| Titel: | Neuere Fortschritte im Locomotivbau. | 
| Autor: | A. Birk, Fr. | 
| Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 25 | 
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                        Neuere Fortschritte im
                           								Locomotivbau.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuere Fortschritte im Locomotivbau.
                        
                     
                        
                           Angesichts der sich stetig steigernden Anforderungen, welche an die
                              									Leistungsfähigkeit der Locomotiven gestellt werden, dürfte ein in der Wochenschrift des Oesterreichischen Ingenieur- und
                                 										Architektenvereins von A. Birk, Ingenieur der
                              									österreichischen Südbahn, gebrachter Aufsatz, als Grundlage des nachfolgenden
                              									Berichtes dienend, von allgemeinerem Interesse sein. Neben einer Fülle von
                              									Geschichtlichem bringt der Vortrag namentlich die Besprechung der Frage, ab es nicht
                              									möglich ist, die Leistungsfähigkeit der Locomotiven zu steigern, ohne die
                              									Beanspruchung der Fahrbahn zu erhöhen.
                           Es sind nach dem in Glaser's Annalen, 1890 S. 125,
                              									wiedergegebenen Bericht von Birk besonders in den
                              									letzten Jahren viele Locomotivconstructionen in der angedeuteten Absicht
                              									geschaffen.
                           Anlässlich des Baues der Eisenbahn über den Semmering war eine Preisconcurrenz für
                              									Locomotiven ausgeschrieben worden, bei welcher vor allem gefordert wurde, dass die
                              									letzteren über die grösste und zugleich mit den ungünstigsten Krümmungsverhältnissen
                              										(r = 190 m) verbundene Steigung von 1 : 40 bei
                              									einem Maximalraddruck von 7 t und bei gewöhnlichen günstigen Witterungsverhältnissen
                              									eine Bruttolast von 140 t, ausschliesslich des etwa vorhandenen Tenders, mit einer
                              									durchschnittlichen Geschwindigkeit von 11,38 km in der Stunde regelmässig
                              									fortzuschaffen im Stande sein müssen. Unter den vier Concurrenz-Locomotiven befanden
                              									sich auch zwei Locomotiven, welche heute noch mehr als nur historisches Interesse
                              									besitzen. Es sind dies die Locomotive „Seraing“, construirt von dem Ingenieur
                              										Lausmann und erbaut in dem Cockerill'schen Werke zu Seraing, und die von dem Locomotivfabrikanten W. Günther in Wiener-Neustadt entworfene und
                              									ausgeführte Maschine „Wiener-Neustadt“.
                           Die Locomotive „Seraing“ war eigentlich eine Combination zweier vollkommen
                              									gleicher Locomotiven, da ihr Kessel aus zwei gleich langen Abtheilungen mit an
                              									einander stossenden selbständigen Feuerherden bestand; der Wasser- und Dampfraum war
                              									gemeinschaftlich. Die mit vierräderigem Tender versehene Locomotive ruhte auf zwei
                              									beweglichen Untergestellen mit je zwei gekuppelten Achsen und mit je zwei
                              									innenliegenden Dampfcylindern, so dass demnach die eine Achse jedes Untergestelles
                              									eine Kurbelachse bildet. Auf der einen Seite des Kessels hatte der Locomotivführer,
                              									auf der anderen Seite der Heizer seinen Platz einzunehmen. Die Hauptverhältnisse der
                              									Locomotive waren die folgenden:
                           
                              
                                 Rostfläche
                                     2,20 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche der Feuerkiste
                                   14,00 qm
                                 
                              
                                 Feuerröhren
                                 157,20 qm
                                 
                              
                                 Gesammtheizfläche
                                 171,20 qm
                                 
                              
                                 Verhältniss der Rost- zur Gesammt-    heizfläche
                                 1 : 77,8
                                 
                              
                                 Verhältniss der Feuerkistenheizfläche    zur
                                    											Feuerröhrenheizfläche
                                 1 : 11,23
                                 
