| Titel: | Ueber Kraftvertheilung von Centralstationen. | 
| Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 97 | 
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                        Ueber Kraftvertheilung von
                           								Centralstationen.
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									5.
                        Ueber Kraftvertheilung von Centralstationen.
                        
                     
                        
                           Die Vertheilung von Kraft von einer Centralstelle aus hat eine wesentliche Bedeutung
                              									in zweierlei Beziehung. Zunächst ist vom gesundheitlichen Standpunkte zu betonen,
                              									daſs die Kraftvertheilungsanlage der Centralisirung der Arbeit und der
                              									Arbeitsstellen kräftig entgegenarbeitet, sowie daſs die Verunreinigung der Luft mit
                              									Rauch und Ruſs wesentlich vermindert, und auf eine Centralstelle beschränkt wird.
                              									Sodann ist aber der Schwerpunkt der Kraftvertheilungsfrage in dem Umstände zu
                              									erblicken, daſs es nach dem Stande der Technik wohl nur auf diesem Wege möglich sein
                              									wird, dem Klein- und Mittelgewerbe eine Betriebskraft zur Verfügung zu stellen,
                              									welche an Billigkeit der von der Groſsindustrie benutzbaren mechanischen
                              									Arbeitskraft gleich kommt.
                           Die stetig steigende Bedrängniſs des sogen. Kleingewerbes, welches eine so
                              									hervorragende Rolle spielt in unserer socialen Gesellschaft, indem es dieselbe mit
                              									tüchtig schaffenden, selbständigen Kräften durchsetzt, kann schwerlich auf anderem
                              									Wege behoben werden, als durch Schaffung einer billigen, kleinen Betriebskraft,
                              									welche dem Kleingewerbsmanne die mechanische Muskelarbeit abnimmt.
                           Wenn in einer von der badischen Staatsregierung veranlaſsten Statistik über die Lage
                              									des Kleingewerbes (Karlsruhe 1887, Verlag der Macklot'schen Druckerei) der Schluſs gezogen wird, daſs „in allererster
                                 										Linie die riesigen Fortschritte der Neuzeit auf dem Gebiete der
                                 										Maschinenerfindungen dem Handwerker die schlimmsten Wunden schlagen“, so ist
                              									dem nur beizustimmen, während man dagegen dem hoffnungslosen Satze, daſs „diese
                                 										Wunden unheilbar seien, denn dem Streben und Ringen des Menschengeistes Fesseln
                                 										anlegen und die Ausnützung seiner Errungenschaften durch Machtgebot verhindern
                                 										zu wollen, wäre Wahnwitz und ein Verbrechen an der Menschheit“,
                              									glücklicherweise die Thatsache entgegengehalten werden kann, daſs gerade der
                              										„Menschengeist und die riesigen Fortschritte der Maschinenerfindungen“
                              									auch hier jetzt den erforderlichen Ausgleich zu bieten in die Lage kommen. Man kann
                              									jetzt schon mit gewissem Stolz auf die erfolgreichen Bestrebungen der Technik
                              									hinweisen, dem Kleingewerbe eine billige Betriebskraft zu bieten, welche demselben
                              									die Konkurrenz mit dem Groſsgewerbe gestattet.
                           Es ist in drei Richtungen mit Erfolg versucht worden, dem Kleingewerbe diese billige
                              									Betriebskraft zu liefern. Zunächst ist die Construction selbständiger kleiner
                              									Kraftmaschinen so hervorragend gefördert, daſs man dieselben recht wohl als
                              									konkurrenzfähig gegenüber den billig arbeitenden Dampfmaschinen der Groſsindustrie
                              									betrachten kann. Sodann hat man groſse Werkhäuser gebaut, für welche seitens einer
                              									groſsen Dampfmaschine oder Turbine Kraft geliefert, und durch Wellen, Seile, Riemen
                              									oder dgl. in die einzeln vermietheten Räume abgezweigt wird, so daſs die einzelnen
                              									Kraftmiether immerhin an dem Vortheil billiger Betriebskrafterzeugung theilnehmen.
                              									Endlich ist man in allerjüngster Zeit einen Weg geschritten, Kraft an einer
                              									Centralstelle zu erzeugen und in Leitungen durch ein Mittel zu übertragen, welches
                              									am Gebrauchsorte kleine Kraftmaschinen zu bethätigen in der Lage ist. Die Bedeutung
                              									solcher Anlagen ist zur Zeit noch gar nicht zu übersehen.
                           
                        
                           Die selbständigen
                                 										Kleinkraftmaschinen
                              								
                           werden ausschlieſslich durch die Kleindampfmaschinen und zwar
                              									zumeist in Gestalt der Kesseldampfmaschinen und Locomobilen vertreten, denn die
                              									vielfachen Versuche, auch die Heiſsluftmaschine zu einem dauernd brauchbaren und
                              									billigen Kleinkraftmotor auszubilden, scheinen doch noch nicht zu dem praktisch
                              									nothwendigen Ergebnisse geführt zu haben. Dagegen ist neuerdings in den
                              									Erdölkraftmaschinen den Dampfmaschinen ein nicht zu unterschätzender Gegner
                              									entstanden, mag auch noch die Verwendung des billigen Roherdöls an Stelle des leicht
                              									vergasbaren, aber feuergefährlichen und theuren Naphtas, Benzins u. dgl. mehr oder
                              									weniger hapern.
                           Die Kesseldampfmaschinen werden jetzt in so vortrefflicher Ausführung in den Handel
                              									gebracht, daſs sie für die Zwecke des praktischen Gebrauchs hinsichtlich ihrer
                              									Dauerhaftigkeit, Einfachheit der Construction und der Bedienung, Billigkeit des
                              									Betriebes sicher allen berechtigten Anforderungen zu genügen vermögen. Diese Motoren
                              									sind auf die jetzt erreichte Höhe ihrer Leistungsfähigkeit eigentlich erst durch die
                              									Konkurrenz des Gasmotors gebracht, der dem Kleingewerbe sich seit dem Jahre 1877 als
                              									billiger Betriebskrafterzeuger darbot. Nach einer Zusammenstellung, welche
                              									allerdings mangels auskömmlichen amtlichen statistischen Materials nicht auf
                              									Zuverlässigkeit Anspruch erheben kann, stellte sich der Gebrauch von
                              									Kleindampfmaschinen bis zu 8 Pferd im J. 1888 auf rund 14000 Stück mit einer
                              									Gesammtleistung von 100000 Pferd.
                           Ueber die Bedeutung der Erdölkraftmaschinen, welche durch Explosionen von vergasten
                              									oder zerstäubten Kohlenwasserstoffen betrieben werden, läſst sich noch nichts sagen,
                              									doch ist zu erwarten, daſs sich eine brauchbare, einfach gebaute Maschine, mit
                              									Roherdöl bedient, sicher einen groſsen Eingang, namentlich in die Kreise der
                              									Landwirthschaft, erringen wird.
                           
