| Titel: | Präcisionswage (Patent Rueprecht) mit automatisch wirkendem Mechanismus für willkürliche Empfindlichkeit und Handhabung der Gewichte bei geschlossenem Gehäuse, für schnelle und genaue Wägungen. | 
| Autor: | Otto Vogel | 
| Fundstelle: | Band 271, Jahrgang 1889, S. 388 | 
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                        Präcisionswage (Patent Rueprecht) mit automatisch
                           								wirkendem Mechanismus für willkürliche Empfindlichkeit und Handhabung der Gewichte bei
                           								geschlossenem Gehäuse, für schnelle und genaue Wägungen.D. R. P. Nr. 43846.
                           							
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									19.
                        Präcisionswage mit automatisch wirkendem Mechanismus.
                        
                     
                        
                           Jedem, der Gewichtsbestimmungen mit einer sehr empfindlichen Präcisionswage häufig
                              									vorzunehmen hat, wird es hinlänglich bekannt sein, daſs diese Arbeit zu den
                              									zeitraubendsten und unangenehmsten gehört. Abgesehen davon, daſs gerade durch das
                              									oftmalige Auflegen der Gerichte dieselben stark abgenützt werden und selbst der
                              									Mechanismus der Wage darunter leidet, so ist mit dieser Manipulation noch der
                              									Uebelstand verbunden, daſs diese Arbeit, innerhalb des offenen Wagekastens mit der
                              									Hand vorgenommen, periodische Temperaturdifferenzen erzeugt, die jeder Wägung
                              									nachtheilig sind.
                           Wie groſs die hierdurch bedingten Fehlerquellen sein können, ist sofort daraus
                              									ersichtlich, daſs eine Temperaturdifferenz der beiden Hebelarme der Wage von 0,1° C.
                              									bei einer Belastung von 1k schon eine Aenderung
                              									des Gleichgewichtes von nahezu 2mg bewirkt.
                           Die angeführten Gründe haben den Mechaniker A. Rueprecht
                              									in Wien Gewogen, auf Grund seiner langjährigen Erfahrungen in diesem Fache, eine
                              									neue Präcisionswage zu construiren, welche berufen ist, bei ihrer exacten Leistung
                              									dem Chemiker sehr beträchtliche Ersparnisse an Zeit und Geduld zu bieten.
                           Um mit der Wage die möglichste Schnelligkeit für eine Gewichtsbestimmung erreichen zu
                              									können, ist eine Vorrichtung angebracht, mittels welcher man bei geschlossenem
                              									Gehäuse die Empfindlichkeit derselben durch sehr tiefes Verlegen des Schwerpunktes
                              									sofort sehr beträchtlich
                              									vermindern kann, ohne an dem Balken selbst die geringste Verrückung seiner Theile
                              									herbeizuführen. Diese Vorrichtung besteht in ihren Haupttheilen aus einem
                              									Doppelhebel a, der an der Wagsäule seine wagerechte
                              									Drehungsachse hat, nach vorne zu, zu beiden Seiten der Zunge, in zwei Paare über
                              									einander stehender Bügel b endigt und nach hinten durch
                              									eine Zugstange c mit einem unter dem Boden des Gehäuses
                              									gelagerten Excenter verbunden ist. Eine geringe Drehung dieses Excenters an einem
                              									auſsen vorspringenden Schlüssel bewirkt den Auf- und Niedergang der früher erwähnten
                              									Bügel in bestimmter Grenze. Auf diesem Bügel sind zwei Gewichtsstücke in einiger
                              									Entfernung über einander fix, aber derartig gelagert, daſs die Zunge im Mittel ihrer
                              									groſsen Oeffnung frei spielen kann.
                           Auf der Zunge befindet sich 10cm unter dem
                              									Drehungspunkte ein vorspringender, nach oben sich verjüngender hohler Conus d für die centrische Aufnahme früher erwähnter
                              									Gewichtsstücke, welche beide, hier durch Drehung des Excenters über einander,
