| Titel: | Ueber Neuerungen im Mühlenwesen; von Prof. Fr. Kick. | 
| Autor: | Fr. Kick | 
| Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 503 | 
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                        Ueber Neuerungen im Mühlenwesen; von Prof. Fr. Kick.
                        (Patentklasse 50. Schluſs des Berichtes S. 303 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Kick, über Neuerungen im Mühlenwesen.
                        
                     
                        
                           Das Sieben oder Sichten. Schon im Eingange des Berichtes
                              									wurde hervorgehoben, daſs besonders im Sichtprozesse wichtige Neuerungen zu verzeichnen sind und dort auch (1888 268 289 bis 299) Georg Winklers
                                 										pulsirende Sichtmaschine (Sichtmaschine mit Luftwellenwirkung) näher
                              									beschrieben, sowie Carl Haggenmacher's Plansichter (S. 299) erwähnt. Auf diesen wird hier
                              									zunächst näher eingegangen, indem er gleichfalls der vollen Beachtung würdig
                              									ist.
                           Wie schon das Wort Plansichter besagt, ist eine ebene
                              									Siebfläche zur Anwendung gebracht. Jeder Punkt der Siebfläche beschreibt eine wagerechte Kreisbahn, das Sieb selbst liegt wagerecht und erfolgt die Weiterbeförderung des
                              									Sichtgutes, sowie das Offenhalten der Siebmaschen durch die eigenthümliche
                              									Einwirkung von Leisten, welche fest mit dem Siebrahmen
                              									verbunden, sich mit dem Siebe bewegen.
                           Fig. 1., Bd. 270, S. 503Die nebenstehende Skizze (Fig. 1) deutet die
                              									Anordnung schematisch an. S ist der Siebrahmen, in
                              									welchem mehrere Siebe über einander Angeordnet sein können, derselbe ist an vier
                              									Stangen ab c d aufgehängt und erhält von der Achse A durch die Kurbel K die
                              									kreisende Bewegung. Die vier Hängestangen sind stets zu einander parallel und
                              									bewegen sich je in einer Kegelfläche mit kreisförmiger Basis. Die Bewegung des
                              									Siebrahmens ist verwandt mit der Bewegung eines Kreispendels, sie ist eine kreisende oder wenn
                              									man will kreispendelartig schwingende, jeder Punkt des
                              									Rahmens und daher auch der Siebe durchläuft eine wagerechte Kreisbahn vom Halbmesser
                              									der Kurbel.
                           Ertheilt man einem Siebe diese Bewegung und legt man darauf Siebgut, so wird bei
                              									geringer Geschwindigkeit das Sichtgut die Bewegung des Siebes einfach mitmachen und
                              									eine siebende Wirkung tritt nicht ein. Wächst die Geschwindigkeit derart, daſs die
                              									Fliehkraft der Sichtguttheilchen gröſser wird als der Reibungswiderstand derselben
                              									an dem Siebe., dann verschiebt sich das Sichtgut auf dem Siebe und es nimmt das
                              									Sichtgut, weil sich die Bewegungsrichtung des Siebes in jedem Augenblicke ändert,
                              									gleichfalls eine kreisende Bewegung auf dem Siebe
                              										an.Indem sich die Reibung durch ρG, die Fliehkraft
                                    											durch \frac{v^2\,G}{r\,g} ausdrückt, so erhält man für
                                    											den Grenzfall \rho\,G=\frac{r^2\,G}{r\,g} oder
                                    												\rho=\frac{v^2}{r\,g}. Es muſs
                                    												v>\sqrt{\rho\,g\,r} sein, damit Bewegung des
                                    											Sichtgutes auf dem Siebe eintritt und dieser Bedingung genügt auch die
                                    											Tourenzahl und der Radius der Kurbel reichlich. v ist gleich 1 bis 1m,3 gewählt,
                                    											während für den Kurbelradius r = 0m,06 (6cm), die Acceleration g = 9,81 und
                                    												ρ = 0,6, v den
                                    											Werth 0,6 erhalten würde. Durch diese kreisende Bewegung wird
                              									wohl ein Sichten, aber bei wagerechter Sieblage keine Weiterbeförderung des
                              									Siebgutes erzielt, auch würde das Sieb nicht maschenrein bleiben, daher das Sieben
                              									milden Mehles bald ganz aufhören. Beides wird durch eine völlig neue Zugabe
                              									erreicht, durch die Wurf- und Vertheilungsleisten, welche nichts anderes sind als auf das Sieb und auf den unter dem Siebe befindlichen Blindboden gesetzte Leisten, welche
                              									einerseits eine hüpfende Bewegung des Sichtgutes herbeiführen, andererseits
                              									demselben einen bestimmten Weg anweisen. Von der Wirkungsweise der Leisten kann sich
                              									jedermann sehr leicht überzeugen, der folgenden Versuch ausführt: Eine Schachtel
                              										(Fig. 2), durch eine Mittelwand in zwei
                              									Abtheilungen A und B
                              									getheilt, besitze in B eingesetzte Leisten, in A keine. Gibt man nun in beide Abtheilungen gleiche
                              									Mengen Kleie oder irgend ein anderes ähnliches trockenes Material, faſst man dann
                              									die Schachtel so, daſs die Mittel wand zwischen dem Zeige- und Mittelfinger liegt,
                              									der Daumen an die Auſsenwand gelegt ist und bewegt man nun die Schachtel auf einem
