| Titel: | Ultramarinblau auf nassem Wege. | 
| Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 38 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ultramarinblau auf nassem Wege.
                        Ultramarinblau auf nassem Wege.
                        
                     
                        
                           Fr. KnappNach vom Herrn Verfasser gefälligst eingesendeten Sonderabzügen.
                              									hat im Journal für praktische Chemie
                              									über diesen Gegenstand drei gröſsere Abhandlungen publicirt (1885 [2] 32 S. 375,
                              									1886 [2] 34 S. 328 und 1888 [2] 38 S. 48), welche wir in diesem und den folgenden
                              									Heften dieses Journales zur Mittheilung bringen wollen.
                           
                           Gelegentlich der Versuche mit UltramarinmutterUnter Ultramarinmutter wird die geglühte Mischung aus Kaolin, Soda und
                                    											Schwefel, wie sie zu Ultramarin gebraucht wird, verstanden. hatte
                              									sich Knapp die Ueberzeugung aufgedrängt, daſs
                              									Ultramarinmutter auch auf nassem Wege Blau derselben Art zu entwickeln vermöge, wie
                              									auf dem feurigen durch Röstung. Sie stützte sich auf verschiedene Erfahrungen: so
                              									ein gewisses Blauanlaufen der Ultramarinmutter bei gewöhnlicher Temperatur an der
                              									Luft; ferner, daſs sich in Glasröhren, worin Ultramarinmutter durch Glühen
                              									hergestellt war, mit einigen anhängenden Resten nach dem Abspülen liegen geblieben,
                              									nach einiger Zeit schön leuchtend blaue Körner bildeten; endlich die Beobachtung,
                              									daſs Ultramarinmutter, mit wenig Wasser befeuchtet oder mit Natriumschwefelleber
                              									übergössen, sofort eine gras- bis russischgrüne Farbe annimmt. Versuche bestätigten
                              									in der That, daſs es ein Ultramarinblau auf nassem Wege gibt. Die Bildung von Blau
                              									auf solche Weise wurde weiter verfolgt in der Erwartung, daſs sie besser geeignet
                              									sei als der feurige Weg, Aufschluſs über die Rolle der einzelnen Bestandtheile bei
                              									der Bildung des Ultramarinblaues überhaupt zu geben.
                           Das auf nassem Wege erhaltene Blau kann sich weder an Tiefe, noch an Feuer oder
                              									Farbenfülle mit dem durch Rösten erhaltenen messen, insbesondere auch nicht in der
                              									gleichmäſsigen Beschaffenheit. Unter günstigen Umständen erhält man jedoch ein dem
                              									käuflichen Ultramarin recht nahe kommendes Product, ein volles, sattes und dunkles
                              									Blau; wenn eben die sehr mannigfaltigen Bedingungen, von denen die Entstehung des
                              									Blau auf nassem Wege abhängt, sich in gleichmäſsiger Erfüllung zusammenfinden. Diese
                              									Bedingungen sind aber einerseits zahlreich und mannigfach, andererseits in so enge,
                              									schwer einzuhaltende Grenzen eingeschränkt, daſs schon geringe Ueberschreitungen
                              									hinreichen, den Erfolg ganz oder theilweise in Frage zu stellen. Die Substanz, aus
                              									welcher das Blau hervorgeht, zeigt in Bezug auf die entscheidenden Momente einen
                              									Grad von Empfindlichkeit, welcher so weit geht, daſs es kaum je gelingt, von zwei
                              									Hälften einer Mischung, bei nach aller Voraussicht ganz gleichem Verfahren, ein
                              									gleiches Product zu erhalten. Und doch ist der Weg zur Darstellung von
                              									Ultramarinblau auf nassem Wege ein auſserordentlich einfacher. Eine Mischung aus
                              									Thon, Soda und Schwefel, ganz so wie zum gewöhnlichen Ultramarin, wird unter
                              									Abhaltung der Luft eine Zeitlang in Rothglut behandelt, die so erhaltene bekannte
                              									braune, schwach zusammenhängende, leicht zerreibliche, hygroskopische
                              									Ultramarinmutter wird mit Wasser angemacht und einige Zeit stehen gelassen. Das
                              									Wasser nimmt aus dem Glühproducte Natriumpolysulfuret auf und bildet damit die für
                              									die Entwickelung des Blau wirksame Lösung. Man darf daher, um diese Lösung nicht zu
                              									sehr zu verdünnen, nur so viel Wasser zusetzen, daſs eine breiige Masse entsteht.
