| Titel: | Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. | 
| Autor: | C. J. Lintner | 
| Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 468 | 
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                        Ueber Fortschritte in der
                           								Bierbrauerei.
                        Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
                        
                     
                        
                           Die Bezugsverhältnisse der Braugerste. Eine ökonomisch
                              									statistische Studie von E. Struve (Fortsetzung) Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 53, 102,
                              									241.
                           Die Beschaffenheit der Gerste als Brauwaare (Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 82, nach
                              									einer Veröffentlichung des Prof. Kirchner im Württembergischen Wochenblatte für Landwirthschaft,
                              									1888 Nr. 52).
                           
                           Seitens verschiedener landwirthschaftlicher Vereine wendet man immer mehr
                              									Aufmerksamkeit der rationellen Cultur von Braugerste zu. Auch in Württemberg befaſst
                              									man sich mit diesem Gegenstande und hat man mit verschiedenen Gerstensorten
                              									Anbauversuche gemacht.
                           Von 92 Proben, welche der Kgl. Samenprüfungsstation in Hohenheim übergeben wurden,
                              									gelangten 77 zu einer besonders eingehenden Prüfung (durch die Professoren Strebel und Behrend).
                           Die mittlere Keimkraft und Keimfähigkeit dieser 77 Proben war eine gute, nämlich in
                              									Procenten:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Keimkraft
                                 Keimfähigkeit
                                 
                              
                                 
                                   Mittel von allen Proben
                                 86,29
                                 96,43
                                 
                              
                                 Im
                                 Besonderen:
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   Trothagerste
                                 88,10
                                 97,00
                                 
                              
                                 
                                   Saalegerste
                                 88,94
                                 96,35
                                 
                              
                                 
                                   Bisherige Gerste
                                 81,67
                                 95,85
                                 
                              
                           Bezüglich der Erntemethode ist zu erwähnen, daſs ein Theil der Gersten am Boden, ein
                              									anderer in Puppen, Kreuzen und Mandeln getrocknet wurde. Von diesen war je ein Theil
                              									beregnet, ein anderer unberegnet eingebracht worden.
                           Die Samen der unberegneten Proben keimten schneller und besser, und es wurden von den
                              									Sachverständigen 20¼ Proc. der unberegneten Proben mehr mit Klasse I bezeichnet als
                              									der beregneten.
                           Das Trocknen am Boden einerseits und in Puppen, Kreuzen und Mandeln andererseits ist
                              									ebenfalls nicht ohne Einfluſs geblieben auf die Keimkraft und Keimfähigkeit der
                              									Samen.
                           Der Regen beschädigte die am Boden getrocknete Gerste stärker. Die in Puppen, Kreuzen
                              									und Mandeln getrockneten Proben waren ferner durchweg besser als die am Boden
                              									getrockneten, gleichviel ob sie beregnet wurden oder nicht. Das Trocknen am Boden
                              									ist also, wie der Bericht auch hervorhebt, unrationell und sollte nie angewendet
                              									werden.
                           Das Verhältniſs der Klassifikation zum Hektolitergewichte und absoluten Gewicht,
                              									sowie zur Keimkraft und Keimfähigkeit veranschaulicht die folgende
                              									Zusammenstellung:
                           
                              
                                 Gerstensorte
                                 1 hlk
                                 1000 Samen= g
                                 Keimkraft
                                 Keimfähigkeit
                                 
                              
                                 Klasse I.
                                 
                              
                                 Trotha
                                 68,9
                                 45,6
                                 94,04
                                 97,92
                                 
                              
                                 Saale
                                 68,3
                                 44,8
                                 92,50
                                 97,84
                                 
                              
                                 Bisherige
                                 68,6
                                 45,4
                                 87,81
                                 96,10
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Mittel bei allen
                                 68,7
                                 45,2
                                 91,94
                                 97,46
                                 
                              
                                 Klasse II.
                                 