                              									Tische gleitend unter möglichst rascher Kreisbewegung der Hand, so sieht man gleichzeitig in A die
                              									Einwirkung der bloſsen Kreisbewegung, in B die
                              									Einwirkung der Leisten bei dieser Bewegung und genieſst hierbei den Vortheil der
                              									Gleichheit aller Nebenumstände, der Geschwindigkeit, der Bewegungsart, der
                              									Beschaffenheit des Mahlgutes, Gefäſsbodens u.s.w. – Sinnestäuschung ist
                              									ausgeschlossen. – Man sieht in A, daſs das Mahlgut eine
                              									ruhige, kreisende Bewegung auf dem Gefäſsboden erhält, während es in B eine hüpfende Bewegung empfängt; denn hier stöſst es
                              									mit einer relativen Geschwindigkeit, welche sich zusammensetzt aus der
                              									Geschwindigkeit des am Gefäſsboden gleitenden Mahlgutes und der Geschwindigkeit der
                              									Leisten gegen diese. Beide können für r = 60mm und n = 200 den
                              									Werth 1m,256 nie übersteigen, die oberste Grenze
                              									der Stoſsgeschwindigkeit beträgt demnach 2m,5. –
                              									Stöſst das Mahlgut schiefwinkelig gegen die Leiste, so wird es seitlich abgelenkt,
                              									stöſst es hingegen ziemlich rechtwinkelig gegen die Leiste, so wird es
                              									zurückgeworfen, wobei unzweifelhaft die zwischen den Mahlguttheilchen enthaltene
                              									Luft eine wesentliche Rolle als elastischer Körper spielt und die Ursache des
                              									Aufhüpfens wird.
                           Sind zwei Siebe nahe über einander oder befindet sich unter dem Siebe in geringer
                              									Entfernung ein Blindboden, welcher ebenfalls mit Leisten besetzt ist, so bedingt das
                              									Aufhüpfen des Sichtgutes ober dem Siebe geringe Vibrationen von oben, das Aufhüpfen
                              									des Mahlgutes unter dem Siebe solche von unten, und namentlich letzteres Aufhüpfen
                              									bewirkt das Maschenreinhalten, denn es ist bekannt, daſs sich das Sieb bei weichem
                              									Mahlgute gerade an der Unterseite dick pelzig belegt und dadurch bald verlegt. Die
                              									Zugabe von Kleie als sogen. Putzgut wurde aufgelassen, als die beschriebene Wirkung
                              									durch die richtige Anordnung erreicht wurde.
                           Fig. 2., Bd. 270, S. 505Fig. 3., Bd. 270, S. 505Fig. 4., Bd. 270, S. 505Die hüpfende Bewegung des Sichtgutes auf dem
                              									Siebe muſs bewirken, daſs die specifisch schwereren und rundlichen Mahlguttheilchen
                              									leichter an und durch das Sieb gelangen, daſs daher die Qualität des Sichtens eine gute sein muſs.
                           Aendert man die Vorrichtung für den vorbeschriebenen Versuch nach Fig. 3 ab, faſst man wieder die Schachtel, wie früher
                              									beschrieben, an der Mittelwand und führt man die Kreisbewegung in der
                              									Uhrzeigerrichtung aus, so bewegt sich das Mahlgut in der Abtheilung B von der Auſsenwand gegen die Mittelwand, bei
                              									umgekehrter Kreisbewegung von der Mittelwand gegen auſsen, die Leisten wirken als
                              									Wurf- und als Förderleisten zugleich.Bei Ausführung des Versuches wird man gut thun, den Kasten etwa 20cm breit und 60 lang zu machen und den
                                    											Abstand der Wurfleisten etwa 6cm zu
                                    											nehmen. Bringt man auf dem Siebe Leisten an, welche niedrig und
                              									einseitig abgerundet sind, wie Fig. 4 dies andeutet,
                              									so tritt das Mahlgut leicht von der abgerundeten Seite aus über sie weg, während es
                              									in der Gegenrichtung
                              									mehr Widerstand findet. Solche Leisten nennt Haggenmacher Vertheilungsleisten. Durch entsprechende Combination der
                              									Wurf- und Vertheilungsleisten, ja durch erstere allein, ist es möglich, dem
                              									Sichtgute auf dem Siebe jeden beliebigen Weg vorzuschreiben. Ja man kann durch
                              									Anbringung solcher Leisten auf einer schwach ansteigenden schiefen Ebene das Sichtgut aus einer tieferen Abtheilung in
                              									eine höhere heben und ist hierdurch in der Lage, beide
                              									Hälften des Plansichters nach einander zur Wirkung zu bringen.
                           Der Berichterstatter hatte Gelegenheit, in der ersten Ofen-Pester-Dampfmühle im Juni
                              									einigen Versuchen mit dem Plansichter beizuwohnen, welche nach jeder Richtung,
                              									bezüglich Menge und Güte der Leistung, sehr befriedigend ausfielen. Es wurde bei
                              									einem Versuche Auszugmahldunst (0er Dunst), welcher bei
                              									60 Proc. solcher Theilchen enthielt, welche sich durch ein Handsieb Nr. 14 abbeuteln
                              									lieſsen, auf zwei Mahlgängen gemahlen und ging das Mahlgut von den Steinen zum
                              									Zwecke des Abbeutelns durch je eine halbe Stunde erstens auf ein Cylindersystem,
                              									zweitens auf den Plansichter, und zwar kamen in der Minute 12k, also stündlich 720k Mahlgut zum Abbeuteln.
                           