                              									ebenfalls durch Conusführung centrisch abgelegt werden. Hierdurch wird der
                              									Schwerpunkt an der Wage derart herabgedrückt, daſs eine Empfindlichkeit bei
                              									entsprechender, sehr schneller Schwingungsdauer für 1g Uebergewicht nur mehr 100 Ausschlag für die Ruhelage der Wage gibt, 1°
                              									Ausschlag daher 100mg Uebergewicht entspricht. Die
                              									Anbringung von 20 Theilstrichen beiderseits der Scala ermöglicht die Ablesung eines
                              									Uebergewichtes in einer Gewichtsgrenze von 4 bis 5g. Ist bei den Wägungen diese Grenze durch ein- oder zweimaliges
                              									versuchsweises Auflegen der gröſseren Gewichte gefunden, so ist bei zu groſser und
                              									schneller Schwingung die Ruhelage der Wage durch Arretiren und wieder sehr langsames
                              									Freilassen derselben herbeizuführen.
                           Nachdem die Anzahl der vollen Gramme eines zu wägenden Gegenstandes gefunden und
                              									diese auf der Schale aufgelegt, wird das Gehäuse geschlossen und auſserhalb
                              									desselben mittels eines eigenthümlichen Mechanismus durch leichtes Andrücken einiger
                              									Hebel automatisch ausgewogen.
                           Dieser Mechanismus besteht im Wesentlichen in der Anbringung einer kleinen Wagschale
                              										e unmittelbar unter dem rechtsseitigen Gehänge, wo
                              									diese geringe Pendelung und gar keine drehende Bewegung machen kann.
                           Diese kleine Schale ist an ihrer Bodenfläche mit acht neben und zwischen einander
                              									symmetrisch angeordneten, gröſseren, runden Oeffnungen versehen, durch welche, wenn
                              									die Wage nach dem Lothe nahezu wagerecht gestellt ist, ebenso viele nach oben zu
                              									sich verjüngende Drähte f, mit wenige Millimeter
                              									vorspringenden, flachen Ansätzen g versehen, im Mittel
                              									durchgreifen. Ein einfaches, hinter der Wagschale an der Bodenplatte des Gehäuses
                              									befestigtes Stativ h gibt diesen Drähten sichere
                              									Führung und endigen diese Drähte nach unten zu in Metallstangen i,
                              									Reiche unterhalb des
                              									Bodens mit ebenso viel Hebeln k in gekoppelter
                              									Verbindung stehen. Diese Hebel treten neben einander, ebenfalls in sicherer Führung
                              									gehend, wagerecht und claviaturartig an dem Waggehäuse einige Centimeter hervor und
                              									sind so eingerichtet, daſs, wenn solche mit einem Finger leicht angedrückt werden,
                              									diese bei Entfernung des Druckes wieder in ihre Ruhelage zurückgehen. Sollen
                              									hingegen diese Hebel unten liegen bleiben, so ist dieses durch einen leichten Druck
                              									in wagerechter Richtung herbeigeführt.
                           Die hier in Verwendung kommenden Gewichte l von 0,5 bis
                              										0g,01 sind aus Platindraht so geformt, daſs
                              									diese sofort dem Werthe nach zu erkennen sind, und finden ihren constanten Platz ein
                              									für allemal auf den oben erwähnten kleinen Ansätzen g
                              									der nach oben zu sich verjüngenden Drahtspitzen f. An
                              									den vorspringenden Hebeln k ist der entsprechende
                              									Gewichtswerth in kräftigen Zahlen ersichtlich. Drückt man nun einen dieser Hebel an,
                              									so legt sich das oben aufliegende Gericht auf die kleine Wagschale e ab, ob die Wage arretirt oder nicht arretirt ist, und
                              									kann diesen Platz selbst bei den unnatürlichsten Erschütterungen der Wage unmöglich
                              									verlassen, da die nach oben zu conische Spitze in
                              									jeder Lage des Wagbalkens noch durch sein Centrum durchgreift.