                              
                                 Trotha
                                 67,1
                                 45,1
                                 86,94
                                 97,42
                                 
                              
                                 Saale
                                 66,4
                                 45,1
                                 90,21
                                 97,88
                                 
                              
                                 Bisherige
                                 63,1
                                 45,6
                                 80,55
                                 96,11
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Mittel bei allen
                                 65,5
                                 45,3
                                 85,86
                                 97,06
                                 
                              
                                 Klasse III.
                                 
                              
                                 Trotha
                                 64,3
                                 42,0
                                 81,37
                                 93,77
                                 
                              
                                 Saale
                                 62,2
                                 43,5
                                 78,81
                                 88,81
                                 
                              
                                 Bisherige
                                 66,2
                                 45,5
                                 80,25
                                 96,92
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Mittel bei allen
                                 63,7
                                 43,6
                                 80,10
                                 92,83
                                 
                              
                           
                           Die Durchschnittszahlen der einzelnen Klassen beweisen nicht nur die Schärfe, mit
                              									welchen die Sachverständigen die Proben beurtheilt haben, sondern auch, daſs mit dem
                              									abnehmenden Hektolitergewichte die Keimkraft stets und bei den leichtesten Samen
                              									auch die Keimfähigkeit bedeutend abnimmt. Merkwürdig ist hier der Zusammenhang des
                              									absoluten Gewichtes mit der Keimfähigkeit; je 1000 Samen der ersten und zweiten
                              									Klasse waren fast gleich schwer und erreichten auch fast die gleiche Keimfähigkeit,
                              									sie waren aber ungleich gut ausgebildet, wenn das Hektolitergewicht der zweiten
                              									Klasse um 3k,2 hinter demjenigen der ersten Klasse
                              									zurückblieb. Nach den vorstehenden Zahlen wäre schon aus dem Hektolitergewicht ein
                              									Schluſs auf die Qualität und wenigstens auch auf die Keimkraft der Gerste zulässig
                              									und nur bei den leichtesten Samen derselben Sorte und derselben Ernte auch auf die
                              									Keimfähigkeit.
                           Aus einer Tabelle, welche den Einfluſs der Bodenart auf einige Eigenschaften der
                              									Gerste darlegt, ist gleichfalls ersichtlich, daſs mit dem höheren Hektoliter- und
                              									absoluten Gewichte durchgehends eine höhere Keimkraft und Keimfähigkeit der Samen
                              									Hand in Hand geht. Bemerkenswerth ist ferner, daſs keine einzige der auf besseren
                              									Gerstenböden geernteten Proben in die dritte Klasse gestellt wurde und daſs sie 51
                              									Proc. Proben erster Qualität mehr lieferten als die geringeren Bodenarten.
                           Die Erkennung der Hauptvarietäten der Gerste in den
                                 										norddeutschen Saat- und Malzgersten. Von Dr. Albert
                                 										Atterberg (Wochenschrift für Brauerei, 1889
                              									Bd. 6 S. 142. Wir müssen uns hier damit begnügen, auf die Originalarbeit
                              									hinzuweisen.
                           Ueber das Verhältniſs zwischen den Proteïnkörpern und Amiden
                                 										in einigen aus böhmischen Gerstenmalzen bereiteten Auszügen; von Dr. Josef Hanamann (Allgemeine
                                 										Brauer- und Hopfenzeitung, 1889 Bd. 29 S. 4). Der Verfasser bediente sich
                              									der mit Salzsäure angesäuerten Phosphorwolframsäure, um die stickstoffhaltigen
                              									Bestandtheile der Bierwürze in zwei groſse Gruppen zu zerlegen: in die durch
                              									Phosphorwolframsäure fall baren Proteine und die sogen. Amide. Es wurde so versucht,
                              									zu ermitteln, welchen Schwankungen diese zwei Gruppen von Stickstoffkörpern in den
                              									aus verschiedenen Malzen erzeugten Würzen unterliegen, wenn dieselben streng nach
                              									derselben Methode unter ganz gleichen Verhältnissen abgeschieden und bestimmt
                              									werden.
                           Zu diesem Zwecke wurden zehn verschiedene gute Malze aus den renommirtesten
                              									Brauereien Böhmens untersucht. 50g Malz wurden in
                              									ähnlicher Weise wie bei der Extractbestimmung gemaischt, in der Würze der Extract,
                              									der Gesammtstickstoff und der durch Phosphorwolframsäure fällbare Stickstoff
                              									bestimmt, dazu der Gesammtstickstoffgehalt des Malzes. In der folgenden Tabelle sind
                              									die Resultate dieser Bestimmungen zusammengestellt:
                           
