| Titel: | Kryolith und seine Stellvertreter in der Glasindustrie; von Richard Zsigmondy. | 
| Autor: | Richard Zsigmondy | 
| Fundstelle: | Band 271, Jahrgang 1889, S. 81 | 
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                        Kryolith und seine Stellvertreter in der
                           								Glasindustrie; von Richard
                              									Zsigmondy.
                        (Schluſs der Abhandlung S. 36 d. Bd.)
                        Kryolith und seine Stellvertreter in der Glasindustrie.
                        
                     
                        
                           Im Nachstehenden will ich ein Verfahren zur Darstellung von Fluornatrium beschreiben,
                              									das zwar erst durch Versuche in gröſserem Maſsstabe geprüft werden müſste, falls es
                              									sich bewährt, aber wahrscheinlich ökonomische Vortheile bieten würde.
                           Mein Verfahren zur Darstellung von Fluornatrium aus Fluſsspath ist in wenigen Worten
                              									folgendes:
                           Man schmilzt Fluſsspath mit Potasche unter Zusatz von Kieselsäure, laugt die Schmelze
                              									aus, und versetzt die concentrirte heiſse Lösung von Fluorkalium mit einer bei 38°
                              									C. gesättigten Lösung von Soda, wodurch Fluornatrium als Niederschlag ausfällt, und
                              									kohlensaures Kali regenerirt wird, das man zu einer neuen Schmelze verwenden
                              									kann.
                           Da nun Fluorkalium in Wasser auſserordentlich leicht löslich ist, Fluornatrium
                              									dagegen erst in 23 bis 25 Th. Wasser, so folgt, daſs man einerseits leicht
                              									auslaugbare Schmelzen erhalten wird, und zu ihrer Extraction wenig Wasser braucht,
                              									andererseits durch die verschiedene Löslichkeit von Potasche und Fluornatrium in
                              									Stand gesetzt ist, leicht eine ziemlich vollständige Trennung der beiden Körper
                              									durchzuführen. Um nun eine für die Praxis brauchbare Vorschrift zu geben, muſste
                              									eine Reihe von Schmelzversuchen mit wechselnden Mengen von Fluſsspath, Kieselsäure
                              									und Potasche angestellt, und die Menge des durch Auslaugen gewonnenen Fluorkaliums
                              									ermittelt werden. Da die bisher üblichen Methoden der Fluorbestimmung aber für meine
                              									Zwecke entweder zu
                              									umständlich oder zu zeitraubend waren, so befaſste ich mich vor Allem mit der
                              									Ausarbeitung einer neuen Methode der Fluortitrirung, deren Detail ich hier
                              									mittheile, da sie keine besonderen Apparate bedarf, sich rasch und mit einer für
                              									viele technische Zwecke genügenden Genauigkeit ausführen läſst.
                           Meine Methode lehnt sich an die Erdalkalimetrie von Knofler (Annalen der Chemie und Pharmacie,
                              									1885) an.
                           Wie Knöfler die gebundene Schwefelsäure titrirt, so
                              									bestimme ich die gebundene Fluſssäure, nur mit dem Unterschiede, daſs statt der!/10 Normal-Chlorbariumlösung eine 1/10
                              									Normal-Chlorcalciumlösung verwendet wird, und statt des von Knöfler angegebenen Indicators anfangs bloſs Phenolphtalëin verwendet
                              									wird. Die noch unverändertes kohlensaures und kieselsaures Kali enthaltende Lösung
                              									von Fluorkalium wird mit Salzsäure nach Zusatz von Phenolphtalëin unter Aufkochen
                              									genau neutralisirt und hierauf mit 1cc 1/10 Normal-Sodalösung versetzt, wodurch die
                              									Flüssigkeit roth gefärbt wird (alkalische Reaction). Nun setzt man einen Ueberschuſs
                              									von 1/10
                              									Normal-Chlorcalciumlösung zu, bis die rothe Farbe wieder verschwindet; dabei
                              									scheidet sich zunächst Fluorcalcium nach folgender Gleichung aus: CaCl2 + 2FlK = CaFl2 +
                              									2KCl, und nachdem alles Fluorkalium zersetzt ist, tritt folgende Umsetzung ein:
                              										CaCl2 + Na2CO3 = CaCO3 + 2NaCl –
                              									die Flüssigkeit wird neutral – und daher entfärbt. Da man aber einen Ueberschuſs von
                              										CaCl2 zugesetzt hat, so fällt – ohne jedoch an
                              									der Reaction theilzunehmen – die Kieselsäure gallertig aus.
                           Man bestimmt nun den Ueberschuſs an CaCl2
                              									erdalkalimetrisch nach Knöfler, d.h. man fällt mit 1/10
                              									Normal-Sodalösung, bis zum Auftreten der rothen Farbe, filtrirt und titrirt das
                              									Filtrat mit 1/10
                              									Normalsalzsäure unter Zusatz von Methylorange zurück.
                           Um den Vorgang klarer zum Ausdrucke zu bringen, will ich ihn in Formeln darlegen. Die
                              									ursprüngliche Lösung enthält: KFl, K2CO3, K2SiO3.
                           Durch Neutralisation mit HCl entsteht: KFl, 4KCl, SiO2.
                           