                        
                           Die Vermiethung der Kraft
                              								
                           von einer gröſseren, billig arbeitenden Betriebsmaschine in
                              									einzelne Räume eines für Werkstättenbetrieb eingerichteten Gebäudes hat namentlich
                              									in Berlin eine gewisse Bedeutung erlangt. Es sind in Berlin nicht weniger als 190
                              									Unternehmer solcher Kraftvermiethungsanlagen vorhanden, welche auſser den oft
                              									groſsartig und zweckentsprechend eingerichteten Werkstätten auch die Kraft in
                              									denselben vermiethen. Man
                              									zählt gegen 1000 Rraftmiether. Der Preis einer gelieferten, d.h. in der Werkstätte
                              									an die Triebwelle abgegebenen Pferdekraft belauft sich in Berlin für den
                              									zehnstündigen Arbeitstag auf 1,50 bis 2 Mark.
                           Zur Beurtheilung der Kosten eines solchen Betriebes mit gemietheter Dampfkraft sei
                              									folgendes Beispiel aus Berlin herausgegriffen: Eine in der Chausseestraſse im
                              									dritten Stock des Hofgebäudes belegene Werkstatt von zwei Räumen mit zusammen 52qm Grundfläche kostet jährlich 560 Mark, so daſs
                              									sich die Gesammtkosten für die Werkstatt mit Kraft unter Annahme des Gebrauchs von 1
                              									Pferdekraft zu 1,50 Mark einchlieſslich der Miethssteuer auf nicht ganz 1200 Mark
                              									jährlich stellen.
                           Die Stadt Nürnberg hat bereits seit dem Jahre 1857 eine Kraftvermiethungsanlage auf
                              									eigene Rechnung eingeführt. In der Schwabenmühle an der Pegnitz ist ein
                              									vierstöckiges Gebäude errichtet, welches 48 Werkstätten aller Art enthält, denen die
                              									Kraft zweier Mühlräder zugeführt wird. Letztere leisten etwa 25 Pferd, welche von
                              									der wagerechten Radwelle auf eine durch sämmtliche vier Stockwerke hindurchgehende
                              									Königswelle übertragen wird; von letzterer wird durch Kegelräder in jedem Stockwerk
                              									eine wagerechte Welle abgezweigt, welche unterhalb der Decke des Korridors liegt, so
                              									daſs von hier aus der Betrieb sehr bequem in die einzelnen Werkstätten abgeleitet
                              									werden kann. Vor der Aufstellung des Miethkontraktes wird der Kraftbedarf sämmtlicher in der Werkstatt aufgestellter
                              									Arbeitsmaschinen gemessen, während die Haupttriebswelle unter einer Schuckart'schen Bremse 66 Umdrehungen in der Minute
                              									macht. Die Miethe beträgt jährlich für 1 Pferd 600 Mark, für ½ Pferd 340 Mark, für ¼
                              									Pferd 150 Mark, für ⅓ Pferd 200 Mark. Der Quadratmeter Werkstattbodenfläche kostet
                              									jährlich 5 Mark. Die Arbeitszeiten sind genau festgestellt. Die gesammten
                              									Herstellungskosten der Anlage sollen 150000 Mark ausschlieſslich Grund und Boden
                              									betragen haben.
                           Mit dieser Form der Kraftvermiethung kann man sich jedoch vom Standpunkte des
                              									Kleingewerbetreibenden nicht durchaus einverstanden erklären. Das Kleingewerbe hat
                              									zum gröſsten Theil seinen Schwerpunkt darin zu suchen, daſs seine Ausübung nicht an
                              									einen bestimmten Raum gebunden ist, sondern allerorts unter gleichen Bedingungen
                              									ausgeübt werden kann. In der Ansammlung vieler Kleinbetriebe in einem Gebäude kommt
                              									man aber schon wieder der Fabrik nahe, weil ebenfalls eine Centralisation von Arbeit
                              									vorhanden ist.
                           Unter diesem Gesichtspunkte ist eine Art der
                           
                        
                           
                              Kraftleitung durch Drahtseile
                              
                           schon zweckmäſsiger, wie sie namentlich in der Schweiz einen
                              									gröſseren Umfang erreicht hat. Es wird dort die Kraft verschiedener Wasserfälle und
                              									Ströme durch mächtige Turbinen-Anlagen aufgenommen und durch Drahtseile an die
                              									Gebrauchsstelle geleitet. Wenn auch in der Schweiz auf diese Weise vielfach
                              									Kleinbetriebe mit Kraft versehen werden, so ist doch die allgemeine Anwendung der
                              									Drahtseilübertragung im Wesentlichen nur für stabil errichtete Werkstätten
                              									möglich.
                           Welchen Umfang der im J. 1850 durch Hirn in Colmar
                              									erfundene Drahtseilbetrieb angenommen hat, berichten die Zahlen über folgende
                              									hervorragende Anlagen, welche seitens der Firma Joh. Jac.
                                 										Rieter und Comp. in Winterthur ausgeführt worden sind:
                           
                              
                                 
                                 Ueber-trageneKraft inPferd
                                 Ent-fernungin m
                                 
                                 
                              
                                 1
                                   760
                                 473
                                 Für verschiedene Werkstätten und Fabriken der Wasser-    gewerkschaft in
                                    											Schaffhausen.
                                 
                              
                                 2
                                 1700
                                 765
                                 Für verschiedene Werkstätten der Société générale
                                       												Suisse    des eaux et forêts in
                                    											Tribourg.
                                 
                              
                                 3
                                 3150
                                 907
                                 Desgl. der Compagnie générale de Bellegarde
                                    											am Rhonefall.
                                 
                              
                           
                        
                           
                              Vertheilung von Kraftmitteln.
                              
                           Mit allem Nachdruck muſs an dem Grundsatze festgehalten werden, daſs die Kraftabgabe
                              									am Gebrauchsorte, der Werkstätte, nur in Gestalt eines Kraftmittels erfolgt, welches
                              									in einer besonderen, unabhängigen Kraftmaschine zur Wirkung gelangt. Nur unter
                              									dieser Bedingung kann der Abnehmer von Kraft sparsam arbeiten, da in den meisten
                              									Fällen, in denen Kraftbetrieb gewünscht wird, dieser nur in gewissen Zwischenräumen
                              									benöthigt ist. Daher sind die Leitungen mit geeigneten Kraftmitteln für den Betrieb
                              									besonderer in der Werkstatt vorhandener Motoren die einzig zweckmäſsige Lösung der
                              									Kraftvertheilungsfrage. Als solche Kraftmittel sind bisher angewendet: Leuchtgas,
                              									Wasser, Elektricität, Dampf, verdünnte und verdichtete Luft.
                           Die weitaus gröſste Anwendung zur Kraftabgabe hat wohl das Leuchtgas der städtischen
                              										Gasleitungen zum Betriebe der Gasmaschinen mittels
                              									der Explosionen von Gemischen aus Leuchtgas und Luft gefunden.Ueber die Verbreitung der Gasmotoren macht die Maschinenfabrik Möller und Blum in Berlin folgende interessante
                                    											Mittheilung: In einigen Berliner Zeitungen befand sich kürzlich eine
                                    											statistische Zusammenstellung der in Berlin in Thätigkeit befindlichen
                                    											Gasmotoren, die so weit hinter der wirklichen Anwendung derselben
                                    											zurücksteht, daſs wir in Anbetracht des hohen wirthschaftlichen Interesses,
                                    											welches sich in allen industriellen Kreisen für Anwendung von Gasmotoren
                                    											bekundet, uns gestatten, zur Richtigstellung dieser Notiz nachstehende
                                    											ausführlichere Angaben über die wirkliche Verwendung der Gasmotoren mit der
                                    											Bitte um Aufnahme zu unterbreiten. – Es sind bei Schluſs des Jahres 1888
                                    											durch unsere Maschinenfabrik allein hier in Berlin von den Deutzer Otto'schen neuen Motoren geliefert und in
                                    											Betrieb befindlich:  1.Für elektrische Beleuchtungsanlagen
                                          													(dar-unter Anlagen mit über 100 Pferdestärkenfür das
                                          													königl. Schloſs und mit 150 Pferde-kräften für Rud.
                                          													Hertzog)  93Maschinen1520Pf.  2.FürBuch- und Steindruckereien132„  474„  3.„sonstige Papierindustrien  14„    56„  4.„Textilindustrie  47Maschinen  103Pf.  5.„Holzbearbeitung  45„  204„  6.„Metallbearbeitung  49„  194„  7.„Maschinenfabrikation und mechanischeWerkstätten  51„  202„  8.FürPumpenanlagen und Aufzüge  60„  165„  9.„Ventilationszwecke  25„    62„10.„Kaffeebrennereien, Schlächtereien undFouragebereitung  62„  148„11.Für diverse andere Zwecke  66„  295„Es ergeben die vorgenannten Anlagen bereits die Zahl von 644 Motoren mit 3423
                                    											Pferdestärken. Auſserdem befindet sich noch eine groſse Anzahl Gasmaschinen
                                    											älterer Construction in den verschiedenen Industriezweigen und für
                                    											Privat-Wasserleitungen in Thätigkeit, die hier nicht mit aufgeführt sind,
                                    											sowie eine Anzahl anderer Systeme, so daſs sich sowohl Stückzahl als
                                    											Pferdekräfte noch ungefähr um ein Fünftel bis ein Sechstel der vorstehenden
                                    											Zahlen erhöhen. Der hervorragendste Vertreter der Gasmaschinen,
                              									überhaupt der
                              									eigentliche Bahnbrecher für die Anwendung der Kleinkraftmaschinen ist zweifellos der
                              									sogen. Deutzer Motor von Otto, welcher in den Jahren
                              									1877 bis 1885 den Markt beherrschte, sich nunmehr aber mit etwa 17 Concurrenten
                              									abfinden muſs. Die groſse Bequemlichkeit des Betriebes hat es mit sich gebracht,
                              									daſs nach einem ebenfalls keinen Anspruch auf Zuverlässigkeit machenden Ueberschlage
                              									in Deutschland 75000 Pferdekräfte durch etwa 28000 Gasmaschinen geleistet werden.
                              									Die angegebenen Ziffern, 14000 Kleindampfmaschinen- und 28000 Gasmaschinenbetriebe,
                              									kommen erst in das richtige Licht, wenn man beachtet, daſs in Groſsbetrieben
                              									überhaupt der letzten Statistik vom Jahre 1888 zufolge 43370 feststehende
                              									Dampfmaschinen ermittelt wurden.
                           Der Umstand, daſs in den Gasmaschinen der zugeleitete Kraftträger, das Gas, erst noch
                              									zur Explosion gebracht werden muſs, spricht zu Gunsten der nunmehr zu betrachtenden
                              									Kraftübertragungen, bei denen die angeschlossene Kraftmaschine die zugeleitete Kraft
                              									ohne Weiteres nutzbar macht, ohne daſs sich dabei Umständlichkeiten ergeben, wie sie
                              									der Betrieb von Gasmaschinen immerhin mit sich bringt.
                           Mit Recht hat man versucht, die ebenfalls jetzt in jeder gröſseren Stadt vorhandene
                              										Wasserleitung für die Zwecke des Kraftbetriebes zu
                              									verwenden, ohne jedoch hiermit glückliche Erfolge zu erzielen, weil das Wasser
                              									einmal ein wenig günstiger Kraftträger ist und sodann der Preis des städtischen
                              									Wasserleitungswassers sich in den weitaus meisten Fällen zu hoch stellt, um einen
                              									ökonomischen Gebrauch zu gestatten. Bisher scheinen sich die Preise für
                              									Leitungswasser nur in Zürich und etwa in München so niedrig zu stellen, daſs es für
                              									Kraftleistung benutzbar wird.
                           Die genannten Uebelstände haben nicht abgehalten, die Frage der Kraftübertragung
                              									durch Druckwasser weiter zu verfolgen und in einigen Fällen mit günstigem Erfolge zu
                              									lösen, indem man das Wasser ganz besonders hoch spannte.
                           
