| Titel: | Lüftungsanlagen im Anschluss an die gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser letzteren. | 
| Autor: | F. H. Haase | 
| Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 176 | 
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                        Lüftungsanlagen im Anschluss an die
                           								gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser
                           								letzteren.
                        (Eine Artikelfolge von F. H. Haase, gepr.
                           								Civilingenieur, Patentanwalt in Berlin.)
                        (Fortsetzung des Berichtes Bd. 279 S.
                           								225).
                        Mit Abbildungen.
                        Lüftungsanlagen im Anschluss an die gebräuchlichen
                           								Heizungssysteme.
                        
                     
                        
                           VII. Allgemeine Betrachtungen über Luftfeuchtigkeit.
                           Um Wasserdampf, der leichter ist als atmosphärische Luft, aus einem Raume zu
                              									entfernen, bedarf man nur eines einfachen, genügend weiten Abzuges, welcher zur
                              									Erzeugungsstelle des Dampfes so gelegen und so gerichtet ist, dass der Dampf nicht
                              									gehindert ist, seinem natürlichen Bewegungsbestreben (in ansteigender Richtung) auf
                              									kürzestem Wege Folge zu geben, ohne sich hierbei in einem, seine Temperatur
                              									wesentlich beeinträchtigenden Grade mit der kühleren Luft im Raume selbst zu
                              									mischen. Wenn dagegen der Abzug ungenügende Weite (ungenügenden lichten Querschnitt)
                              									hat oder derart gelegen ist, dass der Dampf theils wegen Anprallens an Hindernissen,
                              									theils wegen allzureichlichen Mischens mit der kühleren Raumluft auf seinem Wege in
                              									mehr oder weniger erheblichem Grade abkühlt, so genügt der Abzug allein nicht mehr,
                              									eine Condensirung im Raume zu verhüten, und es tritt dann nicht nur eine
                              									unerwünschte Erhöhung der Raumluftfeuchtigkeit, sondern mit der Zeit auch selbst
                              									eine Durchfeuchtung der Umfassungswände ein, sofern die mit dem Reste des Dampfes
                              									durch den Abzug entweichende Luft nicht befähigt ist, so viel Wasser in sich selbst
                              									aufzunehmen, als sich während der Zeit ihres Entweichens anderenfalls im Raume
                              									niederschlagen würde.
                           Was von dem an einer bestimmten Stelle des Raumes entwickelten Wasserdampfe gilt,
                              									gilt auch von anderen Feuchtigkeitsentwickelungen, die man gemeinhin als
                              									Dunstentwickelungen oder Dunstausscheidungen zu bezeichnen pflegt. Während man aber
                              									für den an einer bestimmten Stelle erzeugten, höher temperirten Wasserdampf immer
                              									Abzüge anordnen kann, die für sich allein genügende Abführung desselben
                              									gewährleisten, ist man bei dem, was man gemeinhin als Dünste zu bezeichnen pflegt,
                              									nur selten in der Lage, den erwünschten Erfolg durch Anordnung einfacher Abzüge zu
                              									sichern.
                           Es entsteht nun die Frage, ob es denn überhaupt immer und auf welche Weise es jeweils
                              									möglich ist, die in einem Raume entwichenen Dünste durch
                                 										Luftwechsel zu beseitigen.
                           Die Erörterung dieser Frage erfordert gesonderte Betrachtung von zwei wesentlich
                              									verschiedenen Fällen, nämlich
                           1) desjenigen Falles, in welchem die zur Verfügung stehende Luft ohne weiteres
                              									befähigt ist, Wasserdunst in erwünschtem Grade in sich aufzunehmen, und
                           2) desjenigen Falles, in welchem nur Luft von höherem Sättigungsgrade zur Verfügung
                              									steht, als er für die Beschränkung der Raumluftfeuchtigkeit auf einen bestimmten
                              									Grad erforderlich ist.