                              
                                 I.
                                 Nach
                                 Zusatz
                                 von
                                 1cc Na2CO3 enthält die Lösung: Na2CO3,
                                    											KFl,KCl, SiO2,
                                 
                              
                                 II.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 CaCl2 ist in Lösung: CaCl2, KCl,im Niederschlage: CaFl2, SiO2,
                                    												CaCO3,
                                 
                              
                                 III.
                                 „
                                 „
                                 „
                                 Na2CO3 ist
                                    											in Lösung: Na2CO3, KCl, NaCl,im Niederschlag: CaFl2, CaCO3, SiO2,
                                 
                              
                                 IV.
                                 Durch Zurücktitriren mit HCl erhält man in Lösung: NaCl,
                                    											KCl.
                                 
                              
                           Man hat dann nur zum Volumen der verbrauchten Chlorcalciumlösung (II.) das Volumen
                              									der Salzsäure (IV.) zu addiren, und davon das Gesammtvolumen der Sodalösung (I. und
                              									III.) zu subtrahiren, um die dem Fluorkalium äquivalente Menge CaCl2 zu ermitteln.
                           Da nur die erste und letzte Neutralisation besondere Vorsicht erheischt, man die
                              									anderen Lösungen rasch und im Ueberschusse zusetzen kann, und durch das
                              										FiltrirenSollte sich nach der Operation II. viel Si(OH)4 ausgeschieden haben, so wird man gut thun, vor Zusatz der
                                    											Sodalösung durch ein Stück gewaschenen Tülls abzuseihen und gut
                                    											nachzuwaschen. durch ein Faltenfilter leicht von Statten geht,
                              									läſst sich eine Fluorbestimmung bequem in ¼ bis ½ Stunde ausführen.
                           Vor der eigentlichen Prüfung der Methode muſsten noch folgende Fragen durch Versuche
                              									beantwortet werden:
                           1) Wie verhält sich Fluſssäure gegen Indicatoren beim Titriren mit Alkali?
                           2) Wie verhält sich Wasserglaslösung gegen Indicatoren beim Titriren mit HCl?
                           3) Wie verhält sich eine mit HCl neutralisirte Wasserglaslösung gegen CaCl2?
                           Zur Entscheidung der Frage 1) wurde etwas chemisch reine Fluſssäure mit Methylorange
                              									versetzt und mit KHO titrirt; der Farbenübergang war, wahrscheinlich in Folge der
                              									Bildung von KHFl2, ein ganz allmählicher. Cochenille
                              									zeigte einen schärferen Farbenübergang; scharf wurde der Neutralisationspunkt
                              									dagegen durch Lakmus und Phenolphtalëin angezeigt.
                           2) Durch Zusammenschmelzen von reinem Kaliumcarbonate mit reiner Kieselsäure und
                              									Auflösen der Schmelze wurde eine Wasserglaslösung hergestellt, und diese unter
                              									Zusatz von verschiedenen Indicatoren titrirt; es zeigte sich, daſs sich kieselsaures
                              									Alkali gegen sämmtliche Indicatoren wie reines Alkali verhält; die ausgeschiedene
                              									Kieselsäure ist selbst auf Phenolphtalëin ohne Einwirkung.
                           3) Die durch Neutralisation von Wasserglas erhaltene Lösung wurde mit CaCl2 versetzt; es schied sich viel Si(OH)4 aus, dagegen blieb der Gehalt der Lösung an
                              									Chlorcalcium unverändert, wie die Titrirung mit Sodalösung ergab.
                           Aus den Versuchen 1) geht hervor, daſs das von Knöfler
                              									als Indicator verwendete Gemenge von Methylorange und Phenolphtalëin für die
                              									Titrirung von Fluſssäure sich nicht eignet. Da der Cochenille- und Lakmusfarbstoff
                              									beim Zusätze von Sodalösung mit Calciumcarbonat gemengt ausfällt, so bleibt als
                              									einzig passender Indicator das Phenolphtalëin. Der Versuch 3) beweist, daſs die
                              									Gegenwart von Kaliumsilicat in der Schmelze auf die Fluorbestimmung keinen
                              									nachtheiligen Einfluſs ausübt.
                           Nach diesen vorläufigen Versuchen wurde zur eigentlichen Prüfung der Methode
                              									geschritten.
                           A) Einige Tropfen reiner Fluſssäure wurden mit 1/10 Normal-Natronlauge titrirt, unter
                              									Zusatz von Phenolphtalëin; es wurden 18cc,8 Lauge
                              									zur Neutralisation verbraucht, entsprechend 0g,0752 HFl. Diese Flüssigkeit wurde wie oben angegeben titrirt; man
                              									brauchte:
                           