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 III
                                 IV
                                 V
                                 VI
                                 VII
                                 VIII
                                 IX
                                 X
                                 
                              
                                 Gesammtstickstoff der Würze    in Procenten des
                                    											Malzes
                                 0,607
                                 0,661
                                 0,663
                                 0,650
                                 0,603
                                 0,510
                                 0,532
                                 0,591
                                 0,522
                                 0,664
                                 
                              
                                 Stickstoff der Proteïne und    Peptone in Procenten
                                    											des    Malzes
                                 0,228
                                 0,269
                                 0,314
                                 0,335
                                 0,274
                                 0,277
                                 0,288
                                 0,301
                                 0,275
                                 0,330
                                 
                              
                                 Stickstoff der Amide und    Amidosäuren u.s.w.
                                 0,379
                                 0,392
                                 0,349
                                 0,315
                                 0,329
                                 0,233
                                 0,252
                                 0,290
                                 0,247
                                 0,324
                                 
                              
                                 Stickstoffgehalt der Malz-    trockensubstanz in
                                    											Pro-    centen
                                 1,618
                                 1,683
                                 1,684
                                 1,676
                                 1,720
                                 1,634
                                 1,638
                                 1,756
                                 1,750
                                 1,728
                                 
                              
                                 In Procenten des löslichen    Stickstoffes entfallt
                                    											Stick-    stoff auf die Proteïne und    Peptone
                                 37,26
                                 40,69
                                 47,36
                                 51,54
                                 42,17
                                 52,94
                                 52,63
                                 50,93
                                 52,68
                                 49,69
                                 
                              
                                 Auf Amide u.s.w.
                                 62,74
                                 59,36
                                 52,64
                                 48,46
                                 57,83
                                 47,06
                                 47,37
                                 49,07
                                 47,32
                                 50,31
                                 
                              
                                 Extractprocente des trocke-    nen Malzes
                                 74,9
                                 75,0
                                 75,7
                                 77,0
                                 76,2
                                 74,8
                                 77,0
                                 76,8
                                 76,9
                                 74,6
                                 
                              
                                 Volumgewicht des Malzes 1 l    in Gramm
                                 520
                                 540
                                 540
                                 535
                                 520
                                 545
                                 540
                                 550
                                 550
                                 532
                                 
                              
                                 Wassergehalt des Malzes in    Procenten
                                 8,3
                                 8,5
                                 8,6
                                 10,9
                                 9,2
                                 9,2
                                 7,8
                                 9,2
                                 10,4
                                 10,4
                                 
