| Titel: | Ultramarinblau auf nassem Wege. | 
| Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 124 | 
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                        Ultramarinblau auf nassem Wege.
                        (Schluſs des Berichtes S. 78 d. Bd.)
                        Ultramarinblau auf nassem Wege.
                        
                     
                        
                           Die in der ersten Mittheilung – über das Blau nach Art des Ultramarin auf nassem Wege
                              									– erbrachten Thatsachen führen auf folgendes wesentliche Ergebniſs:
                           Die Stoffe, mittels deren sich dieses Blau durch Behandlung mit Natronschwefelleber,
                              									bezieh. einem Gemische von Natriumcarbonat und Schwefel, hervorbringen läſst, können
                              									ihrem quantitativen wie qualitativen Bestände nach in weitem Spielraume wechseln.
                              									Das Blau läſst sich hervorbringen mit natürlichem Thone, mit künstlich durch Fällung
                              									erzeugten Verbindungen von Kieselerde mit Thonerde in anderen
                              									Verbindungsverhältnissen; es läſst sich ebenso hervorbringen mit den einzelnen
                              									Bestandtheilen des Thones, mit Kieselerde für sich, wie mit Thonerde für sich; es
                              									entwickelt sich, wenn man dem Thonerdesilicate das Borat substituirt; es gelingt
                              									endlich auch mit Körpern gänzlich verschiedener Natur, die mit den genannten in
                              									keinerlei Beziehung zu bringen sind, noch irgend welche Analogie zeigen, wie mit dem
                              									dreibasischen Calciumphosphate. Mit einem Worte, ein bestimmter chemischer Bestand,
                              									eine bestimmte chemische Constitution der verwendbaren Körper ist zum Zustandekommen
                              									jenes Blau in keiner Weise erforderlich; es genügt, wenn der zur Hervorbringung
                              									desselben dienende Stoff sich in einem gewissen Molekularzustande befindet, der die
                              									Zugänglichkeit für die in Wirkung tretenden Reagentien in seine Masse verbürgt.
                              									Dieser Zustand erfolgt bei dem natürlichen Thone durch Aufschlieſsung, und ist den
                              									übrigen Stoffen an und für sich eigen.
                           Im Gegensatze zu diesen mannigfaltigen Wechseln läuft durch alle Phasen der Bildung
                              									von jenem Blau als unerläſsliche constante Bedingung die Gegenwart von
                              									Schwefelnatrium, der Schwefelleber, jenem aus Sulfat und höheren Schwefelungsstufen
                              									des Natriums bestehenden, durch Schmelzen erhaltenen Producte aus Natriumcarbonat
                              									mit Schwefel, gleichviel ob dies von vornherein als fertige Schmelze zugesetzt wird,
                              									oder aus den beiden Ingredienzien erst im Verlaufe des Versuches sich bildet.
                           
                        
                           
                           
                              Die Natriumschwefelleber.
                              
                           Wie aus den bekannten Untersuchungen von Schöne, von Böttger u.a. hervorgeht, fällt der chemische Bestand
                              									der als Schwefelleber bezeichneten Präparate je nach dem bei der Darstellung
                              									eingeschlagenen Wege – ob auf nassem oder trockenem, ob im geschlossenen Tiegel oder
                              									in einem Kohlensäurestrome geschmolzen – sehr abweichend aus. Gegenüber der
                              									vorliegenden Frage über die Entstehung des Ultramarinblau auf nassem Wege beruht das
                              									vorwiegende Interesse nicht sowohl auf der chemischen Constitution, als vielmehr auf
                              									dem besonderen Verhalten der durch Schmelzen gewonnenen Schwefelleber in hoher
                              									Temperatur.
                           Schmilzt man nach der herkömmlichen Vorschrift in einem Porzellantiegel ein Gemenge
                              									von gleichen Theilen Natriumcarbonat mit Schwefel bei eben zureichender Temperatur –
                              									wozu ein gewöhnlicher Bunsen-Brenner vollkommen genügt
                              									– so entweicht bekanntlich Kohlensäure mit viel überflüssigem Schwefel, bis nach
                              									einiger Zeit ruhiger Fluſs eintritt. Gieſst man nun aus, so erscheint die gebildete
                              									Schwefelleber als ein gleichmäſsiger, tief schwarzer, wie Pech spiegelnder Fluſs,
                              									und man erhält nach dem Erstarren eine sehr hygroskopische, amorphe Schmelze von
                              									muscheligem Bruche und einer braunen, deutlich ins Grüne stechenden Farbe.
                           Die bei eben zureichendem Hitzgrade nach dem völligen Abschlusse der Entwickelung von
                              									Kohlensäure und Schwefeldampf verbleibende Schmelze ist kein endgültiges Product.
                              									Sie gibt, wenn man mit allmählich gesteigerter Temperatur zu einem bestimmten
                              									höheren Hitzgrade gelangt ist, nochmals und aufs Neue Schwefel ab; sie wird mit dem
                              									Weggange desselben merkbar strengflüssiger und beginnt zu stocken. Beim Schmelzen im
                              									Porzellantiegel liefert ein Gemisch von gleichen Theilen Natriumcarbonat und
                              									Schwefel gegen 70 Proc. seines Gewichtes Schwefelleber. Insofern dabei die
                              									Temperatur nicht gut zu leiten und der Zutritt der Luft zur Schmelze nicht oder nur
                              									unvollkommen behindert ist, fällt die Ausbeute an Schmelze sehr schwankend aus, und
                              									ist dieser Weg wenig geeignet für die quantitative Beurtheilung jenes Phänomenes von
                              									einer secundären Abscheidung des Schwefels; dagegen geht dies ohne besondere
                              									Schwierigkeit in folgender Weise: Man mischt etwa 1g,5 chemisch reines, trockenes kohlensaures Natrium in einem Mörser mit
                              									dem gleichen Gewichte Schwefelblumen aufs Innigste und füllt das Gemenge in ein
                              									spannenlanges, 10 bis 12mm weites hartes Glasrohr.
                              									In dem Mörser von glasirtem Porzellan (oder Achat) bleibt kaum etwas haften; zur
                              									Vorsicht spült man einigemal mit ein wenig Schwefelblumen nach. Die eingebrachte
                              									Mischung im Glasrohre befreit man nun im Wasserbade von den letzten Antheilen
                              									Feuchtigkeit, welche sonst bei der nachfolgenden Schmelzoperation leicht Störung
                              									verursachen. Diese letztere Operation geht am besten für die anfängliche Schmelzung
                              										bei niederer
                              									Temperatur mit dem Bunsen-Brenner den man unter dem die
                              									Mischung enthaltenden Theile des Glasrohres bewegt, während man dieses fleiſsig um
                              									seine Achse dreht. Für die Schmelze bei hoher Temperatur dient dann der Münke-Brenner oder die Gebläselampe. Die Tiefe des
                              									Rohres als Schmelzgefäſs bei lose aufgesetztem Stöpsel, sowie der reichlich sich
                              									entwickelnde Schwefeldampf – gleiche Theile der Gemengtheile entsprechen einem
                              									entschiedenen Ueberschusse von Schwefel – schützen vor etwaiger Oxydation der
                              									Schmelze; der abgehende Schwefel bildet ein starkes Sublimat im oberen Theile des
                              									Rohres, während die Schmelze den Bodentheil ausfüllt. Durch aufsteigendes Erhitzen
                              									des Rohres mit Vorsicht in der Richtung von unten nach oben gelangt man dahin, die
                              									gewonnene Schmelze scharf von dem Schwefel zu trennen und diesen in den obersten
                              									Theil des Rohres zu treiben, soweit er nicht ganz entweicht. Vor der
                              									Gewichtsbestimmung des Schmelzrückstandes muſs das Schwefelsublimat natürlich
                              									beseitigt werden: sei es, daſs man den Theil des Rohres, woran er sitzt,
                              									abschneidet, oder daſs man ihn nach dem Erkalten der Schwefelleber leicht erhitzt
                              									bis zum Schmelzen des Schwefels und diesen mit einem mit Flieſspapier umwickelten
                              									Glasstabe aufnimmt. Worauf es wesentlich ankommt, namentlich im Anfange, ist
                              									langsames, stetiges, gleichförmiges Erhitzen ohne den zum Abschlusse des ruhigen
                              									Flusses eben erforderlichen Hitzgrad viel zu übersteigen.
                           Nach diesem Verfahren wurden von 100 G.-Th. reinem trockenem Natriumcarbonate nach
                              									einander erhalten:
                           