                           So hat man bei einer Wasserkraftanlage in Hull einen
                              									Druck in den Leitungen von 50at in Anwendung
                              									genommen, so daſs für die Leitungen und deren Anschlüsse allerdings ganz besondere,
                              									sorgfältige Dichtungen u.s.w. erforderlich wurden. Der Preis des Wassers von 50at Druck soll rund 1 M. für 1cbm betragen. Die Maschinen der Anlage in Hüll
                              									liefern 1200l Wasser von 50at in 1 Minute.
                           Gleich hohen Druck hat das Wasser in den beiden Londoner
                                 										Anlagen, welche das Wasser aber erst zu 1,80 M. für 1cbm liefern. Die gesammte Länge der Leitungen
                              									beträgt etwa 13km. Die Maschinen liefern in 1
                              									Minute 1300l Druckwasser. Die Londoner Anlage
                              									speist gegen 400 Stellen mit Betriebskraft, welche allerdings wohl zumeist für
                              									hydraulische Hebewerke Verwendung findet.
                           Eine Wasserkraftversorgung jüngsten Datums ist die der Stadt Genf. Hier wird der Rhone mittels groſser
                              									Turbinen von je 200  Kraft entzogen, welche dazu benutzt wird, Druckwasser
                              									von 15at für Genf zu liefern. Aus dieser Leitung
                              									sollen gegen 200 Anlagen Kraft beziehen.
                           Neuerdings wird auch davon gesprochen, die für den Betrieb der hydraulischen Krahne
                              									und sonstigen Hebewerke im Freihafengebiete der Stadt Hamburg benutzten Wasserwerke
                              									zu einer groſsen Druckwasseranlage auszudehnen, um Druckwasser für gewerbliche
                              									Anlagen abzugeben. Der Staat soll den Betrieb der Centralanlage zu übernehmen
                              									gesonnen sein.
                           Bei Betrachtung des Wasserbetriebes bleibt der Reuleaux'sche Nachweis zu beachten, daſs die specifische Leistung des
                              									Wassertriebes unabhängig ist von der Wasserspannung. Ob man hohe oder niedrige
                              									Spannung für das Wasser benutzt, es wird auf 1qcm
                              									des Rohrwandquerschnittes bei derselben Wassergeschwindigkeit dieselbe specifische
                              									Leistung in Pferd übertragen.
                           Die Dampfvertheilungsanlage der Steam Company in New-York hat insgesammt 10 Centralstellen, von welchen
                              									angeblich 64000  (?) abgeleitet werden können. Der Dampf von 4at,5 Ueberdruck gelangt aus den Kesseln der
                              									einzelnen Stationen in ein Rohr von 400mm
                              									Durchmesser, um von hier aus in die verzinkten, schmiedeeisernen Straſsenrohre
                              									abgeleitet zu werden. Die Rohrlänge jeder einzelnen Station beträgt 4km; die Straſsenrohre haben während der ersten
                              										200m Länge einen Durchmesser von 105mm, während der übrigen Länge aber nur 52mm. Die Rohre liegen, in Schlackenwolle verpackt,
                              									in gemauerten Kanälen. Das Dampfwasser wird in einer besonderen, neben dem
                              									Dampfrohre vorgesehenen Leitung abgeführt. Zur Verpackung der Anschluſsröhren in die
                              									Häuser muſs vertragsmäſsig Asbestpappe von bestimmter Art oder 20mm starker Haarfilz benutzt werden. Der Preis für
                              										1000k Dampf wird auf 5 M. angegeben. Der
                              									Dampfverbrauch wird durch das Condensationswasser gemessen. Der Druckverlust soll 20
                              									Proc. betragen.
                           
                           Eine weitere Anwendung hat die Vertheilung von Dampf nicht gefunden, was ganz
                              									begreiflich ist, wenn man die groſsen Verluste bedenkt, welche trotz der besten
                              									Wärmeschutzumhüllung in langen Leitungen entstehen und namentlich auf die groſsen
                              									Kosten Bedacht nimmt, welche der gute Schutz der Röhren mit Wärmeschutzmassen
                              									verursachen. Der groſse Vortheil der Verwendung von Dampf auch zum Kochen, Waschen
                              									und Heizen läſst es allerdings bedauern, daſs der Dampf, welcher für gewerbliche Ausnutzung im Allgemeinen das denkbar
                              									beste Mittel ist, der Uebertragung auf weite Entfernung so viele Schwierigkeiten
                              									entgegensetzt.
                           Der in Philadelphia und in Boston mehreren Zeitungsnachrichten zu Folge gemachte
                              									Versuch, statt des Dampfes sehr stark erhitztes, sogen. überhitztes Wasser zu übertragen, läſst sich ohne Kenntniſs näherer
                              									Mittheilungen nicht beurtheilen. Jedenfalls wird hier das überhitzte Wasser in
                              									derselben Weise für motorische Zwecke dienstbar gemacht werden sollen, wie bei den
                              									feuerlosen Locomotiven System Lamm-Franque. Während das
                              									überhitzte Wasser sicherlich alle die Vortheile bietet, welche die Uebertragung von
                              									gespanntem Dampfe auszeichnet, so sind sicher auch dieselben Nachtheile mit dessen
                              									Vertheilung verbunden, wenn auch nicht vergessen werden darf, daſs z.B. die
                              									Condensationsverluste naturgemäſs umgangen sind, also die Schwierigkeit der
                              									Ableitung des Condensationswassers fortfällt.
                           Die weitaus groſsartigsten und weit umfassendsten Versuche über Kraftübertragung sind sicherlich mit dem elektrischen Strome angestellt. Wenn auch
                              									zugegeben werden muſs, daſs in einzelnen Fällen mit Vortheil Wasserkräfte mit Hilfe
                              									des elektrischen Stromes auf groſse Entfernungen übertragen sind, so kann doch
                              									rücksichtlich des hier betrachteten Zweckes eine Vertheilung von Kraft aus groſsen
                              									Dampfmaschinenanlagen, wie dies für städtische Kraftvertheilung allein denkbar und
                              									ausführbar erscheint, behauptet werden, daſs die Versuche mit elektrischer
                              									Kraftleitung noch nicht solche Ergebnisse geliefert haben, um für die städtische
                              									Kraftvertheilung ernstlich in Frage zu kommen. Die Berliner
                                 										Elektricitätswerke geben seit kurzer Zeit 1888 268 573 auch elektrischen Strom aus ihrer weit verzweigten Leitung für
                              									Kraftleistung ab, doch stellt sich der Bezugspreis zu hoch, als daſs er für die
                              									allgemeinen gewerblichen Zwecke getragen werden könnte. Die Berliner Elektricitätswerke geben den Strom zu folgenden Bedingungen und
                              									Preisen ab: Für Elektromotoren ist eine monatliche Grundtaxe von 1 M. für 1 Ampère
                              									der Maximalleistung zu zahlen. Diese Taxe wird nicht erhoben, wenn der Verbraucher
                              									sich bereit erklärt, auf die Lieferung des elektrischen Stromes während der
                              									Wintermonate von Sonnenuntergang bis 11 Uhr Abends zu verzichten, im Falle die
                              									Beanspruchung der Centralstationen für die elektrische Beleuchtung dies erfordern
                              									sollte. Der Stromverbrauch wird nach der im allgemeinen Tarife für die
                              									Beleuchtungsanlagen festgesetzten Stromeinheit berechnet, doch wird auſser den gewöhnlichen
                              									Rabatten ein Extrarabatt von 25 Proc. in allen Fällen gewährt, wo für die Messung
                              									des Stromes für Elektromotorenbetrieb ein besonderer Meſsapparat aufgestellt wird,
                              									so daſs also nicht der Strom für Beleuchtung und Kraftübertragung zusammen gemessen
                              									wird. Ueber die hiernach entstehenden Kosten des Betriebes gibt nachfolgende Tabelle
                              									Aufschluſs.
                           