                              
                                 Länge der Feuerröhren
                                      3,192 m
                                 
                              
                                 Anzahl  „          „
                                         340
                                 
                              
                                 Durchmesser der Dampfcylinder
                                      0,408 m
                                 
                              
                                 Kolbenhub       „           „
                                      0,711 m
                                 
                              
                                 Dampfdruck im Kessel
                                         6,8 at
                                 
                              
                                 Raddurchmesser
                                      1,042 m
                                 
                              
                                 Fester Radstand
                                      2,144 m
                                 
                              
                                 Gesammtradstand
                                      8,237 m
                                 
                              
                                 Dienstfähiges Adhäsionsgewicht
                                      55,28 t
                                 
                              
                                 Raddruck
                                        6,91 t
                                 
                              
                           Es berechnet sich demnach die Zugkraft dieser Locomotive auf Grund der Abmessungen
                              									des Triebwerkes zu
                           
                              Z=2\,\frac{0,5\,.\,p\,d^2\,.\,l}{1000\,D}=2\,.\,\frac{0,5\,.\,6,8\,.\,40,8^2\,.\,71,1}{1000\,.\,104,2}=7725\
                                 										k.
                              
                           Diese Zugkraft entspricht auch bei der Annahme eines
                              									Adhäsionscoefficienten von 1 : 7 dem Adhäsionsgewichte der Locomotive, welche bei
                              									den Probefahrten die vorgeschriebene Bruttolast von 140 t mit einer Geschwindigkeit
                              									von 15 km in der Stunde beförderte. Der Brennstoffverbrauch stellte sich bei dieser
                              									Maschine nicht besonders günstig, was nach Engerth in
                              									dem System derselben seinen Grund haben soll. Als einen weiteren Mangel bezeichnete
                              									die Prüfungscommission die unzweckmässige Anordnung des Kessels für die Bedienung
                              									selbst. Dagegen sind aber die grossen Vorzüge der Locomotive nicht zu verkennen: ihr
                              									ruhiger Gang und die in Folge des grossen äusseren Radstandes sichere Bewegung
                              									derselben, ihre bedeutende Schmiegsamkeit in den scharfen Bögen der Bahn in Folge
                              									der Lagerung der Achsen in zwei Drehgestellen und der hierdurch ermöglichten
                              									Anwendung eines kurzen festen Radstandes.
                           Die Locomotive „Seraing“ ist nach kaum 20 Jahren als Fairlie-Locomotive wieder
                              									aufgetaucht. Um hier gleich ein Beispiel anzuführen, waren auf der Gebirgsbahn von
                              									Hainsberg nach Kipsdorf in Sachsen, welche bei einer Spurweite von 75 cm Steigungen
                              									von 1 : 80, 1 : 60 und 1 : 40, sowie eine kurze mit 1 : 33 ansteigende schiefe Ebene
                              									besitzt und in deren Lauf Bögen mit 50 m Halbmesser vorkommen, in den ersten
                              									Betriebsjahren (1882 bis 1885) dreifach gekuppelte Tender-Locomotiven von 16 t
                              									Dienstgewicht in Anwendung, an deren Stelle, um die scharfen Curven möglichst rasch
                              									durchfahren zu können und um dem gesteigerten Verkehr durch kräftigere Locomotiven
                              									ohne grössere Beanspruchung des Oberbaues zu genügen, Fairlie-Locomotiven mit den
                              									folgenden Abmessungen traten:
                           
                              
                                 Rostfläche
                                   1,16 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche der Feuerkiste
                                   5,96 qm
                                 
                              
                                          „         „   Feuerröhren
                                 51,82 qm
                                 
                              
                                 Gesammtheizfläche
                                 57,78 qm
                                 
                              
                                 Verhältniss der Rost- zur Heizfläche
                                 1 : 49,8
                                 
                              
                                           „         „   Feuerkisten-
                                    											zur    Feuerröhrenheizfläche
                                 1 : 8,7
                                 
                              
                                 Länge der Feuerrohren
                                   2,394 m
                                 
                              
                                 Anzahl
                                      194
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Durchmesser der Dampfcylinder
                                 0,216 m
                                 
