| Titel: | Die Mineralöl- und Paraffinfabriken der Riebeck'schen Montanwerke bei Halle a. d. S. | 
| Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 461 | 
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                        Die Mineralöl- und Paraffinfabriken der
                           								Riebeck'schen Montanwerke bei Halle a. d. S.
                        (Schluſs des Berichtes S. 426 d. Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        Mineralöl- und Paraffinfabriken der Riebeck'schen
                           								Montanwerke.
                        
                     
                        
                           Ein Destillationsverfahren, welches die Darstellung leichter Oele durch Zersetzung
                              									schwerer, geringwerthiger Oele zum Gegenstand hat, ist die Destillation unter
                              									höherem Drucke. (D. R. P. Nr. 37728.) Das Verfahren (vom Verfasser herrührend) wird
                              									in Webau mit zwei Apparaten ausgeübt. Da der Markt für Gasöle sich gebessert hat,
                              									ist eine gröſsere Anwendung des Verfahrens für die nächste Zeit nicht zu erwarten. Doch sei hier auf
                              									die diesbezügliche Literatur verwiesen.Jahresbericht des Techniker-Vereins der
                                       												sächsisch-thüringischen Mineralölindustrie. 1887 S. 17 ff.; D. p. J. 1887 264
                                    											336 und 1888 268 88.
                           Das Verfahren ist auch auf schwere deutsche Rohpetrole, auf Rückstände der
                              									Stearinfabrikation ausgedehnt und. von Engler
                              									angewendet worden, die Entstehung des Erdöles durch Zersetzung von Fischresten und
                              									hohem Drucke experimentell zu beweisen.Vgl.
                                    											1888 269 137 und 1889 271 516. Der experimentelle Theil der Arbeit ist in
                              									Webau mit den beiden Druckdestillationsblasen ausgeführt. Das Verfahren wurde 1888
                              									im Concours international in Brüssel mit der goldenen Medaille ausgezeichnet.
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 277, S. 461
                              
                           Aus den Abgängen der Mischerei (von der unten die Rede sein wird) gelangen Antheile
                              									ebenfalls zur Destillation, welche jedoch nicht im Vacuum, sondern unter Einströmen
                              									von überhitztem Dampfe am Boden der Blase vorgenommen wird. Für diese Arbeit sind in
                              									Webau vier Blasen thätig, welche im Monat etwa 600 metrische Centner Creosotöl und
                              									500 metrische Centner Asphalt erzeugen. Letzterer wird aus den Blasen mit
                              									comprimirter Luft direkt in Formen abgedrückt.
                           Das Abdestilliren mit Dampf ohne sonstige Heizung der Blase, das sogen. Abblasen,
                              									wird vornehmlich bei der Darstellung der leichtesten Oele (des Benzins) angewandt
                              									und ist für diesen Zweck eine besondere Blase mit Vacuumeinrichtung vorhanden. Bei
                              									der eigentlichen Theer- und Oeldestillation im luftverdünnten Raume und über freiem
                              									Feuer wird mit Dampfunterstützung nicht destillirt. Das in einigen Fabriken übliche
                              									Einströmenlassen von Dampf in den oberen Theil der Blase erscheint bei der Vacuumdestillation zwecklos,
                              									ein Destilliren mit Dampfunterstützung – Einströmung am Boden der Blase – hat
                              									erwiesenermaſsen Paraffinminderausbeute zur Folge.
                           Die Destillation wird ergänzt durch den Mischprozeſs, die Behandlung der Producte mit
                              									Schwefelsäure und Natronlauge. Beide Chemikalien werden in wechselnder Concentration
                              									angewendet, erstere als solche von 66° und 50° B. = 1,842 und 1,53 spec. Gew., sowie
                              									gelegentlich als rauchende Schwefelsäure, die Natronlauge von 32 bis 40° B. = 1,357
                              									spec. Gew. – Das Mischhaus zu Webau, in den Fig. 4,
                              										5 und 6
                              									abgebildet, ist 25m lang und 11m breit, enthält 10 geschlossene cylindrische
                              									Gefäſse, welche im Deckel Schauklappen haben. Die Gefäſse sind schmiedeeiserne mit
                              									Walzbleifutter. Die Chemikalien befinden sich in Druckkesseln, welche in den
                              									Fuſsboden eingelassen sind und werden mittels comprimirter Luft in Meſsgefäſse
                              									gedrückt, welche höher stehen, als der Einlauf in das Mischgefäſs ist. Die
                              									Mischgefäſse stehen auf einzelnen, 3m,7 hohen
                              									Säulen und tragen in der Mitte des Umfanges einen Winkeleisenring, der an eine
                              									eiserne Bühne genietet ist, welche die ganze Anlage in zwei über einander gelegene,
                              									völlig von einander getrennte Räume theilt. Der Zugang zu dem oberen Raume geht über
                              									eiserne Auſsentreppen, das Dach ist ein Wellblechdach. Der eigenartige Unterbau
                              									gestattet genaue Belichtung der Abgangsventile. Unter den Gefäſsen laufen die Rinnen
                              									hin, welche die Mischproducte, d.h. die sich am Boden absetzenden mit Theerproducten
                              									beladenen Chemikalien aufnehmen und weiterleiten. Jedes Mischgefäſs faſst 18000k, also die Charge von 6 bezieh. 9 Blasen und
                              									werden solche durch einfaches Ablaufenlassen durch das am Mischgefäſse befindliche
                              									Abfüllventil gefüllt, da die Mischgefäſse entsprechend hoch stehen. Das Mischen
                              									geschieht mittels Luftpumpen bezieh. durch Einströmenlassen von Luft.
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 277, S. 462
                              