                              
                                 Das Cylindersystem
                                 Der Plansichter
                                 
                              
                                 bestand aus einem Vorcylinder undeinem Mehlcylinder, jeder
                                    											zu 5 Blatt,somit zusammen etwa 30qm
                                    											Gaze
                                 besaſs zwei Siebrahmen von 3m,1
                                    											Längeund 1m,1 Breite, demnach
                                    												zusammen6qm,82 Gaze
                                 
                              
                                 und lieferte
                                 43 Proc. Mehl
                                 und lieferte
                                 50,5 Proc. Mehl
                                 
                              
                                 
                                 57 Proc. Dunst
                                 
                                 49,5 Proc. Dunst,
                                 
                              
                           wobei das Mehl vom Plansichter eben noch bemerkbar schöner
                              									war.
                           Der zweite Versuch fand in ganz gleicher Weise mit fünfer
                                 										Mahldunst statt. Dieser Dunst war viel milder als der Auszugmahldunst und
                              									konnten durch ein Handsieb mit Gaze Nr. 14 bei 90 Proc. griffiges Mehl abgebeutelt
                              									werden. Entsprechend der milderen Beschaffenheit dieses Dunstes wurden die beiden
                              									Mahlgänge reichlicher gespeist. Es kamen in der Minute 18k, also stündlich 1080k zum Abbeuteln und ergab:
                           
                              
                                 das Cylindersystem
                                 der Plansichter
                                 
                              
                                 32,8 Proc. Mehl
                                 56,3 Proc. Mehl
                                 
                              
                                  67,2 Proc. Dunst
                                   43,7 Proc. Dunst.
                                 