                           
                              
                                 1)
                                 Na2CO3
                                 
                                    1,0^{cc}+11^{cc},0
                                    
                                 
                              
                                 
                                 CaClHCl
                                 
                                    \left. {{29,6}\atop{\ 1,0}} \right\}30,6-12,0=18^{cc}6
                                    
                                 
                              
                           18cc,6 CaCl2 wurden
                              									verbraucht, entsprechend 0g,0744 HFl.
                           Ba) Etwas Fluſssäure in eine Platinschale gegossen brauchte zur genauen
                              									Neutralisation 102cc,5 1/10
                              									Normal-Natronlauge, a) Die Lösung wurde auf 100cc
                              									gebracht und davon 25cc wie oben titrirt. Es
                              									wurden verbraucht:
                           
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    1,0^{cc}+3^{cc},1
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{28,8}\atop{\ 0,7}} \right\}29,5-4,1=25^{cc},4
                                    
                                 
                              
                           25cc,4 Chlorcalciumlösung
                              									statt 25cc,5.
                           b) 50cc obiger Lösung brauchten:
                           
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    1,0^{cc}+7^{cc},0
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{56,5}\atop{\ 1,8}} \right\}58,3-8=50^{cc},3
                                    
                                 
                              
                           Zur Controle wurde der Niederschlag auf ein Filter gebracht, schwach geglüht, mit
                              									Essigsäure behandelt und nach dem Waschen abermals geglüht. Zurück blieben 0g,3988 CaFl2,
                              									entsprechend 51cc,03 CaCl2. Davon die Hälfte, entsprechend 25cc der Lösung, 25cc,5 1/10 Normall.
                           Bc) Durch Zusammenschmelzen von 3g,490 Na2CO3 mit 1g,282 reiner Kieselsäure, Auflösen der Schmelze in
                              									Wasser und Verdünnen derselben auf 250cc wurde
                              									eine Lösung von Natriumcarbonat und Natriumsilicat hergestellt. 25cc dieser Lösung wurden mit 25cc obiger Lösung von Fluornatrium gemischt und die
                              									Mischung titrirt.
                           Es wurden verbraucht:
                           
                              
                                 Zur Neutralisation
                                 
                                    33,5^{cc}\ \mbox{HCl}
                                    
                                 
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    1,04+6^{cc},0
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{30,4}\atop{\ 2,1}} \right\}32,5-7=25^{cc},5\
                                       												\mbox{HCl}.
                                    