                              									Besser übergieſst man die Ultramarinmutter mit einer starken Lösung von Natriumschwefelleber (durch
                              									Zusammenschmelzen gleicher Theile Soda und Schwefel erhalten) im Ueberschusse. In
                              									beiden Fällen färbt sich die Ultramarinmutter sogleich dunkelgrasgrün bis
                              									russischgrün. Nach längerem oder kürzerem Stehen und Auswaschen mit Wasser bleibt
                              									ein pulveriger Rückstand, dessen Beschaffenheit je nach dem Gange der Operation
                              									verschieden ausfällt. War der Verlauf ein allseitig günstiger, so erscheint dieser
                              									Rückstand, sobald durch Waschen die gelbe Lauge beseitigt ist, sogleich und schon in
                              									der Flüssigkeit blau. Bei weniger günstigem Verlaufe erscheint der Rückstand
                              									schwarzgrau oder schwarz, geht aber schon während des TrocknensDas Blau aus Ultramarinmutter mit Kaolin ist im Trocknen beständig; nicht so
                                    											das aus anderen Präparaten, aus Thon- und Kieselerde. in tiefes
                              									Blau über. Bei mangelhafter Vorbehandlung ist der Rückstand heller, nach dem
                              									Trocknen mittel- bis hellgrau, zuweilen auch von der Farbe der Gartenerde, des
                              									Cacao, seltener rothbraun. Auch bei diesen Producten von grauer Farbe, bei denen das
                              									bloſse Auge zunächst kein Blau wahrnimmt, sieht man es in der Regel nach einigen
                              									Stunden mehr oder weniger deutlich in Gestalt von blauen Fleckchen auf der grauen
                              									Masse auftreten. Unter dem Mikroskope sieht man dann entweder blaue Körner zwischen
                              									den grauen, oder fast jedes graue Körnchen an einzelnen Stellen und Ecken schön blau
                              									angelaufen. Die braunen Rückstände und die gelbgrauen zeigen, weder mit dem bloſsen
                              									Auge noch mit dem Mikroskope geprüft, eine Spur von Blau.
                           Wie bereits bemerkt, hängen solche verschieden und von einander stark abweichende
                              									Ergebnisse von der ungleichen Erfüllung der zur Entwickelung von Blau günstigen
                              									Bedingungen ab. Diese Bedingungen sind hauptsächlich: Beschaffenheit und Zustand des
                              									angewendeten Thones; Temperatur beim Glühen des Ultramaringemisches; Zeitdauer ihrer
                              									Einwirkung; Zustand der Aufgeschlossenheit des Thonerdesilicates im Glühproducte;
                              									sonstige Aenderungen in seinem chemischen Bestände; endlich Dichte oder Lockerheit
                              									desselben. In Bezug auf die geschilderte Unsicherheit im Erfolge ist nicht zu
                              									vergessen, daſs die Ultramarinmutter zum Rösten auf Blau beim Arbeiten im Kleinen in
                              									Porzellantiegeln u.s.w. ebenfalls recht ungleiche Producte liefert, wenn auch nicht
                              									in einem so ausgedehnten Maſse. Die erste und wichtigste Voraussetzung zum Gelingen
                              									des Blau auf nassem Wege ist die, daſs beim Glühen der Ultramarinmischung der Kaolin
                              									wirklich zur Aufschlieſsung kommt. Ist das gewonnene Glühproduct nicht
                              									aufschlieſsbar in Säure, so ist es weder auf dem nassen, noch feurigen Wege fähig
                              									Blau zu bilden; ist es aber aufschlieſsbar, so gibt es jederzeit Blau durch Rösten,
                              									aber keineswegs nothwendig auch Blau auf nassem Wege. Es können also im Glühprozesse
                              									Ultramarinmuttern erfolgen, die auf beiden Wegen Blau liefern, aber auch solche, die
                              									es durch Rösten, nicht aber zugleich auf nassem Wege thun. Die Temperaturgrade zur
                              									Aufschlieſsung des Thonsilicates, diejenigen, bei denen die Befähigung des
                              									Glühproductes zu Blau auf dem nassen Wege eintritt, die Temperatur endlich, wo diese
                              									letztere zerstört wird, liegen, von nur kleinen Intervallen getrennt, einander allzu
                              									nahe.