                           Das Webauer Mischhaus ist gut ventilirt, da die Pfeiler des Gebäudes sämmtlich als
                              									Ventilationsschächte angelegt sind und die geschlossenen Gefäſse in eine weite
                              									Rohrleitung münden, an welcher ein Exhaustor saugt.
                           Zur Bedienung der gesammten – elektrisch beleuchteten – Anlage, in welcher täglich
                              									etwa 2500 bis 3000 Doppelcentner Mineralöle aller Art behandelt werden, sind nur
                              									zwei Arbeiter – je einer bei Tag und Nacht – erforderlich.
                           Die Behandlung mit Schwefelsäure entzieht den Mineralölen die basischen Körper und
                              									löst namentlich hochsiedende ungesättigte Kohlenwasserstoffe und Harze. Auch wird
                              									eine theilweise Oxydation bewirkt, was sich durch das Auftreten schwefliger Säure
                              									bemerkbar macht. Aus den basischen Körpern bezieh. ihren schwefelsauren Lösungen hat
                              										Krey mit Riehm, Höland
                              									und Scheithauer eine Anzahl Basen der Pyridinreihe
                              									isolirt. Das Pyridin selbst fehlt, jedoch sind eine Anzahl Picoline rein dargestellt
                              									worden.
                           Chinoline und Acridine hat Verfasser nicht gefunden. Bei Anwendung concentrirter Säuren resultirt
                              									das Mischproduct schwarz und dickflüssig. Dasselbe wird dann in geschlossenen
                              									Gefäſsen bei vorgelegtem Kühler durch einströmenden Dampf zerlegt, die Abfallsäure
                              									abgezogen und die ausgefällten Harze hierauf mit überhitztem Wasserdampfe
                              										destillirtProf. Dr. Döbner in Halle a. d. S. ist zur Zeit mit einer
                                    											Untersuchung der hochsiedenden Braunkohlentheerbasen
                                    									beschäftigt..
                           Mittels der Natronlauge werden den Mineralölen die sauren Körper entzogen. Man
                              									begreift dieselben unter dem Sammelnamen Kreosot. Sie gehören zum Theil der
                              									Phenolreine an. Das Anfangsglied derselben, das Phenol, ist nicht vorhanden, wohl
                              									aber die drei Kresole; in hochsiedenden Antheilen hat v.
                                 										Boyen (Chem. Ztg, 1889 S. 23) Kreosol
                              									gefunden.
                           
                              
                              Fig. 6., Bd. 277, S. 463
                              
                           Verdünnt man die Kreosotnatronlösung bis zum sechsfachen Quantum mit Wasser, so
                              									scheiden sich Oele mit sehr hohem specifischen Gewichte aus, welche keine
                              									Theersäuren sind. Die davon befreite Kreosotnatronlösung läſst sich dann beliebig
                              									mit Wasser verdünnen, ohne sich zu trüben. Diese verdünnte Lösung ist auf den
                              									Vorschlag Krey's seit einigen Monaten mit Erfolg als
                              									Ersatz des Aetznatrons bei der Speisewasserreinigung nach Dehne's Verfahren angewendet worden, natürlich nur bei Erzeugung von Dampf
                              									zum Maschinenbetriebe. Derselbe enthält selbstverständlich Kreosot in Spuren und
                              									kann zum Kochen nicht gebraucht werden.
                           Das Kreosotnatron wird auch als solches zum Imprägniren von Grubenhölzern verbraucht
                              									oder durch verdünnte Säuren zerlegt und das abgeschiedene Rohkreosot verkauft.
                           Der stete und unangenehmste Begleiter unserer Braunkohlentheeröle, der Schwefel,
                              									tritt, je nach dem stark schwankenden Schwefelkiesgehalte der Kohle, in wechselnden
                              									Mengen auf und macht sich, je nachdem, auch in den Fabrikaten bemerklich, wenn
                              									während ihrer Verarbeitung die Halbfabrikate nicht in gröſserer Menge
                              									zusammengefaſst werden, um eine Durchschnittszahl zu erzielen. In Rohtheer sind 0,4
                              									bis 4 Proc. Schwefel von Krey gefunden worden. Ein
                              									Mittel zu seiner radicalen Beseitigung ist leider noch nicht vorhanden. Krey hat ein Gasöl von 2 Proc. Schwefelgehalt, nachdem
                              									demselben alles Kreosot entzogen war, vier Wochen der Luft ausgesetzt, darauf
                              									wiederum mit Natronlauge behandelt und analysirt, wobei der Schwefelgehalt sich nur
                              									noch auf 1,4 Proc. belief. Diese Operation, Oxydirenlassen an der Luft und
                              									Beseitigung des Oxydationsproductes mittels Natronlauge, wurde noch zweimal
                              									wiederholt und dadurch der Schwefelgehalt auf 0,2 Proc. reducirt. Von einer
                              									fabrikativen Nutzanwendung kann natürlich nicht die Rede sein, aber die berichtete
                              									Thatsache gestattet uns einen Schluſs auf die Natur der Schwefelverbindungen. Sind
                              									dieselben erst genau bekannt, so wird hoffentlich auch ein Mittel zu ihrer
                              									gänzlichen Beseitigung nicht mehr lange auf sich warten lassen.
                           Dem Mischprozesse – Behandlung mit Chemikalien, Absitzenlassen und darauffolgendes
                              									Ablassen des Mischproductes, Auswaschen mit verdünnten Lösungen der angewendeten
                              									Chemikalien oder mit Wasser – werden die einzelnen Oelsorten ebenso oft unterworfen
                              									als der Destillation, je nach dem gewünschten Grad der Reinheit und der
                              									beabsichtigten Verwendung.
                           Der Verbrauch an Chemikalien ist ein erheblicher und betrug im J. 1888 in Webau
                              									131000 M.
                           Früher wurde sowohl in Webau als in den beiden anderen Fabriken die
                              									Schwefelsäurebehandlung schon beim Theere begonnen, wie dies auch in vielen anderen
                              									Fabriken der Industrie geschieht, doch ist dieses Verfahren jetzt verlassen worden.
                              									Besonders bei Theersorten geringerer Qualität empfiehlt es sich, durch die erste
                              									Destillation den erheblichen Procentsatz an Koks u.s.w. auszuscheiden, deren
                              									antheilige Schwefelsäure gespart wird.
                           Ebenso zweckmäſsig erscheint es, die Paraffinmasse der Residuumblasen für sich
                              									kräftig mit Schwefelsäure zu behandeln und an der Schwefelsäure für die eigentliche
                              									Paraffinmasse zu sparen. Die Verarbeitung der Mischproducte ist selbstverständlich
                              									auch eine viel lohnendere, wenn der Behandlung die Destillation vorausgegangen
                              									ist.
                           
                        
                           
                              Mineralöl- und
                                 									Paraffinfabriken.
                              