                              
                           Die Mehle waren kaum zu unterscheiden, doch schien das vom
                              									Plansichter kommende eher etwas heller zu sein.
                           Ein dritter Versuch wurde mit drittem Schrote ausgeführt, welches von 6 zweipaarigen
                              									Walzenstühlen mit Riementrieb (Walzenlänge 400mm,
                              									Durchmesser 220mm) kam. In der Minute kamen 110k Schrot, stündlich 6600k zum Abbeuteln und lief je die halbe Menge davon,
                              									also etwa 3300k, auf:
                           
                              
                                 das Cylindersystem,
                                 den Plansichter,
                                 
                              
                                 dieses bestand aus Schrot-, Gries-, Mehl-und Dunstcylinder von
                                    											zusammen 60qmGaze (bezieh. Draht) und
                                    											lieferte
                                 dieser enthielt drei Siebrahmen undeinen Blindrahmen von zusammen
                                    												etwa10qm Gaze (bezieh. Draht) und
                                    											lieferte
                                 
                              
                                 4,2 Proc. Mehl.
                                 3,7 Proc. Mehl.
                                 
                              
                           Das Mehl vom Plansichter war wesentlich schöner.
                           
                           Alle diese Versuche zeigen, daſs durch einen Plansichter 2 bis 4 Cylinder zu 5 Blatt
                              									ersetzt werden können, was gegenüber den Cylindern einer ganz wesentlichen Ersparniſs an Raum und Siebfläche gleichkommt. Aus den beiden ersten Versuchen geht zudem hervor,
                              									daſs bei mindestens gleicher Mehlqualität der Plansichter eine gröſsere Menge
                              									desselben liefert.
                           Die nebenstehenden Fig. 5 und 6 geben ein Bild des Haggenmacher'schen
                              									Plansichters sammt Zugehör. Der die Siebrahmen bergende Kasten oder Hauptrahmen K hängt an den vier Stangen 1 2
                                 										3 4, welche oben und unten in Kugeln enden, die in entsprechenden Lagern
                              									einerseits an der Decke, andererseits am Kasten gehalten werden. Zur genauen
                              									Montirung der Stangenlänge ist jede Stange aus zwei Stücken gebildet, welche durch
                              									eine Doppelmutter mit linkem und rechtem Gewinde verbunden sind. Der Lagerstuhl L trägt die Kurbelachse, an welcher unten ein
                              									Schwungrad mit eingesetztem Gegengewichte angebracht ist.
                           Fig. 5., Bd. 270, S. 507Fig. 6., Bd. 270, S. 507Lederschläuche U1 verbinden einerseits das Zuführungsrohr mit dem Deckel des Sichtkastens,
                              									andererseits die Ausläufe mit den Trichtern über dem Träger der Sackstutzen. Das im
                              									Schwungrade eingesetzte Gegengewicht hat die Aufgabe, durch seine Fliehkraft jenen
                              									Zapfendruck auszugleichen, welcher von der kreisenden Bewegung des Plansichters
                              									herrührt und sehr bedeutend ist. Bei 200 Touren in der Minute, 400k Kastengewicht und 60mm Radius beträgt dieser Druck oder die Fliehkraft des Kastens bei 1000k, und denselben GegendruckDie Fliehkraft
                                    												F=\frac{G\,r^2}{r\,g}=\frac{4\,\pi^2\,n^2}{3600\,g}\,G\,r
                                    											wird für n = 200, G = 400k, r = 60mm =
                                    												0m,06, F
                                    											= 1070k. Hierbei ist Gr = 24,1, dies entspricht einem Gegengewichte
                                    											von 48k in 0m,5 = 500mm Abstand von der
                                    											Drehachse. muſs das Gegengewicht durch seine Fliehkraft
                              									hervorbringen, soll die Bewegung eine ruhige sein. Um die Ausgleichung thunlichst zu
                              									erzielen, wird die Gröſse des Gegengewichtes und der Ort seiner Anbringung im
                              									Versuchswege durch eine besondere Vorrichtung sehr vollkommen ermittelt. Im
                              									Vergleiche mit der Gröſse der Fliehkraft fällt der Druck, welcher aus der seitlichen
                              									Ablenkung bezieh. Hebung des Kastens hervorgeht, nicht in Betracht, denn bei 900mm Stangenlänge, 60mm Ablenkung und 400k Rahmengewicht
                              									beträgt dieser Druck nur bei 26k. Durch die exacte
                              									Ausbalancirung für den Bewegungszustand findet keine bedeutende Vibration der Decke
                              									statt, sondern geht der Plansichter ruhig.
                           Fig. 7., Bd. 270, S. 508Fig. 8., Bd. 270, S. 508Fig. 9., Bd. 270, S. 508Fig. 10., Bd. 270, S. 508Die Anordnung der Siebrahmen im Plansichter und der Leisten ist verschieden
                              									ausführbar und wird auch sehr verschieden ausgeführt. In den nebenstehenden Figuren
                              									sind als Beispiel jene Anordnungen gewählt, welche bei dem Plansichter zur
                              									Schrotsortirung (Versuch 3) angewendet waren. Das erste Sieb (Schrotsieb Fig. 7) ist mit Drahtsieb 14, das kleine Endfeld mit
                              									Draht 4 bezogen, um etwaige grobe Verunreinigungen zurückzuhalten. Durch Sieb 4
                              									fällt das Schrot. Sämmtliche Griese, Dunste und Mehl fallen durch das Sieb 14 auf
