| Titel: | Ueber technische Neuerungen auf dem Gebiete der Brauerei-Industrie (zugleich Bericht über die Fachausstellung für Brauwesen in Stuttgart); von Professor Alois Schwarz in Mährisch-Ostrau. | 
| Autor: | Alois Schwarz | 
| Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 25 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Ueber technische Neuerungen auf dem Gebiete der
                           								Brauerei-Industrie (zugleich Bericht über die Fachausstellung für Brauwesen in
                           								Stuttgart); von Professor Alois Schwarz in Mährisch-Ostrau.
                        (Fortsetzung des Berichtes Bd. 271 S.
                           								538.)
                        Neuerungen auf dem Gebiete der Brau-Industrie.
                        
                     
                        
                           Die Gruppe der Sudhauseinrichtungen war in der Ausstellung verhältniſsmäſsig am
                              									schwächsten vertreten, was bei der Gröſse dieser Objekte erklärlich erscheint. Von
                              									Neuerungen auf diesem Gebiete wären zunächst bloſs die Dampfbraupfannen
                              									hervorzuheben, von welchen A. Ziemann in Stuttgart zwei
                              									– jedoch auſser Betrieb – ausgestellt hatte, während die Maschinenfabrik G. Kuhn in Stuttgart-Berg ein completes Sudhaus für
                              									Dampfkochung in vollem Betriebe vorführte.
                           Die Dampfkochung ist in ihrer Anwendung für die Bierbrauerei nicht neu, doch bietet
                              									das System der genannten Maschinenfabrik mancherlei Interesse. Schon vor Jahrzehnten
                              									wurde der Versuch gemacht, die erwärmende Kraft des Dampfes zum Bierbrauen nutzbar
                              									zu machen, und zwar wurde der direkte Dampf unmittelbar in die betreffenden Gefäſse
                              									geleitet. Sowohl der Menge, als der Beschaffenheit des während des Erwärmens sich
                              									bildenden Condensationswassers wegen konnte dieses System jedoch nicht weiter
                              									verfolgt werden. Die Kesseldämpfe dürfen nie mit Maische und Würze in Berührung
                              									kommen. Man benutzte deshalb indirekten Dampf, d.h. man versah die Wärm- und
                              									Kochgefäſse mit doppelten Böden und lieſs zwischen diese die gespannten Kesseldämpfe
                              									strömen, oder man leitete den Dampf in ein Röhrensystem innerhalb des Gefäſses und
                              									erwärmte auf diese Weise die Flüssigkeit. Die Ergebnisse verschiedener Versuche
                              									betreffs Einführung der Dampfbrauerei lieſsen aber immer zu wünschen übrig, bis auf
                              									der Wiener Ausstellung 1873 Jacobsen aus Kopenhagen
                              									auftrat und das System seiner Dampfbrauerei den versammelten Collegen in Wort und
                              									Bild vorführte. Das nach dessen Verfahren erzeugte Bier entsprach nach Geschmack,
                              									Vollmundigkeit, Farbe, Gährung und Haltbarkeit allen Anforderungen.
                           Jacobsen sendet seine Biere nach Indien, China,
                              									Südamerika, was gewiſs das beste Zeugniſs für deren Haltbarkeit ist.
                           Ein Hauptgrund, weshalb das neue Verfahren nicht mehr Eingang sich verschaffte, lag
                              									vielfach in der irrigen Ansicht, die Temperatur des Dampfes sei nicht hoch genug, um
                              									beim Hopfenkessel die gleichen Ergebnisse zu erzielen wie mit offenem Feuer, während
                              									umgekehrt in Folge der zu hohen Temperatur des Dampfes der ganze Sudprozeſs
                              									miſsglücken muſste.
                           G. Kuhn in Stuttgart-Berg hat diese Methode der
                              									Dampfkochung derart
                              									vervollkommnet, daſs die erwähnten Uebelstände hierbei vollständig beseitigt
                              									erscheinen.
                           Das Kuhn'sche System der Dampfkochung besteht aus drei
                              									Gefäſsen:
                           1) Einem Maischkessel mit Cylinder, Mantel, Kugeldeckel mit Mannloch.,
                              									Sicherheitsventilen, Luftventil, Manometer, Vormaischapparat, Einströmung für kaltes
                              									und warmes Wasser, doppeltem Kugelboden mit Maischventil, Dampfeinströmung,
                              									Sicherheitsventil mit Manometer, Condensationswasserableiter und einem mit dem
                              									Inneren in Verbindung stehenden Thermometer. Eine Maischmaschine mit Doppelbewegung
                              									bewerkstelligt die richtige Temperaturausgleichung.