                           Wenn die zur Verfügung stehende Luft ohne weiteres befähigt ist, Wasserdunst in
                              									erwünschtem Grade in sich aufzunehmen, so lässt sich die im Raume entwickelte
                              									Wasserdunstmenge jeweils in dem Masse ihrer Entwickelung durch einen einfachen
                              									Luftwechsel entfernen, dessen Betrag nach dem Sättigungsgrad der in den Raum
                              									einströmenden Luft und demjenigen Sättigungsgrad zu bemessen ist, welchen die Luft
                              									unter den gegebenen Verhältnissen leicht anzunehmen vermag.
                           Ist s1 der
                              									Sättigungsgrad der äusseren Luft, s2 der unter Zuhilfenahme der betreffenden
                              									Schaulinien (Fig. 20 u. ff.) zu ermittelnde
                              									Sättigungsgrad, den die äussere Luft mit der Raumtemperatur annimmt, wenn sie weder
                              									Wasserdunst aufnimmt, noch Wasser niederschlägt, und s3 derjenige Sättigungsgrad, den die Luft
                              									beim Durchstreichen des im Raume entwickelten Wasserdunstes leicht annimmt, und
                              									bezeichnet ferner W die stündlich im Raume erzeugte
                              									Wasserdunstmenge in Cubikmetern, lw die zur Entfernung dieser Wasserdunstmenge
                              									stündlich erforderliche Luftwechselmenge (ebenfalls in Cubikmetern), t1 die Aussentemperatur
                              									und t2 die
                              									Raumtemperatur (beide Temperaturen in Celsius-Graden), so ist
                           
                              l_w\,\frac{1+0,00367\,t_2}{1+0,00367\,t_1}\,(s_3-s_2)=W\
                                 										cbm.
                              
                           Ist die Wasserdunstmenge in Kilo gegeben, so hat man nur zu beachten, dass 1 cbm Luft
                              									von t2° C. unter
                              									atmosphärischem Drucke \frac{1,2932}{1+0,00367\,t_2}\,k wiegt und
                              									dass demnach die linke Seite des vorstehenden Ausdruckes nur mit diesem
                              									Quotienten zu multipliciren ist, um einen correcten Ausdruck für die in Kilo
                              									angegebene Wasserdunstmenge zu ergeben. Bezeichnet man demnach diese letztere mit
                              										w, so erhält man
                           
                              l_w\,\frac{1,2932}{1+0,00367\,t_1}\,(s_3-s_2)=w\,k
                              
                           und somit
                           l_w=\frac{w\,(1+0,00367\,t_1)}{1,2932\,(s_3-s_2)} . . . . .
                              									. . . . . (12)
                           Die Erfahrung lehrt nun, dass Luft, welche sich mit geringer Geschwindigkeit mitten
                              									durch eine Wasserdunstsphäre hindurch bewegt, immer befähigt ist, bis zu 70 Proc.
                              									ihrer vollständigen Sättigung an Wasserdunst in sich aufzunehmen, dass man aber in
                              									gelüfteten Räumen, die nicht aus besonderen Gründen aussergewöhnlich feuchte Luft
                              									haben müssen (wie beispielsweise Spinnerei- und Webereiräume), zweckmässiger Weise
                              									im Winter für Luft zu sorgen hat, die nicht über 60 Proc. gesättigt ist, wiewohl
                              									man, im Sommer unter Umständen bis zu 70procentiger Sättigung zulassen kann. Demnach
                              									dürfte es sich empfehlen, für die Bestimmung der zur Dunstabführung stündlich
                              									erforderlichen Luftmenge lw allgemein s3 = 0,6 in Rechnung zu setzen und demnach
                              									dem Ausdrucke (12) die bestimmtere Form:
                           l_w=\frac{w\,(1+0,00367\,t_1)}{1,2932\,(0,6-s_2)} . . . . .
                              									. . . . . (12a)
                           zu geben.