                              
                                 Kolbenhub       „            „
                                 0,355 m
                                 
                              
                                 Dampfdruck im Kessel
                                      10 at
                                 
                              
                                 Raddurchmesser
                                 0,813 m
                                 
                              
                                 Dienstfähiges Adhäsionsgewicht
                                   28,9 t
                                 
                              
                                 Leergewicht
                                   22,3 t
                                 
                              
                                 Raddruck
                                 3,6125 t
                                 
                              
                                 Fester Radstand
                                   1,378 m
                                 
                              
                                 Gesammtradstand
                                   5,690 m
                                 
                              
                                 Raum für Speisewasser
                                    2,88 cbm
                                 
                              
                                      „    „   Brennstoff
                                     0,95 t
                                 
                              
                                 Zugkraft, nach den Abmessungen des    Triebwerkes
                                    											berechnet
                                    2038 k
                                 
                              
                           Die Locomotive ist also unbedingt zu schwer construirt – ein Fehler, welcher ihrem
                              									Constructeur Fairlie selbst zur Last fällt. Dennoch
                              									besitzt dieselbe nach den bisherigen Erfahrungen, über welche Finanzrath Bergk in der Zeitschrift des
                                 										Sächsischen Ingenieur- und Architektenvereins: Der Civilingenieur, 1889,
                              									ausführliche Mittheilungen macht, ganz unbestreitbare Vortheile gegenüber den
                              									steifachsigen Tender-Locomotiven. Es sei noch bemerkt, dass die fraglichen
                              									Locomotiven (Fig. 1) zwei drehbare Gestelle mit je
                              									zwei gekuppelten Achsen und mit je zwei ausserhalb der Räder liegenden Cylindern
                              									besitzen, dass die Dampfzuführung durch die beiden Ausströmungsröhren erfolgt, die
                              									in einem spitzen Winkel zu einander gelegen sind und von denen das obere Rohr sich
                              									zusammenschieben und aus einander ziehen lässt, und dass auch das
                              									Dampfabführungsrohr nach dem Schornstein beweglich ist. Durch die Anbringung zweier
                              									Hebel von ungleicher Länge am Regulator ist es ermöglicht, je nach Bedarf an
                              									Zugkraft auch nur eine Motorengruppe in Thätigkeit zu versetzen.
                           Textabbildung Bd. 282, S. 26Fig. 1.Fairlie-Locomotive. Die Versuche, welche von dem Betriebsingenieur Wiechel durchgeführt wurden, zeigten, dass die seitlichen Ausbiegungen der
                              									beiden Geleisestränge – die Spurerweiterungen – in den Bögen mit Halbmessern von 50
                              									m bei der Fairlie-Locomotive nicht unerheblich geringer waren, als unter sonst
                              									gleichen Verhältnissen bei der dreiachsigen Tender-Locomotive; dass ferner durch die
                              									senkrechten Schwankungen der Fairlie-Locomotive bei der grössten Geschwindigkeit ein
                              									um 27 Proc. vergrösserter Druck gegenüber der ruhenden Schienenbelastung
                              									hervorgerufen wurde, während die dreiachsige Tender-Locomotive eine Zunahme dieses
                              									Druckes um 40 Proc. erzeugte. Die Erhaltungskosten für Oberbau sind seit Anwendung
                              									der um 81 Proc. schwereren Fairlie-Locomotive erheblich gesunken. Die
                              									Anschaffungskosten zweier Tender-Locomotiven gewöhnlicher Construction stellen sich
                              									unter gleichen Verhältnissen höher, als jene einer Fairlie-Locomotive von einer
                              									Zugkraft gleich jener der beiden Tender-Locomotiven zusammen. Die Erfahrungen bei
                              									dem Betriebe der oben erwähnten schmalspurigen Gebirgsbahn haben aber auch die
                              									Nachtheile des Systems deutlich erkennen lassen und in dieser Hinsicht die
                              									seinerzeitigen Ergebnisse der Probefahrten mit der „Seraing“ bestätigt.
                              									Die Reparaturkosten der Fairlie-Locomotive waren höher, als jene der dreiachsigen
                              									Tender-Locomotiven und der Verbrauch an Brennmaterial nicht geringer als bei den
                              									letzteren. Der Platz des Führers und Heizers erwies sich als ungünstig.
                           Die schon erwähnte Concurrenz-Locomotive „Wiener-Neustadt“ war eine
                              									Tender-Locomotive. Ihr Kessel war auf einem Hauptrahmen gelagert, der auf zwei
                              									drehbaren Gestellen ruhte, von denen jedes mit zwei gekuppelten Achsen und mit zwei
                              									ausserhalb der Räder liegenden Cylindern ausgerüstet war. Die Auflagerung des
                              									Hauptrahmens auf den drehbaren Gestellen erfolgte in drei Punkten: der vordere Theil
                              									stützte sich mittels eines Hohlkörpers auf einen Kugelzapfen, der rückwärtige Theil
                              									ruhte auf zwei seitlichen Stützpunkten. Der hohle Drehzapfen des Vordergestelles
                              									diente zur Abführung des Dampfes aus den Cylindern. Das Abheben des Hauptrahmens von
                              									den drehbaren Gestellen oder das Zurückweichen eines Theiles dieser von dem
                              									Hauptrahmen war durch den Eingriff prismatischer Führungen des letzteren in
                              									schwalbenschwanzförmige Coulissen der Gestelle verhindert. Die wichtigsten Maasse
                              									der Locomotive „Wiener-Neustadt“ waren nachfolgende:
                           