                              
                           Aus diesen Ergebnissen folgt:
                           1) Dem höchsten Stickstoffgehalte des Malzes entspricht nicht die gröſste
                              									Stickstoffmenge in der daraus dargestellten Würze.
                           2) Das Verhältniſs zwischen den Proteinen, Peptonen und Amiden u.s.w. war bei den
                              									verschiedenen Malzen in den gleich behandelten Auszügen ein verschiedenes und
                              									wechselte bei den ersteren von 37 bis 52 Proc., bei den letzteren von 47 bis 62
                              									Proc. der gesammten löslichen Stickstoffmenge.
                           3) Der Mälzer hat es in seiner Gewalt, aus einem stickstoffreicheren Rohstoffe eine
                              									stickstoffärmere Würze durch kürzeres oder längeres Gewächs hervorgehen zu lassen,
                              									sowie er aus einem stickstoffärmeren Rohmaterial einen stickstoffreicheren Auszug
                              									erzielen kann.
                           4) Durch längeres Wachsen der Gerste wird besonders die Amidmenge des Malzes und der
                              									Würze vermehrt.
                           Da die Würzen aus den angeführten Malzen nur durch langsames Aufmaischen bis 75°
                              									dargestellt wurden, also weder gekocht, noch mit Gerbsäure behandelt worden sind, so
                              									enthalten sie noch einen groſsen Theil derjenigen Eiweiſsstoffe, welche beim
                              									Würzekochen mit Hopfen ausgeschieden werden. Um die Gröſse dieses Antheiles zu
                              									erfahren, wurden die aus dem gleichen Malze (X) dargestellten Bierwürzen einer
                              									gleichen Behandlung und Untersuchung unterworfen, deren Resultate folgende
                              									waren:
                           
                              Tropfsackwürze.
                              
                           In 100 Gew.-Th. trockenen Extractes wurden gefunden an:
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 
                                 
                              
                                 GesammtstickstoffStickstoff (Proteïn
                                    											und    Pepton)AmidstickstoffIn Procenten des
                                    											Gesammt-    stickstoffes Proteïn und    Peptonstickstoff
                                     0,713    0,212    0,50129,66
                                     0,710    0,189    0,52126,68
                                 Mit Zuhilfenahme der Ex-tractausbeute auf
                                    											Malz-trockensubstanz berechnet.
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Amidstickstoff
                                    											u.s.w.GesammtstickstoffProteïnstickstoffAmidstickstoff
                                 70,34    0,531    0,158    0,373
                                 73,32    0,529    0,147    0,382
                                 Mit Zuhilfenahme der Ex-tractausbeute auf
                                    											Malz-trockensubstanz berechnet.
                                 