                              
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 5
                                 Mittel
                                 
                              
                                 170,3
                                 166,4
                                 167,5
                                 168,6
                                 166,8
                                 167,9
                                 
                              
                           G.-Th. Schmelzrückstand, und zwar bei der zum völligen
                              									Abschlusse der Reaction bis zum ruhigen Flusse hinreichenden Temperatur, welche noch
                              									unter der am Tage sichtbaren Rothglut liegt – mit steigender Temperatur bleibt das
                              									Gewicht eine Zeitlang constant, aber mit dem Eintritte der Rothglut wird abermals
                              									Schwefel abgeschieden – in scharf abgegrenztem Vorgange und bleibt ein Rückstand
                              									zweiter Ordnung. Sein Gewicht betrug, wieder auf 100 G.-Th. Natriumcarbonat
                              									berechnet:
                           
                              
                                 1
                                 2
                                 3
                                 4
                                 5
                                 6
                                 Mittel
                                 
                              
                                 151,4
                                 150,8
                                 151,1
                                 150,6
                                 148,7
                                 151,2
                                 150,6
                                 
                              
                           Rückstand.Der Betrag von 167,9 Schmelzrückstand entspricht auf 3 At. Carbonat 533,9
                                    											G.-Th. Von dem Carbonate geht nur die Kohlensäure weg und verbleibt der
                                    											Bestand von 3 At. Natrium mit 3 At. Sauerstoff in der Schmelze; werden diese
                                    											vom Gewichte der letzteren abgezogen, so verbleiben 533,9 – 186 = 347,9
                                    											G.-Th. für deren Gehalt an Schwefel. Dieser entspricht nun
                                    												\frac{347,9}{32}=10,9 oder 11 At., wovon 1 At.
                                    											Schwefel mit 1 At. Natrium auf das Sauerstoffsalz und mithin 10 At. Schwefel
                                    											und 2 At. Natrium auf das Sulfid kommen. Die Schmelze erster Instanz besteht
                                    											daher aller Wahrscheinlichkeit nach aus  1 At. Natriumsulfit
                                    											und 2 At. Fünffach-Schwefelnatrium. Das letztere würde dann in der
                                    											Rothglühhitze, unter Abgabe von weiteren 2 At. Schwefel zu
                                    											Vierfach-Schwefelnatrium. Der Schmelzrückstand müſste dann für den letzteren
                                    											Fall 149,1 G.-Th. sein, während im Mittel 150,6 G.-Th. gefunden
                                    										sind.
                           
