| Titel: | Ueber die Sulfurirung von primären, secundären und tertiären Rosanilinbasen; von Dr. Otto Mühlhäuser. | 
| Autor: | Otto Mühlhäuser | 
| Fundstelle: | Band 271, Jahrgang 1889, S. 360 | 
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                        Ueber die Sulfurirung von primären, secundären
                           								und tertiären Rosanilinbasen; von Dr. Otto Mühlhäuser.
                        Mühlhäuser, über die Sulfurirung von Rosanilinbasen.
                        
                     
                        
                           Rosanilinbasen bezieh. deren Salze geben bei der kalten oder warmen Behandlung mit
                              									Schwefelsäure, mit Schwefelsäureanhydrid, mit Schwefelsäurechlorhydrin oder mit
                              									Substanzen, welche diese sulfonirend wirkenden Agentien während des Mischens der
                              									Ingredienzien entstehen lassen, Rosanilinsulfosäuren.
                           Schwierig sulfonirbar sind im Allgemeinen Rosanilinbasen mit einer oder mehreren
                              										NH2-Gruppen, dann auch alle N-fettalkylirten
                              									Rosaniline. Leicht sulfonirbar sind Phenyl- und Benzylrosaniline von secundärem oder
                              									tertiärem bezieh. gemischt secundärem und tertiärem Charakter. Man schlieſst daraus,
                              									daſs die Phenyl- und Benzylgruppen die Träger der Sulfogruppen sind.
                           Zur Sulfonirung von Rosanilinen sind in Vorschlag gebracht worden:
                           1) SO4H2:
                           
                              a) Wasser haltig als 66° Schwefelsäure (NicholsonFranzösisches Patent vom 10. Juli 1862.).
                              b) als Monohydrat in Form einer Mischung von (englischer)
                                 										Schwefelsäure mit glasiger Metaphosphorsäure im Verhältnisse 2 : 1) (Kalk und Comp.D. R. P. Nr. 19721 vom 20. November 1881.),
                              c) mit Rosanilin versalzt als Bisulfat (Kalk und Comp.D. R. P. Nr. 19715 vom 8. September 1881.).
                              
                           2) SO3:
                           
                              a) als reines Schwefelsäureanhydrid (H.
                                    											CaroAmerikanisches Patent Nr. 250201, 244703 und Nr. 240797, vgl. auch Nr.
                                       												2096 vom 16. December 1877.),
                              b) mit SO4H2 gemischt (Monnet und
                                    											DuryFranzösisches Patent vom 7. August 1862. und H. CaroAmerik. Patent Nr. 250201, vgl. auch D. R. P. Nr. 2096 vom 16. Dec.
                                       												1877.),
                              c) in Form einer Mischung von Schwefelsäure und Na2S2O7 (Meister, Lucius und
                                    											BrüningD. R. P. Nr. 46397 vom 7. December 1880.),
                              d) in Form von Aethionsäureanhydrid C2H4SO3
                                 											(F. MannAmerikanisches Patent Nr. 262680.).
                              
                           3) SO3HCl:
                           
                              a) als reines Schwefelsäurechlorhydrin (JacobsenD. R. P. Nr. 8764 vom 1. März 1879.),
                              b) in Form von Aethionsäurechlorhydrin (MannAmerikanisches Patent Nr. 262680.).
                              
                           Je nachdem man mit dem einen oder anderen dieser Sulfogruppen liefernden Mittel auf
                              									ein Rosanilin, z.B. Triphenylpararosanilin, einwirkt, dürften im Sinne nachstehender
                              									Gleichungen trisulfonirte Triphenylpararosaniline hervorgehen:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 271, S. 360
                              
                           
                        
                           
                              Geschichtliches.
                              