                              
                                 Rostfläche
                                     1,70 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche der Feuerkiste
                                    8,30 qm
                                 
                              
                                        „           „   Feuerröhren
                                 167,00 qm
                                 
                              
                                 Gesammtheizfläche
                                 175,30 qm
                                 
                              
                                 Verhältniss der Rost- zur Heizfläche
                                 1 : 103,1
                                 
                              
                                            „        „   Feuerkisten-
                                    											zur    Feuerröhrenheizfläche
                                 1 : 20,12
                                 
                              
                                 Länge der Feuerröhren
                                     6,383 m
                                 
                              
                                 Anzahl  „          „
                                       180
                                 
                              
                                 Durchmesser der Dampfcylinder
                                     0,329 m
                                 
                              
                                 Kolbenhub       „              „
                                     0,632 m
                                 
                              
                                 Raddurchmesser
                                     1,106 m
                                 
                              
                                 Fester Radstand
                                     2,304 m
                                 
                              
                                 Gesammter Radstand
                                     8,123 m
                                 
                              
                                 Dienstfähiges Adhäsionsgewicht
                                   61,208 t
                                 
                              
                                 Dampfdruck im Kessel
                                     8,233 at
                                 
                              
                                 Raddruck
                                       7,65 t
                                 
                              
                                 Zugkraft auf Grund der Abmessungen    des
                                    											Triebwerkes
                                      5092 k
                                 