                              
                           5) In der ungekochten, ungehopften Würze besteht fast die Hälfte der gesammten
                              									stickstoffhaltigen Bestandtheile aus Proteinen; in der gekochten und gehopften Würze
                              									werden je nach der Kochdauer und der zugesetzten Hopfenmenge kaum mehr als noch ein
                              									Drittel der gesammten stickstoffhaltigen Stoffe als Proteine gefunden, während über
                              									70 Proc. derselben den AmidenWenn man für die Amide den gleichen Stickstoffgehalt wie für die
                                    											Proteinkörper voraussetzt, was jedoch nicht immer zulässig sein dürfte.D. R. angehören.
                           Da diese letzteren wegen ihrer Diffusionsfähigkeit vorzügliche Nährstoffe der Hefe
                              									sind, so fehlt es der Hefe nicht so leicht an den so nothwendigen stickstoffhaltigen
                              									Nährstoffen in den Bierwürzen.
                           Die Arbeitsweise der pneumatischen Mälzerei (System
                                 										Saladin) bespricht C. J. Lintner (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1889 Bd. 12 S.
                              									9).
                           Ein Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Mischsaaten von
                                 										Saccharomyceten; von Julius Vuylsteke (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1888 Bd. 11 S.
                              									537 und 1889 Bd. 12 S. 1).
                           Hansen hat gefunden, daſs in den oberen Schichten einer
                              									Würze, welche mit einem Gemenge von untergährigen Culturhefen und wilden
                              									Gährungspilzen angestellt wird, am Ende der Hauptgährung die relative Menge der
                              									Zellen der wilden Arten immer gröſser ist als am Anfange. Die Versuche und
                              									Beobachtungen von Hansen wurden ausschlieſslich an
                              									Gemengen angestellt, in denen die Culturhefe eine untergährige war. Vuylsteke unternahm es, die Frage zu studiren, ob diese
                              									Regel auch für die Obergährung gültig ist, eine in theoretischer, wie praktischer
                              									Hinsicht gleich wichtige Aufgabe.
                           Indem wir bezüglich des Ganges der Untersuchungen und zahlreicher interessanter
                              									Einzelheiten auf die Originalabhandlung verweisen, müssen wir uns damit begnügen,
                              									hier im Wesentlichen die Resultate der interessanten Arbeit mitzutheilen.
                           Die bei den Versuchen angewendeten Hefen waren einerseits Carlsberger Hefe Nr. I,
                              									Sacch. cerevisiae I und eine Hefe von Burton – die
                              									erstere ist eine Unterhefe, die beiden anderen sind Oberhefen –, andererseits Sacch.
                              									Pastorianus I, II und III, dann Sacch. ellipsoideus II.
                           Es haben sich nun zunächst folgende Resultate ergeben:
                           1) Bei der Aussaat von Carlsberger Hefe I (Unterhefe), Saccharomyces Pastorianus I
                              									und Saccharomyces ellipsoideus II hat sich jedesmal die Regel von Hansen bestätigt, daſs in den oberen Schichten einer
                              									Würze, welche mit einer Mischsaat von der genannten Bierunterhefe und von wilden
                              									Arten in Gährung versetzt wird, die relative Zahl der letzteren am Ende der
                              									Hauptgährung immer gröſser ist als am Anfange derselben.
                           2) Wenn man die relativen Zahlen der Zellen von Sacch. cerevisiae I (Oberhefe) mit
                              									denjenigen der Zellen von Sacch. Pastorianus I vergleicht, welche sich am Anfange
                              									und am Ende der Hauptgährung, d.h. 24 bis 48 und 144 bis 168 Stunden nach dem
                              									Anstellen in der oberen Schichte der Würze, die mit einer Mischung dieser Hefearten
                              									in Gefäſsen von ungefähr 2l Inhalt bei
                              									gewöhnlicher Zimmertemperatur in Gährung versetzt wurde, ergeben, so findet man
                              									nicht jedesmal, daſs die Infection am Ende der Hauptgährung gröſser ist als am
                              									Anfange.
                           3) In 15 Versuchen, die mit einer Mischung von Sacch. cerevisiae I (Oberhefe) und
                              									Pastorianus III angestellt wurden, war übereinstimmend die Verunreinigung in den
                              									oberen Schichten der Flüssigkeit am Ende der hinreichend weit vorgeschrittenen
                              									Hauptgährung stärker als im Anfange. Folglich geht die Entwickelung einer Mischsaat
                              									von Sacch. cerevisiae I und Pastorianus III wieder in derselben Weise vor sich wie
                              									die Mischsaat von Unterhefen und wilden Gährungspilzen.
                           Die Verunreinigung der oberen Schichten einer in Gährung befindlichen Würze kann nach
                              										Vuylsteke auf verschiedene Weise geschehen. Der in
                              									einem Zeitpunkte bestimmte Reinheitsgrad der Volumeinheit läſst sich ausdrücken
                              									durch das Verhältniſs der Zahl der Zellen der Culturhefe zu jener der wilden Hefen,
                              									welche gerade vorhanden sind. Die Zellen, welche in einer zuträglichen Nährlösung
                              									schwimmen, vermehren sich in einem verschiedenen Verhältnisse: zuerst nach ihrer
