absteift. Dieser aus 8 Stücken
                                 										zusammengesetzte guſsstählerne Auflagerschuh ist in sich und mit der
                                 										horizontalen Lagerplatte zu einem festen Ganzen zusammengeschraubt, an welches
                                 										sich horizontal und diagonal kastenförmige Gitterträger zur Querabsteifung
                                 										anschlieſsen, wie dies die Fig. 2 und 4 erkennen
                                 										lassen.
                              Von den 4 Auflagerschuhen eines Gruppenpfeilers ist nur der eine mittels 12
                                 										Stahlankern von 40mm Durchmesser und 7m,3 Länge auf einer 100mm starken Auflagerplatte seines gemauerten
                                 										Sockels fest, jedoch um die Säulenachse drehbar aufgeschraubt, die 3 anderen
                                 										sind durch eine gleiche Anzahl Schrauben in der Art festgehalten, daſs sie sich
                                 										zwischen Leisten auf einer unterliegenden festen Guſsstahlplatte in der Richtung
                                 										gegen und von dem festen Auflager horizontal verschieben können. Es ist dies für
                                 										die Längendifferenz im Höchstbetrag von 60mm
                                 										bei Temperaturwechsel nöthig, damit die Pfeiler nicht beschädigt werden.
                              Um das Festrosten zu vermeiden, liegt unter den Säulenfüſsen auf den
                                 										Auflagerplatten ein Gemisch von Vaseline mit graphitreichen Roheisenspänen in
                                 										dünner Schicht.
                              In halber Höhe sind die 4 Säulen eines Pfeilers nochmals, wie dies die Fig. 3 und
                                 											4
                                 										zeigen, in der Längenrichtung durch kastenförmige Gitterträger mit einander
                                 										verbunden und ebenso wie über den Pfeilern durch diagonale Träger abgesteift,
                                 										welche im mittleren Pfeiler 2, in den beiden äuſseren Pfeilern je 1 horizontales
                                 										Andreaskreuz bilden. Die Kreuzungspunkte der Druckdiagonalen sind in derselben
                                 										Horizontal-Ebene durch ähnliche Querabsteifungen verbunden und an die
                                 										horizontalen Andreaskreuze angeschlossen. Die Querabsteifung in vertikaler Ebene
                                 										zwischen den Pfeilersäulen und die Lage der Fahrbahn ist in Fig. 4 gezeichnet.
                              Eine ähnliche Querabsteifung ist in geneigter Ebene zwischen je zwei sich in der
                                 										Seitenansicht deckenden Drucksteifen der Consolträger angebracht, und zwar so,
                                 										daſs die Knoten- und die Kreuzungspunkte in denjenigen Theilen dieser
                                 										Querabsteifungen, welche die Fahrbahn einschlieſsen, in gleicher Höhe liegen und
                                 										sich demnach in einer Projection auf eine vertikale Querebene decken.
                              Die Fahrbahn ruht auf zwei Gitterträgern von 3m,5 Höhe, welche unter den äuſseren Schienen der zweigleisigen Fahrbahn
                                 										liegen, wie Fig.
                                    											4 erkennen läſst. Die Schiene ruht in einem Troge, wie Fig. 11 zeigt. Der
                                 										untere Theil desselben ist mit Kies gefüllt, auf welchem eine hölzerne
                                 										Langschwelle liegt. Bei Entgleisungen laufen die Räder in den Rinnen weiter.
                              Wie Fig. 1
                                 										zeigt, ist die untere Gurtung der Consolträger gegen jeden Knotenpunkt der
                                 										Diagonalen nochmals abgesteift. Zwischen diesen Halbvertikalen sind nochmals
                                 										Querabsteifungen angebracht, auf denen die Schienenträger aufruhen und auſserdem
                                 										stützen sich dieselben mit Querabsteifungen noch (Fig. 12) auf die
                                 										Knotenpunkte der unteren Gurtung.
                              Fig. 2
                                 										zeigt rechts die obere Ansicht der Brücke mit dem Horizontalverbande der oberen
                                 										Gurtung eines Halbparabelträgers und links die untere Gurtung mit dem
                                 										Horizontalverbande der Wagebalkenträger. Die Portale über den Stützpunkten der
                                 										Halbparabelträger sind so kräftig ausgebildet, daſs sie den Horizontalschub vom
                                 										oberen auf den unteren Verband übertragen können.
                              Alle Absteifungsträger, auch diejenigen des Horizontal Verbandes, sind als
                                 										kastenförmige Gitterträger aus 4 Gurtungswinkeln mit vertikalem und horizontalem
                                 										Gitterwerk aus Winkeln in Form der Andreaskreuze ausgebildet und so hoch oder
                                 										breit, daſs sie die säulenartigen Druckglieder, an welche sie sich anschlieſsen,
                                 										zwischen ihre Gurtungswinkel fassen. Der Anschluſs erfolgt mittels
                                 										Anschluſsbleche direkt an den zylindrischen Blechmantel.
                              