                              
                                 1
                                 2
                                 3
                                 5
                                 8
                                 12
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 38
                                 72
                                 105
                                 170
                                 264
                                 396
                                 Pf. die Stunde.
                                 
                              
                           Bei Beurtheilung derselben ist zu berücksichtigen, daſs die
                              									Anschaffung der Elektromotoren noch nicht halb so theuer wie die anderer
                              									Betriebskräfte ist, daſs ferner die Kosten für Bedienung und Wasserverbrauch in
                              									Wegfall kommen, daſs die Auslagen für Schmiermaterial sehr gering sind, und daſs der
                              									Motor fast gar keiner Abnützung unterworfen ist. Die Elektromotoren sind
                              									selbstregulirend, so daſs daher der Stromverbrauch und damit die Bezahlung sich
                              									unmittelbar nach dem Kraftverbrauche richtet; dieser soll aber nach den in Amerika
                              									gemachten Erfahrungen bei den leicht abstellbaren Elektromotoren kaum 30 Proc. der
                              									nur manchmal erforderlichen Maximalleistung betragen (?).
                           Des weiteren gibt die genannte Gesellschaft folgende Tabelle über den Kraftbedarf
                              									einzelner Arbeitsmaschinen und die hierfür erwachsenden Kosten:
                           
                              
                                 Leistungdes Motors
                                 MonatlicheGrundtaxe
                                 Kosten beijährlich3000
                                    											Be-triebs-stunden
                                 Verwendung der
                                    											Elektromotorenfür
                                 
                              
                                 in Pferd
                                 Mark
                                 Pf. i. d. St.
                                 
                              
                                 1/1
                                     1
                                       3,8
                                 Nähmaschinen, medizinische Apparate u.s.w.
                                 
                              
                                 ¼
                                     3
                                     11,3
                                 Kaffee- und Reismühlen, Drehbänke, Wohn-    raumventilatoren,
                                    											Schleifsteine, Blasebälge    u.s.w.
                                 
                              
                                 ½
                                         5,20
                                     20,7
                                 Holzbearbeitungsmaschinen, Restaurant- und    Saalventilatoren,
                                    											Wringmaschinen, Pumpen,    kleine Eismaschinen, 3 bis 5 kleine
                                    											Druck-    pressen u.s.w.
                                 
                              
                                   1
                                   10
                                   38
                                 Gesteinbohrmaschinen, Hebezeuge, Kreissägen,    Bandsägen,
                                    											Profilirmaschinen u.s.w.
                                 
                              
                                   2
                                   19
                                   72
                                 Krane, Waarenaufzüge, groſse Drucker- und    Lithographenpressen.
                                    											Kleine Werkstätten,    Metall-Plattirpressen u.s.w.
                                 
                              
                                   3
                                   28
                                 105
                                 Elevatoren, Pferdebahnwagen, Fabrik-, Güter-    bahnwagen
                                    											u.s.w.
                                 
                              
                                   5  812
                                   45  70105
                                 170264396
                                 Transmissionen, groſse Arbeitsmaschinen,    Krane, elektrische
                                    											Eisenbahnen und Fabrik-    betrieb u.s.w.
                                 
                              
                           Von einer gröſseren Benutzung des elektrischen Stromes für Betriebszwecke ist nichts
                              									bekannt geworden.
                           
                           Wir gelangen nun zur Besprechung einer Kraftleitung, welche berufen sein wird, dem
                              									Gewerbe die hervorragendsten Dienste zu leisten und sicher die allgemeinste
                              									Anwendung zu finden, nämlich der
                           
                        
                           
                              Kraftübertragung durch verdünnte und verdichtete Luft.
                              