                           2) Einem Maisch- und Läuterbottich mit Senkböden, combinirter Maisch-Treberaufhack-
                              									und -Treberausschlagmaschine neuester, bewährtester Construction, Läuterbatterie mit
                              									Grand- und Vorschuſswürzpumpe, Treberausschlagventil und Vorrichtung zum Anschwänzen
                              									von oben und durch den Senkboden.
                           3) Einem Bierkessel von ganz gleicher Construction wie der Maischkessel mit Rührwerk.
                              									Der Vormaischapparat fällt hier weg, dagegen ist am Mantel noch ein Würzestandglas
                              									angebracht.
                           Sämmtliche Gefäſse sind aus Eisenblech hergestellt, Mäntel und Böden sind
                              									verkleidet.
                           Der Sudprozeſs verläuft folgendermaſsen: Mittels Vormaischapparat wird das
                              									feingriesig geschrotene Malz mit 40° C. unter lebhaftem Gang der Maschine
                              									eingemaischt. Nun wird der Dampf in die Enveloppe des Maischkessels gelassen und die
                              									Temperatur in etwa 45 Minuten auf 60° C. erhöht. Diese Temperatur wird nun über die
                              									Dauer der Verzuckerung beibehalten, während der Maische eine ganz langsame Bewegung
                              									gegeben wird. Die Diastase übt ihre umbildende Kraft ungestört aus. Die Ueberführung
                              									des Stärkmehls in Maltose und Dextrin ist nach 45 Minuten vollkommen erfolgt.
                           Nach vollzogener Extraction wird nun ein Theil der Maische in den Bottich gepumpt und
                              									das Zurückgebliebene zum Kochen gebracht. Das Sieden dieser Dickmaische hat eine
                              									feine Vertheilung des noch unveränderten Stärkmehls in Form von Kleister in der
                              									Würze, eine Erhöhung des Gehalts an peptonisirten Eiweiſsstoffen und eine
                              									Ausscheidung von Eiweiſssubstanzen zur Folge. Auch bedingt die kürzere oder längere
                              									Dauer dieses Maischkochens die Vollmundigkeit und Farbe des Bieres. Das Sieden der
                              									Maische geht sehr lebhaft unter 1/10at Druck vor
                              									sich und dauert 30 bis 45 Minuten. Auch ist das Rührwerk im Kessel fortwährend im
                              									Gang. Unter starkem Aufmaischen wird nun die gekochte Maische zu der im Bottich
                              									befindlichen gepumpt, worauf die Gesammttemperatur auf 75° C. steigt, bei welcher
                              									auch abgemaischt wird. Es erfolgt ganz kurze Ruhe. Nun läſst man langsam
                              									vorschieſsen und bringt diese Vorschuſswürze mittels einer eigenen Pampe so lange in
                              									den Bottich zurück, bis sie hell abläuft.
                           
                           Nach dem ersten Ablaufen wird noch 2mal je ½ Stunde angeschwänzt, aufgehackt und
                              									aufgemaischt. Auch die Nachwürzen laufen blank ab.
                           Bei einfachen Sud werken läuft die Würze in den gemeinschaftlichen Bier- und
                              									Maischkessel, bei Doppelsudwerken in den eigentlichen Bierkessel. Auf diese Weise
                              									kann alle 5 Stunden frisch eingemaischt werden.
                           Von sonstigen Sudhauseinrichtungen hatte die Firma F. A.