                                 
                              
                           Rechnen wir zum Vergleiche die Resultate auf Gramme HFl um, so erhalten wir in 205cc der Lösung:
                           
                              
                                 Durch Titriren mit NaHO
                                 0g,1022
                                 HFl
                                 
                              
                                 Gewichtsanalytisch aus dem CaCl2
                                 0g,1021
                                 „
                                 
                              
                                 Nach
                                 Ba)
                                 titrirt
                                 mit
                                 CaFl2
                                 0g,1016
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 Bb)
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0g,1005
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 Bc)
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0g,1020
                                 „
                                 
                              
                           Die Differenzen von 1,5 Proc. des Fluorgehaltes im Maximum sind auf die Summirung von
                              									Fehlern bei der wiederholten Titrirung, sowie auf die nicht absolute Schärfe der
                              									Farbenübergänge zurückzuführen, Uebelstände, die ja auch bei vielen anderen
                              									maſsanalytischen Methoden zur Geltung kommen, aber für meine Versuche ganz ohne
                              									Belang waren.Vgl. Fluortitrirung von Tammann, Zeitschrift für
                                       												analytische Chemie von Fresenius 24,
                                    											329.
                           Kennt man den Gehalt der Lösung an Alkalicarbonat und Silicat noch nicht, so wird man
                              									gut thun, die Lösung in zwei Hälften zu theilen, und die eine Hälfte unter Zusatz
                              									von Cochenille oder Lakmus zu neutralisiren, da sich Carbonate mit Phenolphtalëin schlecht titriren lassen.
                              									Dann setzt man zur zweiten Hälfte HCl in geringem Ueberschusse, kocht alle
                              									Kohlensäure weg, setzt Phenolphtalëin zu, und so viel NaHO, daſs eben die rothe
                              									Farbe auftritt, und bringt dieselbe durch einen Tropfen HCl wieder zum Verschwinden.
                              									Auf diese Weise läſst sich eine Lösung von Fluorkalium, kieselsaurem und
                              									kohlensaurem Kali genau neutralisiren.
                           An der Hand der eben beschriebenen Methode der Fluortitrirung war es ein Leichtes,
                              									eine Reihe von Versuchen auszuführen, die als Grundlage des neuen Verfahrens zur
                              									Darstellung von Fluornatrium dienen mögen. Es wurden wechselnde Mengen von
                              									Kieselsäure, Potasche und Fluſsspath in einem Platintiegel geschmolzen, die
                              									Schmelzen ausgelaugt und der Fluorgehalt titrirt. Die zur Verwendung kommende
                              									Potasche enthielt 89,5 Proc. K2CO3, der Rest war gröſstentheils Wasser. Der
                              									Fluſsspath enthielt 98,2 Proc. Fluorcalcium und wurde vor der Anwendung fein
                              									zerrieben, ebenso die Kieselsäure.
                           Von der Voraussetzung ausgehend, daſs die Kieselsäure gewissermaſsen als
                              									Contactsubstanz wirke, wurde anfangs wenig SiO2
                              									angewendet. Man könnte sich den Vorgang etwa so vorstellen, daſs das ursprünglich
                              									gebildete Kaliumsilicat sich mit dem Fluſsspathe in Fluorkalium und Calciumsilicat
                              									umsetzt, dieses durch den Ueberschuſs an Potasche aufgeschlossen wird, und daſs das
                              									neu gebildete kieselsaure Kali wieder die obige Reaction eingeht, welcher Vorgang
                              									sich so oft wiederholen würde, bis alles Fluorcalcium zersetzt ist. Daſs dem nicht
                              									so sei, wenigstens bei Anwendung eines nicht allzu groſsen Ueberschusses an
                              									Potasche, werden die folgenden Versuche zeigen:
                           
                              
                                 1)
                                 1g,6
                                 Fluſsspath (1 Mol.)
                                 
                              
                                 
                                 0g,3
                                 Kieselsäure (¼ Mol.)
                                 
                              
                                 
                                 4g,2
                                 Potasche (89 proc.) (1,3 Mol.)
                                 