                           Wenn man für eine bestimmte Raumtemperatur die den verschiedenen möglichen
                              									Temperaturen t1 und
                              									Sättigungsgraden s1 der
                              									Aussenluft entsprechenden Sättigungsgrade s2 der auf die Raumtemperatur gebrachten Frischluft
                              									(mit Hilfe der Fig. 15) ermittelt und dazu nach
                              									Gleichung (12) die auf w = 1 k Wasserdunst entfallenden
                              									Luftmengen lw
                              									berechnet, diese sodann als Abscissen und die zugehörigen Aussenlufttemperaturen t1 als Ordinaten eines
                              									Coordinatensystems aufträgt und von den auf solche Weise bestimmten Systempunkten
                              									die, je einem und demselben Sättigungsgrade der Aussenluft entsprechenden
                              									folgerichtig verbindet, so erhält man eine Reihe von Curven, welche klar erkennen
                              									lassen, inwieweit es möglich ist, ohne besondere Hilfsmittel, allein vermöge
                              									einfachen Luftwechsels, in einem Raume, in dem stündlich eine gewisse
                              									Wasserdunstmenge erzeugt wird, einen erwünschten Sättigungsgrad der Raumluft (s3) einzuhalten.
                           Fig. 20 veranschaulicht die auf solche Weise für 60
                              									Proc. Sättigung (s3 =
                              									0,6) der Raumluft und eine Raumlufttemperatur t2 = 20° C. ermittelten 40, 50, 60, 70 und 100 Proc.
                              									vollständiger Sättigung der Aussenluft entsprechenden Curven.
                           Dieselben lassen erkennen, dass bei niedriger Aussenlufttemperatur bis zu + 5° C. die
                              									Einhaltung 60procentiger Sättigung der Raumluft immer durch einfachen Luftwechsel
                              									erwirkt werden kann und dass dazu selbst dann, wenn die Aussenluft vollständig
                              									gesättigt ist, was, wie schon früher erwähnt, kaum jemals vorkommt, im höchsten
                              									Falle (bei + 5° C.) ein Luftwechsel von 4 cbm für je 1 k im Raume erzeugten
                              									Wasserdunstes erforderlich ist. Steigt dagegen die Aussenlufttemperatur über +8° C.,
                              									so ist für die Dauer vollständiger Sättigung der Aussenluft die Möglichkeit, die
                              									Raumluftfeuchtigkeit durch einfachen Luftwechsel auf 60procentiger Sättigung
                              									beschränkt zu halten, als vollständig ausgeschlossen zu bezeichnen, da für + 11° C.
                              										Aussentemperatur die Abscisse der Curve ab
                              									(welche vollständig gesättigter Aussenluft entspricht) unendlich gross ist und somit
                              									kein Luftwechsel, wie gross er auch sein möge, bei + 11° C. mehr im Stande ist, die
                              									Feuchtigkeit in einem auf + 20° C. erwärmten Raume auf 60procentige Sättigung zu
                              									beschränken, wenn darin selbst Wasserdunst erzeugt wird. Uebrigens belehrt ein Blick
                              									auf Fig. 15, dass bei einer Aussenlufttemperatur von
                              									etwa + 13° C. denkbar grösster Luftwechsel mit vollständig gesättigter Aussenluft
                              									auch 70procentige Sättigung der Raumluft nicht mehr zu sichern vermag, da die
                              									Frischluft dann selbst noch 70procentige Sättigung mit in den Raum hereinbringt,
                              									wenn sie inzwischen auf 20° C. erwärmt worden ist.
                           Textabbildung Bd. 280, S. 177Fig. 20.Schaubild für verschiedene Procente des Sättigungsgrades der
                                    											Raumluft und der Sättigung der Aussenluft bei verschiedenen
                                    											Temperaturgraden. Ist die äussere Luft nur selten bis zu 70 Proc. gesättigt, so kann man,
                              									wenn die Wasserdunstentwickelung in einem auf + 20° C. erwärmten Raume nicht zu
                              									gross ist, noch bis zu einer Aussentemperatur von + 15° C. 60procentige Sättigung
                              									der Raumluft durch einfachen Luftwechsel (im Betrage von 9½ cbm für jedes Kilogramm
                              									erzeugten Wasserdunstes) sichern; bei einer Aussentemperatur von + 17½ C. dagegen
                              									ist diese Möglichkeit nur dann noch vorhanden, wenn die Sättigung der Aussenluft
                              									nicht mehr als 60 Proc. der vollständigen beträgt, u.s.f.
