| Titel: | Ueber die Ursachen von Explosionen in Braunkohlen-Briquettefabriken. | 
| Autor: | Rud. Holtzwart , Ernst v. Meyer | 
| Fundstelle: | Band 280, Jahrgang 1891, S. 237 | 
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                        Ueber die Ursachen von Explosionen in
                           								Braunkohlen-Briquettefabriken.
                        Von Dr. Rud. Holtzwart und Prof. Dr.
                           									Ernst v.
                                 										Meyer.
                        (Schluss der Abhandlung S. 185 d. Bd.)
                        Mit Abbildung.
                        Ueber die Ursachen von Explosionen in
                           								Braunkohlen-Briquettefabriken.
                        
                     
                        
                           III. Ueber das Zustandekommen von Explosionen mit
                              									Braunkohlenstaub.
                           Da bei normalem Betriebe die in Oefen und anderen Apparaten befindlichen Gase (s.
                              									Abschnitt I), sowie die durch scharfes Trocknen der Braunkohlen im Luftstrome
                              									entstehenden Gasgemenge (s. Abschnitt II) eine eigentliche Explosionsgefahr
                              									ausschliessen, so war der Schluss berechtigt: Explosionen treten nur unter abnormen
                              									Bedingungen ein; die Ursache jener ist in Bränden zu suchen.
                           Eine Nachahmung von Explosionen war zu erstreben. Namentlich galt es, die Holle des
                              										feinen; überall in Oefen, Sammelräumen,
                              									Schnecken, Elevatoren vorhandenen Staubes zu ermitteln.
                           Von der Voraussetzung ausgehend, dass einer jeden ExplosionVon einer
                                    											durch fahrlässige Zündung entstehenden Explosion war abzusehen.
                              									ein Brand voraufgeht, und dass in erster Linie der Kohlenstaub als Vermittler und
                              									Träger der Explosionen wesentlich sei, haben wir eine Reihe von Versuchen, besonders
                              									im kleinen Massstabe, ausgeführt.
                           Dass Braunkohlenstaub in Bewegung durch glühende Kohlen
                              									zum Entflammen gebracht werden kann, während er in Ruhe mit der gleichen Wärmequelle
                              									in Berührung sich nicht entzündet oder nur in langsames Glimmen geräth, ist eine den
                              									Praktikern längst bekannte Thatsache.
                           Textabbildung Bd. 280, S. 237Apparat zur Untersuchung der Explodirbarkeit. Zur vollständigen Entflammung des Kohlenstaubes gehört immerhin eine
                              									intensive Hitze. Einen augenfälligen Beweis dafür lieferte ein Versuch, welcher
                              									bestimmt war, im grösseren Massstabe das Zustandekommen von Explosionen zu zeigen. –
                              									Auf unseren Vorschlag wurde in Oberröblingen a. See unter Leitung des Herrn
                              									Inspectors Meyer, für dessen thätige Mitwirkung wir
                              									aufrichtig dankbar sind, eine etwa 4 m hohe Esse gebaut, in welcher unten ein Rost
                              									angebracht, während sie oben mit einem Behälter aus Eisenblech gekrönt war. Durch
                              									Wegziehen der den Boden des letzteren bildenden Platte konnte der Staub aus der Höhe
                              									in die Esse fallen. Man bezweckte damit, denselben in lebhafte Bewegung und in
                              									Berührung mit glühenden Kohlentheilchen zu bringen, um seine Entflammbarkeit
                              									festzustellen und zu beobachten, ob explosionsähnliche Erscheinungen einträten.
                           Trotzdem, dass aus der erwähnten Höhe Staub in die auf dem Roste befindliche glühende
                              									Kohle, dass ferner glimmende, mit Staub vorsichtig bedeckte Kohlen aus dem Behälter
                              									herabfielen, war eine rasche, mit Verpuffung verknüpfte Entflammung nicht zu
                              									bewirken. Die Hitze war also nicht intensiv genug, eine plötzliche, durch die ganze
                              									Staubmasse verlaufende Entzündung herbeizuführen.
                           Versuche in kleinem Massstabe haben zu bestimmteren, zum Theil unerwarteten
                              									Ergebnissen geführt. Bei der Versuchsanordnung müsste es sich darum handeln, Staub
                              									verschiedener Herkunft, aber gleichartig vorbereitet, auf seine Fähigkeit, sich
                              									entflammen zu lassen, unter möglichst gleichen
                              									Bedingungen zu prüfen. Der Apparat, dessen wir uns zu diesem Zwecke bedienten,
                              									bestand aus verschiedenen Theilen, deren Zusammenhang und Bedeutung aus beigefügter
                              									Zeichnung und nachfolgender Erläuterung sich ergeben:
                           E ist das „Explosionsrohr“ von etwa 50 cc Inhalt
                              									mit zwei bei ii eingeschmolzenen Platindrähten, deren
                              									Spitzen etwa 3 bis 4 mm von einander entfernt sind und zwischen welchen Funken
                              									mittels eines Inductionsapparates überspringen sollen. Das Rohr ist durch zwei
                              									Kautschukstopfen geschlossen, durch deren einen k2 ein rechtwinkelig gebogenes Glasrohr geht, welches
                              									durch Wasser abgesperrt wird, während durch den anderen Stopfen k1 ein Rohr mit
                              									Glashahn H2 geführt
                              									ist. Dicht an letzteren bringt man den zu prüfenden Staub.
                           Das Explosionsrohr steht durch den Schlauch ef in
                              									Verbindung mit Flasche A (von etwa 600 cc Inhalt),
                              									diese mit Flasche B (etwa 3 l fassend), welche
                              									letztere, anfangs leer, aus dem etwa 1,5 m höher stehenden Gefäss C durch ein Heberohr unter den gewünschten Druck
                              									gesetzt und allmählich mit Wasser gefüllt wird. Durch Oeffnen des Quetschhahnes H (bei c) kann die Luft in
                              									Flasche A einem genau mittels Quecksilber-Manometers
                              										D zu messenden Druck ausgesetzt werden; ist dieser
                              									erzielt, so schliesst man H1; der Glashahn H2 war natürlich von Anfang an geschlossen. Damit ist die Vorbereitung
                              									jedes einzelnen Versuches, welche nur wenige Minuten braucht, beendet. Jedesmal
                              									wurde gleichviel von dem zu prüfenden Staub – etwa 0,18 g – verwandt.
                           