                              									das darunter befindliche
                              									Sieb des zweiten Rahmens (Fig. 8), welcher mit
                              									Messingdrahtgewebe Nr. 34 bespannt ist, während das Endfeld Sieb Nr. 28 aufweist;
                              									Mehl und Dunste fallen durch 34 und gelangen auf den Blindboden, während die feinen
                              									Griese durch 28 fallen, die groben (1. und 2. Gries) über 28 als Uebergang entfernt
                              									werden. Der Blindboden ist hauptsächlich zu dem Zwecke vorhanden, das auf ihn
                              									fallende feine Mahlgut einem Auslaufe (Fig. 9)
                              									zuzuführen und von hier aus auf das Mehlblatt zu bringen. Vertheilungsleisten sind
                              									nur in Fig. 7 durch je zwei feine parallele Linien
                              									angedeutet, in den übrigen Figuren der Deutlichkeit wegen weggelassen.
                           Das Mehlblatt Fig. 10 ist, wie aus der Figur
                              									ersichtlich, in den ersten Abtheilungen mit Seidengaze Nr. XIII bespannt, hieran
                              									schlieſsen sich zwei Abtheilungen für Dunst mit Gaze IX und VII und endlich das
                              									letzte Feld mit Messinggewebe Nr. 14, welches die feinen Griese hindurchläſst, die
                              									sich noch eingemengt im Mehle und Dunste befanden. Unter diesem Siebrahmen befindet
                              									sich endlich noch ein zweiter Blindrahmen, dessen Leistenbesatz so gewählt ist, daſs
                              									das Mehl der ersten und zweiten Sorte mindestens zu je einem besonderen Auslaufe
                              									geführt wird, ebenso beide Dunstsorten. Da noch getrennte Ausläufe für feine und
                              									grobe Griese und Schrot vorhanden sein müssen, so sind zusammen an diesem
                              									Plansichter mindestens 7 Lederschläuche l1 (Fig. 5) vorhanden.
                              									Man wird auch in den Endfeldern durch entsprechend angebrachte Leisten den Weg des
                              									Sichtgutes zum Auslaufe bestimmen können, doch wurden solche Leisten in den Figuren
                              									weggelassen.
                           Es ist leicht einzusehen, daſs derselbe Plansichter durch Auswechselung der Sieb- und
                              									Blindrahmen, durch Verschluſs des einen oder anderen Auslaufes, beliebigen Aufgaben
                              									des Sichtprozesses angepaſst werden kann.
                           Dadurch, daſs der Siebrahmen sammt den Wurf leisten nur eine Höhe von etwa 4cm besitzt, können mehrere Sieb- und Blindrahmen
                              									im Kasten oder Hauptrahmen über einander angeordnet sein, ohne daſs die Höhe dieses
                              									Kastens eine groſse wird. Auf wenigen Centimetern Höhe läſst sich daher ein ganzer
                              									Satz von Sieben anordnen und hierdurch wird der Raumverbrauch auſserordentlich
                              									herabgemindert.
                           Siebe mit kreisender Bewegung sind mit Rücksicht darauf,
                              									daſs man Hand sieben nicht selten diese Bewegung gibt, wohl längst in Anwendung
                              									gewesen; auch mechanisch bewegte Siebvorrichtungen mit kreisender Siebbewegung hat
                              									es schon früher gegeben. Hierher gehört Pieler van
                                 										Gelder's Siebmaschine (Englisches Patent Nr. 2470 vom Jahre 1878), welche
                              									mit geneigten, durch zwei gleiche Kurbeln bewegten und getragenen Sieben arbeitet,
                              									wie beiliegende, dem „The Miller“ entnommene Skizze (Fig.
                                 										11) zeigt, bei welcher nur ein kleines Stück des Gestelles bei G angedeutet ist, sonst aber alle zur Aufstellung
                              									erforderlichen Theile des Ständers und Kastens weggelassen sind.
                           A. Marcon fils (D. R. P. Kl. 45 Nr. 13140 vom 10. August
                              									1880) hing ein
                              									kreisförmiges Sieb an drei Ketten auf und ertheilte demselben mittels zweier
                              									Kurbeln, deren Zapfen je in einen am Siebe angebrachten Ring eingriffen, eine
                              									schaukelnde Kreisbewegung; Richard Wünsche (D. R. P.
                              									Kl. 45 Nr. 31202 vom 6. Juni 1884) setzt ein Handsieb in seine Maschine ein und
                              									ertheilt demselben eine der Kreisbewegung ähnliche Bewegung, welche auch das Hand
                              									sieben ersetzen soll. Doch diese Vorrichtungen erlangten geringe Bedeutung, es
                              									fehlen ihnen sämmtlich die zu kräftiger Wirkung erforderlichen Wurf- und
                              									Vertheilungsleisten.
                           Fig. 11., Bd. 270, S. 510Vergleicht man die neueren Siebvorrichtungen, die Centrifugalsichter, die
                              										Winkler'sche pulsirende Sichtmaschine und Haggenmacher's Plansichter mit den älteren
                              									Siebcylindern, so erkennt man zunächst, daſs die neueren Vorrichtungen weniger Raum,
                              									dafür aber mehr Kraft beanspruchen. Die Auswechselung der Siebe geht bei den neueren
                              									Siebvorrichtungen entschieden leichter als bei den alten.
                           Der Quadratmeter Gaze sichtet in einer Stunde
                           