                           Das dem Indigo in den äuſseren Eigenschaften ähnelnde Anilinblau ist der erste
                              									Rosanilinfarbstoflf, welcher sulfonirt wurde. E. C.
                                 										NicholsenFranzösisches Patent vom 10. Juli 1862. hat diese Sulfurirung mit
                              									englischer Schwefelsäure bei 40 bis 50° ausgeführt und dabei ein hochsulfonirtes
                              									Blau in wasserlöslichem Zustande erhalten. Monnet und
                                 										DuryFranzösisches Patent vom 7. August 1862. versuchten bald darauf
                              									die Umwandelung mit Nordhauser Vitriolöl. Aber erst Ende der 60 er Jahre gelang aus
                              									Anilinblau und Schwefelsäure der Erhalt brauchbarer wasserlöslicher Präparate, die
                              									je nach dem Grade der Sulfonirung als Alkali oder Wasserblau in den Handel gebracht wurden. Etwa zur
                              									selben Zeit lernte man aus Diphenylaminblau und MethylblauEnglisches Patent Nr. 2347 vom 4. Juli 1874. analoge Farbstoffe
                              									darstellen. 1872 sulfurirte BulkBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
                                    											1872 Bd. 5 S. 421. nach der in der Technik üblichen Methode das
                              									Triphenylrosanilin ein-, zwei-, drei- und vierfach, das Phenyläthylrosanilin und das
                              									Diphenylrosanilin mehrfach. 1877 stellte R. Meldola
                              										(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
                              									1881 Bd. 14 8. 1385) aus Viridin und englischer Schwefelsäure das Alkaligrün dar.
                              									Bis dahin war die Schwefelsäurebehandlung der nur in Alkohol löslichen Blau
                              									lediglich wegen der Wasserlöslichmachung unternommen worden, eine Umwandelung behufs
                              									vortheilhafter Veränderung der färbenden Eigenschaften war nicht beabsichtigt.
                              									Obwohl man eine solche wahrnahm und die umfassendere Verwendung der Blau gerade
                              									dieser Umänderung zuschrieb, so dachte man doch nicht daran, die Farbstoffe der
                              									Fuchsin- und Violettfabrikation durch Ueberführung in Sulfosäuren ihrem beschränkten
                              									Anwendungkreise zu entrücken. Erst 1877 hat H. Caro in
                              									der Absicht, Farbsubstanzen mit ausgeprägtem Säurecharakter zu erhalten, das Fuchsin
                              									und dessen Verwandte mit rauchender Schwefelsäure behandelt. Er erstrebte Farben,
                              									die sich gegen die Faser in Gegenwart von Säuren oder sauren Metallsalzen ähnlich
                              									wie die Holzfarbstoffe, die Phenolfarbstoffe, die Orseille, der Indigcarmin, die
                              									Nitrosäuren u.s.w. verhielten. Diese sollten durch jene ersetzt werden bezieh. mit
                              									diesen vergesellschaftet anwendbar sein. Da in der That die Rosanilinbasen den
                              									Caro'schen Ueberlegungen gemäſs verändert und verwendbar wurden, so versuchte man
                              									von jener Zeit ab die Umwandelung in Sulfosäuren mit jedem neu entdeckten
                              									Farbstoffe. Dem Bestreben, basische Rosaniline durch Einführung von Sulfogruppen zu
                              									veredeln bezieh. technisch werthvoll zu machen, verdanken die in nachstehender
                              									Tabelle aufgezählten Versuche ihren Ursprung.
                           
                              
                                 Jahrder Ent-deckung
                                 Erfinder
                                 Rosanilinbase
                                 Sulfurirungs-mittel
                                 Literatur
                                 
                              
                                 1878
                                 
                                    Actiengesellschaft
                                    
                                    für
                                    
                                    Anilinfabrikation
                                    
                                 Tetramethyldi-amidotriphenyl-carbinol u.
                                    											dessenVerwandte
                                 
                                 D. R. P. Nr. 6714 vom27. Oct. 1878.
                                 
                              
                                 1879
                                 
                                    Meister, Lucius
                                    
                                    u. Brüning
                                    
                                 Dimethyltriphe-nylpararosanilin
                                 
                                 D. R. P. Nr. 8251 vom24. Juni 1879.
                                 
                              
                                 „
                                 
                                    Emil Jacobsen
                                    
                                 RosanilinMethylirtes
                                    											Ros-anilinAethylirtes Ros-anilinPhenylirtes
                                    											Ros-anilinMethylbenzyl-Pararosanilin
                                 Schwefelsäure-chlorhydrin
                                 D. R. P. Nr. 8764 vom1. März 1879.
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Jahrder Ent-deckung
                                 Erfinder
                                 Rosanilinbase
                                 Sulfurirungs-mittel
                                 Literatur
                                 
                              
                                 1880
                                 
                                    J. F. Espenschied
                                    
                                 Trimethyltriphe-nylpararosanilin
                                 
                                 D. R. P. Nr. 14621 vom    28. Dec. 1880.
                                 
                              
                                 „
                                 
                                    Actiengesellschaft
                                    
                                    Farbwerke v.
                                    
                                    Meister, Lucius
                                    
                                    u. Brüning
                                    
                                 Rosanilin
                                 Schwefelsäure-monohydrat
                                    											undNatriumpyro-sulfat
                                 D. R. P. Nr. 46397 vom    7. Dec. 1880.
                                 
                              
                                 1881
                                 
                                    Otto Fischer
                                    
                                 Pararosanilinvom Typus desDimethyl-
                                    											undTetramethyl-pararosanilinssowie die Alkyl-und
                                    											Phenylsub-stitutionspro-ducte dieserFarbstoffe
                                 
                                 D. R. P. Nr. 16707 vom    1. Februar 1881, vgl.    auch Ewer und
                                    											Pick    (D. R. P. Nr. 31321    vom 21. Aug. 1884).
                                 
                              
                                 „
                                 
                                    Karl Oehler
                                    
                                 Rosanilin
                                 Aethionsäure-anhydridAethionsäure-chorhydrin
                                 D. R. P. Nr. 19847 vom    16. August 1871 und    Amerikanisches
                                    											Pa-    tent Nr. 262680.
                                 