                              									Natur, sodann nach äuſseren Umständen. Hierdurch vergröſsern sich die zwei Glieder
                              									des Verhältnisses; aber weil ihre Vergröſserung nicht in dem gleichen Verhältnisse
                              									stattfindet, ändert sich je nach dem besonderen Falle der Werth in dem einen oder
                              									dem anderen Sinne: man erhält eine Reinigung, wenn die Sprossung der Kulturhefen
                              									rascher ist als jene der wilden Hefen. Dies ist in der ersten Phase der Gährung mit
                              									Sacch. cerevisiae und Sacch. Pastorianus III und in der zweiten Phase der Gährung
                              									mit Sacch. cerevisiae I und Sacch. Pastorianus I der Fall. Es wächst die
                              									Verunreinigung, wenn die wilde Hefe sich rascher vermehrt, wie unter gewissen
                              									Umständen am Beginne der Gährung mit Sacch. Pastorianus I und am Ende derselben mit
                              									Sacch. Pastorianus III. Aber nicht durch eine Vermehrung der Zellen werden allein
                              									Aenderungen im Verhältnisse, welches den Reinheitsgrad ausdrückt, herbeigeführt. Die
                              									Zellen sind beständig dem Einflüsse eines anderen verwickelten Faktors unterworfen,
                              									welchen Vuylsteke die mechanische Wanderung nennt und
                              									welcher schlieſslich nichts ist als eine algebraische Summe mehrerer Einwirkungen.
                              									Die in der Flüssigkeit schwimmenden Zellen sind während der Gährung beständig in
                              									Bewegung: sie verlassen den Ort, wo sie entstanden sind, um sich in andere Mittel zu
                              									begeben und endlich niederzulassen. Sie vermehren sich rascher an dem einen Orte als an
                              									dem anderen. Die algebraische Summe dieser Vorgänge ist die Wanderung. Sie kann
                              									positiv (aufwärts) oder negativ (abwärts) sein, aber sie hat eine verschiedene
                              									Wirkung bei den verschiedenen Arten. Sie bewirkt daher eine Störung im Verhältnisse
                              									und ruft entweder eine Reinigung oder eine Vergröſserung der Verunreinigung hervor.
                              									Die Verunreinigung wird vermindert, wenn eine positive Wanderung (nach oben) eine
                              									verhältniſsmäſsig gröſsere Zahl von Culturhefen zuführt oder eine negative
                              									mechanische Wanderung mehr wilde Zellen wegführt. Die mechanische Wanderung ist
                              									complicirter bei Oberhefen als bei Unterhefen.
                           Vuylsteke macht schlieſslich noch auf den Unterschied
                              									zwischen der Verunreinigung der Hefen an der Oberfläche und der Hefen am Boden
                              									aufmerksam. Sobald man Sacch. cerevisiae I mit Sacch. Pastorianus I einer Unterhefe
                              									vermischt, ist die Bodensatzhefe stärker verunreinigt als die Oberhefe. Die letztere
                              									ist unreiner, wenn Sacch. cerevisiae I und Sacch. Pastorianus III eine Oberhefe, die
                              									Mischsaat, bilden.
                           Die Ursache des langen Weiſsbieres von P. Lindner (Wochenschrift für
                                 										Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 181).
                           Unter den Krankheiten des Weiſsbieres ist das Langwerden desselben eine der
                              									häufigsten und am meisten gefürchteten. Sie kennzeichnet sich dadurch, daſs das Bier
                              									eine dickliche Beschaffenheit annimmt und beim Ausgieſsen aus der Flasche sich zu
                              									langen Fäden ausspinnen läſst. (Es ist hier lediglich vom Berliner Weiſsbier die
                              									Rede. Ob das „Langwerden“ auch in dem durchweg vortrefflich behandelten
                              										„Münchener Weiſsbier“ vorkommt, ist dem Referenten nicht bekannt. D.
                              									Ref.)
                           Lindner fand nun, daſs das Lang werden des Berliner
                              									Weiſsbieres durch einen Pediococcus bewirkt wird.
                           Eine eingehendere Abhandlung über diesen Organismus behält sich Verfasser für später
                              									vor.
                           Der Einfluſs der aus Würze erzeugten Röststoffe auf die
                                 										Gährung von Dr. W. Irmisch (Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 201). Die
                              									Thatsache, daſs dunkle aus hochabgedarrten Malzen stammende Würzen einen geringeren
                              									Vergährungsgrad zeigen als helle, ist geeignet, den Gedanken nahe zu legen, daſs
                              									dies Verhalten von den die dunkle Farbe der Würze bedingenden, empyreumatischen
                              									Stoffen, welche sich sowohl beim Darren des Malzes, als auch beim Kochen der Maische
                              									bilden, herrühre, da derartige Rost- bezieh. Karamelproducte geeignet scheinen
                              									können, einen gährungshemmenden Einfluſs auszuüben. Weiter wäre dementsprechend zu
                              									vermuthen, daſs bei Anwesenheit der genannten Stoffe in gröſserer Menge bezieh. mit
                              									gesteigertem brenzlichem Charakter die Gährung auch mehr beeinträchtigt würde.
                           Von diesem Gesichtspunkte ausgehend wurde eine Reihe von Versuchen angestellt, welche
                              									zu folgendem Ergebnisse führten:
                           