                           Die Oelfabrikate aus dem Braunkohlentheer sind bekanntlich: leichtes
                              									Braunkohlentheeröl (auch fälschlich Benzin genannt) im spec. Gew. 0,790 bis
                              									0,800;
                           Solaröl, Leuchtöl, 0,825 bis 0,830, Entflammungspunkt 50° C, farblos, bis 260°
                              									siedend;
                           Putzöl, Extractionsöl 0,850 bis 0,860, Entflammungspunkt 100° C, fast farblos bis
                              									schwach gelb, bis 280° siedend;
                           helle bis rothe Paraffinöle für diverse Zwecke, auch zur Vergasung, 0,860 bis 0,880,
                              									bis 3000 siedend;
                           dunkle Paraffinöle zur Vergasung und zur Wagenfettfabrikation 0,880 bis 0,925,
                              									rothbraun bis schwarz;
                           Fettöle, gelbe und gelbrothe Paraffinöle 0,880 bis 0,900 für bessere Schmiermittel,
                              									Kreosotproducte, Braunkohlenpech, Goudron.
                           Da die Versandtzeit sich auf die Herbstmonate und den Winter zusammendrängt, so muſs
                              									ein groſser Theil der Fabrikate gelagert werden.
                           Die Fabrik Webau hat für 76000 Doppelcentner = 8500cbm Oel Raum in Bassins von Eisen und in Cisternen. Gröſsere Reservoirs (à
                              										500cbm = 9000 Centner) sind 3 Stück (Patent
                              										Intze) vorhanden. Dieselben stehen ohne Bedachung
                              									im Freien und haben sich vorzüglich bewährt; ihre eigenthümliche, nach jeder
                              									Richtung hin Sicherheit gewährende Construction ermöglicht eine genaue Controle der
                              									Beschaffenheit des Inhalts wie des Reservoirs.1883
                                    												249 * 485.
                           In der Böttcherei werden etwa 12 Mann beschäftigt und jährlich gegen 46000 Barrels
                              									verbraucht.
                           Den bei der Destillation erhaltenen paraffinhaltigen Oelen wird das Paraffin durch
                              									Abkühlung und Krystallisirenlassen entzogen. In Webau gelangen je nach der Form der
                              									Kühl- bezieh. Krystallisationsgefäſse und nach der Art der Kühlung zwei Arten der
                              									Krystallisation in Anwendung. Die von der Theerdestillation resultirenden Paraffinmassen
                              									werden mittels Grubenwasser auf dessen Temperatur (etwa 18° C.) gekühlt und zwar in
                              									sogen. Hülsen von etwa 27k Inhalt. In den gleichen
                              									Gefäſsen (von denen etwa 5500 Stück in Betrieb sind) aber mittels Salzlösungen,
                              									welche in Eismaschinen auf etwa – 5° C. abgekühlt sind, auf etwa 0° abgekühlt,
                              									werden die Paraffinmassen, welche, der zweiten und dritten Destillation entstammend,
                              									Paraffine von 42° bis 48° Schmelzpunkt geben, Paraffinmassen der dritten und vierten
                              									Destillation, welche Paraffine unter 42° Schmelzpunkt geben, in gröſseren und
                              									cylindrischen Gefäſsen (zu 4000 bis 5000k Inhalt)
                              									in der Winterkälte auskrystallisiren gelassen. An Krystallisationsgebäuden sind
                              									vorhanden zwei Keller (etwa 760qm) für die
                              									Abkühlung der Hülsen, und zwei Gebäude (etwa 2100qm) mit 212 Gefäſsen für die
                              									Winterkrystallisation. Wenn in der Winterkälte die betreffende Paraffinmasse
                              									auskrystallisirt ist und ein weiteres Sinken ihrer Temperatur nicht zu erwarten
                              									steht, läſst man das Oel durch Oeffnen der am Boden der Gefäſse befindlichen
                              									Verschlüsse ablaufen, die Paraffin schuppen bleiben im Gefäſse zurück.
                           Die sogen. Hülse hat eine prismatische Form (140mm
                              									× 330mm × 785mm), nach oben sich conisch erweiternd, und trägt in der Mitte eine lose
                              									eingesetzte Krücke. Zwecks Entleeren kommt sie auf eine Ziehbank, wo die Krücke
                              									befestigt und mit ihr der Inhalt, das festgewordene Paraffin, herausgezogen wird.
                              									Die Hülse hat oben zwei Ohren, welche ihr Festliegen auf der Ziehbank ermöglichen.
                              									Der Hülsenbetrieb eignet sich der kurzen Zeitdauer wegen, welche die Krystallisation
                              									erfordert (4 bis 5 Tage) namentlich für gröſsere Fabriken.
                           Die zur Kühlung der in Hülsen auskrystallisirten Weichparaffinmassen verwendeten
                              									Salzlösungen werden, wie eben erwähnt, in Eismaschinen abgekühlt. Es sind deren in
                              									Webau zwei in Betrieb und zwar Ammoniak-Eismaschinen (nach Carré) älterer Construction. Sobald das Paraffin die Hülse verläſst, fällt
                              									es in einen Trog, in welchem es durch einen Maischapparat zerkleinert und von hier
                              									nach den Filterpressen gedrückt wird, in denen die erste Entölung der Masse
                              									vorgenommen wird. Die Filterpreſslinge werden dann einem Drucke von 80 bis 100at in stehenden hydraulischen Pressen unterworfen
                              									und enthalten die dabei erhaltenen Preſslinge schon gegen 90 Proc. Paraffin.
                           Der fernere Reinigungsprozeſs ist ein Waschprozeſs unter Druck. Die Preſslinge werden
                              									wiederholt unter Zusatz leichter Braunkohlentheeröle geschmolzen, erstarren gelassen
                              									und abgepreſst und schlieſslich die anhängenden Theile leichter Theeröle durch
                              									einströmenden Dampf, in Blasen mit vorgelegtem Kühler zur Condensation des
                              									abgeblasenen Benzins, entfernt. Webau hat vier Preſsanlagen (vgl. Fig. 7, 8 und 9). Nr. 1 (Neubau 1888) 39m lang, 19m breit, Sheddach – Glas und
                              									Wellblech – hat vier Filterpressen, acht stehende, zehn liegende hydraulische
                              									Pressen, Aufschmelzgefäſse und Bassins, zum Erstarrenlassen des Preſsgutes nach dem
                              									Benzinzusatze, in bequemen Betrieb ermöglichender Anordnung.
                           Nr. 2 (Neubau 1888) 35,5 × 13m, Sheddach, hat acht
                              									liegende Pressen, Schmelzgefäſse und Gieſsbassins wie Nr. 1.
                           Beide Anlagen haben gemeinschaftliches Maschinenhaus mit zwei hydraulischen
                              									Pumpwerken, sowie einen Accumulator. Dieser, stets mit 25at geladen, besorgt das „Füllen“ der
                              									Presse, d.h. drückt sie sofort beim Oeffnen des Ventils auf 25at, bei welchem Drucke die Entölung erst beginnt.
                              									Ohne diese Vorrichtung dauert das Füllen der Presse 10 bis 15 Minuten. Die Anlagen 3
                              									und 4 haben nur stehende Pressen (14 bezieh. 8), je 2 Filterpressen, sowie eigene
                              									hydraulische Pumpwerke, und verarbeitet die erstgenannte die Paraffinmasse der
                              									Eismaschinenkühlung, die andere die der Winterkrystallisation.
                           Die liegenden hydraulischen Pressen arbeiten mit einem Drucke von etwa 200at. Die bei den Pressen resultirenden Oele – die
                              									Zusatzöle entziehen den Preſslingen die anhängenden Schweröle, lösen aber auch
                              									Paraffin und zwar immer die Antheile von niedrigem Schmelzpunkte – gelangen für sich
                              									zur Destillation und werden dem Mischprozesse und successive der Krystallisation
                              									u.s.w. unterworfen.
                           