                                 										Hartmann und Camp, in Offenbach a. M. auf einem eisernen Gerüste einen
                              									stattlichen Läuterbottich ausgestellt. In demselben war eine combinirte Aufhack- und
                              									selbsthätige Trebermaschine angeordnet, die zum Patent angemeldet ist. Die
                              									Aufhackmaschine ist zum Heben und Senken eingerichtet und gehört unstreitig zum
                              									Vollkommensten, was bis jetzt zur Ausführung gelangt ist. Dieselbe bewirkt
                              									vollständige Auflockerung der Treber und ermöglicht so die beste Extrahirung. Eine
                              									Reihe von neben einander angeordneten Schaufeln durchschneiden die Treber in
                              									wagerechter und senkrechter Richtung. Durch eine einfache Vorrichtung können
                              									sämmtliche Schaufeln mittels eines Handrades gehoben und gesenkt werden. Nach
                              									beendetem Läuterprozeſs wird der im Boden angebrachte Treberverschluſs geöffnet und
                              									sämmtliche Schaufeln mittels einer gemeinschaftlichen Spindel in eine schräge
                              									Stellung gebracht. Sobald die Maschine nun in Bewegung gesetzt wird, werden die
                              									Treber von der Mitte aus nach dem Umfange des Bottichs geschoben, wo sie durch das
                              									Treberloch ausgeworfen werden, ohne daſs ein Mann den Bottich betreten muſs. Der
                              									Antrieb der Aufhackmaschine erfolgt von unten und ist geräuschlos. Der
                              									Treberverschluſs ist durchaus sicher und kann von beliebiger Stelle gehandhabt
                              									werden. Der Bottich ist mit zweitheiligem Deckel versehen und durch eine einfache
                              									Vorrichtung, die an dem Bottich selbst montirt ist, ausbalancirt, so daſs er
                              									jederzeit leicht geöffnet und geschlossen werden kann. Bei der dazugehörigen
                              									Läuterbatterie sind hauptsächlich die sehr sinnreich construirten Läuterhähne zu
                              									erwähnen, die es ermöglichen, die erst trüb laufende Würze nach dem hinteren Theil
                              									der Läutermulde abzuleiten, während die hell laufende nach dem vorderen Theil
                              									abgeführt wird. Ferner gestatten diese Hähne bei geeigneter Drehung der Hahnküken
                              									Zuführung von kaltem und heiſsem Wasser oder von Dampf, so daſs eine gründliche
                              									Reinigung der Läuterrohre erfolgen kann.
                           Besonderes Interesse beanspruchen in jüngster Zeit auch die Apparate, welche zum
                              									Conserviren der Treber zur Anwendung gelangen und von welchen zwei Systeme in der
                              									Ausstellung vertreten waren. Der Trebertrockenapparat, Patent Hencke, gebaut und ausgestellt von der Maschinenfabrik Venuleth und Ellenberger in Darmstadt, arbeitete
                              									während der ganzen Ausstellungszeit. Der Trockenapparat besteht nach seiner neuesten
                              									Construction der Hauptsache nach aus 2 hohlen, mit Dampf geheizten Walzen, über welchen ein
                              									trichterförmiger Kasten sitzt., welcher die zu trocknenden Treber aufnimmt. Beim
                              									Rotiren der heiſsen Walzen bedecken sich dieselben mit einer dünnen Schichte von
                              									Trebern, welch letztere auf den Walzen selbst trocknen und durch Abstreichen von den
                              									Walzen entfernt werden, wobei die Treber in eine tiefer liegende Mulde fallen. Diese
                              									Mulde ist doppelwandig, mit einem Rührwerk versehen, und bildet den zweiten
                              									Haupttheil des Apparates. Die Heizung der Mulde geschieht durch abgehenden
                              									Maschinendampf. Die getrockneten Treber sind von tadelloser Beschaffenheit und
                              									enthalten, wie dies nach diesem Systeme nicht anders möglich, alle Nährstoffe der
                              									nassen Treber. Der Trockenapparat arbeitet sehr ruhig und sicher.
                           Ein älterer, bereits vielfach eingeführter Trebertrockenapparat, Patent Hecking, war von Hattingen und Weerth in München in der Ausstellung in schönen Wandtafeln
                              									dargestellt und war auch während der Dauer der Ausstellung in der Brauerei
                              										„Englischer Garten“ in Stuttgart in vollem Betriebe und allen
                              									Interessenten zugänglich.
                           Der Biertrebertrockenapparat, Patent Heching, beruht
                              									hauptsächlich in der Anwendung von Abdampf oder von Dampf ohne Spannung., und zwar
                              									erfolgt dies hauptsächlich aus dem Grunde, weil die Treber keinem hohen Hitzegrad
                              									ausgesetzt werden dürfen, um ihre Zusammensetzung unverändert zu behalten und weil
                              									der Abdampf oder ungespannte Dampf stets eine gleiche Temperatur von 100° C.
                              									besitzt. Zudem ist Abdampf in Brauereien stets in genügender Menge vorhanden. Bei
                              									Anwendung von Dampf ohne Spannung ist eine Abdichtung der Flanschen etc. überflüssig
                              									und daher auch der Betrieb einfacher, überdies; auch der Wärmeverlust ein geringer;
                              									andererseits bedingt die Anwendung von ungespanntem Dampf eine sehr groſse und
                              									derartig angeordnete Trockenfläche, daſs die Wärmeabgabe an das zu trocknende
                              									Material in einer vortheilhaften Weise erfolgen muſs, wenn die Wirkung genügen
                              									soll.
