| Titel: | Neuere Ofeneinrichtungen der Actiengesellschaft für Glasindustrie, vorm. Friedr. Siemens in Dresden. | 
| Autor: | Friedr. Siemens, W. K. | 
| Fundstelle: | Band 277, Jahrgang 1890, S. 577 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Neuere Ofeneinrichtungen der Actiengesellschaft
                           								für Glasindustrie, vorm. Friedr. Siemens in Dresden.
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									30.
                        Neuere Ofeneinrichtungen der Actiengesellschaft für
                           								Glasindustrie.
                        
                     
                        
                           Zwei lothrechte, neben einander liegende Brennschächte Sch1 und Sch2 (Fig. 1 und 2) münden oben in eine
                              									gemeinsame Brennkammer B, in welcher die Verbrennung
                              									des zwischen beiden Schächten im Gaskanale g
                              									zugeführten Heizgases in vollkommenster Weise erfolgen kann. In diese Brennkammer
                              									münden auch die Aufgabethüren A1
                              									A2 für frisches
                              									Brenngut (Kalk, Granit, Cement) ein. Das gare Brenngut wird durch die am unteren
                              									Ende der Schächte befindlichen Abzugsthüren Z1
                              									Z2 abgezogen.
                           Auf gleicher Höhe mit denselben sind die Kanäle K1
                              									K2 angeordnet, welche
                              									abwechselnd Brennluft zu- oder Verbrennungsgase durch eine Wechselklappe W (Fig. 3) abführen, welche
                              									die entsprechende Verbindung des einen Schachtes mit der Auſsenluft – also die
                              									Zuführung der Verbrennungsluft – und des anderen mit der Abzugsesse E – also Abführung der Verbrennungsgase – in geeigneter
                              									Weise vermittelt. Die Vorgänge bei dem Betriebe eines solchen Zwillings-Schachtofens
                              									verlaufen folgendermaſsen: Angenommen, der Ofen sei regelmäſsig beschickt, die
                              									zuletzt aufgegebene Beschickung befindet sich im Schachte Sch1 und Aufgabe-, sowie Abzugsthüren
                              									seien geschlossen, so wird die Brennluft, durch die Wechselklappe W eintretend, durch die Kanäle K1 nach dem Schachte Sch1 strömen, hier im
                              									heiſsen Brenngute aufsteigen, dieses abkühlen, sich selbst aber erhitzen und in der
                              									Brennkammer B mit dem durch den Gaskanal g zuströmenden Brenngase die Heizflamme entwickeln.
                              									Diese wird durch die mittels eines Essenschiebers regelbare Zugwirkung der Esse E nach dem Schachte Sch2 abgezogen. Die heiſsen Verbrennungsgase bewirken,
                              									abwärts sich bewegend, den Garbrand des Brenngutes, kühlen sich dabei ab, verlassen
                              									den Schacht Sch2 durch
                              									die Kanäle K2 und
                              									gelangen durch die Wechselklappe W nach dem
                              									Schornsteine E. Es würde nun nach dem Garbrande der
                              									Beschickung des Schachtes Sch2 die Abzugsthür Z1 geöffnet und fertiges Brenngut ausgezogen. Während des Ziehens würde die
                              									Brennluft auf dem kürzesten Wege, nämlich durch die Thüre Z1, also nicht durch die Wechselklappe W, einströmen, immerhin aber den richtigen Weg durch
                              									den Schacht Sch1
                              									aufwärts nehmen. Nach vollendetem Ziehen würde die Beschickung von Sch1 durch A1 zu erfolgen haben.
                              									Wenn das Feuer durch Sch2 abzieht, so würde, bei übrigens unveränderter Stellung des
                              									Essenschiebers und der Wechselklappe, bei dem Oeffnen von A1 ein Austreten von heiſser, in Sch1 aufsteigender Luft
                              									stattfinden, das aber verhindert werden kann durch Schlieſsung des Luftzutrittes zur
                              									Wechselklappe W, so lange die Thüre A1 geöffnet bleibt.