                           
                              
                              Fig. 7., Bd. 277, S. 466
                              
                           
                           Bei dem sogen. Abblasen der Benzinreste aus dem fertig gepreſsten Paraffin wird in
                              									Webau für je fünf Blasen ein gemeinschaftlicher Kühler besonderer Bauart verwendet.
                              									Derselbe (cylindrisch, 1m,2 Durchmesser, 1m,4 lang) enthält 19 Rippenrohre, in denen kaltes
                              									Wasser circulirt. Das eintretende Gemisch von Wasser- und Benzindampf passirt eine
                              									Brause, deren Wasser den Wasserdampf verflüssigt, während sich der Benzindampf auf
                              									den gekühlten Rippenrohren condensirt.
                           Die Kühler arbeiten sehr sicher bei geringem Kühlwasserverbrauche und bequemer
                              									Bedienung. Das Abblasen geschieht ebenfalls im luftverdünnten Raume. Die
                              									Schluſsbehandlung des Paraffins ist seine Entfärbung mittels Thierkohle bezieh. dem
                              									sogen. Entfärbungspulver – Rückstände der Blutlaugensalzfabrikation. – Dieselbe
                              									geschieht in groſsen cylindrischen Gefäſsen durch Mischen mit Luft, letztere
                              									getrocknet und filtrirt.
                           Die Trennung vom Entfärbungsmittel geschieht mittels Filtriren durch Papier. Ueber
                              									Entfärbungsmittel des Paraffins ist in letzter Zeit mehrfach gearbeitet worden.Zaloziecky, D. p.
                                       												J., 1887 26520. 72. 117. 178. Hölland, Jahresbericht des Techn.-Vereins der
                                       												sächsisch-thüringischen Mineralölindustrie. Vehrichs, 1888 270 182. Dasselbe wird nach seinem
                              									Gebrauche extrahirt und bedient man sich in Webau eines Apparates eigener
                              									Construction, der eine innige Mischung des Materials mit dem Extractionsmittel durch
                              									ein Rührwerk ermöglicht.
                           Der Apparat wird geschlossen und mit indirektem Dampf geheizt, bis das Manometer etwa
                              										1at Druck im Apparate anzeigt. Darauf wird die
                              									Verbindung zu einer Filterpresse geöffnet, welche das extrahirte Pulver zurückhält
                              									und die Lösung des Paraffins im Extractionsöl passiren läſst. Bei doppelter
                              									Extraction wird sämmtliches Paraffin zurückgewonnen. Die reinen Braunkohlenparaffine
                              									sind nach den Untersuchungen Krafft's (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1888 S.
                              									21) zum groſsen Theile höhere Normalparaffine der Methanreihe. Nach Untersuchungen
                              									von Krey sind auch anderweite feste Körper und zwar
                              									ungesättigte Kohlenwasserstoffe in ihnen enthalten.
                           Reinstes Weichparaffin von etwa 37° Schmelzpunkt gibt geschmolzen, mit Schwefelsäure
                              									geschüttelt, an solche 6 Proc. ab, und lassen sich aus der Schwefelsäurelösung durch
                              									Zusatz von Wasser die festen ungesättigten Kohlenwasserstoffe leicht isoliren.
                           Ebenso addiren die Braunkohlenparaffine Jod, 100g
                              									Paraffin von 55° Schmelzpunkt addiren 4g,10 Jod,
                              									Paraffin von 50° Schmelzpunkt addirt 5g,85,
                              									Paraffin von 37° C. addirt 9g,95 Jod.Hübl's Methode,
                                    												D. p. J., 1884 253 281.
                           Das Paraffin gelangt nach seiner Fertigstellung zum gröſsten Theil in die eigene
                              									Kerzenfabrik. Nur ein kleiner Theil kommt als solcher in den Handel, der es den
                              									verschiedenen bekannten Verwendungen zuführt. Erwähnt sei hier, daſs neuerer Zeit
                              									Paraffin mit Erfolg als Waschmittel (namentlich bei Leinenwäsche) zur Anwendung
                              									gekommen ist.
                           Die Paraffine unserer Industrie sind betreffs ihrer Verwendbarkeit für die
                              									Kerzenfabrikation denen des Auslandes überlegen. Die schottischen Fabriken entölen,
                              									nachdem die Paraffinmassen die Filterpressen passirt haben, durch das sogen.
                              									Ausschwitzverfahren. Nach diesem Verfahren läſst man das den Filterpreſslingen
                              									anhaftende Oel bei einer Temperatur, die der des Paraffinschmelzpunktes angepaſst
                              									ist, abtropfen. Es werden dadurch, wenn bei Behandlung der Schieferöle die
                              									Schwefelsäure nicht gespart wurde, weiſse und geruchfreie Paraffine erzielt, welche
                              									jedoch ganz andere Structur wie unsere Fabrikate besitzen. Sie sind zähe, klebrig
                              									und lösen sich als Kerzenmaterial schwer von den Wandungen der Gieſsformen ab. Die
                              									Reinigung scheint oft eine unvollkommene zu sein. – Die Kerzenfabrik Webau ist die
                              									gröſste Kerzenfabrik Deutschlands, sie arbeitet mit 122 Gieſsmaschinen.
                           Auſser dem Schmelzraume, wo das Gieſsmaterial vorbereitet wird, sind zwei Gieſssäle
                              									und zwei Kerzenpackräume vorhanden. Es werden gegen 178 verschiedene Kerzenfaçons
                              									hergestellt und gelangen 150 verschiedene Etiketten in allen lebenden Sprachen zur
                              									Verwendung. Die Kerzenfabrik bedeckt eine Fläche von 1180qm und ist elektrisch beleuchtet.
                           Aus dem verschiedenen Kerzenmateriale werden Paraffinkerzen und Compositionskerzen
                              									fabricirt, erstere in verschiedenen qualitativen Abstufungen als Krystall-,
                              									Brillant-, Paraffin-, Naturellkerzen und Weihnachtskerzen. Die Compositionskerze hat
                              									durch einen gröſseren Gehalt an Stearin das Aeuſsere der Stearinkerze, während die
                              									Paraffinkerze bläulichweiſs durchscheinend ist. Die Weihnachtskerzen werden in sechs
                              									verschiedenen Färbungen (giftfrei) hergestellt. Auch für den Export werden bunte
                              									Kerzen in groſser Menge geliefert. Die groſse Ueberlegenheit der Paraffinkerze und
                              									namentlich auch der Compositionskerze, dem Leuchtwerthe nach, über die Stearinkerze,