                           Der Hecking'sche Apparat, welcher diese Aufgabe in
                              									befriedigendster Weise gelöst hat, besteht in der Hauptsache aus einer
                              									doppelwandigen Mulde, welche oben mit einem Deckel verschlossen ist, der behufs
                              									Verhinderung von Wärmeverlusten isolirt ist, jedoch nach Bedarf geöffnet werden
                              									kann, so daſs der Apparat in allen Theilen jederzeit zugänglich ist. In dem auf
                              									diese Weise gebildeten Cylinder rotirt eine Trommel von prismatischem Querschnitt,
                              									welche eine groſse Anzahl von Schaufeln zum Wenden des Trockengutes trägt. Der
                              									Dampfraum der Mulde ist in der Längsrichtung derartig in vier Abtheilungen zerlegt,
                              									daſs der an der einen Seite eintretende Dampf gezwungen ist, den vierfachen Weg der
                              									Längsachse zu durchstreichen. Sodann tritt er in die innere Trommel ein und
                              									durchzieht auch diese in deren ganzen Länge. Auf diese Weise wird eine
                              									auſserordentlich groſse Heizfläche gewonnen, welche trotz der verhältniſsmäſsig
                              									geringen Temperatur genügt, eine erhebliche Menge von Trebern zu trocknen. Die
                              									Circulation des Dampfes ist eine so vollkommene, daſs an jeder Stelle des Apparates die gleiche Temperatur
                              									herrscht. Die Schaufeln der rotirenden Trommel werfen das Trockengut in beständiger
                              									Folge auf die Flächen der Trommel, und zwar kommt jedesmal eine neue Fläche zur
                              									Wirkung, so daſs die anderen Flächen in der Zwischenzeit die vom feuchten Material
                              									denselben entzogene Wärme wieder erlangen können. Die äuſsere Seite der Mulde wird
                              									zur Vorwärmung des Luftstromes ausgenützt, welcher dem inneren Trockenraum,
                              									entgegengesetzt der Vorwärtsbewegung des Trockenmaterials, durchzieht, um die
                              									entweichende Feuchtigkeit aufzunehmen, wodurch die Nutzbarmachung der Wärme in hohem
                              									Grade bewerkstelligt wird.
                           Die Zuführung der nassen Treber geschieht durch einen Füllapparat, welcher so groſs
                              									gehalten ist, daſs er mehrere Centner Treber aufnehmen kann. Zur Lockerung des
                              									Inhaltes dient ein Rührwerk; unter dem Fülltrichter bewegt sich ein Schieber,
                              									welcher stets das gleiche Quantum Treber aufnimmt und dem Apparat zuführt. Hierdurch
                              									wird der Betrieb erleichtert, da eine beständige Beaufsichtigung des Apparates
                              									überflüssig ist, nachdem es genügt, wenn der Trichter von Zeit zu Zeit gefüllt wird;
                              									im übrigen arbeitet der Apparat selbsthätig und continuirlich. Ein Mann genügt zur
                              									Bedienung von vier Apparaten, da er nichts weiter zu thun hat, als jede
                              									Viertelstunde den Füllkasten mit nassen Trebern zu füllen. Bei gröſseren, aus
                              									mehreren Anlagen bestehenden Apparaten erfolgt die Zu- und Abführung des Materials
                              									durch eigene Transport Vorrichtungen, welche die Bedienung auf das äuſserste Maſs
                              									beschränken.
                           Zur Anlage eines Apparates ist nur ein kleiner Raum und kein besonderes Gebäude
                              									erforderlich; ein Platz von 8m Länge, 2m Breite und 2m
                              									Höhe genügt vollständig: als Betriebskraft reicht eine Pferdestärke vollkommen aus.
                              									Die Aufstellung des Apparates ist ganz einfach und sind dazu keine besonderen
                              									Fundamente nöthig. Am besten erfolgt die Aufstellung zu ebener Erde, sie kann jedoch
                              									auch in höheren Etagen ausgeführt werden. Die Leistung eines Apparates genügt, um
                              									die Treber von 100 Centner Malz-Einmaischung binnen 24 Stunden zu trocknen.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)