                           Ein weiterer Abgang von Schwefel findet bei noch weiter gesteigerter Temperatur,
                              									selbst vor dem Gebläse, nicht mehr statt.
                           Die Menge des aus der fertig gebildeten Schwefelleber abgeschiedenen Schwefels
                              									beträgt sonach nur gegen 11 Proc. Seine Bedeutung für das Auftreten des Blau auf
                              									nassem Wege – welche weiter unten näher zu begründen sein wird – liegt nicht in
                              									seiner Menge, wohl aber in dem Umstände, daſs er bei einer hohen, weit über seinem
                              									Siedepunkte liegenden Temperatur auftritt. – Auch auf eine andere später
                              									nachzuweisende Thatsache mag an dieser Stelle vorläufig hingewiesen werden – auf die
                              									Thatsache nämlich, daſs die Kaliumschwefelleber kein der Natriumschwefelleber
                              									analoges Verhalten zeigt.
                           Bei dem Schmelzen von Natriumschwefelleber im Tiegel, wie dies zum Zwecke der
                              									Erzeugung von Ultramarinblau auf nassem Wege geschah, sind die beiden Stadien des
                              									Vorganges natürlich nicht mit der sichtenden Sorgfalt aus einander zu halten, wie
                              									bei den quantitativen Bestimmungen. Das im Tiegel geschmolzene Product wird
                              									vielmehr, je nach dem Verlaufe des Schmelzprozesses und der dabei herrschenden, sehr
                              									ungleichen Temperatur, mehr oder weniger die Verbindungen beider Stadien neben
                              									einander enthalten.
                           Für die vorliegende Frage von der Entstehung des Blau auf nassem Wege ist weiterhin
                              									das Verhalten der Natriumschwefelleber, wie sie zu den betreffenden früher
                              									mitgetheilten Versuchen gedient, bei Auflösung im Wasser von Interesse. Die
                              									concentrirte, gesättigte oder der Sättigung nahe Lösung erscheint frisch
                              									aufgeschüttelt allezeit im auffallenden Lichte dunkelgrün, etwas ins Braune gehend}
                              									die grüne Färbung rührt von einem in der Lösung schwebenden fein zertheilten Körper
                              									her, welcher im durchfallenden Lichte tiefschwarz, in der rothen oder rothgelben
                              									Flüssigkeit grün erscheint. Er setzt sich in der concentrirten Lösung sehr schwer
                              									und unvollkommen, in verdünnterer Lösung dagegen vollständig als ein flockiger,
                              									wenig ins Gewicht fallender Niederschlag, von geringem Volumen kaum mehr als
                              									hinreichend, den Gefäſsboden zu bedecken, von ebenfalls tiefschwarzer Farbe ab. In
                              									concentrirter Lösung hält sich der Niederschlag lange unverändert; nur bei
                              									mangelhaftem Verschlusse und unvollständiger Füllung des Gefäſses mischt sich ihm
                              									allenfalls etwas sich abscheidender Schwefel bei. Sucht man den schwarzen
                              									Niederschlag durch Decantiren unter wiederholtem Aufgieſsen von Wasser von dem
                              									löslichen Theile der Schwefelleber zu trennen, so kommt man mit steigender
                              									Verdünnung, wenn die Waschwasser nur noch lichtgelb erscheinen, auf einen Punkt, wo
                              									sich der schwarze Niederschlag ziemlich rasch in einen graulichgelben umsetzt; dieser ist im
                              									Wesentlichen gewöhnlicher gelber Schwefel. Er hält sich also in verdünnten Lösungen
                              									nicht und ist durch bloſse Decantation nicht in seinem ursprünglichen Zustande zu
                              									gewinnen. Bricht man dagegen mit der Decantation vor dem kritischen Grade der
                              									Verdünnung ab, läſst absitzen, gieſst die letzte Lauge soweit thunlich ab und kocht
                              									den Rest mit dem Niederschlage mit Cyankalium, welches Schwefeleisen aufnimmt, so
                              									läſst sich der schwarze Niederschlag dann linzersetzt, sei es durch weiteres
                              									Decantiren oder Filtriren, abscheiden.
                           
                        
                           
                              Der schwarze Niederschlag aus Schwefelleber.
                              