                              									ist neuerdings wieder durch eine Arbeit Bunte's
                              									erhärtet worden.Bunte-Scheithauer, Journal für Gasbeleuchtung,
                                    											1888 Nr. 12 S. 400. Nach den Preisen von 1888 stellte sich das
                              									Kostenverhältniſs für gleiche Lichtmengen zwischen Stearin, Composition und Paraffin
                              									wie 7,8 : 5,8 : 5,0.
                           Auch die reinen Paraffinkerzen erhalten einen geringen Stearinzusatz (1,5 bis 2
                              									Proc), die bunten Kerzen bis zu 4 Proc. Eigenthümlich ist das Verhalten der
                              									Paraffin-Stearinlegirungen. Je nach den Schmelzpunkten und Mengen der Componenten
                              									zeigt die Composition bedeutende Erniedrigung des Schmelzpunktes z.B. ⅔ Paraffin von
                              									45° C. und ⅓ Stearin von 54° C. geben eine Composition von 41° C. (berechneter
                              									Durchschnitt 48° C). Die gleiche Abweichung – 7° C. – zeigt eine Composition von ⅓
                              									Paraffin von 57° C. und ⅔ Stearin von 54° C. Die Composition hat einen Schmelzpunkt
                              									von 48° C.
                           Stearin scheidet sich in der Legirung, so lange diese flüssig, leicht aus. Krey fand den Stearingehalt in Spitze und Fuſs der
                              									Compositionskerze um 2 bis 3 Proc. differirend. Das Reten zeigt übrigens in
                              									Paraffinlegirungen dasselbe Verhalten, nur noch in viel stärkerem Maſse. Krey constatirte bei 16procentigen
                              									Reten-Paraffinlegirungen (Schmelzpunkt 90° C. mit Paraffin von 54° und 49°) für die
                              									Composition 53° und 47°. – Die Kerzenfabrikation setzt viele Hände in Thätigkeit und
                              									hat eine Reihe von Nebenbetrieben zur Folge. Der Bedarf an Packpapier, Cartonnagen
                              									aller Art betrug im J. 1888: 165000 M.; für die Gieſsformen (der 122 Webauer und 22
                              									Ober-Röblinger Maschinen) ist eine besondere Metallgieſserei, ebenso ist eine
                              									Kistenfabrik erforderlich, die im vorigen Jahre 180000 Kerzenkisten aller Art
                              									lieferte. Für Dochte und Stearin wurden etwa 393000 M. gebraucht.
                           Da auch die Kerzen besonders in den Herbst- und Wintermonaten zum Versandt gelangen,
                              									während die Production im ganzen Jahr eine gleichmäſsige ist, so werden auch für
                              									Kerzen gröſsere Lagerräume nothwendig, welche sich nur zum Theil auf der Fabrik, und
                              									im Wesentlichen auf dem Lagerhofe der A. Riebeck'schen
                              									Montanwerke in Weiſsenfels befinden. Das aufgespeicherte Kerzenquantum steigt
                              									bisweilen bis zu 15000 Doppelcentner.
                           Die eingangs erwähnten mechanischen (Neben-)Betriebe: Eisengieſserei, Kesselschmiede
                              									und Maschinenfabrik beschäftigen zur Zeit etwa 60 Mann. Die Eisengieſserei hat zwei
                              									Cupolöfen, einen Flammenofen und producirt jährlich gegen 5000 Doppelcentner
                              									Guſswaaren für den Bedarf der eigenen Werke. Die Maschinenfabrik ist
                              									Hauptreparaturwerkstatt der Werke – mit 29 Werkzeugmaschinen – und baut vornehmlich
                              									Pumpen, Fördermaschinen u. dgl. Die Anlagen waren namentlich während der
                              									Vergröſserung der Schweelereien und Brikettfabriken, sowie während des Umbaues der
                              									Mineralölfabriken stark beschäftigt.
                           Kurz vor Zeitz, etwa 1km von der Straſse ab, liegen
                              									die Reussener Werke (Grube, Schweelerei, Mineralölfabrik). Diese Werke gehören zu
                              									den ältesten der Gesellschaft. Der erste Riebeck'sche
                              									Schacht bei Reussen wurde 1863 abgeteuft und bald entstanden hier groſse
                              									Schweelanlagen, erst mit liegenden Retorten, später mit stehenden Cylindern
                              									ausgerüstet.
                           Der gewonnene Theer wurde bis Anfang dieses Jahrzehnts nach Webau gefahren, dann
                              									jedoch der um diese Zeit angelegten Mineralölfabrik zugeführt. Jetzt verarbeitet
                              									dieselbe den Theer der drei Reussener Schweelerei-Anlagen (zusammen 89 Cylinder), von
                              									denen zwei mit der Fabrik durch Rohrleitungen verbunden sind. Zur Ergänzung der
                              									Jahresleistung der Fabrik (65000 bis 70000 Doppelcentner Aufarbeitung) wird noch
                              									Theer der Grube Gertrud bei Gaumnitz der Fabrik zugeführt. Der Theer ist mittlerer
                              									bis guter Qualität vom spec. Gew. 0,840 bis 0,875.
                           Das Fabrikareal beträgt 1ha,3, mit acht
                              									Betriebsgebäuden (3600qm), drei Dampfkesseln mit
                              									etwa 250qm Heizfläche und 23 Betriebsmaschinen.
                              									Ursprünglich stellte die Fabrik nur Gasöl dar, die übrigen Producte wurden als
                              									Halbfabrikate nach Webau zur weiteren Verarbeitung übergeführt, in den Jahren 1883
                              									bis 1884 ist sie so weit ausgebaut worden, daſs sie sämmtliche Oele als
                              									Ganzfabrikate und nur Paraffin als Halbfabrikat (Paraffinschuppen) abgibt. Sie wurde
                              									durch eine Werkstatt und einen „Oelhof“ vergröſsert. Der letztere, für sich
                              									gelegen, eingezäunt und gepflastert, enthält sieben eiserne Reservoirs, dabei zwei
                              										„Patent Intze“ zu 500cbm Inhalt, eine Ladebühne, Böttcher- und
                              									Fässerschuppen u.s.w. Der zur Aufspeicherung in Bassins gegebene Raum beträgt etwa
                              										2000cbm = 20000 metrische Centner, die
                              									Wasserversorgung liefert 1200cbm Wasser im Tag,
                              									die Beleuchtung geschieht mittels bei der Destillation abgesogenen Gases durch etwa
                              									140 Flammen, die Räume sind meist mit Auſsenbeleuchtung versehen. Der tägliche
                              									Kohlenverbrauch beziffert sich auf 600hl.
                              									Beschäftigt werden vier Beamte und sechzig Arbeiter.
                           