                              
                           Es war also bei Bestimmung des Adhäsionsgewichtes auf eine grosse Veränderlichkeit
                              									des Adhäsionscoefficienten sehr weitgehende Rücksicht genommen. Der Bedarf an
                              									Brennmaterial bei den Probefahrten war etwas geringer als jener der
                              									„Seraing“. Die Bewegung in den scharfen Bögen wurde durch die vorerwähnte, im
                              									senkrechten Sinne wirkende Versteifung des Hauptrahmens mit dem Gestellrahmen
                              									beeinträchtigt. Ghega hat das Wesen der Construction
                              									dieser Locomotive sehr richtig erkannt: indem er eine Verbesserung der einzelnen
                              									Constructionstheile derselben durch die allmählichen Fortschritte im Locomotivbau
                              									voraussetzt, meint er, dass in der „Wiener-Neustadt“ ein Muster für
                              									Gebirgs-Locomotiven zur Beförderung von Personenzügen mit grösserer Geschwindigkeit
                              									gegeben sei.
                           Die Locomotive „Wiener-Neustadt“ erschien denn auch auf der Weltausstellung in
                              									Wien im J. 1873 als „Tender-Locomotive System Meyer“, Meyer-Locomotive, wie sie kurzweg genannt wird (Fig. 2). Das Princip der Construction beider
                              									Locomotiven ist das gleiche.
                           Meyer lagert jedoch den Kessel unmittelbar auf die
                              									drehbaren Gestelle und erhöht dadurch die Beweglichkeit der Locomotive in den Bögen;
                              									er vermehrt die Zahl der Achsen in den Gestellen und nützt dadurch die Vortheile des
                              									Systems in besonderem Maasse aus, denn die auf der 
                              									Weltausstellung in Wien ausgestellte Meyer-Locomotive hatte ein Gewicht von
                              									71,9 t und dennoch keinen grösseren Raddruck als 6 t. Die Dampfzuführung zu den
                              									Cylindern jedes Gestelles erfolgt unabhängig von einander, so dass man, wie bei der
                              									Fairlie-Locomotive, mit einem Motor oder mit beiden Motoren fahren kann. Die
                              									Locomotive hat auf den normalspurigen Anschlusstrecken der Compagnie Belge in Brüssel Bögen von 80 m Halbmesser auf Steigungen von 1
                              									: 40 anstandslos durchlaufen.
                           Die Ideen, welche der „Seraing“ und der „Wiener-Neustadt“ bezieh. der
                              									Fairlie- und der Meyer-Locomotive zu Grunde liegen, wurden besonders von dem
                              									Ingenieur Mallet unter Berücksichtigung aller neueren
                              									Fortschritte im Locomotivbau bei der Construction seiner
                              									Doppel-Verbund-Tender-Locomotive (Duplex-Compound-Tender-Locomotive) verwerthet und
                              									es haben die auf der Weltausstellung in Paris 1889 ausgestellt gewesenen Locomotiven
                              									(System Mallet) überraschend günstige Proben ihrer
                              									Verwendbarkeit abgelegt.
                           Die Vortheile, welche die Anwendung des Verbundsystems bei Locomotiven gewährt, mögen
                              									aus folgenden Mittheilungen ersehen werden, die aus einem Vortrage des Geheimen
                              									Oberbaurathes Stambke (Glaser's
                                 										Annaten, Bd. 26 S. 103) über die Verbund-Locomotiven der preussischen
                              									Staatsbahnen geschöpft wurden. Auf diesen Bahnen standen am 1. December 1889
                              									zusammen 118 Verbund-Locomotiven im Betriebe, während 87 Stück sich im Bau befanden.
                              									Die Berichte sämmtlicher Eisenbahndirectionen, in deren Bereich Verbund-Locomotiven
                              									verkehrten, lauten übereinstimmend dahin, dass die Leistungsfähigkeit derselben
                              									nicht unerheblich grösser ist, als diejenige der entsprechenden preussischen
                              									Normal-Locomotive, dass ferner der Kohlenverbrauch durchschnittlich um 12 Proc.
                              									geringer ist, sich aber ein Unterschied in der Höhe der Unterhaltungskosten nicht
                              									nachweisen lässt.
                           Textabbildung Bd. 282, S. 27Fig. 2.Tender-Locomotive, System Meyer. Aehnliche Resultate ergaben sich bei der französischen Nordbahn zu Gunsten
                              									der Verbund-Locomotive. Pulin erwähnt in dem Bulletin de la Société des ingénieurs civils, 1890 S.
                              									316, die Schnellzug-Locomotiven dieser Verwaltung, welche ursprünglich mit Cylindern
                              									von 432 mm Durchmesser bei 610 mm Kolbenhub und 10 k Kesselspannung ihren Dienst
                              									verrichteten, einer in Aussicht genommenen gleichzeitigen Erhöhung der
                              									Geschwindigkeit und des Traingewichtes indess nicht mehr gewachsen waren; es wurden
                              									deshalb zunächst bei drei derartigen Maschinen die Cylinder weiter ausgebohrt,
                              									danach durch solche von 460 mm Durchmesser ersetzt und auch der Kesseldruck auf 11 k
                              									gesteigert.
                           Die Niederdruckcylinder der viercylindrigen Compoundmaschine Nr. 701 der
                              									französischen Nordbahn besitzen dieselben Abmessungen, wie die neueren Cylinder der
                              									vorgenannten drei Maschinen, sowie ebenfalls einen Kesseldruck von 11 k.
                           Nach dem festgestellten durchschnittlichen Kohlenverbrauch innerhalb einiger
                              									Monate hat sich nun bei der Compoundmaschine, welche denselben Dienst wie die drei
                              									umgebauten mit einfacher Expansion arbeitenden Locomotiven zu verrichten hat,
                              									gegenüber dem gesammten Kohlenverbrauch der letzteren eine Ersparniss von 20 Proc.
                              									und gegenüber derjenigen der drei gewöhnlichen Locomotiven, welche am ökonomischsten
                              									arbeitet, noch eine solche von 9,5 Proc. herausgestellt.
                           Auch die in der letztgenannten französischen Zeitschrift von F. W. Webb, Director der London and North Western
                                 										Railway, auf S. 322 gebrachten Mittheilungen über Verbund-Locomotiven
                              									sprechen zu Gunsten dieser Maschinen, obgleich der geringere Brennmaterialverbrauch
                              									derselben nach angestellten Untersuchungen, wie solche in ähnlicher Weise auch auf
                              									preussischen Staatsbahnen angestellt wurden (1890 277
                              									116), weder der verlängerten Expansion des Arbeitsdampfes noch einer Erhöhung der
                              									Kesselspannung, sondern lediglich den verbesserten Auspuffverhältnissen dieser
                              									Maschinen zugeschrieben werden muss.
                           Jedenfalls bedarf auch die Verbund-Locomotive (System Mallet) nach dem Obigen für die gleiche Leistung, wie jene der
                              									gewöhnlichen Locomotiven weniger Wasser und Brennstoff, sowie eine geringere
                              									Heizfläche.
                           Mallet's Doppel-Verbund-Tender-Locomotive besitzt nur
                              									ein bewegliches Gestell, welches sich um einen in der Mitte der Locomotive
                              									befestigten senkrechten Kuppelzapfen bewegen kann und an welchem die zwei
                              									Niederdruckcylinder befestigt sind. Auf die Vortheile der drehbaren Gestelle, wie
                              									solche bei der „Seraing“ und der „Wiener-Neustadt“ angewandt wurden,
                              									ist schon aufmerksam gemacht worden. Mallet hat nur das
                              									Vordergestell beweglich gemacht und auf diese Weise die Construction der Locomotive
                              									vereinfacht; es sind nämlich nur die Dampfzuleitungsrohre der Niederdruckcylinder,
                              									also jene Rohre, welche Dampf von geringerer Spannung leiten, beweglich. Dadurch,
                              									dass sich der Drehpunkt des Vordergestelles nicht in dessen Mitte, sondern an dem
                              									rückwärtigen Ende befindet, sowie auch durch die Anordnung einer Spannvorrichtung
                              									wird das Schlingern des Gestelles vermindert und die Locomotive für grössere
                              									Geschwindigkeiten geeignet.
                           Namentlich in den Fällen, wo es sich darum handelt, die Beanspruchungen des
                              									Eisenbahnoberbaues zu vermindern; dürften sich, wie das nachfolgende Beispiel zeigt,
                              									die nach dem System Mallet gebauten Locomotiven
                              									besonders empfehlen.
                           Birk vergleicht zunächst in Bezug hierauf eine
                              									Güterzugmaschine neuester Construction nach System Mallet mit zwei Paar gekuppelten Achsen und eine sogen.
                              									Semmering-Locomotive mit vier gekuppelten Achsen.
                           Die entsprechenden Maasse der beiden Locomotiven sind die folgenden:
                           