                              
                           wurden als Pulver gemischt und im Platintiegel am Gasgebläse
                              									zusammengeschmolzen. Die Masse schmilzt nach starkem Glühen unter Schäumen, wird
                              									hierauf wieder fest und kann nicht mehr geschmolzen werden. Die Schmelze löst sich
                              									beim Kochen mit Wasser vom Tiegel, und wird weich, daſs sie leicht zerdrückt werden
                              									kann. Nach 12 stündigem Stehen wurde die Lösung filtrirt, auf 100cc gebracht und davon 25cc titrirt. Sie brauchten zur Neutralisation 48cc,3 1/10 Normal-Salzsäure. Ferner:
                           
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    9,05^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{24,1}\atop{\ 1,4}} \right\}25,5-9,05=16^{cc},4
                                    
                                 
                              
                           Daraus ergibt sich, daſs 32 Proc. CaFl2
                              									aufgeschlossen wurden. Eine Wiederholung des Versuches ergab 33 Proc. CaFl2.
                           
                              
                                 2)
                                 1g,6
                                 Fluſsspath
                                 
                              
                                 
                                 0g,3
                                 Kieselsäure
                                 
                              
                                 
                                 5g,5
                                 Potasche.
                                 
                              
                           
                           Das Gemenge war an einzelnen Stellen nach dem Durchschmelzen fest. Im Uebrigen
                              									zeigten sich die oben beschriebenen Erscheinungen. Nach dem Aufweichen in Wasser
                              									wurde der vierte Theil der Lösung titrirt. Es wurden gebraucht 64cc,8 HCl zur Neutralisation.
                           
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    9,0^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{27,8}\atop{\ 2,2}} \right\}30,0-9=21^{cc},0\
                                       												\mbox{CaCl}_2
                                    
                                 
                              
                           Aufgeschlossen wurden 41 Proc. CaFl2.
                           
                              
                                 3)
                                 0g,8
                                 Fluſsspath (1 Mol.)
                                 
                              
                                 
                                 0g,3
                                 Kieselsäure (½ Mol.)
                                 
                              
                                 
                                 2g,1
                                 Potasche (1,4 Mol.)
                                 
                              
                           Masse gefrittet, bei starkem Glühen unveränderlich. Als ich die Flamme des
                              									Gasgebläses direkt in den etwas weiten Tiegel richtete, also bei Oberfeuer, zeigten
                              									sich bald einige geschmolzene Perlen. Bei weiterem Erhitzen trat ein weiſser Rauch
                              									auf und bei Weiſsglut zeigten sich an den kälteren Partien des Tiegels Tröpfchen,
                              									die zur weiſsen Masse erstarrten, während sich im Zimmer ein erstickend riechender
                              									Qualm verbreitete. Das Fluorkalium begann zu destilliren; die Schmelze war sehr
                              									leicht mit Wasser zu extrahiren und zerfiel sofort zu Pulver. ¼ der Lösung titrirt
                              									brauchten 16cc,9 HCl.
                           
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    5,0^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{12,0}\atop{\ 1,9}} \right\}13,9-5,0=8^{cc},9\
                                       												\mbox{CaCl}_2
                                    
                                 
                              
                           entsprechend 35 Proc. Offenbar war mehr aufgeschlossen worden,
                              									doch hatte sich ein Theil des Fluorkaliums verflüchtigt.
                           
                              
                                 4)
                                 0g,8
                                 Fluſsspath
                                 
                              
                                 
                                 0g,3
                                 Kieselsäure
                                 
                              
                                 
                                 2g,7
                                 Potasche.
                                 
                              
                           Das Gemenge schmilzt und gibt bei starker Hitze etwas Rauch. Beim Titriren wurden
                              									verbraucht 23cc,4 HCl. Ferner:
                           
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    7,0^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{16,0}\atop{\ 3,1}} \right\}19,1-7,0=12^{cc},1
                                    
                                 
                              
                           entsprechend 47 Proc. CaFl2.
                           
                              
                                 5)
                                 0cc,8
                                 Fluſsspath
                                 
                              
                                 
                                 0cc,3
                                 Kieselsäure
                                 
                              
                                 
                                 2cc,3
                                 Potasche.
                                 