                           
                              b) Eigengewicht, Belastung und
                                    											Beanspruchung.
                                 									
                              Das Gesammtgewicht der Eisenconstruction beträgt 45000t, von denen etwa 36000t auf die mittlere groſse Brücke zu rechnen
                                 										sind. Dieses Eigengewicht vertheilt sich der Art, daſs die Pfeiler 45t für 1 laufenden Meter und die
                                 										Halbparabelträger 7t,6 für 1 laufenden Meter
                                 										wiegen. Von den Pfeilern nach den Consolenden nimmt dies Eigengewicht etwas
                                 										schneller wie nach einer arithmetischen Progression ab.
                              Als höchste bewegliche Last gilt 3t,2 für 1
                                 										laufenden Meter und Gleis, welche sich zusammensetzt aus 2 Locomotiven von je
                                 											76t Gewicht und 60 Kohlenwagen von je
                                 											15t, also 1042t für 1 Gleis und 2084t für 2
                                 										Gleise, nicht 800t, wie irrthümlich vielfach
                                 										angegeben ist.
                              Der Winddruck ist zu 288k für 1qm und auf die doppelte Ansichtsfläche der
                                 										Brücke gleichmäſsig oder streckenweise wirkend gerechnet worden.Nach Versuchen, welche auf der Insel Inch-Garvie angestellt wurden, ist
                                       												der Winddruck zu 288k auf 1qm ermittelt worden. Gleichzeitig
                                       												wurde festgestellt, daſs der Wind auf einzelne kleinere Flächen
                                       												bedeutend stärker verdichtet sein kann, auf groſse Flächen dagegen im
                                       												Durchschnitt weniger hoch wirksam wird. Es wurde jedoch die
                                 										Ansichtsfläche aller röhrenförmigen Constructionsglieder nur mit 50 Proc., also
                                 										einfach in Rechnung gestellt. Der Winddruck auf einen Ueberbau von 521m,6 Spannweite ergab sich so gerechnet zu
                                 											2000t, beinahe so groſs, wie die höchste
                                 										Belastung durch
                                 										Güterzüge und 2½ mal so groſs wie die Belastung durch 2 schwerste Personenzüge,
                                 										welche etwa 800t, also nur 5 Proc. des
                                 										Eigengewichtes einer Spannweite einschlieſslich der Pfeiler betragen wird.
                              Nur bei groſsen Spannweiten, bei denen das Eigengewicht 8 mal so groſs ist wie
                                 										die gröſste zufällige Belastung, ist die Anwendung des Wagebalkensystemes
                                 										vortheilhaft. Bei kleinen Spannungen müſsten die Pfeiler eine sehr groſse Länge
                                 										haben, um das Aufkippen der Wagebalkenträger bei gröſster einseitiger Belastung
                                 										zu verhindern.
                              Die Enden der äuſseren Wagebalkenträger, welche sich auf die Endpfeiler der
                                 										Viaducte stützen, sind auf diesen solid verankert, so daſs sie sich auch nicht
                                 										heben können, und es ist deshalb bei diesen Trägern eine kleinere Pfeilerlänge
                                 										erforderlich, als bei dem mittleren Träger, bei welchem das Eigengewicht allein
                                 										die einseitige Wirkung der beweglichen Last unschädlich machen muſs.Es finden sich in einigen Zeitschriften Photographien eines Versuches,
                                       												bei welchem zwei auf Stühlen sitzende Ingenieure, welche die nach beiden
                                       												Seiten halb erhobenen Hände mit armlangen Stäben gegen die Stuhlsitze
                                       												stützen, die Wagebalken vorstellen. Sie halten in den äuſseren Händen
                                       												die oberen Enden von Belastungsgewichten, welche auf dem Boden stehen
                                       												und die Verankerung ersetzen. An den inneren Händen hängt ein
                                       												horizontaler Stab als Halbparabelträger und auf diesem sitzt ein
                                       												Japanese als Belastung. Dieser orginelle Versuch paſst jedoch auf den
                                       												mittleren Wagebalkenträger der Forthbrücke nicht, es müſste denn eine
                                       												der sitzenden Personen die Wageschale loslassen und nur einen Holzstab
                                       												in die äuſsere Hand nehmen, wonach er unmöglich gerade sitzen könnte,
                                       												vielmehr seinen Oberkörper nach auſsen legen würde, um das gestörte
                                       												Gleichgewicht herzustellen. Diese Bewegung kann wohl ein lebendes Wesen,
                                       												jedoch kein Stahlträger ausführen, bei welchem der Schwerpunkt des
                                       												Eigengewichtes nicht verschoben werden kann.
                              Die untere Gurtung eines Consolträgers hat eine Gesammtspannung von 6325t auszuhalten, von welcher Spannung 36,6 Proc.
                                 										auf das Eigengewicht, 47 Proc. auf den Winddruck und nur 16,4 Proc. auf die
                                 										Belastung zu rechnen sind. Es läſst dies erkennen, daſs die untere Pfeilerbreite
                                 										im Verhältnisse zur Pfeilerhöhe noch zu klein bemessen ist, sonst könnte der
                                 										Winddruck gegenüber der Belastung nicht beinah die 3 fache Anspannung
                                 										ergeben.
                              Die Anspannung in den Constructionsgliedern beträgt für 1qmm nicht mehr als ⅓ der nachstehenden
                                 										Festigkeitszahlen:
                              1) Bei gleichmäſsig gespannten Theilen 47k.
                              2) Für eine bis Null zu- und abnehmende Beanspruchung 36k.
                              3) Für abwechselnd gedrückte und gezogene Theile bei häufigem Wechsel 17k und bei seltenem Wechsel 23k,7.
                              Das Material des eisernen Ueberbaues ist Siemens-Fluſsstahl. Vorgeschrieben sind folgende Festigkeitszahlen:
                              