                           Aller Schwefel, namentlich aber die Schwefelblumen, enthalten nachweisbare Mengen von
                              									Eisen; Chlorwasserstoffsäure entzieht ihm dasselbe, jedoch nur theilweise, nur so
                              									weit nämlich, als dasselbe zugänglich und nicht von den Schwefelpartikeln
                              									eingeschlossen ist. Je nachdem man nun vorher mit Chlorwasserstoffsäure behandelt
                              									hat oder nicht, geht das Eisen ganz oder theil weise mit in die Schwefelleber. Die
                              									Abscheidung eines schwarzen Niederschlages beim Auflösen derselben im Wasser hat
                              									insofern nichts Auffallendes. Ein erheblicher Antheil jenes Niederschlages
                              									widersteht aber selbst der wiederholten Behandlung mit Cyankalium. Dieser vom
                              									Schwefeleisen befreite Antheil, vorher so unbeständig und wandelbar, ist nun ein
                              									äuſserst beständiger, in verdünnten Lösungen von Schwefelleber, in bloſsem Wasser,
                              									bei Abschluſs oder Zutritt der Luft unwandelbarer Körper, der selbst starken
                              									zersetzenden Agentien widersteht. Er erscheint nach wie vor der Behandlung mit
                              									Cyankalium in der Flüssigkeit als schwarzer Schlamm; gewaschen und getrocknet als
                              									zartes schwarzes Pulver.Das Vorhandensein dieses schwarzen Körpers in der Schwefelleber aus (der
                                    											immer Natron haltigen) Potasche ist offenbar der Schlüssel zu der von den
                                    											Apothekern vielbeklagten, einigermaſsen räthselhaften Erscheinung des
                                    											grauen, durch Säure nicht entfernbaren Stiches, den die sogen.
                                    											Schwefelmilch, aus jener bereitet, so hartnäckig annimmt. Vgl. F. J. Otto, Lehrbuch der anorganischen Chemie,
                                    											2, 1, S. 628. In diesem Zustande unter dem Mikroskope betrachtet,
                              									zeigen die für den Reflex des Lichtes passend gelagerten Theilchen einen lebhaften
                              									metallischen Glanz in einer hellen, dem Antimon ähnlichen Farbe. Nach langem Stehen
                              									unter Wasser nimmt der Körper eine etwas mehr körnige Beschaffenheit an; aber auch
                              									dann ist nichts von krystallinischer Textur wahrnehmbar.
                           Der schwarze Körper ist, abgesehen vom Wasser, weder in Alkohol, noch in Aether, noch
                              									in Schwefelkohlenstoff löslich; auch nicht in fetten Oelen, selbst bei 200°. – In
                              									einer flachen Schale erhitzt, wird er bei einer Temperatur noch unter der sichtbaren
                              									Glühhitze mit einem Male schwebend und beweglich wie eine Flüssigkeit, so etwa wie
                              									man dies beim Brennen des Gypses beobachtet, nur ohne aufzuwallen; das schwarze
                              									Pulver erhebt sich etwas über den Boden des Gefäſses unter sehr bemerklicher Entwickelung
                              									von schwefliger Säure. Beim Eintritte der sichtbaren Glühhitze fangt der Körper
                              									Feuer und verbrennt mit Lichterscheinung, wie schon oben bei der Darstellung
                              									erwähnt. In einem engen, unten zugeschmolzenen Glasrohre stundenlang der höchsten
                              									Temperatur auf dem Bunsen-Brenner ausgesetzt, zeigt der
                              									schwarze Körper keinerlei Veränderung; höchstens sieht man oberhalb am
                              									kaltgebliebenen Theile des Glasrohres einen schwachen Hauch von Schwefel (vom
                              									Schwefelnatrium der Lösung her) sich anlegen, als subtilen Fleck von der Grenze der
                              									Wägbarkeit. Auf dem Gebläse bis zum Zusammenlaufen des Glases in strenger Gelbglut
                              									ist das Ergebniſs in nichts verschieden; der schwarze Körper ist – gehemmten
                              									Luftzutritt vorausgesetzt – bei allen Temperaturen bis zur vollsten Glühhitze
                              									beständig und nicht zu verflüchtigen. Er kommt dabei, selbst vor dem Gebläse, nicht
                              									einmal zum Erweichen, noch viel weniger zum Schmelzen, er behält vielmehr seine lose
                              									Beschaffenheit vollkommen bei.
                           Aber nicht blofs physikalischen, sondern auch chemisch wirkenden Kräften gegenüber
                              									bietet er einen bemerkenswerthen Widerstand. In kochender Lauge von ätzenden
                              									Alkalien (Kali, Natron) wird er in keiner Weise angegriffen. Er löst sich weder in
                              									Schwefelsäure, noch in Chlorwasserstoff-, noch in Salpetersäure (in letzterer auch
                              									nicht durch Zusatz von Kaliumchlorat), noch in Königswasser. Hingegen schlieſst er
                              									sich beim Schmelzen mit Kali, leicht und vollkommen beim Schmelzen mit Aetznatron
                              									und Salpeter auf; das Aufschlieſsungsproduct, mit Wasser aufgenommen, wird von
                              									Chlorbarium reichlich gefällt.
                           
                        
                           
                              Der schwarze Schwefel.
                              