                              
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                                    Actiengesellschaft
                                    
                                    für
                                    
                                    Anilinfabrikation
                                    
                                 Verwandte desMalachitgrüns
                                 
                                 D. R. P. Nr. 18959 vom    21. Juli 1881.
                                 
                              
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                                    Kalle und Comp.
                                    
                                 Rosanilin alsPararosanilin als
                                 BisulfatBisulfat
                                 D. R. P. Nr. 19715 vom    8. Sept. 1881.
                                 
                              
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                                    Kalle und Comp.
                                    
                                 Rosanilin
                                 Schwefelsäure-monohydrat
                                    											undMetaphosphor-säure
                                 D. R. P. Nr. 19721 vom    30. Nov. 1881.
                                 
                              
                                 1882
                                 
                                    E. Nölting
                                    
                                 NitrophenylirteRosaniline
                                 Pyroschwefel-säure,
                                    											Schwefel-säurechlorhydrin
                                 Monit. scientif. Bd. 12    S. 469 und Jahresber.    1882 S. 558.
                                 
                              
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                                    R. Meldola
                                    
                                 Diphenyldi-amidotriphenyl-carbinol
                                 Schwefelsäure
                                 Chem. Soc. Journ. Bd. 41    S. 187.
                                 
                              
                                 1883
                                 
                                    R. Meldola
                                    
                                 Tribetanaphtyl-rosanilin
                                 
                                 Chemical News Bd. 47    S. 133 u. 146 u.
                                    												Ber.    d.
                                       												deutsch. chem. Ges.    1883 Bd. 16 S. 964.
                                 
                              
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                                    C. L. Müller
                                    
                                 Methylphenyl-tetraäthylpara-rosanilin
                                 
                                 Amerikanisches Patent    Nr. 353264.
                                 
                              
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                                    C. L. Müller
                                    
                                 Benzylphenyl-tetraäthylpara-rosanilin
                                 
                                 Amerikanisches Patent    Nr. 353265.
                                 
                              
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                                    H. Bull und
                                    
                                    C. H. Müller
                                    
                                 Benzylphenyl-tetramethylpara-rosanilin
                                 
                                 Amerikanisches Patent    Nr. 346022.
                                 
                              
                                 1884
                                 
                                    Ewer und Pick
                                    
                                 Farbstoffe vomTypus         R.N(R1)2C      R.N(R1)2   R.OHOH
                                 Pyroschwefel-säure, Aethion-säure,
                                    												Anhydrid,SO3HCl
                                 D. R. P. Nr. 31321 vom    21. Aug. 1884.
                                 
                              
                                 1886
                                 
                                    Dahl und Comp.
                                    
                                 Mono-, Di- u. Tri-benzylrosanilin
                                 RauchendeSäure
                                 D. R. P. Nr. 37931 vom    18. Febr. 1884.
                                 
                              
                           
                        
                           
                           
                              Technisches.
                              
                           Im Allgemeinen ist zu bemerken, daſs die Zeitdauer der Einwirkung, die einzuhaltenden
                              									Temperaturgrenzen und die Mengenverhältnisse von dem Sulfurirungsmittel abhängen. Je
                              									nachdem die Rosanilinbase mehr oder weniger leicht substituirbar ist nimmt man dann
                              									gewöhnliche Schwefelsäure, rauchende Schwefelsäure oder Schwefelsäureanhydrid zur
                              									Sulfosäurebildung. Während die Einwirkung der wasserfreien Schwefelsäure in kurzer
                              									Zeit und ohne äuſsere Erwärmung sich vollzieht, erfordert die Verwendung der
                              									rauchenden Säure und namentlich der gewöhnlichen Schwefelsäure längere Zeit die
                              									Unterstützung durch Temperatursteigerung.
                           Englische Schwefelsäure eignet sich zum Sulfoniren von secundären oder tertiären
                              									Rosanilinbasen mit Benzyl- oder Phenylgruppen, nicht aber zur Sulfurirung von
                              									primären Rosanilinbasen und deren fettalkylirten Abkömmlingen. Da diese wenig
                              									concentrirte Säure in diesem Falle erst bei höherer Temperatur und unter
                              									gleichzeitiger Zerstörung der Farbstoffe einwirkt, so sulfonirt man diese schwer
                              									angreifbaren Basen mit rauchender Schwefelsäure oder mit Schwefelsäureanhydrid.
                           Die Abtrennung der Sulfosäuren von unverbrauchter Schwefelsäure kann in zweierlei Art
                              									geschehen. Man gieſst das Gemisch in Wasser, wenn wasserunlösliche oder
                              									wasserschwerlösliche Sulfosäuren vorliegen, und trennt durch Filtration. Man
                              									neutralisirt aber die in Wasser geschüttete Sulfuration mit Kalkmilch, wenn die
                              									Sulfosäuren und auch deren Kalksalze wasserlöslich sind. Dann trennt man vom Gypse
                              									und stellt aus dem Kalksalze die freie Säure oder deren Salze dar.