                              
                           Wurden wie oben behandelt. Durch Titriren ergab sich ein Verbrauch von
                           
                              
                                 21cc,6 HCl und
                                 
                                 
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    7,5^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{18,4}\atop{\ 1,8}} \right\}20,2-7,5=12^{cc},7\
                                       												\mbox{CaCl}_2
                                    
                                 
                              
                           entsprechend 49,5 Proc. Die zweite Titrirung ergab sogar 50,2
                              									Proc. Wie man sieht, hat sich hier, obgleich weniger Potasche zur Verwendung kam,
                              									als bei Versuch 4), doch mehr Fluſsspath aufgeschlossen. Es erklärt sich diese
                              									Unregelmäſsigkeit dadurch, daſs hier die Materialien inniger gemischt wurden;
                              									wahrscheinlich wurde auch die Schmelzung im richtigen Momente unterbrochen, worauf, wie ich mich
                              									wiederholt überzeugte, viel ankommt.
                           
                              
                                 6)
                                 0g,8
                                 Fluſsspath
                                 
                              
                                 
                                 0g,45
                                 Kieselsäure
                                 
                              
                                 
                                 2g,7
                                 Potasche
                                 
                              
                           wurden gut gemischt und geschmolzen; ¼ der Lösung wurde
                              									titrirt:
                           
                              
                                 HCl und
                                 
                                    25,6^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    4,0^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    4,0^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{16,1}\atop{\ 2,6}} \right\}18,7-4,0=14^{cc},7\
                                       												\mbox{CaCl}_2
                                    
                                 
                              
                           Es wurden 57 Proc. CaFl2 aufgeschlossen, also dem
                              									höheren Kieselsäuregehalte entsprechend, bedeutend mehr, als bei den früheren
                              									Versuchen. Dies veranlaſste mich, den Kieselsäurezusatz noch zu steigern.
                           
                              
                                 7)
                                 0g,8
                                 Fluſsspath
                                 1
                                 Mol.
                                 
                              
                                 
                                 0g,6
                                 Kieselsäure
                                 1
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 2g,7
                                 Potasche
                                 1,8
                                 „
                                 
                              
                           wurden zusammengeschmolzen, ausgelaugt; in einem Viertel der
                              									Lösung wurde maſsanalytisch das Fluor bestimmt:
                           
                              
                                 HCl
                                 
                                    18,7^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    2,0^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{19,2}\atop{\ 0,8}} \right\}20,0-2,0=18^{cc},0\
                                       												\mbox{CaCl}_2
                                    
                                 
                              
                           70,3 Proc. vom Fluorcalcium waren aufgeschlossen. Mit dem Kieselsäurezusatze noch zu
                              									steigen, schien nicht rathsam, da die Schmelzen leicht zu schwer löslich werden
                              									könnten. Ein gröſserer Zusatz von Potasche würde dagegen den Gehalt der Lösung an
                              									kohlensaurem Kali allzusehr erhöhen, so daſs die weitere Verarbeitung erschwert
                              									würde. Dennoch will ich der Vollständigkeit halber hier noch folgende zwei Versuche
                              									anführen:
                           
                              
                                 8)
                                 0g,8
                                 Fluſsspath
                                 
                              
                                 
                                 0g,6
                                 Kieselsäure
                                 
                              
                                 
                                 4g,0
                                 Potasche
                                 
                              
                           wurden im Platintiegel in ähnlicher Weise durch Rühren mit dem
                              									Glasstabe gemengt, wie man es beim Aufschlieſsen mit Natronkali zu thun pflegt. Nach
                              									vollendeter Reaction sah die Schmelze bei Rothglut sehr ungleichmäſsig aus;
                              									durchscheinende Partien wechselten mit ganz undurchsichtigen. Beim Auflösen der
                              									Schmelze in Wasser zeigte sich die Ungleichartigkeit derselben gleichfalls, indem
                              									manche Theile sich durchaus nicht vom Tiegel lösen wollten, andere sehr leicht in
                              									Lösung gingen. Beim Titriren wurden folgende Quantitäten 1/10 Normallösung
                              									gebraucht:
                           