                           Wie bereits angedeutet und auch ohne weiteres verständlich, besitzt jede der in Fig. 20 dargestellten Curven eine unendlich grosse
                              									Abscisse (Asymptote) deren Lage die Grenze angibt, bis zu welcher von mehr oder
                              									weniger stark gesättigter Aussenluft ein Einhalten 60procentiger Sättigung der
                              									Raumluft höchstens, und zwar nur dann noch annähernd zu erwarten ist, wenn die im
                              									Raume erfolgende Wasserdunstentwickelung sehr gering ist. Diese unendlich grossen
                              									Abscissen sind in der Figur mit Aa, Ac, Ae, Ag, Ai bezeichnet, wobei die Indices a, c, e, g, i ihre beziehendliche Zugehörigkeit zu den
                              									mit ab, cd, ef, gh, ik bezeichneten Curven
                              									andeuten.
                           Aus den Lagen dieser unendlich grossen Abscissen ergibt sich nach dem Gesagten,
                              									dass die Grenze der Möglichkeit, die Luft gelüfteter Räume, deren Temperatur 20° C.
                              									beiträgt, ohne weitere Hilfsmittel auf 60procentige Sättigung zu beschränken,
                           im Falle vollständiger Sättigung der Aussenluft bei + 11°
                              									C.
                           im Falle 70procentiger Sättigung der Aussenluft bei + 17½°
                              									C.
                           im Falle 60procentiger Sättigung der Aussenluft bei + 20°
                              									C.
                           im Falle 50procentiger Sättigung der Aussenluft bei + 24½°
                              									C.
                           im Falle 40procentiger Sättigung der Aussenluft bei + 29½°
                              									C.
                           liegt.
                           Trägt man diese Grenzwerthe der Aussentemperaturen als Ordinaten und die zugehörigen
                              									Sättigungsgrade der Aussenluft als Abscissen eines rechtwinkligen Coordinatensystems
                              									auf, so ergibt die Verbindung der so erhaltenen Systempunkte (vergl. Fig. 21) eine Curve, aus deren Verlauf man ohne
                              									weiteres auch für zwischenliegende Verhältnisse erkennen kann, wenn (unter welchen
                              									Temperatur- und Sättigungsgradbeziehungen) die, ohne Zwischenbehandlung von aussen
                              									in einen auf 20° C. erwärmten Raum eingeführte Luft zufolge Annahme der
                              									Raumtemperatur allein schon die in dem Raume gewünschte 60procentige Sättigung
                              									annimmt, so dass sie diesen Sättigungsgrad hier nur dann wirklich zu erhalten
                              									vermag, wenn hier selbst entweder gar kein oder nur unbeachtbar wenig Wasserdunst
                              									entwickelt wird. Die aufgezeichnete Curve illustrirt daher die Grenze derjenigen
                              									Aussenluftzustände, die eine 60procentige Sättigung der auf 20° C. erwärmten
                              									Raumluft, bei einfacher Lüftung überhaupt, ermöglichen.
                           Construirt man in gleicher Weise auch Grenzcurven für andere Sättigungsgrade der auf
                              									20° C. erwärmten Raumluft, so bietet das Gesammtbild dieser Curven die Möglichkeit,
                              									rasch zu übersehen, inwieweit es bei irgend welchen Aussenluftzuständen überhaupt
                              									möglich ist durch einfache Lüftung die Luftfeuchtigkeit eines auf 20° C. erwärmten
                              									Raumes auf irgend einen erwünschten Betrag zu beschränken.
                           Textabbildung Bd. 280, S. 177Fig. 15.Schaulinien für die Sättigung der Luft mit
                                    											Wasserdampf. Die Construction dieser Curven lässt sich mit Hilfe der Fig. 15 sehr leicht ausführen, indem man in dieser
                              									Figur durch den beziehentlichen Schnittpunkt der, dem im Raume erwünschten
                              									Sättigungsgrad entsprechenden Feuchtigkeitscurve mit der, der Temperatur 20° C.