                           Die atmosphärische Luft erscheint als ein Kraftträger von hohem Werthe, weil sie
                              									durch ihre Leichtigkeit, ihre geringe Reibung in Röhren der Kraftübertragung die
                              									wenigsten Verluste auflegt. Trotzdem die Luft als Kraftträger bereits seit langer
                              									Zeit bei Tunnelbauten zum Betriebe von Arbeitsmaschinen gebraucht worden war, ist
                              									ihre Bedeutung für die Kraftvertheilung erst durch den Betrieb der Preſsluftanlagen
                              									für das pneumatische Uhrensystem in Paris so augenscheinlich auffällig
                              									hervorgetreten, daſs man mit der Errichtung gröſserer Anlagen für die Zwecke der
                              									Kraftvertheilung erst neuerdings vorgegangen ist. Der Betrieb dieser Anlagen hat
                              									nicht nur bezüglich der günstigen Bethätigung von Kraftmaschinen, sondern namentlich
                              									auch bezüglich anderweiter gewerblicher Verwerthung Aussichten eröffnet, welche den
                              									Luftleitungen eine jetzt noch gar nicht ermeſsbare Bedeutung verleihen.
                           In Paris ist seit etwa 4 Jahren eine Anlage in Betrieb, welche mit verdünnter Luft
                              									arbeitet (Société de distribution de la force motrice à
                                 										domicile de l'air raréfié), sowie seit 3
                              									Jahren eine Anlage für verdichtete Luft (Compagnie
                                 										Parisienne de l'air comprimé, procédés Victor Popp). Eine groſsartige
                              									Luftdruckanlage besteht ferner in Birmingham (The Birmingham
                                 										compressed air power Company). Die Stadt Leeds weist die Entstehung zweier
                              									Anlagen auf, deren eine mit verdichteter Luft arbeitet, während die andere das
                              									Prinzip der Luftverdünnung ausnutzt. Ebenso ist eine Druckluftanlage in Belfast,
                              									Irland, in Aussicht genommen. Sind die letzteren Anlagen in Betrieb, so wird durch
                              									dieselben die Summe von 60000  geleistet werden können.
                           Diesen Erfolgen gegenüber ist es sehr bedauerlich, daſs sich Deutschlands
                              									Industriestädte der Frage der Kraftvertheilung so zurückhaltend gegenüberstellen. Es
                              									ist, wie die folgenden Betrachtungen ergeben werden, nicht nur ein verdienstvolles,
                              									sondern auch ein ertragreiches Unternehmen, Kraft zu vertheilen.
                           Die Kraftübertragung mittels verdünnter Luft in Paris
                              									(vgl. Kleinmotoren mit verdünnter Luft (Saugeluftmotoren) 1888 269 * 545). Das System ist sehr einfach; es beruht darauf, mit den in
                              									einer Centralstation aufgestellten Luftsaugpumpen fortwährend Luft Verdünnung in
                              									einer Rohrleitung zu erhalten. Die Maschinen in den Werkstätten können damit in
                              									jedem Augenblicke in Verbindung gebracht werden und arbeiten dann in Folge des
                              									Ueberdruckes der freien Luft. Es geht daraus hervor, daſs die Bewegkraft beschränkt
                              									ist, weshalb denn auch dieses System nur solchen Werkstätten dient, welche keine
                              									groſse Kraft benöthigen und nicht zu weit von der Centralstation entfernt
                              									liegen.
                           Die Centralstation der Société de distribution de la force
                                 										motrice à
                              									domicile befindet sich in der Rue Beaubourg, somit in dem Herzen von
                              									Paris. Liegende Dampfmaschinen von 90  stehen in unmittelbarer Verbindung
                              									mit den Luftpumpen, welche fortwährend Luft aus zwei eisernen Behältern von 1m,25 Durchmesser und 3m,50 Höhe saugen. Von diesen Behältern aus verzweigt sich das Röhrennetz.
                              									Die Luftverdünnung, welche man zu erhalten trachtet, schwankt zwischen 65 Proc. und
                              									72 Proc. und beträgt im Mittel 67 Proc.
                           Je nachdem mehr oder weniger Maschinen in den Werkstätten in Gebrauch sind, verändert
                              									sich diese Luftverdünnung und muſs die Centralmaschine schneller oder langsamer
                              									arbeiten. Dieses geschieht innerhalb der genannten Grenzen von 65 bis 72 Proc.
                              									selbstwirkend, indem der Regulator der Dampfmaschine von dem Luftdrucke in dem
                              									Röhrennetze abhängig gemacht ist. Nimmt dieser Druck zu, d.h. bei groſsem
                              									Kraftverbrauche, so nimmt auch die Geschwindigkeit der Maschine zu, und umgekehrt ab
                              									bei gröſserer Luftverdünnung. Die Geschwindigkeit der Maschine beträgt dabei 30 bis
                              									50 Umdrehungen in der Minute, bei einer Luftverdünnung von 65 bis 72 Proc.
                              									Auſserhalb dieser Grenzen ist eine Regelung durch den Maschinisten erforderlich,
                              									welcher die Geschwindigkeit bis auf 20 Umdrehungen verringern und bis auf 60
                              									vermehren kann. Ein elektrisches Läutewerk setzt ihn davon in Kenntniſs, daſs die
                              									Grenzzustände eingetreten sind.
                           Die Rohrleitung besteht aus guſseisernen Röhren von 3rn Länge mit Muffen in einander schlieſsend und mit Blei gedichtet. Ihre
                              									lichte Weite hängt von der Entfernung der Centralstation ab; für die ersten 50m beträgt sie 0m,25, für weitere 100m 0m,20, daran schlieſsen sich Rohre von 0m,15 und endlich die engsten von 0m,10 Durchmesser. Die Wandstärke verändert sich
                              									zwischen 10 und 6mm. Die Rohre liegen in den
                              									Straſsenkanälen oder (in der Rue Brantôme z.B.) in dafür gegrabenen Vertiefungen.
                              									Die Verbindung in den Häusern mit den Werkstättenmaschinen erfolgt durch Bleirohre,
                              									wie bei Gas- oder Wasserleitungen; die Weite ist von der Anzahl und Gröſse der
                              									Maschinen abhängig.
                           Letztere liefert und stellt die Gesellschaft gegen Bezahlung einer Miethe auf. Die
                              									Stärke der Maschinen wechselt zwischen 3mk (für
                              									Nähmaschinen u.s.w.) und 100mk (1⅓ ); es
                              									sind drei verschiedene Arten Motoren in Gebrauch, nämlich: oscillirende für eine
                              									Arbeitskraft von 3 bis 10mk, rotirende für 12 bis
                              										40mk, und Mantelmotoren für 37,5 bis 100mk (½ bis 1⅓ ). Solche für 50 bis 100mk werden in der letzten Zeit hauptsächlich
                              									gewählt. Ein Motor von 50mk reicht hin, um drei
                              									parallel laufende Wellen in Bewegung zu setzen, deren jede z.B. 3 bis 4 Werkzeuge
                              									für einen Drechsler treiben kann. Die ursprüngliche Uebertragung durch Kammräder ist
                              									jetzt durch Schieber ersetzt, in Folge dessen die Maschinen sehr leise und
                              									regelmäſsig arbeiten.
                           