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    8,9^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{21,3}\atop{\ 4,9}} \right\}26,2-8,9=17^{cc},3\
                                       												\mbox{CaCl}_2
                                    
                                 
                              
                           woraus sich berechnen läſst, daſs 67 Proc. des CaFl2 aufgeschlossen wurde. In einem anderen Theile der
                              									Lösung wurde das Fluor nach Berzelius bestimmt. Nach
                              									Entfernung der Kieselsäure und Auflösen des CaCO3 in
                              									Essigsäure blieben 0g,1363 CaFl2 zurück, entsprechend: 68 Proc.
                           9) Dieselben Mengen von Fluſspath, Kieselsäure und Potasche wie beim vorigen Versuche wurden
                              									geschmolzen, nachdem sie vorher innig gemischt worden waren. Die Schmelze erschien
                              									homogen und lieſs sich nach dem Erkalten ganz leicht und gleichmäſsig erweichen. In
                              									¼ der Lösung wurde das Fluor bestimmt. Zur Neutralisation wurden 47cc,4 HCl gebraucht; zur Fluortitrirung:
                           
                              
                                 Na2CO3
                                 
                                    22,4^{cc}
                                    
                                 
                              
                                 CaCl2HCl
                                 
                                    \left. {{31,6}\atop{11,9}} \right\}43,5-22,4=21^{cc},1
                                    
                                 
                              