                           Zwischen den beiden Temperaturgrenzen, der zur Aufschlieſsung unerläſslichen und der
                              									das Gelingen unmöglich machenden, hat sich der Experimentirende auf einer so
                              									schmalen Bahn zu bewegen, daſs ein Ueberschreiten nach links oder rechts kaum
                              									vermeidlich ist. Mit zu hohem Hitzegrade ist, trotz der Aufschlieſsbarkeit des
                              									Präparates, das Miſslingen sicher; bei unvollkommener, nur theilweise eingetretener,
                              									noch nicht bis ins Innere der Körner vorgeschrittener Aufschlieſsung wird auf nassem
                              									Wege immer noch ein, wenn auch weniger lebhaftes Blau erhalten.
                           Daſs eine Ultramarinmischung allemal verloren ist, sobald sie beim Glühen in Fluſs
                              									kommt, bedarf kaum der Erwähnung. Aber auch das Sintern ist schädlich; man kann so
                              									gut wie sicher sein, daſs ein Glühproduct, welches sich beim Zerreiben im Mörser
                              									irgend sandig anfühlt, beim nassen Wege versagt; eine richtig geglühte
                              									Ultramarinmutter soll sich beim Zerreiben im Mörser nur weich und sammtartig
                              									anfühlen.
                           Denn die zweite wesentliche Vorbedingung zum Gelingen des Blau auf nassem Wege ist
                              									ein hochgehender Grad von Lockerheit, Durchdringlichkeit und Offenheit des
                              									molekularen Gefüges. Der Werth der Aufschlieſsung ist nämlich nicht nur vom
                              									chemischen, sondern mindestens ebenso sehr vom mechanischen Gesichtspunkte aus
                              									aufzufassen. Das Eintreten von Alkali in das Silicat vermittelt anfangs jenen
                              									entscheidenden Grad von mechanischer Zugänglichkeit, darüber hinausgehende
                              									Temperaturgrade vermindern sie alsbald wieder in Folge der groſsen Neigung der so
                              									alkalireichen Mischung, zu sintern.
                           Im Verlaufe des Glühens ändert die hellgelbe, durch das beigemengte Kohlenpulver
                              									graue Mischung zu Ultramarin alsbald mit der Bildung von Natriumpolysulfuret und der
                              									Aufschlieſsung des Thonerdesilicates die Farbe: sie geht zuerst in dunkleres Gelb,
                              									dann in Zimmtbraun, dann in Roth über. Im Allgemeinen ist die helle Farbe das
                              									Merkmal des unzureichenden, die braune Farbe des richtigen, die rothe Farbe die des
                              									übertriebenen Glühgrades. So gibt die Färbung des Glühproductes schon einigermaſsen
                              									Anhalt zur Beurtheilung des zu gewärtigenden Erfolges im Voraus.