                           1) Die Röstung der Würze erzeugte Stoffe, welche dem Biere eine dunkle Farbe gaben,
                              									die derjenigen der mit Farbmalz hergestellten Biere entsprach.
                           2) Der Geschmack der so gefärbten Biere war dem Geschmacke dunkler, mit Farbmalz
                              									gebrauter Biere ähnlich.
                           3) Die so gefärbten Biere zeigten in Bezug auf die Beschaffenheit der Hefe, das
                              									Absetzen derselben, das Auftreten und Zurückgehen der Krausen, den Verlauf der
                              									Gährung und den Vergährungsgrad keine Unterschiede.
                           4) Wenn man annehmen darf, daſs die beim Darrprozesse erzeugten Röststoffe,
                              									vielleicht auch die beim Kochen der Maische erzeugten dieselben sind, wie die beim
                              									Röstverfahren gebildeten, so würde daraus folgen, daſs der bekannte Einfluſs des
                              									Darrprozesses auf die Gährung und den Vergährungsgrad in den Röstproducten nicht zu
                              									suchen ist.
                           Ueber den Einfluſs der Kohlensäure auf das Wachsthum und die
                                 										Gährthätigkeit der Hefe und ihre Bedeutung für die Conservirung des Bieres
                              									von Dr. Georg Foth (Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 263).
                           Verfasser, welcher schon früher Arbeiten über diesen Gegenstand veröffentlichte (1888
                              										267 76), berichtet eingehend über neuere Versuche und
                              									zwar in folgenden 6 Abschnitten mit genauer Angabe der experimentellen
                              									Einzelheiten:
                           I. Einfluſs der Kohlensäure auf das Wachsthum der Hefe. II. Einfluſs der Kohlensäure
                              									auf die Gährthätigkeit der Hefe. III. Ueber den Einfluſs der Kohlensäure auf die
                              									Gährung bei verschieden starkem Spunden und verschiedenen Temperaturen. IV. Wirkt
                              									die Kohlensäure in verschiedenem Maſse auf verschiedene Heferassen? V. Ueber die
                              									Conservirung des Bieres, speciell des Flaschenbieres. VI. Ueber das Spunden des
                              									gespänten Bieres.
                           Die Ergebnisse seiner schönen Arbeit faſst Foth, wie
                              									folgt, zusammen. Als unzweifelhaft hat sich ergeben:
                           1) Die Kohlensäure übt ähnlich wie andere Säuren auf die Vermehrungsfähigkeit der
                              									Hefe einen stark hemmenden Einfluſs aus; die Gährthätigkeit derselben wird durch
                              									dieselbe ebenfalls nun auch in gröſserem Maſse beeinträchtigt.
                           2) Die Gröſse der durch die Kohlensäure hervorgerufenen Wirkung wächst mit der Menge
                              									des in der Würze enthaltenen Gases, und da diese von Druck und Temperatur abhängt,
                              									mit niederer Temperatur und erhöhtem Drucke.
                           3) Bei gleicher Menge der gelösten Kohlensäure ist unter höherer Temperatur eine
                              									geringere Wirkung zwar nicht strikt bewiesen, aber höchst wahrscheinlich.
                           4) Verschiedene Heferassen sind gegen die Kohlensäure in verschiedenem Maſse
                              									widerstandsfähig; bei einem gewissen Kohlensäuregehalte der Würze findet z.B. von
                              									Sacch. Pastorianus I noch Vermehrung statt, während bei gleichem Kohlensäuregehalte der Würze
                              									Carlsberger Unterhefe I ihre Sproſsthätigkeit eingestellt hat.
                           5) Durch mechanische Bewegung, durch Späne u.s.w. wird der Einfluſs des Spundens mehr
                              									oder minder aufgehoben, entweder allein deshalb., weil durch dieselben die Würzen
                              									eine geringere Menge Kohlensäure gelöst behalten, oder weil sie auſserdem die