                              									Wird der Luftzutritt zu
                              										W abgeschlossen, so erfolgt ein Einziehen von Luft
                              									durch A1, welche die Verbrennung des Gases in B bewirkt. Die Flamme und die Verbrennungsgase ziehen
                              									in gleicher Richtung durch Sch2 abwärts, wie vorher. Mit Schluſs von A1 und Oeffnung der
                              									Luftzuströmung zu W kommt der Ofen wieder in denjenigen
                              									Zustand, von welchem bei Beschreibung der Vorgänge während des Betriebes ausgegangen
                              									ist. Mit Umlegen der Wechselklappe kehren sich die Vorgänge im Ofen in bekannter
                              									Weise um. Es ist nicht ausgeschlossen, daſs man mehrere solche Zwillings-Schachtöfen
                              									durch Vermittelung nur einer Wechselklappe und eines Schornsteines betreibt oder
                              									dieselben unter den oben genannten Verhältnissen zu einem Ofen mit gemeinsamem
                              									Flammenentwickelungsraume vereinigt (vgl. D. R. P. Nr. 52207 vom 29. Oktober
                              									1889).
                           Die Hauptvortheile dieses ununterbrochen arbeitenden Zwillingschachtofens mit
                              									Regenerativgasfeuerung und Friedr. Siemens'scher freier
                              									Flammenentfaltung sollen hauptsächlich in gleichmäſsiger Beschaffenheit des garen
                              									Brenngutes liegen, da durch die abwärts gerichtete Heizflamme und die Vorwärmung der
                              									aufwärts strömenden Brennluft sehr hohe Temperaturen erzeugt werden können.
                           Eine andere Ofeneinrichtung (D. R. P. Nr. 50917 vom 3. September 1889), bei welcher
                              									ebenfalls das sogen. Friedr. Siemens'sche Heizverfahren
                              									mit freier Flammenentfaltung zur Anwendung kommt, ist in den Fig. 4 und 5 zur Darstellung
                              									gebracht. Es ist ein Zinkdestillirofen belgischer Art mit Siemens'scher Regenerativgasfeuerung. Die Destillirrohre D1
                              									D2 sind in von einander
                              									getrennten Gruppen angeordnet. Zwischen denselben befinden sich, in der Ofensohle
                              									liegend, die Gas- und Luftfüchse g und l, auf der entgegengesetzten Ofenseite die Abzüge. Es
                              									kann sich die Verbrennung, unbehindert durch feste Körper, in einem freien Raume in
                              									vollkommenster Weise vollziehen. Die senkrechte Flammenbahn liegt also in dem freien
                              									Raume zwischen den einzelnen Rohrgruppen G1
                              									G2
                              									G3....
                           Die Feuerung kann auch mit constanter Flamme, also ohne Zugwechsel erfolgen, nur
                              									müssen dann in der Gruppirung der Rohre diejenigen Aenderungen gegenüber der
                              									dargestellten Ausführungsform getroffen werden, welche der jeweiligen Entwickelung,
                              									Form und Bahn der Heizflamme angemessene Räume zu vollständiger Verbrennung
                              									freilassen.
                           Auch für direkte Befeuerung von Zinköfen belgischer Art mit festem Brennstoffe werden
                              									durch eine solche Gruppirung der Rohre Vortheile zu erzielen sein, um so mehr, als
                              									in diesem Falle die Zugverhältnisse ungünstigere, zur Bildung von Stichflamme
                              									leichter Veranlassung gebende sind, als bei Gasfeuerung.
                           Bei den jetzt in Gebrauch befindlichen Glühöfen werden durch die
                              									Bewegungsmechanismen, welche nothwendiger Weise auch, in dem heiſsesten Theile des Ofens
                              									vorhanden sein müssen, Uebelstände hervorgerufen. Dieselben bestehen vorzugsweise in
                              									erheblichen Wärmeverlusten, welche durch die mit aufzuheizenden todten Massen des
                              									Transportmittels bedingt werden, sodann auch in der Bewegung eines gegenüber dem
                              									Gewichte des Glühgutes zumeist sehr beträchtlichen todten Gewichtes und in der
                              									schnellen Abnutzung der die Bewegung der Glühgefäſse vermittelnden Mechanismen. Die
                              									Beseitigung wird nach dem D. R. P. Nr. 52862, welches vom 11. November 1889 ab
                              									gültig ist, dadurch erreicht, daſs die Glühgefäſse in eine Form gebracht werden,
                              									welche deren selbsthätiges, durch die Schwerkraft bewirktes Abrollen auf der geneigten Ofensohle gestattet. Der Ofen selbst (Fig. 6 und 7) bildet einen
                              									langen, geradlinigen Kanal mit geneigter Sohle E, an
                              									deren oberem oder hohem Ende die Aufgabestelle A für
                              									die gefüllten Glühtöpfe G1
                              									G2...., auf deren
                              									unterem oder niederem Ende die Entleerungsstellen N
                              									sich befinden.