                              									entsprechenden Abscissenlinie eine Parallele zur Ordinatenachse (also eine
                              									senkrechte Gerade) zieht und die, den Schnittpunkten dieser Geraden mit den Curven
                              									anderer Sättigungsgrade entsprechenden Temperaturen abliest oder schätzt und als
                              									Ordinaten, jene Sättigungsgrade selbst aber als Abscissen aufträgt. Uebrigens findet
                              									man bei der Construction, dass die zu bestimmenden Curven Kreisbogen sind oder doch
                              									nur so wenig von Kreisbogen abweichen, dass die Differenz für den praktischen
                              									Gebrauch nicht in Betracht kommt. Man braucht deshalb für jede Curve nur drei Punkte zu
                              									bestimmen, um dieselbe zeichnen zu können, und da von diesen drei Punkten je einer
                              									schon, als auf der Abscisse für die Raumtemperatur (20° C.) liegend, von vornherein
                              									gegeben ist, so bleibt nur noch die Bestimmung von je zwei Punkten für jede Curve
                              									als nothwendig übrig.
                           Textabbildung Bd. 280, S. 178Fig. 21.Schaulinien für die Sättigungsgrade der Raumluft bei
                                    											verschiedenen Temperaturen und verschiedenen Sättigungsgraden der
                                    											Aussenluft. Aus den auf diese Weise bestimmten, in Fig.
                                 										21 dargestellten Curven ersieht man, dass an regnerischen Frühjahr- und
                              									Herbsttagen, an welchen – bei einer zwischen 12 und 15° C. und höheren Graden
                              									wechselnden Temperatur – die Feuchtigkeit der Aussenluft im Allgemeinen zwischen 75-
                              									und 85procentiger Sättigung schwankt und nach mehrtägigem anhaltenden Regen wohl
                              									auch mitunter noch intensiver ist, die in einen auf 20° C. erwärmten Raum
                              									einströmende Luft in diesem, ohne weitere Wasserdunstaufnahme zumeist schon
                              									wesentlich mehr als 60procentige Sättigung behält. Es kann deshalb nicht ausbleiben,
                              									dass man dann in gelüfteten Räumen oft das bei hoher Luftfeuchtigkeit auftretende
                              									Frösteln empfindet, wenn in diesen Räumen selbst noch irgend welche Feuchtigkeit
                              									erzeugt wird oder dieselben ungenügend oder gar nicht geheizt sind.
                           Ebenso muss man dieses Frösteln nothwendiger Weise auch an regnerischen Sommertagen
                              									in Räumen empfinden, deren Temperatur nur sehr wenig oder gar nicht höher ist als
                              									die Lufttemperatur im Freien, was immer dann der Fall ist, wenn die in den Mauern
                              									enthaltene Wärme an regnerischen Tagen nicht hinreicht, eine Raumtemperatur von mehr
                              									als 20 ° C. zu sichern, während die Temperatur im Freien, welche zur Nachtzeit nach
                              									starkem Regenfall oft sehr niedrig ist, bei Tag zwischen 16 und 20° C. schwankt.