                           Der schwarze Niederschlag ist das färbende Prinzip der Schwefelleber. Aus der
                              									Umwandelung desselben bei Gegenwart von Schwefeleisen in gelben Schwefel, aus der
                              									Thatsache, daſs er beim Aufschlieſsen mit Salpeter und Aetzkali sich in
                              									Schwefelsäure umwandelt, sowie aus dem Umstände, daſs er beim Erhitzen ohne
                              									Rückstand verbrennt, geht hervor, daſs er Schwefel ist, und zwar eine schwarze
                              									Modification des Schwefels. Sie ist dieselbe, die zuerst Magnus 1854 beobachtet hat.
                           Der schwarze Schwefel macht sich überhaupt jederzeit bemerklich, wenn gelber Schwefel
                              									eine Zeitlang gebrannt hat, er zeigt dann nach dem Erlöschen und Erkalten fast
                              									regelmäſsig einige wenige schwarze, anklebende Flocken, sparsamst vereinzelt.
                              									Natürlich, denn die Grundbedingung des Werdens, der Bildung des schwarzen Schwefels,
                              									kann in diesen Fällen nur ganz vorübergehend, ganz untergeordnet und nur
                              									gelegentlich obwalten. Diese Grundbedingung ist: plötzliche Einwirkung eines höheren
                              									Hitzgradns auf den gelben Schwefel, weit über seinen Siedepunkt. Läſst man auf einen
                              									vorher über der Lampe erhitzten Porzellandeckel ein Körnchen Schwefel fallen, so
                              									bleibt nach Verflüchtigung des Ueberschusses regelmäſsig ein schwarzer Fleck, meist
                              									ringförmig. Die Bildung
                              									des schwarzen Schwefels wird sehr erheblich gefördert durch die Gegenwart von
                              									Körpern, an denen er durch Adhäsion, durch Flächenanziehung haften kann. So genügt
                              									schon – wie Mitscherlich seiner Zeit nachgewiesen –
                              									Zusatz von 1 bis 2 Hunderttausendstel Oel, in Aether gelöst, zum Schwefel, um die
                              									Ausbeute merklich, von 5 Tausendstel, um sie sehr erheblich zu vergröſsern;
                              									lediglich durch die kaum wägbare Menge Kohle, die es hinterläſst. Das plötzliche
                              									Zusammentreffen mit heiſsen Flächen bleibt jedoch dabei immer noch das zumeist
                              									entscheidende Moment. Als man so geölten Schwefel bei einem vergleichenden Versuche
                              									auf einmal in den Tiegel eintrug, das andere Mal in kleinen Antheilen nach einander
                              									und in Pausen zur Vermeidung störender Abkühlung des geeigneten Hitzgrades, war die
                              									Ausbeute im zweiten Falle 2½ mal, selbst über 3mal gröſser als im ersten; denn der
                              									Schwefel kam dann viel ausgiebiger mit den heiſsen Tiegelwänden in Berührung.
                           Neben Kohle sind ganz besonders noch Platin und Schwefelmetalle solche durch
                              									Flächenanziehung den schwarzen Schwefel festhaltende Körper. In erster Linie das
                              									Schwefeleisen, welches ihn, man möchte fast sagen, förmlich gefangen nimmt. Das
                              									sogen. Spencemetall, durch Zusammenschmelzen von
                              									Schwefel mit Schwefeleisen gewonnen, ist nichts weiter, als das Ergebniſs einer
                              									solchen Gefangennahme, ein Gemisch von letzterem mit schwarzem, auch wohl noch
                              									unverflüchtigtem gelben Schwefel, ein Gemisch, dessen Schmelzpunkt unter 200° liegt.
                              									Entzieht man dem fein geriebenen Spencemetalle das Schwefeleisen auf passende Weise
                              									(durch Behandeln mit Säure, Cyankalium), so bleibt ein schwarzer pulverförmiger
                              									Rückstand, welcher im Ansehen und Verhalten ganz mit dem schwarzen Schwefel
                              									zusammenfällt.
                           Bei der Bildung des schwarzen Schwefels nach den verschiedenen besprochenen Arten –
                              									aus Natriumschwefelleber, nach Magnus, im Spencemetalle
                              									– tritt er jederzeit, im Gegensatze von flockigen, vielmehr in feinkörnig compakten
                              									Theilchen oder in Blättchen auf, völlig opak, daher die tiefschwarze Farbe im
                              									durchfallenden Lichte. Nur in unmeſsbaren dünnen Schichten erscheint er transparent
                              									mit reicher blauer Farbe. Dieselbe reiche Farbe zeigt der schwarze Schwefel, wenn er
                              									Gelegenheit findet, sich in farblosen Mitteln zu lösen. Dieses optische Verhalten
                              									bekundet sich namentlich in folgenden Erscheinungen in einleuchtender Weise.
                           In überhitztem Rhodankalium wird Schwefel durch Dissociation frei, und zwar bei der
                              									hohen Temperatur in der schwarzen Modifikation. Dieser geht sofort mit dem
                              									feurig-flüssigen Cyankalium in blaue Lösung.
                           Hierher gehört namentlich auch jene glänzende, bereits früher erwähnte, frappante
                              									Erscheinung mit der reichen blauen Färbung des Borax mit Schwefelnatrium: im Flusse
                              									des Borax, also in hoher Temperatur, wird durch die zugesetzte Borsäure Schwefel
                              									frei als schwarzer Schwefel, der dann in dem Borat ein höchst günstiges Menstruum findet, das ihn in
                              									voller Farbenentwickelung blau färbt.
                           Ein weiterer., sehr belehrender Fall, der einfachste einer ganz direkten Blaufärbung
                              									mit gewöhnlichem Schwefel, ist der folgende; Man schmilzt in einem Tiegel
                              									verknistertes Chlornatrium zu klarem Flusse und setzt dann kleine Brocken Schwefel
                              									hinzu (so viel, daſs das flieſsende Salz nicht erstarrt); der einfallende Schwefel
                              									bildet sofort einen tiefschwarzen Tropfen, der sich unter lebhafter Bewegung bald in
                              									dem flüssigen Salze als schwarze Trübung vertheilt und darin bei fortgesetzter
                              									Erhitzung nach einiger Zeit verschwindet. Gieſst man vor diesem Zeitpunkte aus, so
                              									erstarrt das Salz zu einem grauschwarzen Flusse; wartet man mit Ausgieſsen, bis die
                              									vom vertheilten schwarzen Schwefel getrübte Schmelze sich eben geklärt hat, so
                              									erstarrt das Kochsalz zu einem schön hellblau gefärbten, durchsichtigen Kuchen.
                              									Hellblau, weil das schmelzende Salz den schwarzen Schwefel nicht in dem Maſse zu
                              									lösen vermag, wie dies geschmolzener Borax und geschmolzenes Cyankalium vermag. –
                              									Chlorkalium verhält sich ebenso wie Chlornatrium; Natriumsulfat färbt sich auf dem
                              									gleichen Wege eher besser, aber es bildet sich dabei viel Schwefelnatrium.
                           Läſst man Stückchen gelben Schwefels in einen mäſsig glühenden Platintiegel fallen,
                              									so hat man im Augenblicke alle Phasen der Umwandelung des Schwefels vor sich: wo das
                              									Stückchen auffällt, bildet es einen rasch schwindenden schwarzen Tropfen, der dort
                              									eine schwarze Kruste hinterläſst, während der aufsteigende braune Dampf des
                              									Schwefels sich an der heiſsen Tiegelwand als lebhaft blauer Fleck niederschlägt. Auf
                              									dem erhitzten Porzellandeckel entstehen nur schwarze, nie blaue Flecken, weil die
                              									Flächenanziehung des Porzellanes eben zu gering ist, um, wie die viel mächtigere des
                              									Platins, schon den Schwefeldampf blau auf sich niederzuschlagen. In ähnlicher Weise
                              									färbt sich gefälltes Schwefelblei oder natürlicher Bleiglanz blau, meist sehr schön
                              									und lebhaft blau, wenn man diese (in einer Atmosphäre von Wasserstoff, um alle
                              									Oxydation auszuschlieſsen) erhitzt und Schwefelstückchen darauf fallen läſst. Auch
                              									beim Durchleiten von schwefliger Säure, von Schwefelsäureanhydrid oder
                              									Chlorwasserstoff' durch ein Rohr mit erhitztem Bleiglanze erscheint die blaue Farbe
                              									doch weniger lebhaft. Es genügt dazu, namentlich mit Chlorwasserstoff, ein sehr
                              									mäſsiger Hitzgrad, nicht sehr weit über dem Siedepunkte des Wassers.In der Silberscheideanstalt zu Lautenthal im Harze fällt schon beim Eintritte
                                    											in die Werkstätte das überall verbreitete, alle umherliegenden
                                    											Hüttenproducte, alle Gezähe und einige Kessel bedeckende volle
                                    											Ultramarinblau auf. Die Farbe sitzt auf bleiischer Unterlage aber nur auf
                                    											der äuſsersten Oberfläche als unmeſsbar dünne Schicht. Die Entstehung dieses
                                    											Blau gehört einer bestimmten Periode der Silberscheidung an, der Periode
                                    											nämlich, wo das (bereits vom Abstrich gereinigte) Werkblei bei einer weit
                                    											über den Schmelzpunkt gehenden Temperatur mit dem erforderlichen Zusätze von
                                    											Zink unter Umrühren  versetzt wird. Nach eingetretener Ruhe
                                    											entwickelt sich auf dem Metallspiegel ein Farbenspiel, welches (wie beim
                                    											Anlassen des Stahles) durch Roth und Violett ins volle Blau geht. Die blaue
                                    											Schicht hält sich dann dauernd. Es lassen sich dann von der Oberfläche des
                                    											Bleibades leicht dünne Bleibleche abziehen, auf deren Oberfläche die Farbe
                                    											sitzt. Sofort mit dem Abziehen entwickelt sich das Farbenspiel und das Blau
                                    											auf dem entblöſsten Metallspiegel aufs Neue, was sich beliebig oft
                                    											wiederholen läſst. In anderen gleichnamigen Silberscheidungen ist dieses so
                                    											zu sagen zudringliche Blau der Werkbleie nicht oder kaum bekannt, so z.B. in
                                    											den Emser Bleiwerken. Jene blauen Bleiblätter, zusammengeballt und mit Borax
                                    											geschmolzen, färbten diesen schwarzgrau, an einigen Stellen lichtblau. In
                                    											einem mit Wasserstoff erfüllten Rohre erhitzt, entwickelte sich nachweisbar
                                    											Schwefelwasserstoff, während das Blei blank wurde. Der blaue Ueberzug,
                                    											metallurgisch bisher nicht erklärt, könnte demnach möglicherweise ebenfalls
                                    											schwarzer Schwefel als dünner, transparenter Anlauf sein.
                           