                              
                              Fig. 8., Bd. 277, S. 469
                              
                           Das Aufarbeitungsverfahren ist im Wesentlichen das in Webau geübte.
                           Die Teutschenthaler und Ober-Röblinger Anlagen der A.
                                 										Riebeck'schen Montanwerke sind an der von Halle a. S. nach Nordhausen
                              									führenden Eisenbahn gelegen. Mit dem Bergwerk Ottilie-Kupferhammer in
                              									Ober-Röblingen, dem jetzt bedeutendsten Braunkohlenbergwerk der Gesellschaft nicht
                              									nur, sondern im Oberbergamtsbezirk Halle überhaupt, sind Brikettfabrik,
                              									Naſspreſssteinfabrik, Schweelereien und eine Mineralöl-, Paraffin- und
                              									Paraffinkerzenfabrik verbunden. Die letztere verarbeitet den in den Schweelereien
                              									Teutschenthal, Ober-Röblingen und neuerdings den auf Grube Walters Hoffnung bei
                              									Stedten erzeugten Theer, jährlich 50000 bis 60000 Doppelcentner.
                           Entstanden gegen Ende des vorigen Jahrzehnts, hat die Fabrik seit 1883 wesentliche
                              									Um- und Neubauten erfahren.
                           Ursprünglich wie Reussen nur zur Erzeugung von Gasöl bestimmt, sonstige Oele und
                              									namentlich die Paraffine als Halbfabrikate an Webau abgebend, arbeitet sie jetzt
                              									obengenannte Theermenge völlig auf und nimmt im Kerzenbetriebe noch fremdes Paraffin
                              									als Rohstoff auf. Das gesammte Fabrikareal beträgt 1ha,60 mit acht Betriebsgebäuden ohne Kesselhaus, welches dem gesammten
                              									Betriebe Kupferhammer gemeinschaftlich ist, also den Betriebsgebäuden der
                              									Mineralölfabrik nicht zugezählt werden darf. Parallel mit dem Bahnstrange, mit
                              									eigenem Ladegeleise, liegt der 49m lange
                              									Verladeschuppen der Fabrik, auf dessen Laderampen die Abfüllleitungen mehrerer
                              									Oelreservoirs münden.
                              									Zwischen Ladeschuppen und dem Hauptgebäude der Fabrik ist der „Oelhof“
                              									gelegen. Hier befinden sich zwei Intze'sche Reservoirs
                              									zu 500cbm Inhalt, also von gleicher Gröſse wie die
                              									in Webau und Reussen befindlichen, mehrere kleinere Reservoirs, sowie die
                              									Wasserstation der Fabrik, welche täglich 1500cbm
                              									Kühlwasser zu liefern hat.
                           Der tägliche Feuerkohlenverbrauch (Dampfkesselbedarf ausgeschlossen) beträgt etwa
                              										220hl, es sind 24 Betriebsmaschinen und zwei
                              									Gasometer in Thätigkeit.
                           Die sechs Bassinwagen der Gesellschaft für den Transport von Gasöl sind hier
                              									stationirt. Leider hat der Verkehr in Gasöl mittels Bassinwagen noch nicht diejenige
                              									Ausdehnung gewonnen, welche dieses für alle Betheiligten angenehme und praktische
                              									Transportverfahren verdient, doch ist von Jahr zu Jahr ein langsam wachsendes
                              									Interesse der Consumenten am Bassinwagenverkehr zu constatiren und bleibt die
                              									fernere Ausdehnung desselben zu erhoffen.
                           Zur Aufspeicherung von Oelen aller Art hat die Fabrik in Reservoiren und Erdbassins
                              									Raum für etwa 2600cbm = 23000 Doppelcentner,
                              									beschäftigt sind durchschnittlich fünf Beamte und gegen 100 Arbeiter. Die
                              									Aufarbeitungsmethode weicht von der in Webau üblichen wenig ab, der zur Verarbeitung
                              									gelangende Theer ist geringer bis mittlerer Qualität (spec. Gew. 0,880) und zeichnet
                              									sich besonders durch hohen Kohlenstoff- (Koks-), gelegentlich höheren Schwefel-,
                              									höheren Kreosot- und höheren Hartparaffingehalt aus, bei geringer Ausbeute an
                              									Leuchtöl und Weichparaffin.
                           Es wird hauptsächlich Gasöl erzeugt, die lohnende Herstellung von Putz- und Fettölen
                              									erscheint, durch die Beschaffenheit des Rohtheers bedingt, unmöglich, das Paraffin
                              									resultirt zum gröſsten Theil als Kerzenparaffin, wenig Weichparaffin wird als
                              									Halbfabrikat nach Webau überführt.
                           Wie oben bereits erwähnt, ist mit der Fabrik eine Oelgasanstalt verbunden, welche die
                              									gesammte Anlage auf dem Kupferhammer beleuchtet (5 Regenerativbrenner, 300
                              									Flammen).
                           Die Jahresproduction beläuft sich auf etwa 35000cbm.Eine zweite
                                    											Gasanstalt besitzt die Gesellschaft in Luckenau, zur Beleuchtung der Gruben-
                                    											und Fabrikanlagen der Grube Paul, sowie des Bahnhofes Luckenau.
                              									Die Oelgasbereitung hat in den letzten Jahrzehnten immer gröſsere Ausdehnung
                              									gewonnen. Das Paraffinöl-(Fett-)gas ist dem Leuchtgas bekanntlich in Folge seines
                              									hohen Aethylengehalts an Leuchtkraft um das Vierfache überlegen, die Anlagekosten
                              									einer Oelgasanstalt sind wesentlich niedriger als die einer Steinkohlengasanstalt,
                              									die Bedienung auch einfacher, alles Gründe, welchen mit dem erhöhten
                              									Lichtbedürfnisse unserer Zeitgenossen die Verbreitung des Oelgases zugeschrieben
                              									werden darf.
                           Auch hat die durch Pintsch durchgeführte Anwendung des
                              									comprimirten Oelgases zur Beleuchtung von Eisenbahnen, Leuchtthürmen, Leuchtbojen
                              									der Oelgasbereitung Ausdehnung verschafft. Die sich bei der Vergasung abspielenden
                              									Vorgänge sind jedoch nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat,
                              									und namentlich ist die groſse Verschiedenheit in der Bauart der Oelgasöfen- bezieh.
                              									Retorten dem Oelproducenten oft beschwerlich; herrschen doch bei den Consumenten
                              									über den Vergasungswerth einzelner Oelsorten die widersprechendsten Meinungen, auch
                              									sind die verschiedensten Vergasungsmethoden in Anwendung. Die Gasanstalt in
                              									Ober-Röblingen wurde daher dazu bestimmt, durch Prüfung der in den drei Fabriken der
                              									Gesellschaft hergestellten Gasöle die Einwirkung der verschiedenen
                              									Fabrikationsmethoden auf den Vergasungswerth der Oele festzustellen und diejenigen
                              									Bedingungen bei der Oelfabrikation wie bei der Oelgasfabrikation zu studiren, welche
                              									eine Erhöhung des Vergasungswerthes ermöglichen. Die Anstalt wurde 1884 von Suckow (Breslau) erbaut und hat zwei Oefen mit
                              									stehenden Retorten, als Heizmaterial dient vornehmlich der bei der
                              									Theerrückstandsdestillation erhaltene Koks.
                           