                              
                                 in Winkler's pulsirender Sichtmaschine
                                 bei
                                 300k
                                 Mehl ab
                                 
                              
                                  „ Haggenmacher's Plansichter
                                 „
                                 100
                                 „
                                 
                              
                                  „ der Centrifugalsichtmaschine
                                 „
                                   70
                                 „
                                 
                              
                                  „ den gewöhnlichen Mehlcylindern
                                 „
                                   15
                                 „
                                 
                              
                           Der Raumbedarf dieser vier Sichtsysteme dürfte sich sammt unmittelbarem Beiwerke
                              									durch die Zahlen 1 : 2 : 4 : 8 oder 2 : 3 : 5 :10 ausdrücken lassen. Ueber die
                              									Gazeabnutzung liegen dem Referenten Vergleichszahlen nicht vor, doch dürften die
                              									Centrifugalsichter den bedeutendsten Gazeverbrauch erheischen, hieran sich Winkler's Maschine anreihen, die Plansichter aber den
                              									geringsten Gazeverbrauch erfordern.
                           In Ergänzung zu den Mittheilungen über Winkler's
                              									Sichtmaschine sei noch beigefügt, daſs mit derselben Versuche zum Nachbeuteln von Mehl gemacht wurden, wobei laut Bericht
                              									mit der kleinen (1888 268 297) besprochenen Maschine
                              									durch Gaze Nr. 16 bis 700k Mehl in der Stunde aus
                              									Mehl (welches durch 14er Gaze erhalten war) abgebeutelt wurden. Die Maschinen von
                              										Haggenmacher und Winkler sind, trotz der Verschiedenheit der ihnen zu Grunde liegenden
                              									Prinzipien, doch beide als sehr beachtenswerthe
                              									Neuerungen, ja man kann sagen als wirkliche Erfindungen auf dem Gebiete des Sichtens
                              									zu bezeichnen.
                           Die übrigen Neuerungen auf diesem Gebiete sind von geringer Bedeutung und nur
                              									nachstehende in Kürze erwähnt.
                           