                           Der schwarze Niederschlag, wie er beim Auflösen der Schwefelleber fällt, ist in
                              									Wirklichkeit nicht so vollständig schwarz, als er sich ausnimmt. Die feinsten
                              									Partikeln sind schon, wenn auch in sehr geringem Grade, an den Kanten z.B.
                              									durchscheinend, und zwar mit blauer Farbe. In der Masse gelangt dieses nicht zur
                              									Geltung, weil jene Partikeln zwischen und auf den übrigen ruhen, welche bereits zu
                              									viel Körper haben und darum schwarz sind. Von diesen schwarzen Partikeln geht aber
                              									natürlich kein Licht aus, welches, durch die feinsten transparenten hindurchgehend,
                              									als Blau wahrgenommen werden könnte. Diese Lage der Dinge ändert sich aber sofort,
                              									sobald durch Einmischung von farblosen Stoffen Licht zurückwerfende Zwischenlagen
                              									geschaffen werden. In der That erhält man – als weiteren Beleg, daſs der schwarze
                              									Niederschlag das färbende Prinzip der Natronschwefelleber ist – mehr oder weniger
                              									deutlich blaue, mehr oder weniger ins Grau gehende Massen beim Zusammenreiben mit
                              									Kiesel- oder Thonerdegallerte. Nimmt man den schwarzen Niederschlag, wie er aus der
                              									Lösung von Schwefelleber eben fällt, so erhält man mit der Gallerte ein Product in
                              									Grau, mit eben deutlich wahrnehmbarem blauem Stiche: entfernt man zuvor das
                              									beigemengte Schwefeleisen mit Cyankalium, so gibt der Rest – also der schwarze
                              									Schwefel – nunmehr ein blaues Product mit grauem Stiche. Das Grau ist die Wirkung
                              									der derberen und opaken, das Blau die Wirkung der feinen, transparenten Partikeln.
                              									Letztere sind unglücklicher Weise nur viel zu spärlich vorhanden. Unterstützt man
                              									das Auge durch Unterlegen eines gelben Papieres, Brettes o. dgl., so tritt das Blau
                              									sehr stark hervor und wird selbst bei Proben bemerklich, die sonst kaum mehr als
                              									grau erscheinen. Wäre es möglich, den schwarzen Schwefel bis zu dem sehr weit
                              									gehenden Grade der für die Transparenz erforderlichen Feinheit aller Theilchen zu
                              									zerreiben – wozu er indessen keineswegs günstig geartet ist – dann wären die grau
                              									färbenden Theile ganz und gar in feinste transparente verwandelt; man wäre im Stande
                              									einen Ultramarin per Synthesin im handgreiflichsten
                              									Sinne des Wortes herzustellen. Die durch Zusammenreiben des schwarzen Schwefels mit
                              									Gallerten, als welche sich auch das Product der Fällung von Wasserglas mit Alaun
                              									sehr eignet, erhalten sich, natürlich in hellerem Tone, nach dem Trocknen auf
                              									unbestimmte Zeit. Gemische der Gallerten mit Schwefeleisen sehen, besonders bei
                              									einem gewissen Mischungsverhältnisse, ebenfalls blauschwarz aus, aber die Farbe
                              									verschwindet, zum Unterschiede von der mit dem schwarzen Schwefel hergestellten,
                              									rasch im Trocknen.
                           
                        
                           
                              Erklärung des Ultramarinblau auf nassem Wege.
                              