                        
                           
                           Uebersicht der Production und des Absatzes der A. Riebeck'schen Montanwerke Actiengesellschaft.
                           
                              
                                 In denJahren
                                 Feuerkohlen
                                 Schweel-kohle
                                 Summa
                                 Briketts
                                 Nass-preſssteine
                                 Theer
                                 Koks
                                 Paraffin
                                 Kerzen
                                 
                              
                                 
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                                 1882/83
                                 13491985
                                 4826313
                                 13318298
                                 2952852
                                 50523
                                 462189
                                 1229280
                                 65385
                                 69500
                                 
                              
                                 1883/84
                                 14317274
                                 5558482
                                 19875756
                                 3106446
                                 31981
                                 483176
                                 1484041
                                 76710
                                 70210
                                 
                              
                                 1884/85
                                 15050966
                                 5623181
                                 20674147
                                 2954480
                                 34236
                                 507936
                                 1911305
                                 70680
                                 73526
                                 
                              
                                 1885/86
                                 14371083
                                 5560897
                                 19931980
                                 3384184
                                 39605
                                 495091
                                 1945265
                                 64032
                                 63942
                                 
                              
                                 1886/87
                                 14723507
                                 5273872
                                 19997379
                                 3774529
                                 38766
                                 476045
                                 2190599
                                 69178
                                 73590
                                 
                              
                                 1887/88
                                 14547879
                                 5103064
                                 19650943
                                 3698384
                                 38000
                                 485250
                                 2394051
                                 69918
                                 86944
                                 
                              
                                 1888/89
                                 16869792
                                 5060533
                                 21930325
                                 3974126
                                 66135
                                 473183
                                 2680863
                                 73382
                                 85078
                                 
                              
                            
                           
                              
                                 In denJahren
                                 
                                    Von den geförderten
                                       												Kohlen wurden
                                    
                                 
                              
                                 
                                    selbst verbraucht
                                       												für
                                    
                                 Verkauft
                                 
                              
                                 denGrubenbetrieb
                                 denSchweelerei-betrieb
                                 dieBrikett-fabrikation
                                 dieNaſspreſsstein-fabrikation
                                 die Ziegeleien
                                 die Mineralöl-fabriken
                                 Nebenbetriebe,Deputate u.s.w.
                                 
                              
                                 
                                 hl
                                 hl
                                 hl
                                 hl
                                 hl
                                 hl
                                 hl
                                 hl
                                 
                              
                                 1883/84
                                   980523
                                 9071612
                                 5604142
                                   904360
                                 50836
                                 819306
                                   57286
                                 2387691
                                 
                              
                                 1884/85
                                   887426
                                 9336395
                                 5340530
                                   899683
                                 43618
                                 807542
                                 116092
                                 3242861
                                 
                              
                                 1885/86
                                   892826
                                 9132500
                                 6042593
                                 1056382
                                 37745
                                 879718
                                   18124
                                 1872092
                                 
                              
                                 1886/87
                                   813904
                                 9035801
                                 6657128
                                 1058578
                                 27545
                                 926805
                                 131496
                                 1728919
                                 
                              
                                 1887/88
                                   856865
                                 8771505
                                 6661652
                                 1061349
                                 31476
                                 895218
                                 386109
                                 1466710
                                 
                              
                                 1888/89
                                 1015310
                                 8743015
                                 7053037
                                 1848663
                                 16422
                                 969236
                                 374814
                                 2578298
                                 
                              
                           
                           Von den im Laufe der Jahre hier angestellten Untersuchungen sei folgendes
                              									erwähnt:
                           Dem Vorschlage Hirzel's entsprechend wurde ein
                              										„Normalparaffinöl“ bei der Bewerthung des Gasöls zu Grunde gelegt. Als
                              									solches wird ein Oel angesehen, das aus 100k eine
                              									Ausbeute von wenigstens 60cbm eines Leuchtgases
                              									gibt, das, bei 35l Consum in der Stunde, 7,5
                              									deutsche Normalkerzen Lichtstärke, also einen Lichtwerth von 12857 hat. Es gelangen
                              									viele Gasöle in den Handel, welche qualitativ nach unten oder oben von dieser Zahl
                              									abweichen. Es gibt solche, die 20 Proc. schlechter und solche, die 40, ja 50 Proc.
                              									besser sind als das Normalparaffinöl. Kann man im Ganzen und Groſsen auch annehmen,
                              									daſs eine Vergröſserung der Ausbeute nur auf Kosten der Lichtstärke und umgekehrt
                              									stattfinden kann, so ist dies doch, wie RosenthalJahresbericht des
                                          													Techniker-Vereins der sächsisch-thüringischen
                                          													Mineralölindustrie, 1887. constatirt hat, nur
                              									bedingt und begrenzt möglich. Namentlich wurde in der erwähnten Arbeit der Beweis
                              									erbracht, daſs das Mischen verschiedener Gasöle zur Erzielung einer bestimmten Farbe
                              									oder eines bestimmten specifischen Gewichtes, wie es auf Wunsch vieler Consumenten
                              									öfter geschehen muſs, in den meisten Fällen sehr bedenklich hinsichtlich des
                              									erzielten Vergasungswerthes ist.
                           So wurde ein Gasöl, das 36,8 Proc. höher als das Normalgasöl bewerthet werden konnte,
                              									durch Zusatz eines hellen Oeles vom Werthe des Normalgasöls in seinem
                              									Vergasungswerthe um etwa 11,5 Proc. unter den des Normalöls herabgedrückt. Die
                              									Zersetzungstemperaturen der Componenten eines Gasöls dürfen nicht so weit aus
                              									einander liegen, daſs bei der des einen das aus dem anderen erzeugte Gas schon
                              									wieder secundäre Zersetzungen erleidet. Temperatur und Druck sind namentlich auch
                              									wichtig für die schwefelhaltigen Bestandtheile des Gasöls bezieh. des Oelgases.
                           