                           Es können Proben äuſserlich an der Tiegelwand schon merklich roth aussehen und geben
                              									noch Blau; umgekehrt können Proben schon ziemlich die richtige neutrale Färbung von
                              									Braun zeigen und liefern dennoch kein Blau. Die Farbe des Glühproductes und seine
                              									Gare für Bläuung auf nassem Wege decken sich demnach nur beiläufig nicht genau.
                           
                           Der Punkt der Gare ist nämlich nicht schlechtweg von dem Eintreten und Erhalten des
                              									richtigen Temperaturgrades abhängig, sondern auch von der Zeitdauer, während welcher
                              									dieser richtige Hitzegrad wirkt. Denn er tritt ja nicht gleichzeitig für alle Theile
                              									der Mischung ein, sondern muſs allmählich von auſsen ins Innere vordringen. Diese
                              									Thatsache spiegelt sich schon in dem Umstände, daſs die Glühproben nur ausnahmsweise
                              									ganz gleiche Färbung, vielmehr in den meisten Fällen ungleiche Färbung zeigen. Durch
                              									das nur langsame Vorschreiten der Hitze in die Mitte des Tiegels kann es kommen,
                              									daſs der Kern des erhaltenen Kuchens erst zur Gare gelangt, nachdem seine
                              									Auſsenschicht schon mehr oder weniger überhitzt ist; oder er bleibt ungar, während
                              									der äuſsere Theil gerade erst den richtigen Hitzegrad erreicht hat. Nur wenn dieser
                              									voll und ohne Ueberschreitung hinreichend lange erhalten wird, ist ein
                              									gleichmäſsiges Product zu erwarten. Die Nothwendigkeit der Dauer des richtigen
                              									Glühgrades liegt schon – und zwar ganz abgesehen von dem Blau auf nassem Wege – in
                              									der Natur der Aufschlieſsung selbst.
                           Das Thonerdesilicat verharrt während der ganzen Procedur im festen Zustande. Das
                              									Alkali muſs daher, wenn eine Aufschlieſsung erfolgen soll, in die Partikeln des
                              									Thones auf dem Wege der Cementation eindringen, was nur im allmählichen Vorschreiten
                              									von Schichte zu Schichte, von Molekül zu Molekül möglich ist. Dazu gehört immerhin
                              									Zeit, namentlich aber bei den mäſsigen Temperaturgraden, bei denen, wie im
                              									vorliegenden Falle, die Gare zur Bildung von Blau auf nassem Wege noch unzerstört
                              									bleibt.
                           Im Falle man die Glühproducte aus den Bestandtheilen des Ultramarines, wie oben
                              									empfohlen, mit Lösung von Natriumschwefelleber statt Wasser behandelt, ist auf die
                              									passende Beschaffenheit derselben Rücksicht zu nehmen. Sowohl die
                              									Natriumschwefelleber, als auch deren Lösung ist frisch zu bereiten; nicht nur länger
                              									aufbewahrt, sondern auch zum zweiten Male und öfter zu Ultramarin auf nassem Wege
                              									gebraucht, verlieren sie rasch ihre Wirksamkeit.
                           Auſser den genannten Bedingungen des Gelingens und Miſslingens mögen, wie aus der
                              									groſsen Unsicherheit des Erfolges bei möglichster Vorsicht geschlossen werden kann,
                              									noch anderweitige ihren Einfluſs geltend machen, die bestimmt nachzuweisen noch
                              									nicht gelungen ist. Jene, bei übertriebenem Glühen erhaltenen rothen Glühproducte
                              									sind anfangs von unscheinbarem violetten Tone, gehen dann mehr und mehr in einen
                              									lebhaften über und nehmen zuletzt eine ausgezeichnet schöne, pompejanisch rothe, ins
                              									Purpurne stechende Schattirung an. Solche Proben geben nach dem Auswaschen keinen
                              									weiſsen Ultramarin; sie hinterlassen vielmehr einen gelben bis braungelben
                              									Rückstand, dessen einzelne Körnchen unter dem Mikroskope durchsichtig gelb
                              									erscheinen, ganz wie das mit Schwefelnatrium gefärbte Glas. Offenbar ist in diesem
                              										Falle mit dem zu
                              									hohen Hitzgrade Schwefelnatrium vom Silicate gebunden bezieh. das Alkali des
                              									Silicates in Schwefelmetall verwandelt worden.