                           Die Vorgänge der Entstehung des Blau nach Art des Ultramarines auf nassem Wege sind
                              									nach Obigem unschwer in ihrem Zusammenhange zu übersehen.
                           Was zunächst das Auftreten des schwarzen Schwefels in der Schwefelleber anlangt, so
                              									bildet sich derselbe dadurch, daſs beim Schmelzen der letzteren gewöhnlicher
                              									Schwefel beim Weggehen rasch mit sehr heiſsen Theilen des Tiegels, namentlich den
                              									Wänden, oder mit sehr heiſsen schon geschmolzenen Theilen des Inhaltes in Berührung
                              									kommt. Der weggehende gewöhnliche Schwefel kann zum Theile der als Ueberschuſs
                              									vorhandene sein, ist aber ganz vorzugsweise jener aus dem Schwefelnatrium mit
                              									steigender Hitze frei werdende, weil dieser bei seinem Austritte eine der Bildung
                              									von schwarzem Schwefel schon naheliegende Temperatur bei seinem Austritte mitbringt.
                              									Bei den Bestimmungen der quantitativen Ausbeute an Schwefelleber, wie sie oben
                              									beschrieben worden, ist die Bildung von schwarzem Schwefel schon schwer und nur
                              									durch Arbeiten mit sehr kleinen Mengen und vorsichtigstem Erhitzen zu vermeiden. Das
                              									Gegentheil findet statt beim gewöhnlichen Schmelzen von Leber im Tiegel. Hier ist
                              									die Wand und die mittelbar daran liegende Masse unausbleiblich viel heiſser, als das
                              									Innere; Theile der Schmelze werden bereits fertig und hoch erhitzt sein, während
                              									andere erst zum Flusse kommen. Beim Umrühren kommen dann beide rasch mit einander in
                              									Berührung, und der entweichende Schwefel findet an vielen Stellen Gelegenheit, in
                              									schwarzen überzugehen. Seine Menge kann natürlich nur gering sein, wie es ja in der
                              									That der Fall, zunächst schon wegen der lediglich gelegentlichen Bildung, aber auch
                              									weil stets ein Theil an der Oberfläche der schmelzenden Leber immer wieder
                              									verbrennt. Der schwarze Schwefel findet andererseits in dem feurigflüssigen
                              									Schwefelnatrium ein gutes Lösungsmittel, welches ihn sofort aufnimmt. In der
                              									erstarrten Leber gibt der grüne Stich deutliche Kunde seines Daseins. Beim Lösen der
                              									Leber im Wasser fällt ein Theil heraus – bei zwei Versuchen nur 0,6 bezieh. 2,2 pro
                              									mille – während ein anderer, wohl nicht viel gröſserer, gelöst bleibt, auch in der
                              									Kälte. Kommt diese Lösung, die eine schwache Färbeflotte vorstellt, mit Substraten
                              									in Berührung, so setzt sie schwarzen Schwefel, unter Entwicklung blauer Farbe, als
                              									dünnen Anflug auf die
                              									Oberflächen derselben ab; beim Calciumphosphate ohne Weiteres, bei den übrigen
                              									Kiesel- und Thonerdegallerten und aufgeschlossenem Kaolin erst nachdem sie vorher
                              									mit Schwefelnatrium erhitzt worden. Diese letzten Körper üben an sich nämlich keine
                              									hinreichende Flächenanziehung aus, und gewinnen eine solche erst durch das
                              									aufgenommene Schwefelmetall; denn Schwefelmetalle zeichnen sich ganz besonders aus
                              									durch physikalische Affinität zum schwarzen Schwefel. Diese Wirkung des Schwefel
                              									metalles zeigt auch folgende Erscheinung recht deutlich: Erhitzt man in einem Rohre
                              									getrocknete Kieselgallerte u. dgl. zur Rothglut und läſst kleine Stückchen Schwefel
                              									darauf fallen, so bleibt dieselbe ungefärbt, es fehlt die hinreichende
                              									Flächenanziehung, ihn festzuhalten. Hat man dagegen die Probe vorher mit etwas
                              									Schwefelnatrium befeuchtet und getrocknet, so erhält man ebenso entschieden Blau,
                              									wenn auch nur sehr hellblau.
                           
                        
                           
                              Schwarzer Schwefel von Magnus.
                              