                           Da jedoch bei dem weiteren Aus wägen mit den Bruchgrammen die früher angeführte
                              									Empfindlichkeit der Wage bei so tief verlegtem Schwerpunkte viel zu gering ist, wird
                              									es nöthig, die Wage etwas ernpfindlicher zu machen, indem man durch geringe
                              									Rückdrehung des kleinen Schlüssels für den Excenter das gröſsere Gewicht von der
                              									Zunge abhebt, das kleinere jedoch bis auf weiteres liegen läſst. Dieses Stadium ist
                              									an fraglichem Mechanismus für das Gefühl und das Gehör erkennbar gemacht, indem
                              									während der Drehung ein Sperrkegel einschnappt.
                           Bei entsprechender Zunahme der Schwingungsdauer ist die Empfindlichkeit der Wage
                              									hierdurch so gestiegen, daſs diese für 10mg
                              									Uebergewicht 1° Ausschlag gibt.
                           Ist nun durch automatisches Auflegen von Platingewichten bei nicht arretirter Wage
                              									das Schwingen des Wagbalkens erreicht und dieser wie früher durch langsame Auslösung
                              									der Arretirung beruhigt, so kann man an der Theilung sofort wieder den Werth der
                              									fehlenden Gewichte abschätzen und solche durch Hebeldruck auflegen.
                           Durch die Anbringung eines dritten, noch leichteren Gewichtes für Verrückung des
                              									Schwerpunktes der Wage ist es nun auch leicht zu ermöglichen, die Empfindlichkeit
                              									momentan so zu stellen, daſs diese für 1mg
                              									Uebergewicht genau 1° Ausschlag gibt, welches Stadium schon für manche Arbeit
                              									genügt.
                           Das feine Auswägen bis zum zehntel und zwanzigstel Milligramm erfolgt weiter mit dem
                              									Centigramm-Reitergewicht mittels einer leicht handlichen Verschiebungsvorrichtung, bei welcher ein
                              									Anschlag als Führung bedingt, daſs der Reiter nur im Centrum seines Oehres erfaſst
                              									werden kann.
                           Die Ablesung für Notirung des Gewichtes ist nun hier eine höchst einfache und
                              									sichere, denn sie wurde auſser den vollen Grammstücken, die auf der Schale liegen,
                              									durch die untenliegenden Hebel und auſser der Stellung des Reiters auf der
                              									Millimeter-Theilung des Wagbalkens, durch die Wägung selbst registrirt. Nach jeder
                              									Wägung werden die Gewichte durch ein Aufsteigen der unten liegenden Hebel von der
                              									kleinen Schale weggenommen und wieder auf ihren Ruheplätzen deponirt.
                           Um bei geschlossenem Wagegehäuse von auſsen die Wage in geringe Schwingung versetzen
                              									zu können, ist bei dieser Wage an einer Seite ein kleines Gebläse m aus Gummi, mit Saugventil versehen, angebracht,
                              									dessen Luftausströmung durch eine feine Oeffnung die untere Seite einer Wageschale
                              									senkrecht trifft.
                           Das Zusammenwirken aller dieser auf das leichteste handlichen und sicher wirkenden
                              									Vorrichtungen macht es möglich, daſs man nach kurzer Uebung in der Lage ist, mit
                              									dieser Wage eine Präcisionswägung in wenigen Minuten durchzuführen.
                           Zum Schlusse sei nur noch bemerkt, daſs alle diese Neuerungen sich auch an älteren,
                              									aber sonst noch guten Wagen mit geringen Kosten anbringen lassen.
                           Herr Mechaniker A. Rueprecht in Wien IV,
                              									Favoritenstraſse Nr. 25, stellt derartige Präcisionswagen sammt Platingewichten zum
                              									Preise von 265 fl. und 285 fl. her.
                           Otto Vogel.
                           
                        
                     
                  
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