                              
                                 
                                 System Mallet
                                 Semmering-Locomotive
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                 1,75 qm
                                 2,16 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche der Feuerkiste
                                      8 qm
                                   10,7 qm
                                 
                              
                                        „           „   Feuerröhren
                                 117,0 qm
                                 159,3 qm
                                 
                              
                                 Gesammtheizfläche
                                    125 qm
                                     170 qm
                                 
                              
                                 Verhältniss der Rost- zur    Heizfläche
                                 1 : 71,4
                                 1 : 78,8
                                 
                              
                                 Verhältniss der Feuerkisten-    zur
                                    											Feuerröhrenheizfläche
                                 1 : 14,6
                                 1 : 14,9
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                    12 at
                                    10 at
                                 
                              
                                 Kolbendurchmesser
                                 –
                                 0,500 m
                                 
                              
                                 Niederdruck
                                 0,520 m
                                 –
                                 
                              
                                 Hochdruck
                                 0,355 m
                                 –
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 
                                    
                                    
                                 System Mallet
                                 Semmering-Locomotive
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 0,630 m
                                 1,610 m
                                 
                              
                                 Treibraddurchmesser
                                 1,280 m
                                 1,106 m
                                 
                              
                                 Fester Radstand
                                 1,800 m
                                 2,380 m
                                 
                              
                                 Gesammtradstand
                                 6,300 m
                                 3,560 m
                                 
                              
                                 Dienstgewicht im Maximum
                                 58,00 t
                                 50,50 t
                                 