                           Die nicht gelungenen grauen Producte, in denen nach dem Auswaschen ebenso wenig, wie
                              									in den gelben oder braungelben, weder mit bloſsem Auge noch unter dem Mikroskope
                              									Blau wahrzunehmen ist, zeigen unter verschiedenen Umständen ein sehr verschiedenes
                              									Ansehen. Im trockenen Zustande erscheinen sie dem bloſsen Auge grau, unter dem
                              									Mikroskope weiſs mit dunklen Einschlüssen. Mit Wasser, oder besser mit Glycerin
                              									befeuchtet (durch Wegfallen des von der Oberfläche der Partikeln reflectirten
                              									Lichtes) dunkler, unter dem Mikroskope nicht homogen, sondern mit zahlreichen
                              									schwarzen Punkten durchsetzt. Zuweilen findet man statt der Punkte schwarze, etwas
                              									unregelmäſsige Linien in Gestalt von schmalen, zusammengefalteten Plättchen. Diese
                              									schwarzen Punkte oder Linien werden von einer heiſsen Cyankaliumlösung mit dem etwa
                              									anhaftenden Schwefeleisen nicht entfernt.
                           Alle Glühproducte nach Art der Ultramarinmutter sind nach dem Auswaschen, unter dem
                              									Mikroskope betrachtet, im rein durchfallenden Lichte in der Regel völlig opak, also
                              									im Bilde schwarz. Zuweilen findet man an den einzelnen Theilchen theilweise
                              									durchsichtige, theilweise opake Stellen. Im auffallenden Lichte (wenn man das
                              									durchfallende gänzlich abschützt) erscheinen sie dann unter ganz verschiedenem
                              									Ansehen, die Farbe weiſs oder graulich oder gelblich, weil man sie dann lediglich in
                              									dem von ihnen reflectirten Lichte sieht.
                           Dieses Verhalten gegen das Licht nach beiden Richtungen gilt für den gewöhnlichen
                              									weiſsen Ultramarin in gleicher Weise.
                           Auch die Schwefelblumen verhalten sich so sie sind im reflectirten Lichte gelb, im
                              									durchfallenden opak, während Stangenschwefel in letzterem gelb und durchsichtig
                              									erscheint. Ein weiterer störender Umstand, mit dem man fortwährend bei diesen
                              									Versuchen zu thun hat, ist das Auftreten von Schwefeleisen. Wenn man auch mit reinem
                              									kohlensaurem Natrium arbeitet, so ist doch der Kaolin kaum je frei von Eisen, ebenso
                              									wenig ist es der Schwefel.