                                 
                                    Zugglieder
                                    47,2 bis 52k
                                    für
                                    1qmm
                                    Festigkeit
                                    und
                                    20
                                    Proc.
                                    Dehnung
                                    
                                 
                                    Druckglieder
                                    53,5 bis 58,3
                                    „
                                    „
                                            „
                                    „
                                    17
                                    „
                                    „
                                    
                                 
                                    Stahlnieten
                                    45k
                                    „
                                    „
                                            „
                                    „
                                    30
                                    „
                                    „
                                    
                                 
                                             „
                                    36,6 bis 37,8
                                    „
                                    „
                                    Scheerfestigkeit
                                    
                                 
                                    Ankerplatten aus   Guſsstahl
                                    47,2
                                    „
                                    „
                                    Festigkeit
                                    u.
                                    8 bis 10
                                    „
                                    „
                                    
                                 
                              
                              Nach einem Aufsatze des Professors Melan ist die
                                 										Anspannung in den Hauptconstructionstheilen folgende:
                              
                                 
                                    
                                    Untere Gurtung
                                    Obere Gurtung
                                    Pfeilersäulen
                                    
                                 
                                    
                                    im Ganzen
                                    für 1 qmm
                                    im Ganzen
                                    für 1 qmm
                                    im Ganzen
                                    für 1 qmm
                                    
                                 
                                    Eigengewicht
                                     2318t
                                     4,4k
                                     2289t
                                      6,9k
                                      1575t
                                     5,2k
                                    
                                 
                                    Belastung
                                    1038
                                    1,9
                                    1013
                                     3,2
                                      716
                                    2,4
                                    
                                 
                                    Winddruck
                                    2967
                                    5,5
                                      553
                                     1,7
                                    1040
                                    3,5
                                    
                                 
                                    ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                    
                                 
                                    Summe
                                    6323t
                                    11,8k
                                    3855t
                                     11,8k
                                    3331t
                                     11,1k.
                                    
                                 
                              Es sind demnach 11k,8 für 1qmm die höchste vorkommende Beanspruchung.
                              Nicht weniger interessant als die Eisenconstruction des groſsartigen Bauwerkes
                                 										ist die Fundamentirung desselben, die Ausführung der Eisenconstruction in den
                                 										Werkstätten und die Aufstellung derselben ohne feste Rüstungen.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)
                                    
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