                           Nach Herstellung eines willkürlichen, aber bestimmten Druckes in A wurde der Funkenstrom (mittels zwei kräftigen
                              									Bunsen-Elementen u.s.w.) in Gang gesetzt, sodann durch rasches Aufdrehen und
                              									sofortiges Wiederschliessen des Hahnes H2 der Staub in das Explosionsrohr geschleudert.
                              									Gleichzeitig war zu beobachten, ob eine Verpuffung eintrat, und, wenn dies der Fall
                              									war, mit welcher Intensität sie sich vollzog, ob sie sich schnell oder weniger rasch
                              									ausbreitete, ob ferner nach derselben ein mehr oder weniger starkes Zurücksteigen
                              									des Sperrwassers erfolgte.
                           Acht Staubproben verschiedener Herkunft (Nr. 4 bis 8 aus einem Bezirk) wurden in dem
                              									obigen Apparate auf ihre Entflammbarkeit geprüft (Tab. 1), von fünf (Nr. 1 bis 5)
                              									wurde die vollständige Zusammensetzung bestimmt (s. Tab. 2).
                           Die erste Tabelle enthält die Ergebnisse der mit dem „Explosionsrohr“
                              									gemachten Beobachtungen. In der ersten Spalte sind die Staubproben aufgeführt.
                              									Dieselben stammten aus verschiedenen Briquettefabriken, und zwar waren sie theils
                              									den Elevatoren und Schnecken, theils den Sammelräumen u.s.w. entnommen, in welchen
                              									sich der Staub auf vorspringenden Ecken und Kanten abgesetzt hatte. Um denselben
                              									möglichst gleichartig zu erhalten, wurde er durch ein feines Gazesieb geschüttelt,
                              									endlich lange Zeit im Exsiccator über Schwefelsäure getrocknet.
                           Die zu analysirenden Staubproben (Nr. 1 bis 5) warenBezüglich der
                                    											analytischen Methoden sei Folgendes bemerkt: Der Gehalt des vollkommen
                                    											getrockneten Staubes (bezieh. der Braunkohle) an Schwefel wurde nach der Sauer'schen
                                    											Methode (Zeitschrift für analytische Chemie,
                                    											Bd. 12 S. 32) ermittelt, jedoch war diese so verbessert, dass der zur
                                    											Verbrennung nöthige Sauerstoff an drei Stellen des Rohres eingeführt wurde.
                                    											– Kohlenstoff und Wasserstoff bestimmte man in bekannter Weise durch Verbrennen mit
                                    											Kupferoxyd unter Vorlegen einer Schicht chromsauren Bleis, Stichstoff nach der Dumas'schen Methode. ausserdem durch vorsichtiges
                              									Erwärmen (auf 60 bis 70°) von dem letzten hygroskopischen Wasser befreit.
                           