                           Schwefelblumen geben an verdünnte Salzsäure, wenn damit digerirt, stets sehr
                              									nachweisbare Mengen von Eisen ab} aber es wird auch bei wiederholter Behandlung nie
                              									vollständig ausgezogen. Denn ein Theil Eisen ist in den Partikeln des Schwefels
                              									eingeschlossen und so für die Säure unzugänglich. Beim Auswaschen der
                              									Ultramarinmutter, namentlich mit heiſsem Wasser, erscheint das Schwefeleisen zum
                              									Theile in Verbindung mit Schwefelnatrium in der bekannten flaschengrünen Farbe der
                              									Lösung, theils als schwarzer – unter dem Mikroskope oft als schöne metallglänzende
                              									Kryställchen erscheinender – Niederschlag. Schwarze Körper, wie Schwefeleisen, geben
                              									mit weiſsen oder sehr hellfarbigen Substanzen gemischt leicht eine Art blauen
                              									Farbenton. So z.B. wenn man einen schwarzen Körper durch eine Flüssigkeitsschicht mit milchig gefälltem
                              									Schwefel betrachtet. Hat man doch seiner Zeit das Ultramarinblau auf feurigem Wege
                              									aus diesem optischen Phänomen erklären wollen: schwarzes Schwefelaluminium im
                              									farblosen pulverigen Silicate. Schwefelaluminium ist in Ultramarinmutter unmöglich,
                              									abgesehen davon, daſs es nicht schwarz ist. Schwefeleisen ist zwar vorhanden, hat
                              									aber mit der blauen Farbe nichts zu thun, denn das Blau auf nassem Wege wird durch
                              									Digestion mit Lösung von Cyankalium keineswegs entfärbt, so wenig wie der
                              									gewöhnliche Ultramarin. Dagegen kann man öfter beobachten, daſs Proben von
                              									Ultramarinmutter für Blau auf nassem Wege zunächst einen schwarzgrauen Rückstand
                              									hinterlassen, der sich beim Trocknen unter Aufhellen der Farbe zusehends bläut. Das
                              									Blau ist dabei durch Schwefeleisen verdeckt; indem es sich an der Luft oxydirt, wird
                              									das Blau bloſsgelegt. Solche Präparate lassen sich mit Cyankalium sehr gut zu zwar
                              									hellen, aber auch viel klareren Tönen reinigen.
                           Als Rohmaterial für die hier mitgetheilten Studien diente geschlämmter Kaolin
                              									(Fundort bei Halle) von der Porzellanfabrik Fürstenberg an der Weser, der in nichts
                              									irgend Wesentlichem von der gewöhnlichen Beschaffenheit und dem chemischen Bestände
                              									dieser Fossilien abweicht; er erhielt in 100 Theilen:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 Thonerde
                                 Wasser
                                 Kali
                                 Kalk
                                 
                                 
                                 
                              
                                 46,83
                                 40,25
                                 12,60
                                 0,37
                                 Spur
                                 =
                                 100,05
                                 
                              
                           Diese Zahlen entsprechen dem Atomverhältnisse:
                           2 SiO2 : 1,997 Al2O3 : 1,79 H2O.
                           Als Ultramarinmischung ist die auch in früheren Mittheilungen gebrauchte von Gentele beibehalten, nämlich:
                           
                              
                                 Geschlämmter Kaolin
                                 Kohlensaures Natron
                                 Schwefelblumen
                                 
                              
                                 100
                                 100
                                 60 Th.
                                 
                              
                           Es hat sich jedoch zweckmäſsig erwiesen, den Schwefelzusatz zu erhöhen und gleiche
                              									Theile der drei Bestandtheile zu nehmen.
                           Zur Umwandelung der Mischung in Ultramarinmutter bediente man sich zunächst der
                              									Porzellantiegel und eines Argandbrenners nach Muencke.
                              									Gröſsere Tiegel geben schon ihres Umfanges wegen viel zu ungleiche Erhitzung; man
                              									gab daher den kleineren, 15 bis 20g Mischung
                              									fassend, den Vorzug. Die Mischung wurde jederzeit fest in den Tiegel eingedrückt und
                              									mit einer zusammengedrückten Schicht Kohlenpulver von 5 bis 6mm Stärke, dann mit dem Porzellandeckel bedeckt.