                              									Dass man gleichwohl das Frösteln im Frühjahr und Herbst in der Regel mehr empfindet,
                              									rührt daher, dass die Feuchtigkeit der Aussenluft im Sommer während der heftigsten
                              									Niederschläge nur selten bis zu 80procentiger Sättigung steigt und nicht selten
                              									sogar so gering ist, dass selbst während des Regens eine sehr lebhafte Verdunstung
                              									des die Erdoberfläche bedeckenden Wassers stattfindet, welche das zumeist bemerkbare
                              									rasche Sinken der Lufttemperatur während des Regens zur Folge hat. Nur wenn der
                              									Regenfall wie im Herbste mehrere Tage lang dauert, steigt der Feuchtigkeitsgehalt
                              									der Aussenluft bis auf 80procentige Sättigung und selbst noch höher, dann ist aber
                              									auch die Aussenlufttemperatur in der Regel durch lange andauernde Verdunstung
                              									ebensoweit abgekühlt wie während der Frühjahrsregen, welche sich in der Regel auf
                              									die ganze Lufthöhenregion zwischen den Wolken und der Erde erstreckt, während im
                              									Hochsommer der Regen zumeist nur aus höheren Luftschichten niederfällt. –
                           Inwieweit man ohne besondere Hilfsmittel überhaupt befähigt ist, die Feuchtigkeit der
                              									Luft in Räumen durch einfachen Luftwechsel auf einen zulässigen Grad zu beschränken,
                              									erkennt man am besten, wenn man nach der soeben zur Construction der in Fig. 21 dargestellten Curven gegebenen Erläuterung
                              									auch noch die Grenzcurven für 60- und 80procentige Sättigung der Raumluft für die
                              									Raumtemperaturen 15 und 25 ° C. aufzeichnet, da die Temperatur in Räumen, welche
                              									körperlich wenig oder gar nicht angestrengten Personen und Hausthieren zum
                              									Aufenthalt dienen, zumeist zwischen diesen Grenzen zu halten gesucht wird und
                              									80procentige Sättigung der Raumluft allgemein anerkanntermassen die aus
                              									Gesundheitsrücksichten höchstens zulässige Feuchtigkeitsgrenze unter allen Umständen
                              									überschreitet.
                           Aus der Aufzeichnung dieser vier Grenzcurven, welche Fig.
                                 										22 veranschaulicht, und derjenigen Grenzcurven, welche in Fig. 21 für die Raumtemperatur 20 ° C. dargestellt
                              									sind erkennt man mit Bestimmtheit die Richtigkeit des folgenden Lehrsatzes:
                           Bei geringer Feuchtigkeitsentwickelung in den Räumen gibt directe Lüftung derselben
                              									niemals, gleichviel welche Höhe die Aussenlufttemperatur dabei besitzt, Veranlassung
                              									zu unzuträglichen Befeuchtungsverhältnissen in diesen Räumen, sobald deren Temperatur jeweils um einige Grade höher ist
                                 										als die der Aussenluft; dagegen müssen in den meisten Gegenden nothwendig
                              									unzuträgliche Feuchtigkeitsverhältnisse in den direct gelüfteten Räumen häufiger
                              									eintreten, wenn deren Temperaturen niedriger sind als die
                              									Aussenlufttemperaturen.
                           Demnach hätte man, um zu verhüten, dass die in einen Raum einzuführende Frischluft
                              									selbst den Sättigungsgrad der Raumluft auf ein, für die Gesundheit unzuträgliches
                              									Mass erhöhe, immer nur dafür zu sorgen, dass die Temperatur in dem gelüfteten Raume
                              									um wenige Grade höher ist als die Aussentemperatur.
                           Man findet aber durch Vergleichen der in den Fig. 21
                              									und 22 dargestellten Curven und Einfügen von
                              									mittleren Abmessungen zwischen denselben mit der Zirkelöffnung auch um wie viele
                              									Grade bei feuchter Witterung die Raumluft wärmer sein muss als die Aussenluft, um
                              									nicht nur die Einführung zu hohen Feuchtigkeitsgehalts durch die Frischluft zu
                              									verhüten, sondern auch durch directe Lüftung noch ein Entfernen von im Raume selbst
                              									entwickeltem Wasserdunst zu bewirken. Denn es ist beispielsweise aus Fig. 22 ersichtlich, dass 90procentige Sättigung der
                              									Aussenluft im Falle einer Aussentemperatur von 12½° C. in einem auf 15° C. erwärmten
                              									Raume 80procentige Sättigung erzeugt, während aus Fig.
                                 										21 hervorgeht, dass sie in einem um 5° C. wärmeren Raume nur ungefähr
                              									65procentige Sättigung zu erzeugen vermag, und aus Fig.
                                 										22 ersichtlich ist, dass sie in einem um 10° C. wärmeren Raume nur
                              									bedeutend weniger als 60procentige Sättigung verursachen kann, und zwar findet man
                              									durch Abtragen der Ordinatendifferenz, welche 10gradiger Temperaturdifferenz im
                              									Raume bei 90procentiger Sättigung der Aussenluft entspricht, von der Curve für
                              									80procentige Sättigung in Fig. 21, dass die
                              									Feuchtigkeit der Luft bei 10gradiger Temperaturerhöhung um etwa 32
                              									Sättigungsprocente abnimmt und demnach in einem auf 25° erwärmten Raum nur
                              									48procentige Sättigung zu erzeugen vermag.