                              Tabelle 1.
                              
                           Druck, unter welchem die Luft in A
                              									stand:
                           
                              
                                 Staubproben
                                 2 Cent
                                 3 Cent
                                 4 Cent
                                 8 Cent
                                 
                                    Gesammtergebniss
                                    
                                 
                              
                                 
                                    Quecksilber
                                    
                                 
                              
                                 
                                 Explosion
                                       											erfolgte:
                                 
                                 
                              
                                 Nr. 1
                                 zweimal nichteinmal
                                    												sehr schwach
                                 einmal nichteinmal
                                    												schwach
                                 zweimal nicht
                                 
                                    nicht
                                    
                                 Die Fähigkeit, zu entflammen, sehr ge-ring: bei
                                    											acht Versuchen sechs negative
                                 
                              
                                 Nr. 2
                                 zweimal nicht
                                 zweimal nicht
                                 zweimal nicht
                                 
                                    nicht
                                    
                                 Staub gelangte keinmal
                                    											zur Verpuffung
                                 
                              
                                 Nr. 3
                                 zweimal nichteinmal
                                    												sehr schwach
                                 zweimal nicht
                                 zweimal nicht
                                 
                                    nicht
                                    
                                 Staub zur Entflammung nicht geeignet
                                 
                              
                                 Nr. 4
                                 zweimal
                                 zweimal
                                 zweimal
                                 zweimal
                                 Staub verpuffte ausnahmslos stark
                                 
                              
                                 
                                 
                                    sehr
                                       											kräftig
                                    
                                 
                                 
                              
                                 Nr. 5
                                 zweimal nicht
                                 zweimal nicht
                                 zweimal nichteinmal
                                    												schwach
                                 
                                    nicht
                                    
                                 Bei sieben Versuchen sechs negative
                                 
                              
                                 Nr. 6
                                 zweimal nichteinmal
                                    												schwach
                                 zweimal
                                 zweimal
                                 zweimal
                                 Probe zur Entflammung geneigt.Bei neun Versuchen
                                    											sieben positive
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                    ziemlich
                                       											stark
                                    
                                 
                                 
                              
                                 Nr. 7
                                 zweimal
                                 zweimal
                                 zweimal
                                 zweimal
                                 Staub verpuffte ausnahmslos
                                 
                              
                                 
                                 
                                    stark
                                    
                                 
                                 
                              
                                 Nr. 8
                                 zweimaleinmal nicht
                                 zweimal
                                 zweimal
                                 zweimal
                                 Desgl.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                    stark
                                    
                                 
                                 
                              
                           Die Frage, ob und wie das in der Entflammbarkeit oder der Nichtentzündlichkeit des
                              									Staubes ausgesprochene Verhalten mit der chemischen Beschaffenheit desselben
                              									zusammenhängt, liegt nahe. Die fünf ersten ProbenLeider ist
                                    											darunter nur eine
                                    											„explosive“ Probe. wurden analysirt; in Tab. 2 sind die
                              									Ergebnisse der Analysen zusammengestellt:
                           
                              Tabelle 2.
                              
                           
                              
                                 
                                 
                                 Asche
                                 C
                                 H
                                 N
                                 S
                                 O
                                 
                              
                                 Nr. 1
                                 DirectAschefreiberechn.
                                 15,93–
                                 56,9367,70
                                 5,166,14
                                 0,931,10
                                 4,134,90
                                 16,9220,16
                                 
                              
                                 Nr. 2
                                 DirectAschefreiberechn.
                                 14,05–
                                 57,7267,16
                                 4,735,5
                                 0,740,86
                                 3,163,68
                                 19,6022,80
                                 
                              
                                 Nr. 3
                                 DirectAschefreiberechn.
                                   9,44–
                                 60,7667,09
                                 5,225,76
                                 1,151,27
                                 2,002,21
                                 21,4323,67
                                 
                              
                                 Nr. 4
                                 DirectAschefreiberechn.
                                   6,12–
                                 61,3365,83
                                 4,664,96
                                 1,111,21
                                 0,630,68
                                 26,1527,82
                                 
                              
                                 Nr. 5
                                 DirectAschefreiberechn.
                                   7,08–
                                 59,5664,10
                                 4,534,88
                                 1,221,33
                                 0,600,65
                                 27,0129,04
                                 