                              									Während des Glühens ist nichts bemerklich als eine unbedeutende, kaum wahrnehmbare
                              									und rasch verschwindende Schwefelflamme. Nach dem Erkalten und Abschütteln der
                              									Kohlendecke findet man das Glühproduct als zusammenhängenden Kuchen von der Form des
                              									Tiegels; mit einem weichen Pinsel läſst er sich leicht von den anhaftenden
                              									Kohlentheilchen befreien. Man glühte so bei verschiedenen Höhen, verschiedener
                              									Luftspeisung der Flammen,
                              									sowie bei verschiedener Stellung des Tiegels in der letzteren, um an der Hand der
                              									Erfahrung die geeignetste Behandlung kennen zu lernen. Aber es zeigte sich, daſs man
                              									nicht bloſs bei verschiedenen Stellungen, sondern auch bei so weit thunlich gleicher
                              									Stellung von Flamme und Tiegel, Ergebnisse von ungleicher, oft auffallend
                              									abweichender Beschaffenheit erhielt.Am vortheilhaftesten beim Glühen im Porzellantiegel ergab sich eine Stellung
                                    											der Flamme, wobei sich der Tiegel etwas mit Ruſs beschlägt und die Flamme
                                    											mit schwach leuchtender Spitze brennt.
                           Die groſse Unsicherheit in Bezug auf die Temperatur der freien Flamme – schon die
                              									Schwankungen des Gasdruckes, wie sie im Verlaufe des Tages stattfinden, spiegeln
                              									sich deutlich im Producte ab – führte auf den Gedanken, Versuche mit dem bei der
                              									Elementaranalyse gebräuchlichen Ofen mit Gasfeuer zu machen. Die Versuche mit der
                              									Mischung nach Gentele in Glasröhren in diesem Ofen
                              									scheiterten an der Unmöglichkeit, die Temperatur, auch bei höchstem Stande der
                              									Gasflamme, auf den erforderlichen Grad zu bringen. Die Glühproducte erschienen
                              									allerdings sehr gleichmäſsig in der Farbe, aber sie waren nach dem Erkalten immer
                              									nur gelb, höchstens lehmfarben, also ungar, auch nach 2 bis 3 Stunden langer Dauer
                              									der Operation. Der überschüssige Schwefel, der beim Glühen im Tiegel fast unmerklich
                              									verbrennt, sublimirt im Rohre in ganzen Krusten. Wenn sich beim Erkalten der
                              									Schwefeldampf rückwärts im Glühproducte niederschlägt, so bildet er einen
                              									lackartigen Ueberzug und macht es damit unbrauchbar.
                           Die Schwierigkeit, ein zur Umwandelung in Blau auf nasssem Wege geeignetes
                              									Glühproduct zu erzielen, liegt, wie bereits dargelegt, vor allen Dingen in dem
                              									Umstände, daſs der Temperaturgrad zur Aufschlieſsung des Thonerdesilicates und der
                              									zur Bildung von Blau erforderliche nur durch ein sehr geringes Temperaturintervall
                              									getrennt sind. Der Gedanke lag nahe, die beiden Prozesse zu trennen, d.h. den Kaolin
                              									erst für sich aufzuschlieſsen und dann aus dem aufgeschlossenen Kaolin
                              									Ultramarinmutter zum Bläuen auf nassem Wege herzustellen. Die an dieses Verfahren
                              									geknüpften Erwartungen erfüllten sich jedoch im Ganzen nicht befriedigend.
                           Kaolin mit 3 Th. kohlensaurem Natrium in einem hessischen Tiegel aufgeschlossen, zur
                              									Ultramarinmutter benutzt, liefert zwar ein in Säure vollständig lösliches, aber
                              									auffallend festes, zähes, steiniges und sehr schwer zu pulverndes Product.
                              									Unmittelbar, wie es gewonnen wird, selbst in staubfeines Pulver zerrieben und
                              									gesiebt, ist es der Bildung von Blau auf nassem Wege in der beschriebenen Weise ganz
                              									und gar unfähig.