                           Die Bezahlung der Bewegkraft geschieht nach der Anzahl der Umdrehungen; jede Maschine
                              									ist zu dem Zwecke mit einem Zählwerke versehen, welches bis 10 Millionen Umdrehungen
                              									aufzeichnen kann. Der Preis für 1000 Umdrehungen beträgt für 1 Maschine von 5sec/mk, d.h. für 1
                              									Maschine, welche die Arbeit eines Mannes verrichtet, 1 Centime, für eine stärkere
                              									Maschine von 24mk 3½ Centimes, für eine von 80mk oder etwa 1  7 Centimes. Stündlich
                              									kosten solche Maschinen, einschlieſslich Miethe und Vergütung für das Legen der
                              									Leitungen in den Häusern u.s.w., bezieh. 15, 36 und 53 Centimes.
                           In der Centralstation zeichnet eine Vorrichtung die Anzahl der Umdrehungen der
                              									Maschinen daselbst auf; diese kann somit mit der Einnahme verglichen werden, welche
                              									proportional der Anzahl Umdrehungen der getriebenen Maschinen für den Abnehmer ist.
                              									Zugleich kann daraus entnommen werden, wie viel Hübe die Luftsaugemaschine zu
                              									verschiedenen Stunden des Tages gemacht haben, und in welchen Augenblicken am
                              									meisten und am wenigsten in den Werkstätten gearbeitet wird. Die Centralmaschine
                              									arbeitet von Morgens 7 bis Abends 7 Uhr.
                           Die Anlage ist von den Ingenieuren L. Boudenot und Petit ausgeführt und kam im Juni 1885 in Betrieb.
                              									Anfangs erstreckte sich die Rohrleitung nur über das Häuserviereck zwischen den
                              									Straſsen St. Martin, Temple, Rambuteau und Réaumur und breitete sich später
                              									bedeutend aus: es war damit der Beweis geliefert, daſs dieses System für die kleine
                              									Industrie und für kleine Entfernungen sehr zweckmäſsig ist. Ende Oktober 1885 waren
                              									39 Abnehmer angeschlossen; Ende Februar 1886 betrug deren Zahl bereits 72 und die
                              									Länge der Rohrleitung 1485m. Die sehr zahlreichen
                              									Anfragen nöthigten aber zur weiteren Ausbreitung. Die erste Dampfmaschine genügte
                              									nicht mehr und im Frühjahre 1887 wurden noch 2 Luftsaugmaschinen in Thätigkeit
                              									gesetzt, wodurch die Centralstation 200 Abnehmer anschlieſsen kann. Die Länge der
                              									Rohrleitungen beträgt zur Zeit 2500m.
                           Die Gesellschaft erlangte von der Stadt Paris die Erlaubniſs, in allen Straſsen der
                              									Stadt Rohre verlegen zu können, und richtete 19 Stadtviertel ein, innerhalb welcher
                              									nach und nach solche Centralstationen errichtet werden sollen; wenn man bedenkt,
                              									daſs mit der Kleinindustrie in Paris sich etwa 930000 Einwohner beschäftigen, so
                              									besteht vorläufig keine Furcht, daſs ein Bedürfniſs an Bewegkraft in den Häusern
                              									mangeln könnte. Die angeschlossenen Werkstätten gehören Hutmachern, Schneidern,
                              									Corsettmachern, Holz- und Metalldrehern, Kamm- und Bürstenfabrikanten,
                              									Cartonarbeitern u.s.w.
                           Die Ausgaben sind gering, z.B. im Frühjahre 1886 monatlich 350 Francs, während die
                              									Einnahmen im März 1886 bereits auf 700 Francs gestiegen waren.
                           Die Société d'encouragement pour l'industrie nationale
                              									verlieh den Preis von
                              									2000 Francs für Kleinmotoren den Motoren mit verdünnter Luft, und den beiden
                              									Direktoren Boudenot und Petit Erinnerungsmedaillen.
                           Die Kraftvertheilungsanlage mit verdichteter Luft (System
                                 										Popp) in Paris (Nach einem Vortrage von Prof. Radinger in Wien, * Wochenschrift des
                                 										österreichischen Ingenieur- und Architecten-Vereins, 1889 S. 50) und einem
                              									Vortrage von Prof. Riedler in Berlin (Verein zur Beförderung des Gewerbfleiſses in Preuſsen,
                              									1889 S. 40 und Zeitschrift des Vereins deutscher
                                 										Ingenieure, 1889 S. 185).
                           Die Anlage ist seit Anfang 1888 in Betrieb. Sie ist als fertiges und gelungenes Werk
                              									zu bezeichnen. Die groſse Centralanlage (Usine de St.
                                 										Fargeau) ist in der Nähe von Paris errichtet und mit 11 Dampfkesseln und 8
                              									Dampfmaschinen ausgerüstet, welche die 12 Luftverdichtungspumpen durch Riemen
                              									treiben.
                           Durch diese wird in acht groſse Windkessel Luft von 6at Spannung gepreſst, welche von dort durch ein Rohrnetz der Stadt
                              									zuströmt. Das Hauptrohr aus Guſseisen, 30cm weit,
                              									führt 8km lang bis zur Kirche St. Madeleine, wobei
                              									es unter sämmtlichen groſsen Boulevards entlang zieht. Zahlreiche Abzweigungen
                              									während des Weges und Nebenverbindungen derselben in den Seitenstraſsen bringen das
                              									Rohrnetz zu einer Gesammtlänge von 36km, wobei die
                              									letzten Ausläufer nur mehr 40mm Weite besitzen.
                              									Der gröſste Theil dieser Rohre liegt in den weiten und befahrbaren Straſsenkanälen
                              									(égouts) und zwar an deren Decke aufgehangen (Fig. 3 Taf. 5), so daſs
                              									sie wie deren zweckmäſsig vertheilte Absperrschieber leicht zugänglich und
                              									überwachbar sind. Die Entnahme der verdichteten Luft aus diesen Rohren an den
                              									einzelnen Verwendungsstellen geschieht, wie bei der Leuchtgasleitung, durch
                              									Einführung eines Zweigrohres unter Einschaltung eines Meſsapparates, und dieses
                              									führt, das Dampfrohr vom Dampfkessel her ersetzend, zum Motor.
                           Der Motor ist in der Regel eine normale Dampfmaschine, deren Kolben von der
                              									gespannten Luft ebenso unter Ausnützung der Expansion betrieben wird, wie es sonst
                              									vom Dampfe geschieht oder geschah; nur bei ganz kleinen, weniger als
                              									2pferdekräftigen Motoren, sind Rotationsmaschinen verwendet. In allen Fällen ist vor
                              									dem Motor ein Druckminderungsventil und ein kleiner Winderwärmungsofen
                              									eingeschaltet.
                           Durch das Druckminderungsventil wird die Pressung von 6at in der Hauptrohrleitung auf 4 bis 4½at für den Motorenbetrieb ermäſsigt. Der Windofen, bei kleinen Anlagen
                              									durch eine Gasflamme, bei groſsen durch ein schwaches Kohlenfeuer geheizt, erwärmt
                              									die zukommende Luft auf etwa 150°, wodurch nicht nur eine Verminderung des
                              									Windverbrauches erzielt, sondern auch das Einfrieren des Ausströmrohres vermieden
                              									wird. Denn die in der Maschine expandirende Luft kühlt sich bei der Ausdehnung von 4
                              									auf 1at um etwa 70° C. ab und da sie feucht
                              									erzeugt wird und zur Verwendung gelangt, müſste sie entweder früher künstlich
                              									getrocknet, oder um die Höhe des künftigen Temperatursturzes vorgewärmt sein, wenn
                              									Eisbildung im Ausströmrohre verhindert werden soll. In gewissen Fällen jedoch
                              									(Markthallen, ventilationsbedürftigen Räumen u.s.w.) erscheint eine reine und kalte
                              									ausströmende Luft als erwünschte Nebenerscheinung des Motorenbetriebes, welche
                              									soeben in der Bourse de Commerce (Waarenbörse) zur
                              									Ausnützung gelangt.
                           Die Verwendung verdichteter Luft findet nun in den mannigfaltigsten Werkstätten und
                              									in kleinen Centralstellen für Erzeugung elektrischen Lichtes statt. So sind
                              									Zeitungsdruckereien (Le Figaro mit 50 und Petit Journal mit 100 ), Drechsler, Tischler,
                              									Bäcker u.a. Industrielle für den Betrieb von Arbeitsmaschinen – und Versammlungsorte
                              									und Luxusräume, Restaurants, Club- und Kaffeehäuser, das Eden- und das
                              									Variete-Theater und „Montagne russes“ mit (je 50pferdigen) Maschinen
                              									versehen, welche Dynamos betreiben. Bei kleineren Anlagen geschieht die Bezahlung
                              									nach dem Cubikmeter gebrauchter Luft auf Grund der Angabe des Luftmessers; groſse
                              									Betriebe jedoch werden im Accorde (forfait) erhalten.
                           Die gegenwärtige Luftlieferung für Paris beträgt 200000cbm, zur Zeit des stärksten Bedarfs selbst 250000cbm in 24 Stunden, wobei der Hauptverbrauch in die
                              									Abendzeit fällt.
                           Die Hauptanlage in St. Fargeau. Auf der Anhöhe von
                              									Belleville, hinter dem Friedhofe Père Lachaise, befindet sich die Straſse St.
                              									Fargeau, an welcher ein Grundstück von 85m Länge
                              									und 170m Tiefe für die Hauptanlage verwendet
                              									ist.
                           Ein Kesselhaus von 40m Länge und 11m Breite enthält 11 Dampfkessel, von welchen stets
                              									10 in Betrieb und einer in Reserve liegen. Die Kessel, für 8at Ueberdruck bestimmt, haben je:
                           
                              
                                 FeuerflächeRostfläche
                                 122qm    2qm,6
                                 Rost =\frac{1}{47} der Heizfläche.
                                 
                              
                                 Kessel lang
                                     4m,420
                                 Blech 16mm (dreifache
                                 
                              
                                       „    Durchmesser
                                     2m,280
                                     Laschennietung).
                                 
                              
                                 2 Feuerrohre von je
                                 760mm
                                 5 Trommeln muffenförmig    gestoſsen.
                                 
                              
                                 Ueber den Feuerrohren:
                                   74 Stück Siederöhren 76 zu 70 weit.
                                 
                              
                                 Rohrquerschnitt
                                    												\frac{1}{9,1} der Rostfläche.
                                 
                              
                           Der Feuerzug führt von der Innenfeuerung durch eine gemauerte Hinterkammer durch die
                              									Siederohre nach vorn, kehrt hier durch einen vorgelegten Blechkasten an den
                              									Kesselmantel zurück und gelangt von da durch zwei Feuerkanäle in den Schlot von 3m lichter Weite. Die Kessel sollten vertragsmäſsig
                              									je 1820k Dampf stündlich (15k für 1qm) mit 70k Kohle für 1qm
                              									Rostfläche erzeugen, wobei auf 1k Kohle 10k Dampf kämen, was sich als nicht einhaltbar
                              									erwies.
                           Sechs liegende Compoundmaschinen mit Condensation bilden den Hauptantrieb für die
                              									Luftverdichtungspumpen, welche von den rückwärts verlängerten Kolbenstangen
                              									betrieben werden. Die Hauptabmessungen dieser Maschinen sind:
                           
                              
                                 Durchmesser des Hochdruckcylinders
                                 557mm
                                 
                              
                                           „           „   Niederdruckcylinders
                                 888mm Volumverhältniſs 1 : 2,6
                                 
                              
                                           „         der Kolbenstangen vorn 95,
                                    											hinten 88mm
                                 
                              
                           
                              
                                 Füllung im Hochdruckcylinder normal
                                    												\frac{1}{4}
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Kolbenhub je
                                 
                                 
                                 
                                 1m,219
                                 
                                 
                              
                                 Kolbengeschwindigkeit
                                 bei
                                 38
                                 Umgängen
                                 1m,54
                                 in 1 Secunde normal
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 45
                                 „
                                 1m,83
                                  „  1        „       max.
                                 
                              
                                 Achsenentfernung der beiden Cylinder
                                 3m,500
                                 
                                 
                              
                                 Schwungraddurchmesser
                                 4m,300
                                 
                                 
                              
                                 Luftverdichtungscylinder-Durchmesser je
                                 0m,600
                                 
                                 
                              
                                 Kolbenstangendurchmesser alle gleich
                                 
                                             88mm
                                 
                              
                                 Ausströmröhre je
                                 
                                 
                                 
                                 
                                         120mm
                                 
                              
                                 Volumen für 1 Kolbenhub
                                 1cbm,35
                                 von den 4 Kolbenseiten,Kolbenstangen abgezogen.
                                 