                           Der Aufgabestelle zunächst liegt die Feuerung, welche durch die aus den
                              									Flammenfüchsen F austretenden Heizflammen die
                              									erforderliche Erhitzung bewirkt. An die Feuerung schlieſst sich der Kühlkanal, in
                              									welchem die langsame Abkühlung der Glühgefäſse und ihres Inhaltes sich vollzieht, so
                              									daſs dieselben, an der Entleerungsstelle genügend abgekühlt, dem Ofen entnommen
                              									werden können. Für den dargestellten Ofen ist Gasfeuerung gewählt worden. Die
                              									Gasflamme bildet sich also in den Flammenfüchsen F1
                              									F2..., wo das Heizgas
                              									mit der Brennluft, welche man z.B. auch an den zu kühlenden Glühgefäſsen vorwärmen
                              									könnte, zusammentrifft. Den Abzug der Verbrennungsgase vermittelt der mit einem
                              									Schornsteine verbundene Essenkanal Sch, dessen Abzüge
                              									man entsprechend den jeweiligen Anforderungen, welche hinsichtlich schnellerer oder
                              									langsamerer Anwärmung und Abkühlung gestellt werden, in dem Kanäle vertheilt. Auch
                              									kann die Vertheilung der Wärme in der Längsrichtung des Ofens durch aufgehängte
                              									pendelnde Bleche P im Kanäle je nach Bedürfniſs wirksam
                              									beeinfluſst werden. Die Glühtöpfe G1
                              									G2... selbst sind als
                              									Kreiscylinder ausgeführt und rollen auf der geneigten Ofensohle E nach abwärts. In dieser letzteren ist eine Aussparung
                              									vorgesehen, in welche die Schornsteinabzüge münden und welche eine ausgiebigere
                              									Rundbewegung der Heizgase um die Glühgefäſse zuläſst. Es lassen sich eine ganze
                              									Reihe von Abrollungs- bezieh. Führungsarten construiren, je nach der gegenseitigen
                              									Gestaltung der Abwickelungsfläche auf dem Glühgefäſse und dem Profile der Herdsohle.
                              									Hat man aus gewissen Rücksichten eckige Glühgefäſse zu verwenden, so können
                              									dieselben mit kreisrunden Laufflächen versehen werden, entweder fest an dem
                              									Glühgefäſse angebracht oder nur für die Dauer des Ofendurchganges aufgesteckt.
                              									Letztere Art der Ausbildung der Glühgefäſse würde auch ein Richten solcher
                              									Laufringe, im Falle ein Verziehen derselben im Ofen stattgefunden hat,
                              									ermöglichen.
                           
                           Durch die Anwendung der Friedr. Siemens'schen freien
                              									Flammenentfaltung kann die Heizung des Ofens mit Gas in sachgemäſsester Weise und
                              									unter gröſstmöglicher Schonung der Glühgefäſse bewirkt werden.
                           Der Verschluſs der Aufgabe- und Entnahmestellen wird durch dichtschlieſsende eiserne
                              									Thüren bewirkt. Die Entnahmestelle ist derart eingerichtet, daſs das letzte oder die
                              									beiden letzten Gefäſse an eine in entgegengesetzter Richtung und steiler als die
                              									Ofensohle ansteigende schiefe Ebene (Fig. 6) sich stützen. Wenn
                              									nun das letzte Gefäſs herausgehoben wird, so findet ein selbsthätiges Nachrollen der
                              									im Ofen befindlichen Glühgefäſse statt, und ein Platz an der Aufgabestelle für ein
                              									frisch einzubringendes Glühgefäſs wird frei.
                           
                              
                                 W. K.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