                           Von der Annahme ausgehend, daſs der aufgeschlossene Kaolin, mit so viel Schwefel
                              									vermischt, als seinem Natrongehalte entspricht, in der Hauptsache gleichwerthig sei
                              									mit rohem Kaolin, dem Schwefel und Natrium beigegeben, verfuhr man demgemäſs. Der
                              									aufgeschlossene Kaolin enthielt im Ganzen 47 Proc. Natron (= 80 Proc. Carbonat),
                              									welche nach Gentele das 0,6fache oder 48 Proc. Schwefel
                              									verlangen. In beiden Fällen entsteht in der Glühhitze Schwefelnatrium, nur beim
                              									aufgeschlossenen Kaoline, eher zum Vortheile, weit mehr, nämlich das 2⅔ fache.
                              									Allein, weder bei hoher noch bei niederer Temperatur, weder bei längerer noch
                              									kürzerer Dauer der Erhitzung war durch Behandlung mit Lösung von Schwefelleber und
                              									darauffolgendes Auswaschen eine Spur von Blau zu erhalten.
                           Anders, wenn auch nicht nach Wunsch befriedigend, gestalten sich die Dinge, wenn man
                              									den aufgeschlossenen Kaolin vor der Anwendung von dem überschüssigen Carbonate
                              									befreit. Er verhält sich einigermaſsen hydraulisch, ist sehr geneigt, bei
                              									unvorsichtigem Einbringen in Wasser sich zu ziemlich festen Klumpen
                              									zusammenzuballen. Diese, ebenso Stücke von nur gröblich zerschlagenem Materiale,
                              									widerstehen dem völligen Auswaschen dann sehr lange.
                           Dagegen kommt man verhältniſsmäſsig leichter zum Ziele, wenn man das staubfein
                              									gepulverte Material in einen groſsen Ueberschuſs von Wasser einlaufen läſst unter
                              									stetem Umrühren. Man befördert die Auflösung des überschüssigen kohlensauren
                              									Natriums durch Wärme und erneuert das Wasser bis zum Verschwinden der alkalischen
                              									Reaction. Der so ausgewaschene, bei 100° getrocknete Kaolin gibt beim Glühen Wasser
                              									ab; der Glührückstand gab 35,80 Proc. Kieselerde und 30,25 Proc. Thonerde,
                              									entsprechend dem Atom Verhältnisse 2,03 : 1, also wie vor der Aufschlieſsung; der
                              									Rest = 32,95 Proc. ist Natron.
                           In derselben Weise behandelt, wie den bloſs geschlämmten, nicht aufgeschlossenen
                              									Kaolin – also mit kohlensaurem NatriumDas bereits im Aufschlieſsungsproducte enthaltene Natrium in Anrechnung
                                    											gebracht. gemischt und geglüht – erhält man durch Uebergieſsen
                              									des Glühproductes mit Wasser oder Lösung von Natriumschwefelleber ähnliche
                              									Ergebnisse, wie bei jenem, aber bessere nicht. Denn die erwartete gröſsere
                              									Sicherheit und Zuverlässigkeit der Operation in Bezug auf das Ergebniſs erfüllen
                              									sich nicht. Man erhielt nach dem Auswaschen der Natriumschwefelleber Rückstände von
                              									sehr verschiedenem Ansehen, je nachdem man den passenden Temperaturgrad beim Glühen
                              									der Ultramarinmutter mehr oder weniger getroffen, in der Regel gut mittelblau und in
                              									beiden Fällen anscheinend homogen, bei weniger günstigem Gange ebenso lichtblau. In
                              									beiden Fällen erscheint das Product im Mikroskope schon bei mäſsiger Vergröſserung
                              									als Gemenge von hellen, farblosen und tiefblauen Körnern. Ist das Glühproduct mehr
                              									grobkörnig ausgefallen, so unterscheidet man beide Arten von Körnern schon mit
                              									bloſsem Auge. Im Ganzen hat sich die vorläufige Aufschlieſsung des Kaolins nicht
                              									eben als Fortschritt
                              									bewährt, man erhält mit dem unaufgeschlossenen Kaoline viel leichter Blau von tief
                              									dunklen Tönen, also weniger gemischt mit ungefärbten Theilen.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)