                              
                           Diese Maschinen, welche bei 38 Umläufen laut Indicatoraufnahmen je 341 
                              									indiciren, sind gleich den Kesseln von Davey-Paxman und
                                 										Co. in Colchester gebaut. Beide Cylinder werden durch Schieber gesteuert.
                              									Der kleine Cjlinder arbeitet mit zwei Schiebern und drei Excentern. Die zwei
                              									Auſsenexcenter greifen an eine Coulisse, welche durch den Porter-Regulator, der Geschwindigkeit entsprechend, gehoben oder gesenkt
                              									wird. Der groſse Cylinder hat nur einen Schieber mit einem Excenter, an dessen
                              									Stange seitlich eine Speisepumpe hängt. Vom Kurbelzapfen reicht eine Nebenstange
                              									senkrecht ins Fundament und treibt den Winkelhebel der liegenden Luftpumpe. Die
                              									Einspritzcondensation ergibt ein Vacuum von 0,6 bis 0at,8, wobei die Temperatur des Einspritzwassers von 25 auf 45° C. steigt.
                              									Auſser diesen 6 Maschinen sind noch zwei Farcot-Maschinen und eine zweicylindrige Balanciermaschine von Casse für den Betrieb mehrerer kleinen Luftverdichter,
                              									und ferner eine 50  zweicylindrige Betriebsmaschine, letztere für
                              									elektrische Beleuchtungszwecke, vorhanden.
                           Da, im Baugrunde kein Wasser erhältlich ist, wird das Condensationswasser durch eine
                              									groſsartige Kühlvorrichtung wieder gekühlt. Dieser Kühlapparat, auf dem Systeme des
                              									Gradirwerkes durch Oberflächenverdunstung beruhend, ist ein auſserhalb des
                              									Maschinenhauses im Freien errichtetes und dem Luftzuge möglichst ausgesetztes Gerüst
                              									aus Winkel- und Flacheisen, 37½m lang, 8m breit, 5m
                              									hoch, welches 6 Plattformen, aus Flacheisenstäben (die oberste Plattform aus
                              									Siebblech) bestehend, enthält. Das Warmwasser, von den Luftpumpen kommend, wird
                              									durch eine eigene Warmwasserpumpe auf die Höhe des Siebbleches gedrückt, dort durch
                              									die stellbaren Einschnitte einer Rinne gleichmäſsig ausgegossen, und während es von
                              									Plattform zu Plattform niedertropfend und aufspritzend theilweise verdunstet, kühlt
                              									sich seine Temperatur bei 7° Luft wärme von 44° auf 25° C. ab. Dieser Apparat steht
                              									in einem gemauerten seichten Becken, aus welchem das gekühlte Wasser, durch einige
                              									Senkrechtwände vom schwimmenden Fette getrennt, neuerdings zur Einspritzung
                              									gelangt.
                           Die Messung der Temperaturabnahme erfolgte bei einer Lufttemperatur von 6° C. und
                              									Feuchtigkeitsgehalt von 60 Proc. Da der Hauptbetrieb der Anlage in den Abendstunden
                              									und zur Winterszeit erfolgt, regulirt sich auch die Wirksamkeit des Gradirwerkes
                              									gleichsam von selbst.
                           Die rückwärts verlängerten Kolbenstangen der Dampfcylinder treiben direkt die Kolben
                              									der liegenden Luftverdichtungscylinder. Deren Einströmventile bestehen je aus einer
                              									Bronzeplatte rund um die Stopfbüchse und werden durch Reibung an der Kolbenstange in
                              									ihrem Anhube bei jedem Hubwechsel unterstützt. Die Druckventile oben an den
                              									Cylinderenden, ähnlich wie die Ventile einer Collmann-Maschine sitzend, sind einfache federbelastete Platten von 140mm Sitz weite (1/18 der Kolbenfläche) und führen die Luft
                              									zum oben angegossenen mittleren Abströmrohre von 120mm lichtem Durchmesser. Letztere Durchmesser geben 1/25 Kolbenfläche,
                              									erscheinen zu eng, und bewirken sammt dem Ventil- Ueber- und dem
                              									Beschleunigungsdrucke eine groſse, fast 1at
                              									betragende Differenz in den Cylindern gegenüber den Windkesseln laut
                              									Diagrammaufnahmen. Sie sollen aus diesem Grunde laut Angaben geändert werden.
                           Der Druckanstieg während der Verdichtung erfolgt nach dem Diagramm (Fig. 1 Taf. 5) nahezu nach
                              									der adiabatischen Linie. Der indicirte Werth der Arbeit beträgt bei 38 Umgängen 296
                              									, so daſs sich ein Verlust einschlieſslich Schwungradreibung und
                              									Luftpumpenantrieb zwischen der Arbeit der Dampfkolben zu jenem der Luftverdichter
                              									von 341 – 296 = 45  ergibt. Der Nutzeffect ist daher
                              										\frac{296}{341}=86\ \mbox{Proc.}, während 14 Proc. durch
                              									Reibung u.s.w. verloren gehen.
                           Weil sich bei der Verdichtung von Luft eine bedeutende Erwärmung einstellt, welche
                              									den Gang der Maschine für die Dauer unmöglich machen würde, muſs bei allen Pumpen
                              									für Kühlung ausgiebige Sorge getragen werden. In vorliegendem Falle geschieht dies
                              									durch Einführung einer kleinen Wassermenge während der Saugzeit unten in die
                              									Cylinder, welche bewirkt, daſs die gepreſste Luft, während sie mit 26° angesaugt
                              									wurde, doch nur mit 52° C. in die Windkessel gelangt. Dabei findet aber eine
                              									Verminderung der geförderten Luftmenge durch Abkühlung statt und der Volumerhalt
                              									sinkt derartig, als ob die Verdichtung nach der Isotherme stattgefunden hätte.
                              									Zeichnet man letztere in das Diagramm, so ergibt sich das Verhältniſs der
                              									schlieſslich erhaltenen zur aufgewandten (indicirten) Arbeit von 77 Proc., so daſs
                              									durch die Abkühlung 23
                              									Proc. der letzteren (in unnütze Wärme umgesetzt) verloren gehen. Würde das warm
                              									gewordene Einspritzwasser zur Kesselspeisung mitverwendet, so könnte dieser Verlust
                              									wenigstens theilweise zurückgewonnen werden.
                           Die Verluste durch verspäteten Abschluſs der Ventile, welche stets dem Druckwechsel
                              									etwas nacheilen, und durch die schädlichen Räume betragen laut früheren Messungen
                              									des Ingenieurs Herrn François 5 Proc. Von einem Volumen
                              									von 1cbm,35, welches von den Kolben für 1 Hub
                              									durchlaufen wird, werden nach vorgenommener Reduction nach Spannung und Temperatur
                              									nämlich, nur 1cbm,29 in die Druckleitung
                              									thatsächlich, d. i. 95 Proc. nützlich erbracht.Letztere Messung geschah durch Beobachtung des Druckanstieges von 1,033 auf
                                    												7at,033 absolut, in einem
                                    											geschlossenen Volumen von 385cbm,8 während
                                    											1572 Touren eines der Compressoren.Nach der Spannung reducirt, gibt dieses für 1 Umdrehung:\frac{385,8}{1572}\,\frac{7,033-1,033}{1,033}=1^{cbm},425.Nach der Temperatur (52° im Reservoir, 26° im Maschinenhaus = 26° Differenz)
                                    											gibt dieses 1,425 (1 – 26.0,003665) = 1cbm,29 Luft von atmosphärischer Spannung thatsächlicher Lieferung für
                                    											1 Doppelhub des Zweicylinder-Compressors.Hierbei wurde angenommen, daſs der Volumen-Nutzeffect bei allen Gegendrücken
                                    											constant sei.
                           Der Nutzeffect der Verdichter beträgt daher unter der ungünstigeren Annahme, daſs die
                              									nachgewiesenen 5 Proc. Volumverlust aus solchen Ursachen entstehen, welche sich
                              									nicht im Diagramme bemerkbar machen: 0,86.0,77.0,95 = 0,63 = 63 Proc. der vom Dampfe
                              									geleisteten indicirten Arbeit.
                           1cbm Luft auf 6at
                              									Spannung gebracht kostet daher im Werk an Arbeit:
                           
                              
                                 Lufterhalt
                                 in
                                 1 Umdrehung einer Compoundmaschine
                                       1cbm,29
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 1 Minute (38 Umläufe)
                                     49cbm
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 1 Stunde 49,60 =
                                 2940cbm
                                 
                              
                           1cbm Luft benöthigt daher
                              										\frac{341}{2940}=0,11666  indicirt am Dampfkolben
                              									eine Stunde lang arbeitend, – oder 1  verwandelt stündlich
                              										\frac{2940}{341}=8^{cbm},62 Luft von atmosphärischer – in
                              									solche von 6at Spannung.
                           Wenn durch Reconstruction der Druckleitung u.s.w. der heute bestehende Ueberdruck von
                              										7at im Verdichtungscylinder gegen 6at im Windkessel, wodurch 5,6 bis 6 Proc.
                              									Arbeitsmehraufwand bedingt sind – entfällt, so wird die eine Stunde lang arbeitende
                              									indicirte Pferdekraft 9cbm,1 erzeugen, oder 1cbm zu pressender Luft nur 0,1096  eine
                              									Stunde lang arbeitend benöthigen.
                           Hinter den Verdichtungsmaschinen liegen an der Gebäudewand zum Theile je zwei über
                              									einander, acht Windkessel je
                           
                           
                              
                                 lang
                                 12m,700
                                 
                              
                                 Durchmesser
                                   1m,800 (Blech 15mm)
                                 
                              
                                 Inhalt etwa
                                 32cbm,500.
                                 