                              
                           Ein Blick auf Tab. 1 lehrt, dass der Braunkohlenstaub verschiedener Herkunft sich in
                              									Bezug auf Entzündlichkeit ganz verschiedenartig verhält. Die letztere steht in
                              									keinem nachweisbaren Zusammenhang mit der Elementarzusammensetzung des Staubes. So
                              									ist die „explosive“ Staubprobe Nr. 4 chemisch sehr ähnlich zusammengesetzt
                              									mit der zur Entzündung so gut wie nicht geneigten Probe
                              									Nr. 5 (s. Tab. 2). Wahrscheinlich ist die Fähigkeit des Staubes, mehr oder weniger
                              									leicht zu entflammen, abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit desselben, sowie
                              									von der Art seines Bitumens: Eigenschaften, welche der wissenschaftlichen
                              									Bearbeitung noch wenig zugänglich sind.
                           Aus Tab. 1 ergibt sich die Thatsache, dass die Staubproben Nr. 4, 6, 7 und 8 in hohem
                              									Masse zur Entflammung geneigt waren, während der aus dem gleichen Bezirk stammende
                              									Staub von Nr. 5 kaum zur Verpuffung neigte. Dagegen war der Staub von Nr. 1, 2, 3
                              									entweder sehr wenig (Nr. 1) oder gar nicht (Nr. 2, 3) entflammbar.
                           