                           In diesem Falle wurden 82,5 Proc. aufgeschlossen.
                           Vergleicht man die Resultate der eben beschriebenen Versuche, so sieht man, daſs bei
                              									Anwendung von weniger als 2 Mol. K2CO3 auf 1 Mol. CaFl2
                              									ein Zusatz von Kieselsäure bis zu 1 Mol. nothwendig ist, um gute Ausbeute zu
                              									erhalten. Es ergibt sich ferner, daſs nicht bloſs das Mischungsverhältniſs der drei
                              									Körper auf den Verlauf der Reaction bestimmend einwirkt, sondern daſs inniges
                              									Mischen der Bestandtheile, Zeitdauer des Schmelzprocesses und die Durchführung
                              									desselben innerhalb gewisser Temperaturgrenzen nothwendige Bedingungen sind, um gute
                              									Ausbeuten zu erhalten. Daraus folgt ferner, daſs die Ausbeuten an Fluorkalium, die
                              									man bei Versuchen im Platintiegel erhält, jedenfalls nicht die besten sind, die man
                              									überhaupt erzielen kann, da ja dabei oben erwähnte Bedingungen nur theilweise und
                              									sehr unvollständig eingehalten werden können. Einzelne Parallelversuche mit gleichem
                              									Mischungsverhältnisse ergaben bis 15 Proc. Differenz (vgl. Versuch 3 und 5 sowie 8
                              									und 9), die nur auf verschiedenartige Durchführung derselben zurückzuführen ist. Zu
                              									hohe Temperaturen sind zu vermeiden, da sich dabei Fluorkalium verflüchtigen würde
                              									und man Schmelzen erhält, die sich nicht leicht auslaugen lassen. Uebrigens tritt
                              									die Reaction bei verhältniſsmäſsig niedriger Temperatur ein, bei schwacher
                              									Rothglühhitze. Die Masse beginnt zu schmelzen, verflüssigt sich unter Aufschäumen
                              									vollständig und wird nach Vollendung der Reaction scheinbar wieder fest.
                              									Thatsächlich hat sie aber die Consistenz, die dem Vaseline bei gewöhnlicher
                              									Zimmertemperatur eigen ist, wie man sich durch Umrühren mit dem Platinspatel leicht
                              									überzeugen kann, lieſse sich also jedenfalls mit der Krücke leicht bearbeiten.
                           Der Auslaugerückstand besteht aus kieselsaurem, kohlensaurem Kalk, Fluorcalcium und
                              									ganz geringen Mengen von Kalisalzen, die sich nicht vollständig entfernen lassen.
                              									Derselbe kann ebenfalls in der Glasindustrie Verwendung finden, so daſs man bei
                              									diesem Verfahren überhaupt keine werthlosen Abfallproducte erhält.
                           Um die Einwirkung einer Sodalösung auf Fluorkalium zu prüfen, wurde eine concentrirte
                              									heiſse Lösung von 15g Fluorkalium (aus Fluſssäure
                              									und Kaliumcarbonat hergestellt) mit einer Lösung von 13g,5 Natriumcarbonat in etwa 20g Wasser
                              									versetzt. Unter heftigem Aufwallen der Flüssigkeit entstand Fluornatrium als
                              									feinkörniger Niederschlag, der sich von der Lösung leicht trennen lieſs. Derselbe wurde abfiltrirt, gewaschen
                              									und getrocknet. Das Fluornatrium erschien als schneeweiſses Pulver, freilich nicht
                              									in der gewünschten Ausbeute, da die Waschwässer nicht wieder aufgearbeitet werden
                              									konnten.
                           Will man den ökonomischen Werth des neuen Verfahrens beurtheilen, so ist es
                              									nothwendig, folgendes zu erwägen: Bei der Darstellung von Fluornatrium werden
                              									verbraucht: Fluſsspath, fein gemahlener Sand, Soda und geringe Mengen von Potasche,
                              									die beim Prozess verloren gehen, ferner Kohle, die theils zum Schmelzen der
                              									Mischung, theils zum Eindampfen der Lauge verbraucht wird; der Aufwand an
                              									Brennmaterial dürfte jedoch ein nicht sehr hoher sein, da die Aufschlieſsung bei
                              									verhältniſsmäſsig niedriger Temperatur vor sich geht, und die Laugen an sich sehr
                              									concentrirt sind. Dagegen wird gewonnen: Fluornatrium und als Abfall kieselsaurer
                              									Kalk. Bedenkt man nun, daſs beim Einschmelzen von Fluornatrium im Glase eine
                              									demselben und daher auch der zu seiner Darstellung verwendeten Soda äquivalente
                              									Menge Natron frei wird, daſs man ferner durch die Möglichkeit, bedeutende
                              									Quantitäten Feldspath in das Glas einzuschmelzen, eine, den Verlust an Potasche bei
                              									Weitem übersteigende Menge Kali gewinnt, daſs endlich der Abfall – kieselsaurer Kalk
                              									– in Krystallgläsern eingeschmolzen werden kann und daher mindestens dem Werthe des
                              									verwendeten Sandes entspricht, so bleiben als Materialien, die nicht zurückgewonnen
                              									werden, nurmehr der Fluſsspath und die Kohle. Vergleicht man den Preis dieser beiden
                              									Körper mit dem des Kryolithes, so zeigt sich, daſs selbst bei geringen Ausbeuten das
                              									Verfahren lukrativ sein wird, falls seine Durchführung im Groſsen nicht an
                              									technischen Hindernissen scheitert. Die gröſste Schwierigkeit dürfte das Auffinden
                              									einer passenden Herdsohle sein, die durch das schmelzende kohlensaure Kalium und
                              									Fluorkalium nicht angegriffen wird. Vielleicht bilden die basischen Ziegel, die ja
                              									in groſsen Eisenwerken bereits käuflich zu haben sind, das geeignete Material für
                              									diesen Zweck.
                           Die eben beschriebenen Versuche, die zum Theil im Laboratorium für anorganische
                              									Technologie am Polytechnikum zu Wien ausgeführt wurden, waren schon vor mehr als 2
                              									Jahren abgeschlossen. Mit der Publication meiner Arbeit habe ich nur darum so lange
                              									gezögert, weil ich die Absicht hatte, den Werth derselben durch Versuche im
                              									gröſseren Maſsstabe zu prüfen, wozu ich aber keine Gelegenheit fand.
                           Inzwischen habe ich mich anderen Gebieten der Chemie zugewendet, und so übergebe ich
                              									denn die Resultate meiner Studien der Oeffentlichkeit mit dem Wunsche, dieselben
                              									mögen nicht ganz ohne Nutzen für die Industrie bleiben.
                           München, im December 1888.