                              									Lebensthätigkeit der Hefe mechanisch fördern.
                           6) Aus den sub. 1 bis 4 aufgeführten Ergebnissen lassen sich eine Reihe von
                              									Schluſsfolgerungen ziehen, welche für die Conservirung des Bieres von Bedeutung
                              									sind.
                           Aber nicht allein für diesen speciellen Fall, sondern überall da, wo
                              									Gährungserscheinungen durch Hefe hervorgerufen werden, verdienen die Wirkungen der
                              									Kohlensäure Beachtung; man ist bisher nur gewohnt, die entwickelte Kohlensäuremenge
                              									als abhängig vom Verlaufe der Gährung zu betrachten; daſs die letztere auch
                              									umgekehrt beeinfluſst wird von der während des Gährungsprozesses selbst erzeugten
                              									Kohlensäure, ja daſs jene sogar zum Stillstande gebracht werden kann, haben Foth's Versuche bewiesen.
                           Bieranalysen veröffentlicht H. Kammerer in der Jahresschrift des Vereins für öffentliche Gesundheitspflege
                                 										der Stadt Nürnberg, 1888 XL Heft (Allgemeine
                                 										Brauer- und Hopfenzeitung, 1889 Bd. 29 S. 353). Es wurden 46 Proben in
                              									Nürnberg während der Jahre 1886 und 1887 zum Ausschänke gelangter Biere, vorwiegend
                              									aus Nürnberger Brauereien, theilweise aus der nächsten Umgebung Nürnbergs und aus
                              									Münchener Brauereien stammend, untersucht. Wir beschränken uns darauf, hier die
                              									Durchschnittswerthe mitzutheilen.
                           100g Bier enthielten Gramm:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Spec. Gew.bei 15° C.
                                 Alkohol
                                 Extract
                                 Achse
                                 Freie Säure(cc Normal-alkali)
                                 Glycerin
                                 Extract-gehalt derWürze
                                 Vergäh-rungsgrad
                                 Auf 1 Th.Alkoholkommen
                                    											Th.Extract
                                 
                              
                                 Sommer-bier
                                 NürnbergerAuswärtiges
                                 1,01561,0161
                                   4,425  4,446
                                 5,285,73
                                 0,22050,2315
                                 2,692,61
                                 0,20550,2051
                                 14,2914,21
                                 59,2760,18
                                 1,321,29
                                 
                              
                                 Winter-bier
                                 NürnbergerAuswärtiges
                                 1,01381,0133
                                 3,853,86
                                 5,726,02
                                 0,23200,2346
                                 2,662,71
                                 0,16300,1658
                                 13,0913,46
                                 56,4055,60
                                 1,491,56
                                 
                              
                           Aus den Mittelwerthen läſst sich der Schluſs ziehen, daſs die Nürnberger Biere meist
                              									sehr stark eingebraut, aber stärker vergohren sind als die Münchener und deshalb
                              									einen höheren Alkoholgehalt und einen niedrigeren Extractgehalt besitzen, wozu noch
                              									der durch die Analyse nicht ermittelte höhere Gehalt an Hopfenbestandtheilen tritt,
                              									welche Momente zusammen diesen einen wesentlich anderen Charakter geben, als der der
                              									Münchener ist.
                           C. J.
                                 										Lintner.