                           Textabbildung Bd. 280, S. 179Fig. 22.Schaulinien der Raumluftfeuchtigkeit bei verschiedenen
                                    											Temperaturen und verschiedenen Sättigungsgraden der Aussenluft. Ebenso findet man, dass 80procentige gesättigte Aussenluft von 10° C,
                              									welche in einem gleichwarmen Raume natürlich auch 80procentige Sättigung erzeugen
                              									würde, in einem auf 20° C. erwärmten Raume nur 48° procentige Sättigung zu erzeugen
                              									vermag und dass 85procentige Aussenluft von 5° C. in einem Räume, dessen Temperatur
                              									15° C. beträgt, ungefähr 52procentige Sättigung zu erzeugen vermag, dass ferner
                              									90procentig gesättigte Aussenluft von 8° C., welche in einem auf 15° C. erwärmten
                              									Raume 60procentige Sättigung erzeugt, in einem auf 20° erwärmten Raume nur
                              									50procentige Sättigung zu erzeugen vermag u.s.f.
                           Demnach kann man sich jederzeit mit Hilfe der beiden Fig.
                                 										21 und 22 leicht eine ungefähre Vorstellung
                              									davon machen, ob man bei einer vorliegenden Raumwärme überhaupt im Stande ist, eine
                              									in demselben entwickelte Wasserdunstmenge durch einfache directe Lüftung zu
                              									entfernen oder nicht; welcher Luftbedarf ersteren Falles aber dazu erforderlich ist,
                              									darüber geben die in Fig. 23 dargestellten, für
                              									80procentige Sättigung der Aussenluft ermittelten Curven für alle vorkommenden Fälle
                              									hinreichenden Aufschluss.
                           Die Curven dieser Figur sind auf gleiche Weise ermittelt worden wie die in Fig. 20 dargestellten und haben demnach auch die hier
                              									eingefügten Bezeichnungen s3 und t2 die
                              									gleiche Bedeutung, wie sie ihnen bei der Entwickelung der Gleichung 12 zugewiesen
                              									wurde. Um schärfer bestimmbare Schnittpunkte der Curven mit ihren Abscissen zu
                              									erhalten, ist das Verhältniss der Ordinatenlängen zu den Abscissenlängen doppelt so
                              									gross als in Fig. 20 gewählt worden, so dass die
                              									Curven einen steiler ansteigenden Verlauf erhielten.
                           Da man schliesslich in gewöhnlichen bewohnten Räumen zeitweise auch noch 65procentige
                              									Sättigung zulassen kann, wenn sich die Verhältnisse für Beschaffung der
                              									Trocknungsluftmenge dadurch für etwaige Fälle wesentlich vereinfachen lassen, so
                              									wurden ausser Curven für 60procentige Sättigung der Raumluft auch solche für
                              									65procentige Sättigung mitaufgenommen, und da endlich für industrielle Anlagen
                              									mancher Art auch bis zu 75 Proc. gesättigte Raumluft zulässig und unter Umständen,
                              									wie beispielsweise in Werkstätten der Textilindustrie, sogar nothwendig oder
                              									erwünscht ist, so wurden auch für die, den hierbei zumeist als Grenztemperaturen der
                              									Raumluft vorkommenden Temperaturgraden, 15 und 20° C, entsprechenden Curven
                              									75procentiger Sättigung der Raumluft in die Figur mit eingetragen.
                           Textabbildung Bd. 280, S. 179Fig. 23.Schaulinien für die Sättigungsgrade bei verschiedenen
                                    											Aussenlufttemperaturen und verschiedener Trocknungsluftmenge. Weitere Erläuterungen für den praktischen Gebrauch dieser Figur dürften
                              									nach den vorangehenden Besprechungen entbehrlich sein.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)