                           Die Stärke der Verpuffung war schon für das Auge des Beobachters deutlich
                              									verschieden, wie dies auch in Tab. 1 angedeutet ist. In einzelnen Fällen (bei Probe
                              									Nr. 1, 3) konnte man die Fortpflanzung der Entzündung ähnlich verfolgen, wie beim
                              									Verpuffen eines Kohlenoxyd-Luftgemisches in der Nähe der Entzündungsgrenze. Die
                              									starken Verpuffungen dagegen vollzogen sich plötzlich, so dass das ganze
                              									Explosionsrohr mit einem Lichtblitze erfüllt war (bei Nr. 4, 7, 8).
                           In letzterem Falle wurde aus der Oeffnung des Rohres m
                              									ziemlich viel Gas herausgeschleudert, worauf die Sperrflüssigkeit mehr oder weniger
                              									hoch aufstieg. Bei schwachen Verpuffungen trat wenig Gas aus, auch war ein
                              									Zurücksteigen kaum zu bemerken. Diese Beobachtungen gewähren nur einen ungefähren
                              									Anhalt zur Beurtheilung der Stärke obiger Entflammungen.
                           Wenn auch die oben mitgetheilten Versuche manche Frage unbeantwortet lassen, so
                              									können sie doch praktisch verwerthet werden. In dem Apparat, welcher leicht
                              									herzustellen und ohne Schwierigkeit zu handhaben ist, können Staubproben einer vergleichenden Prüfung auf ihre Entzündlichkeit schnell
                              									unterzogen werden. Durch Aenderung der Funkenspannung und -Weite, sowie des Druckes
                              									lässt sich – gleichartige Versuchsanordnung vorausgesetzt – ein Urtheil über die
                              									grössere oder geringere Gefährlichkeit verschiedener Sorten Braunkohlenstaub
                              									gewinnen.
                           Erwähnt sei noch, dass in jenem Apparate eine Entflammung resp. Verpuffung von Staub
                              									nur dann eintritt, wenn dieser in Bewegung und dadurch
                              									zu feinster Zertheilung gebracht wird. Durch einfaches
                              									Schütteln des mit Staub beschickten Apparates konnte selbst der leichtest
                              									entflammende Staub im Funkenstrom nicht zum Verpuffen gebracht werden. – Luft, in
                              									welcher Braunkohlenstaub feinst zertheilt und bewegt ist, lässt sich geradezu mit
                              									einem entzündlichen explosiven Gasgemische vergleichen. – Wir wollen nicht unerwähnt
                              									lassen, dass von uns die ersten Versuche über Explosivität von Kohlenstaub so
                              									angestellt wurden, dass das Gefäss A, sowie das
                              									Explosionsrohr statt mit Luft mit einem Gemenge von Kohlenoxyd und Luft, welches
                              									nahe der Entzündungsgrenze stand, gefüllt war (letztere liegt bei etwa 12 Proc. CO;
                              									d.h. ein Gemisch von 12 Proc. CO und 88 Proc. Luft wird durch einen elektrischen
                              									Funken gerade noch entzündet). Die Verpuffung des explosiven Staubes Nr. 4 mit einem
                              									Gemisch von 90 Proc. Luft und 10 Proc. CO war nicht erheblich stärker, als mit Luft
                              									allein!
                           Wir verkennen keineswegs die Unvollständigkeit der bisherigen Versuche, die
                              									Entzündlichkeit des Braunkohlenstaubes zu ermitteln, hoffen aber, eine Anregung zu
                              									weiteren eingehenden Arbeiten in dieser Richtung gegeben zu haben. So liegt es nahe,
                              									das Verhalten des Steinkohlenstaubes in dem Explosionsrohr zu prüfen (Mehlstaub war
                              									in demselben, bei schwachem Funkenstrom, nicht zum Verpuffen zu bringen). –
                           Durch die unter I mitgetheilten Versuche haben wir gezeigt; dass Gasgemenge, welche
                              									sich in Trockenöfen verschiedener Construction, in Sammelräumen, sowie in Schnecken
                              									vorfinden, eine Explosionsgefahr nicht in sich bergen,
                              									solange der Betrieb normal, d.h. solange nicht an irgend einer Stelle jener Apparate
                              									ein Brand von ziemlich grosser Ausdehnung entstanden ist. Zu dem wesentlich gleichen
                              									Ergebnisse haben uns die Versuchsreihen II geführt, welche den Beweis
                              									erbringen, dass die Braunkohlen, auch wenn sie im langsamen Luftstrom einer
                              									Schwelung bei abnorm gesteigerter Temperatur (400° und mehr) unterliegen, Gasgemenge
                              									liefern, welche in Folge des starken Gehaltes an Kohlensäure und der meist sehr
                              									geringen Menge brennbarer Gase nicht explosiv sind.
                              										Die, oft gehörte, zuweilen in Gestalt einer
                              									scheinbar unanfechtbaren Behauptung geäusserte AnnahmeVgl. Kohlenzeitung für 1889, S. 61, 68.,
                              									dass die Braunkohle schon bei relativ geringer Temperatur Kohlenwasserstoffe in
                              									bedrohlicher Menge ausgebe, ist gänzlich unbegründet und haltlos.
                           Das Agens, welches die Hauptgefahr, ja zunächst die einzige
                                 										Gefahr mit sich bringt, ist der feine, in Bewegung versetzte und dadurch aufs
                                 										Aeusserste zertheilte Staub. Aber nur dann wird die Gefahr, welche er in
                              									sich birgt, acut, wenn er Gelegenheit findet, sich zu entzünden. Erster Grundsatz
                              									muss also sein, dies zu verhüten. Die einzige hier in Betracht kommende Ursache ist
                              										„ein Brand“ in den Apparaten – sei er durch
                              									Ueberhitzen resp. glühende Kohlentheilchen (Funken aus der Feuerung) oder durch
                              									Selbstentzündung von Kohlen (z.B. im Sammelraum) entstanden.
                           Wir kommen zu dem Schluss: Ohne vorausgehenden „Brand“
                                 										keine Explosion!
                           Diese beginnt mit einer zunächst geringfügigen Entflammung von Kohlenstaub, welche den Charakter einer Explosion annimmt, wenn sie reichliche Nahrung findet
                              									in Folge der feinen, sich über weite Strecken ausdehnenden und bewegten Staubmassen,
                              									sowie durch freien Zutritt atmosphärischer Luft. Eine solche, sich weit ausbreitende
                              									Entflammung, bei welcher enorme Quantitäten von Gasen (Kohlensäure, Kohlenoxyd,
                              									geringere Mengen Kohlenwasserstoffe) entwickelt und durch gewaltige Erhitzung
                              									ausgedehnt werden, hat an sich schon den Effect einer Explosion. Sie kann aber noch
                              									eine weitere verhängnissvolle Folge haben. Da bei derselben ein Theil des Staubes
                              									unvollständig verbrennt, daher brennbare Gase gebildet werden, so tritt der Fall
                              									leicht ein, dass die letzteren, mit der zuströmenden Luft gemischt, in Berührung mit
                              									den lange Zeit glühend bleibenden Kohlentheilchen heftig (nach Art der
                              									Knallgasgemische) explodiren. In der That sind solche Erscheinungen: eine starke
                              									Entflammung und bald darauf folgende heftige Explosion, mehrfach beobachtet
                              									worden.
                           