                              
                                 Dienstfähiges Adhäsions-    gewicht
                                 50,00 t
                                 50,50 t
                                 
                              
                                 Leergewicht
                                 45,00 t
                                 44,00 t
                                 
                              
                                 Raddruck im Maximum
                                   7,25 t
                                 6,3125 t
                                 
                              
                                 Gewicht des Tenders
                                 –
                                    27,0 t
                                 
                              
                                 Raum für Speisewasser
                                   5,8 t
                                      8,5 t
                                 
                              
                                       „    „   Kohlen
                                   2,2 t
                                      8,0 t
                                 
                              
                           Es berechnet sich hiernach die gesammte Zugkraft der Mallet-Locomotive zu 7443 k und
                              									der Semmering-Locomotive zu 6895 k, d.h. es ist im ersteren Falle ein
                              									Adhäsionscoefficient von 1 : 6,7, im letzteren Falle ein solcher von 1 : 7,3
                              									vorausgesetzt. Die nutzbar verwendete Zugkraft, d. i. jene Zugkraft, welche zur
                              									Fortbewegung des Wagenzuges benutzt werden kann, ist natürlich bei Mallet's Locomotive gleich der gesammten Zugkraft der
                              									Locomotive überhaupt, während sie bei der Semmering-Locomotive um diejenige Grösse
                              									zu vermindern ist, welche zur Fortschaffung des Tenders dient, d. i. beispielsweise
                              									auf der Steigung von 1 : 40 und in den schärfsten Curven der Semmeringbahn um
                              									mindestens 800 k, also um einen verhältnissmässig bedeutenden Werth.
                           Textabbildung Bd. 282, S. 28Locomotive, System Mallet. Weiter folgen untenstehend die bezüglichen Abmessungen einer
                              									Personenzug-Locomotive nach System Mallet mit zwei Paar
                              									gekuppelten Achsen (Fig.
                                 										3 und 4) und
                              									jene einer Personenzug-Locomotive der Semmeringbahn mit drei gekuppelten Achsen:
                           
                              
                                 
                                 System Mallet
                                 Semmering-Locomotive
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                     2,25 qm
                                     1,59 qm
                                 
                              
                                 Heizfläche der Feuerkiste
                                   13,00 qm
                                     8,50 qm
                                 
                              
                                        „           „   Feuerröhren
                                 102,00 qm
                                 124,80 qm
                                 
                              
                                 Gesammtheizfläche
                                 115,00 qm
                                 133,30 qm
                                 
                              
                                 Verhältniss der Rost- zur    Heizfläche
                                 1 : 51
                                 1 : 78,5
                                 
                              
                                 Verhältniss der Feuerkisten-    zur
                                    											Feuerröhrenheizfläche
                                 1 : 7,8
                                 1 : 14,7
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                       12 at
                                        9 at
                                 
                              
                                 Kolbendurchmesser
                                 –
                                     0,46 m
                                 
                              
                                 Hochdruckcylinder
                                     0,44 m
                                 –
                                 
                              
                                 Niederdruckcylinder
                                     0,70 m
                                 –
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                     0,61 m
                                     0,632 m
                                 
                              
                                 Dienstgewicht im Maximum
                                      60 t
                                        36 t
                                 
                              
                                 Adhäsionsgewicht
                                      50 t
                                        36 t
                                 
                              
                                 Leergewicht
                                     46 t
                                        32 t
                                 
                              
                                 Raddurchmesser
                                    1,85 m
                                     1,265 m
                                 
                              
                                 Raddruck im Maximum
                                   7,50 t
                                     6,00 t
                                 
                              
                                 Fester Radstand
                                     2,50 m
                                      2,95 m
                                 
                              
                                 Gesammtradstand
                                     8,00 m
                                      2,95 m
                                 
                              
                                 Gewicht des Tenders (dienst-    fähig)
                                 –
                                     26,5 t
                                 
                              
                                 Fassungsraum für Wasser
                                      8 t
                                       8,5 t
                                 
                              
                                               „         „   Kohle
                                      2 t
                                       7,5 t
                                 