                              
                           Sie liegen der Ausdehnung wegen auf je vier Paaren von Rollen und sind durch
                              									Absperrschieber und -Rohre derart verbunden, daſs jeder für sich ausgeschaltet
                              									werden kann. Ihr Zweck besteht einerseits in der Herstellung völlig gleichmäſsigen
                              									Druckes und anderentheils in der Kühlung der Luft und Trennung derselben von
                              									mitgerissenem Wasser. Die Entwässerung erfolgt in den den Luftverdichtern zunächst
                              									liegenden Windkesseln nur durch die groſse Geschwindigkeitsänderung, in den letzten
                              									Windkesseln aber, welche an die Stadtleitung anschlieſsen, auſserdem noch dadurch,
                              									daſs Scheidewände ähnlich wie bei Dampftrocknern eingebaut sind. Jeder Windkessel
                              									ist ausschaltbar.
                           Die sämmtlichen Verdichter und die Windkessel liegen in einer groſsen Halle von 20m Spannweite und etwa 90m Länge, wobei sich an die eine Längswand auſsen
                              									das Dampfkesselhaus und an der Stirnseite das Gradirwerk anschlieſst.
                              									Verwaltungsgebäude, sowie Magazine und eine Reparaturwerkstätte und des Direktors
                              									Wohnhaus mit Garten u.s.w. vervollständigen die Anlage.
                           Die vorhandene Anlage genügt den Ansprüchen nicht vollständig, so daſs Popp zu dem Auswege gegriffen hat, die Betriebszeit der
                              									Maschinen auszudehnen und die verdichtete Luft in einem riesigen Behälter
                              									aufzuspeichern. Dieser Luftbehälter soll 12000cbm
                              									Inhalt haben, so daſs die Leistungsfähigkeit der Anlage von 250000cbm auf 350000cbm täglich wachsen würde (die Volumenangaben beziehen sich auf
                              									atmosphärische Spannung und Temperatur). Die Anlage eines so riesigen Behälters ist
                              									in Gestalt von Windkesseln nicht gut denkbar, weil dieselben sowohl übermäſsig
                              									groſse Kosten verursachen, als auch stark raumbeengend sich erweisen würden. Der
                              									Behälter wird deshalb unterirdisch in Gestalt eines Stollens angelegt. Es wird ein
                              									eisernes Schachtrohr 80m tief niedergebracht und
                              									von diesem Rohre aus ein Stollen von 12000cbm
                              									Inhalt getrieben; dieser soll luftdicht ausgemauert und mit Blei verkleidet werden,
                              									während das Schachtrohr über Tage mit einem Wasserbehälter in beständiger Verbindung
                              									stehen, also Schachtrohr und Stollen mit Wasser gefüllt sein. Die von den
                              									Verdichtern kommende Luft muſs demnach, da das Zuleitungsrohr auf der Schachtsohle
                              									mündet, das Wasser aus dem Behälter verdrängen; die Luft wird dadurch ständig unter
                              									8 Atmosphären Druck stehen.
                           Das Gelingen dieser zweifellos eigenartigen Behälteranlage ist nicht zu bezweifeln.
                              									Dieselbe wird wie ein Accumulator arbeiten und den Vortheil eines höheren sowie
                              									gleichmäſsigen Arbeitsdruckes bieten. Da für die Zukunft beabsichtigt ist, die neu
                              									anzulegenden Druckleitungen zu einer Ringleitung zu schlieſsen, so wird dieser
                              									Luftbehälter von jeder beliebigen Station gespeist und mit jeder beliebigen
                              									Abgabeleitung zur
                              									Förderung des Luftüberschusses in Verbindung gesetzt werden können.
                           Die Leitungsrohre sind durchwegs aus Guſseisen und zeichnen sich durch eine äuſserst
                              									gelungene Detailconstruction ihrer Verbindungen aus, welche jedem Rohrstücke die
                              									freie Ausdehnung unter verschiedener Wärme gestattet, und dadurch, daſs sie gänzlich
                              									unbearbeitet und im Rohgusse zur Verbindung gelangen, eine denkbar billigste
                              									Detailconstruction vorstellen. Diese Verbindung ist in Fig. 2 Taf. 5 skizzirt und
                              									man ersieht daraus, daſs die rohen und glatten Rohrenden mit wenigen Millimetern
                              									Zwischenraum an einander gestoſsen und durch ein rohes Ueberwurfrohrstück überdeckt
                              									sind. Zwei Ueberwurfringe durch vier Schrauben von 17mm an angegossenen Ohren gespannt, klemmen je einen schmalen Kautschukring
                              									an die Stirnseite des Ueberwurfrohres.
                           Hierdurch ist nicht nur die freie Ausdehnung der Rohre, sondern auch die Leichtigkeit
                              									der Auswechselung und Einschaltung von Anschluſsrohren gewahrt. Absperrschieber an
                              									Abzweigestellen und auch sonst mehrfach in der Leitung vertheilt und einfache
                              									automatische Wasserabscheider an den tiefsten Stellen erhöhen die Sicherheit des
                              									Betriebes.
                           Die Mehrzahl der Rohre liegt in den groſsen fahrbaren Kanälen (s. Fig. 3, an deren Decke sie
                              									aufgehängt werden) und (wo solche nicht zur Verfügung stehen) frei im Grunde.
                              									Letzteres kommt im Preise sogar etwas billiger als ersteres. Die Rohre müssen nur an
                              									den Abbiegungsstellen gegen das Auseinanderzerren durch inneren Druck sorgfältig
                              									abgestützt werden. Die übrigen Verbindungen sind fast völlig entlastet.
                           Zur Zeit des stärksten Betriebes strömen 18000cbm
                              									Luft in 1 Stunde durch die 300mm weiten
                              									Hauptrohre, was eine Geschwindigkeit von 10m,1 in
                              									1 Secunde ergibt.
                           Der Druckverlust, welcher durch Registrirmanometer im Werk und an verschiedenen der
                              									gröſseren Abgabsstellen dauernd controlirt wird, ergibt sich zu Zeiten geringen
                              									Betriebes fast mit Null, während er zu den Zeiten stärksten Betriebes noch nicht
                              									eine Atmosphäre erreicht.
                           Die Druckverhältnisse in der Rohrleitung werden fortwährend durch selbsthätige
                              									Manometer in den Centralstationen und an den wichtigsten Abzweigestellen
                              									aufgezeichnet.
                           In Entfernungen von 100m sind in die Rohrleitung
                              									selbsthätige Entwässerungsvorrichtungen eingeschaltet, welche das, trotz der in den
                              									Windkesseln vorgesehenen Wasserabschneider, mitgerissene Wasser auffangen sollen, um
                              									ein Einfrieren der Leitungen zu verhindern und zu vermeiden, daſs in Folge stärkerer
                              									Ansammlung von Wasser in den Knickungen des Gefälles Querschnittsverengungen der
                              									Rohrleitung stattfinden. Diese Entwässerungen bestehen aus Guſskästen, in denen eine Wand den geraden
                              									Durchfluſs der Luft hindert; unter dieser Wand liegt ein Wassersack, der durch ein
                              									Sieb abgeschlossen ist, um Verunreinigungen von dem unterhalb angeschlossenen
                              									selbsthätigen Abfluſsventile abzuhalten.
                           
                              (Schluſs folgt.)
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