                           Die Sichtmaschine von Friedrich Haake in Berlin (D. R.
                                 									P. Nr. 41426 vom 17. Februar 1887) gehört zu den Neuerungen, welche die Winkler'sche Idee der Luftwellenbewegung benutzen. Haake wendet schräge, senkrecht bewegte Plansiebe an,
                              									und soll das bewegte Sieb, gegen eine feste Decke entsprechend abgedichtet,
                              									gleichsam wie der Boden eines Blasbalges wirken. Der Patentanspruch lautet nur auf
                              									die Bewegungs- und Stellvorrichtung des Siebes.
                           Unter den auf die Centrifugalsichtmaschinen sich
                              									beziehenden Neuerungen sei die Maschine von F. Grefrath
                              									in Bautzen (D. R. P. Nr. 38106 vom 24. Mai 1886) erwähnt, in welcher mit den Flügeln
                              									eigenthümlich geformte Bleche (Wände) verbunden sind, welche die kreisende
                              									Luftbewegung in eine mehr radial gegen das Sieb gerichtete umwandeln sollen ferner
                              									die Maschine von Fried. Lud. Kettenbach in Manchester
                              									(D. R. P. Nr. 36197 vom 23. December 1885), welcher auſserhalb des Schlägerwerkes in
                              									dem gleichen Bewegungssinne Schöpfmulden langsam rotiren läſst, welche das im
                              									Cylinder sich sammelnde Sichtgut fassen und emporheben; endlich die Maschine von Emil Fritsch in Leipzig (D. R. P. Nr. 36438 vom 8.
                                 									Januar 1886), welcher im Inneren des Siebcylinders vier Schlägersysteme so rotiren
                              									läſst, daſs sie gemeinsam eine Planetenbewegung um die geometrische Achse des
                              									Sichtcylinders ausführen, wodurch der Wurfwinkel günstiger, d.h. minder spitz wird.
                              									Beachtenswerther ist die:
                           Kleienausstreifmaschine. Um die an den Kleien haftenden
                              									Mehltheile zu entfernen, hat Bauermeister und Janssen,
                              									Maschinenfabrik in Ottensen bei Hamburg, eine „Kleien-Stiften- und
                                 										Bürstmaschine“ eingeführt, welche, ähnlich den Centrifugalsichtern, aus
                              									einem rotirenden Mantel und einer rotirenden Trommel bezieh. Schlägern besteht.
                           Der Mantel ist an der Einlaufseite auf die Länge von 350mm ein Blechmantel, innen mit eisernen Bolzen besetzt, an diesen schlieſst
                              									sich auf etwa doppelte Länge ein Drahtsieb in Cylinderform. Die Trommel ist für die
                              									erste Abtheilung aus Blech mit äuſseren Eisenbolzen und geht für die zweite
                              									Abtheilung in ein Bürsten tragendes Schlägerwerk über, dessen Bürsten etwas schräg
                              									zur Achse gestellt, gegen das Sieb leichten Andruck erhalten. Die Umdrehungszahl der
                              									Bürstenwelle beträgt 350 in der Minute, jene des Mantels bei gleicher Richtung etwa
                              									20. Die Kleien sollen wohl gereinigt aus der Maschine treten. Die Maschine kann als
                              									eine Verbindung eines Detacheurs mit einem Sichter betrachtet werden. Ob bei der
                              									ziemlich hohen Tourenzahl nicht ein allzu rascher Verschleiſs der Bürsten erfolgt,
                              									erscheint fraglich, die sonstige kräftige Wirkung auf die Kleien wird nicht
                              									bezweifelt werden können. Bürsten haben, wie Ingenieur L. C.
                                 										Wolff (Mühle, 1888 S. 454) richtig bemerkt, auf Schrot und aus denselben
                              									Gründen auch auf Kleie, ihre Berechtigung.