                              
                              Fig. 9., Bd. 277, S. 472
                              
                           Wenn die Gasöle bei ihrer Darstellung in groſse Mengen zusammengefaſst werden, so
                              									kann man auf constante Schwefelzahlen rechnen, während ohne diese Maſsregel leicht
                              									erhebliche Abweichungen von der Norm vorkommen.
                           Als normaler Schwefelgehalt im Gasöl ist ein solcher von 1,5 bis 2 Proc. zu
                              									betrachten. Die Ober-Röblinger Gasöle zeigen in der Regel 1,8 Proc. Die
                              									verschiedenen Gasanstalten erhalten jedoch aus diesem Gasöl mit annähernd constantem
                              									Gas mit sehr wechselndem Schwefelgehalte. Nach den Ober-Röblinger Versuchen hat dies
                              									wesentlich seinen Grund in den verschiedenen Vergasungsmethoden. Wird namentlich
                              									eine möglichst hohe quantitative Ausbeute angestrebt und mit hoher Temperatur
                              									gearbeitet, so wird der Schwefel des Gasöls nur zu geringerem Theile zu
                              									Schwefelwasserstoff und tritt in anderer Form auf. Nun ist das Reinigungsverfahren
                              									lediglich auf Schwefel als Schwefelwasserstoff gegründet, erweist sich also für die
                              									entstandenen geschwefelten Kohlenwasserstoffe völlig wirkungslos, deren
                              										Verbrennungsproduct
                              									(schweflige Säure) sich dann im Leuchtgas unliebsam bemerklich macht. Der
                              									Gasproducent klagt dann über „hohen Schwefelgehalt des Gasöls“. Es ist bei
                              									dieser Gelegenheit constatirt, unter Zugrundelegung immer ein und desselben Oeles,
                              									daſs bei sehr hoher Temperatur überhaupt kein Schwefelwasserstoff gebildet wird.
                           Der in anderer Form als Schwefelwasserstoff im Gas auftretende Schwefel ist auch in
                              									der Leuchtgasfabrikation aus Steinkohlen Gegenstand eingehender Untersuchung gewesen
                              									und ist das oben für Oelgas Festgestellte für Steinkohlengas längst bekannt.Schilling, Handbuch für
                                       												Gasbeleuchtung, S. 174. D. p. J., 1888
                                    												268 173. Lewis
                                       												Wright, Studien über Kohlendestillation
                           Zwecks Entfernung dieser Schwefelverbindungen sind verschiedene Mittel in Vorschlag
                              									gebracht worden; einen durchschlagenden Erfolg hat keines zu verzeichnen. (Lacey empfiehlt z.B. Schwefelkalium; Meymott. Tidy nennt als einziges Mittel, sich mit geringer
                              									Gasausbeute zu begnügen und bei der Vergasung mit nicht zu hoher Temperatur zu
                              									arbeiten.)
                           Die Einwirkung verschiedener Operationen bei der Gasölfabrikation ist ebenfalls
                              									mehrfach hier untersucht worden. So constatirte RosenthalJahresbericht des Techniker-Vereins der
                                          													sächsisch-thüringischen Mineralölindustrie,
                                       										1887. den Einfluſs der Behandlung von Gasölen mit Schwefelsäure
                              									auf ihren Vergasungswerth. Ein der Fabrik Reussen entstammendes Oel (schweres
                              									dunkles Paraffinöl 0,905), welches einen Lichtwerth von 10963, also 14,8 Proc.
                              									niedriger als Hirzel's Normalölhatte, wurde nach seiner
                              									Behandlung mit 5 Proc. Schwefelsäure mit einem Lichtwerthe von 13588, also 5,7 Proc.
                              									höher als das Normalöl befunden, im Ganzen also um 20,5 Proc. im Vergasungswerthe
                              									aufgebessert. Auch der Einfluſs der verschiedenen Destillationsmethoden auf den
                              									Vergasungswerth der Oele ist studirt wordenScheithauer, Ueber den Vergasungswerth
                                       												druckdestillirter Oele, im Jahresbericht
                                       												des Techniker-Vereins der sächsisch-thüringischen
                                       												Mineralölindustrie, 1889. und konnte im Allgemeinen
                              									festgestellt werden, daſs Behandlung mit Chemikalien den Vergasungswerth energischer
                              									hebt als die Destillation, welche neben höherwerthigen auch ihrem Vergasungswerthe
                              									nach völlig unbrauchbare Antheile liefert. Die Untersuchungen werden auch auf den
                              									bei der Vergasung resultirenden, qualitativ sehr wechselnden Theer ausgedehnt.
                           Als eine Folge dieser Untersuchungen und Arbeiten können wir es betrachten, daſs sich
                              									unsere Ober-Röblinger Oele in ihrem Vergasungswerthe durchschnittlich von Jahr zu
                              									Jahr gehoben haben.
                           
                              Jahresdurchschnitt:
                              
                           
                              
                                 1885:1886:1887:1888:
                                 48,4cbm50,755,554,3
                                 p.„„„
                                 Proc.„„„
                                 kkkk
                                 Oel„„„
                                 9,09,29,29,6
                                 Kerzen„„„
                                 bei 35l Consum
                                    											inder Stunde
                                 
                              
                           
                           Die vorstehenden Beschreibungen lassen unschwer erkennen, wie sich die Riebeck'schen Werke aus kleinen Anlangen heraus stetig
                              									und auch nach dem Tode ihres Begründers unter der Leitung tüchtiger Kräfte zu ihrer
                              									jetzigen Bedeutung emporgeschwungen haben.
                           Für den Zeitraum 1882 bis 1889 beweist dies auch die von Krey am Schlusse seiner Schrift gegebene Uebersicht der Production und des
                              									Absatzes der Riebeck'schen Montanwerke, welche auf S.
                              									471 steht.