                        
                           Nachschrift von E. von
                                 									Meyer.
                           Im Anschluss an unsere Untersuchungen will ich die Aufmerksamkeit auf einige Punkte
                              									lenken, welche in den letzten Jahren wiederholt Gegenstand eingehender Besprechungen
                              									seitens der Praktiker gewesen sind.
                           Die Hauptaufgabe zur Verhütung von Explosionen in Briquettefabriken muss, wie schon
                              									ausgesprochen wurde, in der Bekämpfung resp. Beseitigung der primären Ursache
                              									bestehen: dem Zustandekommen eines grösseren Brandes ist mit allen Mitteln
                              									entgegenzuarbeiten; überhaupt sind alle Umstände, welche die Entstehung von Bränden
                              									begünstigen, sorgsam zu vermeiden.
                           Dass in dieser Hinsicht die gut construirten Dampföfen,
                              									in welchen durch Schleppschaufeln das Liegenbleiben von Kohlen verhindert wird, eine
                              									grössere Sicherheit bieten, als die Oefen mit mehr oder weniger directer Feuerung,
                              									leuchtet ein, wird auch durch unsere Versuche illustrirt.
                           
                           Eine andere Frage, in welcher die Ansichten der Praktiker auseinandergehen,
                              									betrifft die Ventilation in den verschiedenen Apparaten
                              									der Briquettefabriken. Die einen erblicken in derselben das wirksamste Mittel, die
                              									Explosionsgefahr zu verringern, andere nehmen das Gegentheil an. – Auf Grund
                              									theoretischer Erwägungen, sowie der bei den obigen Untersuchungen gewonnenen
                              									Erfahrungen theile ich die letztere Ansicht, insofern
                              									eine Gefahr in Folge der Ventilation in stauberfüllten
                              									Apparaten angenommen wird.
                           Wenn man Luft den Räumen zuführt, in welchen ein Brand im Entstehen begriffen ist, so
                              									wird dieser dadurch angefacht. Namentlich da, wo zugleich grössere Mengen feinen
                              									Staubes in Bewegung sind, besonders in Trockenelevatoren und anderen
                              									Transportelementen, sollte Ventilation eher verboten als vorgeschrieben werden.
                           Wenn bergpolizeiliche Bestimmungen dennoch Ventilation anordnen, so wird bei stricter
                              									Ausführung derselben die Gefahr erhöht, statt vermindert zu werden. Man denke den
                              									Fall, dass unvermerkt glimmende Kohle in den Trockenelevator oder in Schneckenkanäle
                              									gekommen ist: fehlt hier die Ventilation, so ist keine
                              									Gelegenheit zum Umsichgreifen des Feuers gegeben, vielmehr wird es bald erstickt
                              									werden. Bei guter Ventilation dagegen findet dasselbe Nahrung, der feine bewegte
                              									Staub sorgt für Weiterverbreitung und bringt durch Verbrennung Explosionswirkungen
                              									hervor.
                           Nun werden von Praktikern gerade die Transportelemente, insbesondere
                              									Trockenelevatoren als die Orte bezeichnet, in welchen
                              									besonders oft Explosionen zum Ausbruch gelangt sind. Naturgemäss drängt sich die
                              									Frage auf: Lassen sich nicht diese Vorrichtungen, wie Elevatoren, Schnecken,
                              									thunlichst beschränken oder völlig umgehen?
                           Nach meiner Ansicht wird die Gefahr dadurch vermehrt, dass in vielen Fällen die
                              									Anlage der Sammelräume unter den Trockenöfen untersagt
                              									wird. In Folge dessen muss die trockene Kohle forttransportirt, meist gehoben
                              									werden, wobei – wenn eine, zunächst auch nur geringfügige Entzündung stattgefunden
                              									hat – die Gelegenheit zu Explosionen eher gegeben wird, als wenn die Kohle direct
                              									den Sammelraum erreicht.
                           Auch die Ueberwachung eines solchen einfachen Uebergangs ist sicherlich leichter, als
                              									in jenem Falle.
                           Gewichtige Stimmen von Praktikern sind in dem gleichen Sinne erhoben worden, wie denn
                              									auch einfache theoretische Erwägungen zu dem nämlichen Ergebniss führen. – Das
                              									Hauptgewicht liegt in der guten Aufsicht. Die Erstickung eines im Sammelraum rechtzeitig bemerkten Feuers ist gewiss ohne Gefahr zu
                              									erzielen.
                           Man gelangt zu dem Schluss: Je kürzer und einfacher der Weg
                                 										von den Darrvorrichtungen zu dem Sammelraum, desto geringer ist die
                                 									Gefahr.
                           Leipzig, im April 1891.