| Titel: | Mac Laren's Strassenlocomotive für hohe Geschwindigkeit. | 
| Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 77 | 
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                        Mac Laren's Straſsenlocomotive für hohe
                           								Geschwindigkeit.
                        Mac Laren's Straſsenlocomotive für hohe
                           								Geschwindigkeit.
                        
                     
                        
                           Die Straſsenlocomotive, von welcher wir nach dem Engineer vom 16. December 1887 S. 500 Beschreibung geben, ist von der
                              									Firma Mc. Laren zu Leeds speciell für den
                              									Gepäckpostdienst in Südfrankreich erbaut worden, und thut hierfür regelmäſsige
                              									Dienste. Bekanntlich befindet sich die Packetbeförderung in Frankreich in den Händen
                              									verschiedener Unternehmer, gänzlich getrennt von dem staatlichen Postdienste.
                              									Merkwürdiger Weise sind nicht selten die gröſsten Eisenbahnmittelpunkte auch
                              									bedeutende Mittelpunkte für die Packetbeförderung, welche ihre Sendungen durch
                              									Pferde nach weit entfernten Städten verfährt, trotzdem diese durch die Eisenbahn mit
                              									dem Aufgabeorte zusammenhängen. Der Grund hierfür liegt einerseits in den unmäſsig
                              									hohen Preisen für Güterbeförderung mit den Zügen „à grande vitesse“,
                              									andererseits in der ungenauen Beförderungs- und Ablieferungsfrist mit den Zügen
                              										„à petite vitesse“.
                           Vor ein paar Jahren machten die Herren Mc. Laren einen
                              									Versuch mit einer ihrer Verbund-Straſsenlocomotiven auf einer der
                              									Haupt-Gepäckpostrouten in Südfrankreich, und zwar mit solchem Erfolge, daſs in
                              									kurzer Zeit eine gröſsere Anzahl solcher Maschinen bestellt wurden. Diese Maschinen
                              									sind nach Verbundsystem gebaut, 12  stark und arbeiten mit Dampf von 12at,3 Spannung. Unter jeder Achse liegen zwei
                              									Locomotiv-Blattfedern. Der angehängte Lastwagen wiegt beladen etwa 8K Die Maschinen laufen regelmäſsig zwischen zwei
                              									groſsen Städten in Südfrankreich, 113km von
                              									einander. Die Frachten werden am Tage gesammelt und verladen, und gehen jeden Abend
                              									ab, so daſs also der ganze Fahrdienst in der Nacht vor sich geht. Die ganze Reise
                              									dauert 12 Stunden; davon gehen aber 3 Stunden für Anhalten an verschiedenen Plätzen
                              									zur Abgabe und Aufnahme von Sendungen ab. Die mittlere Fahrgeschwindigkeit beträgt
                              									deshalb etwa 12km,5 in der Stunde. Der Weg ist auf
                              									etwa 48km Länge ziemlich gerade und
                              									verhältniſsmäſsig eben; die übrige Strecke von 65km aber ist sehr hügelig, und enthält Steigungen bis 1 : 11, von welchen
                              									einzelne 5 bis 6km lang sind. Auf lange Strecken
                              									windet sich der Weg an steilen Bergabhängen hinauf, ohne jeden Schutz auf der
                              									Thalseite, während er an einer anderen Stelle in Zickzacken in ein tiefes Thal
                              									hinabsteigt. In Anbetracht dieser gefährlichen Natur des Weges sind die Maschinen
                              									mit einer Dampf- und
                              									Handbremse versehen. Erstere kann augenblicklich mit solcher Gewalt angezogen
                              									werden, daſs die Maschine unter vollem Dampfe sofort stehen bleibt; gleichzeitig
                              									werden mit Hilfe einer Kette auch die Räder des Gepäckwagens gebremst. Bei der
                              									Versuchsmaschine fand man es unmöglich, zuverlässige Lampen herzustellen; deshalb
                              									sind die neueren Maschinen alle mit Einrichtung für Gasbeleuchtung versehen. Das Gas
                              									wird, wie bei den Eisenbahnwagen, mit 12at,5
                              									Pressung in einen Eisenbehälter gepumpt, und dann durch ein besonderes Reducirventil
                              									mit Regulator den Brennern zugeführt. Eine Füllung des Behälters liefert für Hin-
                              									und Rückfahrt zusammen ein brillantes Kopf licht und die nöthigen Signallaternen.
                              									Der Inhalt der Wasserbehälter reicht für 40km aus,
                              									so daſs, wenn dieselben bei der Ausfahrt gefüllt werden, während der Fahrt nur
                              									zweimal Wasser eingenommen zu werden braucht. Sind die Wege in gutem Zustande, so
                              									reichen 500k Kohle für eine Rundtour aus; bei
                              									schlechtem Wetter ist etwas mehr nöthig.
                           Das Gewicht der leeren Maschine ist 13t,5, mit
                              									Kohlen und Wasser beladen 15t; der Gepäckwagen
                              									wiegt 2t,5 und seine Nutzlast 5 bis 7t, so daſs das mittlere Gewicht des ganzen Zuges
                              									etwa 23t beträgt. Der Fahrdienst ist ein täglicher
                              									von jedem Endpunkte aus, so daſs je eine Maschine jeden Abend von jeder Endstation
                              									abfährt, und die ganze Strecke mit ihrer Last gerade durchläuft. Jede Maschine macht
                              									im Durchschnitte 24000km im Jahre; mehr als 6
                              									Monate haben selbe in Betrieb gestanden, ohne daſs ein Anstand oder ein Bruch
                              									vorgekommen wäre; allgemein wird anerkannt, daſs das System einen vollständigen
                              									Erfolg errungen habe.