                           Es folgen hier noch zum Schlusse die speciellen Nachweise der Uebereinstimmung im
                              									Verhalten des schwarzen Körpers aus der Natriumschwefelleber mit dem schwarzen
                              									Schwefel von Magnus.
                           Derselbe erhielt ihn durch wiederholtes Erhitzen des gelben Schwefels auf 300° und
                              									jedesmaliges rasches Abkühlen, ein Verfahren für die Darstellung so unvortheilhaft
                              									als irgend möglich. Es bildet sich dabei nur ebenso viel als nöthig, um sein
                              									Vorhandensein zu erkennen und dieses derart mit anderen Schwefelmodificationen und
                              									mit diesen so innig vermengt, daſs eine Reinscheidung kaum oder nicht mehr gelingt.
                              									Viel ergiebiger schon ist der Weg, den vorher mit etwas Oel (etwa 1,5 pro mille)
                              									abgeriebenen Schwefel in einen erhitzten Tiegel portionenweise einzutragen.Bekanntlich verdankt man diese Anwendung des Oeles einer Beobachtung von Mitscherlich. Aber auch dieser Weg
                              									liefert nicht mehr als etwa 1 Proc. Ausbeute, noch dazu vielleicht mit der vom Oele
                              									hinterbliebenen Kohle behaftet.
                           Auf diese Art dargestellter schwarzer Schwefel zeigt in seinem Verhalten keinen
                              									Unterschied, ob mit oder ohne Oel präparirt; ein etwaiger Gehalt an beigemengter
                              									Kohle aus dem Oele, der nur sehr gering sein kann, macht sich nicht besonders
                              									bemerklich. Sein Verhalten stimmt ganz in allen Stücken mit dem Verhalten des aus
                              									Schwefelleber gewonnenen schwarzen Körpers überein:
                           Beim Erhitzen des Schwefels nach Magnus geht gewöhnlich
                              									anfangs noch etwas von der Präparation anhängender gelber Schwefel unter Erweichen
                              									des Ganzen und Aufblähen fort. Mit steigender Temperatur gibt er schweflige Säure ab
                              									und wird – wenn vorher gepulvert – schwebend im Gefäſse, wie Gyps beim Brennen. In
                              									der Glühhitze verglimmt
                              									er bei freiem Zutritte der Luft, ist aber im engen, unten geschlossenen Rohre
                              									beständig.
                           Er wird nicht angegriffen noch gelöst von Chlorwasserstoffsäure, Salpetersäure oder
                              									Salpetersäure unter Eintragen von Kaliumchlorat; er widersteht dem Königswasser. In
                              									kochender Aetznatron- und Kalilauge, selbst concentrirter, wird er nicht verändert,
                              									aber von schmelzendem Aetznatron (Kali) aufgeschlossen.
                           Er ist unlöslich in Wasser, Weingeist, Aether, Schwefelkohlenstoff; ebenso in fettem
                              									erhitztem Oele.
                           Zusammengerieben mit Gallerte von Kieselerde oder Thonerde, namentlich von etwas
                              									steifer Consistenz, gibt er dieselben graublau gefärbten Gemenge, wie der schwarze
                              									Körper aus Schwefelleber; ja sie fallen noch kräftiger im blauen Tone aus, insofern
                              									der Magnus'sche schwarze Schwefel immer freier ist von
                              									Schwefeleisen, als der aus Schwefelleber.
                           Die Ungunst des Zufalles wollte, daſs man dem schwarzen Schwefel zuerst auf den
                              									allerschlechtesten Wegen der Darstellung nahe kam; aber bessere sind zur Zeit nicht
                              									gegeben. Eingehende Kenntniſs der Natur, der weiteren unterscheidenden und
                              									bestimmenden chemischen und physikalischen Eigenschaften, ist erst von der
                              									Auffindung einer für Menge und Reinheit des Präparates einigermaſsen befriedigender
                              									Methode zu erwarten.
                           
                        
                           
                              Kalischwefelleber und deren Verhalten in Bezug auf
                                 										Ultramarinblau.
                              
                           Die Fabrikation von Ultramarin auf feurigem Wege im Fabrikbetriebe bedient sich
                              									bekanntermaſsen des kohlensauren Natriums als alkalischen Zusatzes zum Thone und
                              									Schwefel. Die Erfahrung hat gelehrt, daſs das Kalisalz kein Ultramarinblau gibt und
                              									das Natriumcarbonat keineswegs zu ersetzen vermag. Ganz das Gleiche gilt für das
                              									Blau auf nassem Wege. In der That besteht keine Analogie zwischen beiden Alkalien im
                              									Punkte der hier in Betracht kommenden Schwefelalkalimetalle.
                           Der Schwefelleber, aus kohlensaurem Kalium mit Ueberschuſs von Schwefel geschmolzen,
                              									fehlt der grüne Stich der Natriumschwefelleber; sie ist im Gegentheile rein
                              									rothbraun. Beim Auflösen im Wasser setzt sie keinen schwarzen Bodensatz ab, und
                              									erscheint wegen Fehlen desselben niemals grün, sondern einfach rothbraun. Beim
                              									Zusammenschmelzen von Kaliumcarbonat mit gleichen Theilen Schwefel unter denselben
                              									Vorsichtsmaſsregeln, wie bei der Natriumleber beschrieben, blieb nach Weggang des
                              									überschüssigen Schwefels in mehreren Versuchen, auf 100 Th. Carbonat berechnet:
                           
                              
                                 1
                                 2
                                 3
                                 
                              
                                 159,2
                                 160,1
                                 159,8
                                 
                              
                           
                           G.-Th. Leber.Nach der gewöhnlichen Annahme bildet sich bei dieser Kaliumsulfat (1 At.) und
                                    											Fünffach-Sehwefelnatrium (3 At.); danach müſsten 100 Th. Carbonat liefern
                                    											160,9 G.-Th. Schmelze, was mit obigen Werthen nahe übereinstimmt.
                              									Dieses Gewicht bleibt bei weiterer Steigerung der Temperatur bis über die Rothglut
                              									stabil; eine nachträgliche Zersetzung und Abgabe von Schwefel, wie bei der
                              									Natriumschwefelleber, findet nicht statt. Beim Schmelzen der Leber aus
                              									Kaliumcarbonat sieht man die Oberfläche sich alsbald mit einer dünnen, matten,
                              									krustenartigen Schichte bedecken, die beim Umrühren zerreiſst und den darunter
                              									befindlichen glänzend schwarzen Fluſs durchblicken läſst. Der mattschwarze Ueberzug
                              									verschwindet nach Kurzem. Wie man sieht, sind diese Erscheinungen lediglich die
                              									Symptome ein und desselben zu Grunde liegenden Verhaltens: nämlich von der
                              									Unlöslichkeit des schwarzen Schwefels in schmelzender Kalischwefelleber. In Folge
                              									dieser Unlöslichkeit wird dieser in der Schmelze an die Oberfläche getrieben,
                              									verliert im Austritte aus der Masse seinen Schutz gegen die berührende Luft, der ihm
                              									durch Auflösung im Inneren der Schmelze zu Theil würde, und verbrennt. Beim Lösen im
                              									Wasser findet sich kein schwarzer Schwefel mehr vor. Das färbende Prinzip ist bei
                              									Kaliumschwefelleber a limine ausgeschlossen.