                              
                           Es berechnet sich die Zugkraft der Mallet-Locomotive zu 7660 k und jene der
                              									Semmering-Locomotive zu 4760 k, von welchem Betrage jedoch ein entsprechend grosser
                              									Theil für die Fortschaffung des Tenders verwendet wird.
                           Wenn man die oben erwähnten Vortheile, welche das Verbundsystem mit sich bringt,
                              									hinsichtlich der Verdampfungsfähigkeit des Kessels im Auge behält, so zeigt der
                              									obige Vergleich recht deutlich, in welchem Grade die Leistungsfähigkeit der
                              									Locomotiven durch Anwendung des Systems Mallet
                              									gesteigert werden könnte, ohne dass eine kräftigere Construction des Oberbaues
                              									nothwendig sein dürfte; denn ist auch einerseits der Raddruck grösser, so ist doch
                              									andererseits die Schmiegsamkeit der Locomotive bedeutender und ihr Lauf ruhiger.
                              									Auch solche Züge, deren Belastung Vorspann-Locomotiven erfordert, könnten in vielen
                              									Fällen durch eine Locomotive System Mallet allein
                              									fortgeschafft werden; diese würden demnach nur einfache Bemannung erfordern und auch
                              									den Oberbau nicht stärker beanspruchen, als wie dies bei der Beförderungsweise mit
                              									zwei Locomotiven geschieht.
                           Ein weiteres deutliches Beispiel von vortheilhafter Verwendung der Locomotiven System
                              										Mallet bieten die für den Betrieb der Gotthardbahn
                              									bestimmten Locomotiven, welche die schwersten derzeit in Verwendung stehenden
                              									Achtkuppler dieser Gebirgsbahn ersetzen sollen.
                           Grosse Vortheile gewährt ferner das System der Doppel-Verbund-Tender-Locomotiven
                              									gleich ihren Vorläuferinnen, der Fairlie- und Meyer-Locomotive, für Nebenbahnen mit
                              									starken Steigungen und scharfen Bögen.
                           Es ist bezeichnend, dass die Verwaltung der sächsischen Staatsbahnen auch in dieser
                              									Beziehung muthig vorgegangen, und von den vielen Vortheilen des Systems überzeugt,
                              									mehrere derartige Locomotiven für die normalspurige Eisenbahn von Annaberg nach
                              									Sehwarzenberg, welche grösste Steigungen von 1 : 40 und kleinste Bögen von 200 m
                              									aufweist, der Sächsischen Maschinenfabrik zu Chemnitz
                              									in Auftrag gegeben hat.
                           Auf Eisenbahnen mit günstigen Steigungs- und Richtungsverhältnissen werden
                              									Locomotiven der eben besprochenen Typen nur für besonders schwere Züge in
                              									ökonomischer Weise Verwendung finden können; zur Fortschaffung leichter Schnellzüge
                              									mit sehr grosser Fahrgeschwindigkeit werden sich Compound-Locomotiven mit
                              									Schlepptender und mit geringem Adhäsionsgewichte noch immer am besten eignen. Nun
                              									nimmt aber mit der Geschwindigkeit der Einfluss der störenden Bewegungen der
                              									Locomotive und namentlich des Schlingerns auf das Gefüge des Oberbaues erheblich zu,
                              									weshalb Mallet versuchte, diesen Einfluss durch
                              									eigenthümliche Anordnung der schwingenden Massen, die als Hauptursachen der
                              									störenden Bewegung erschienen, möglichst herabzumindern. Für die von ihm
                              									gemeinschaftlich mit dem Ingenieur A. Brunner in
                              									München ausgeführte Locomotivconstruction (Fig. 5 und 6) lag folgendes Programm
                              									vor: Die Locomotive ist mit zwei Cylindern in Verbundwirkung und mit zwei 
                              									Treibachsen zu erbauen. Der Durchmesser der Treibräder wurde auf 2 m, die
                              									grösste Achsenbelastung auf 15 t, also die Gesammtadhäsionsbelastung auf 30 t
                              									festgestellt. Der normale Kesseldruck soll 12 at betragen. Der dreiachsige Tender
                              									hat 12 cbm Wasser, sowie 4 cbm Kohlen zu fassen und soll im Dienste 28 t wiegen. Die
                              									grösste Fahrgeschwindigkeit ist mit 120 km in der Stunde festgesetzt.
                           Der mit Dampfmantel umgebene Hochdruckcylinder hat einen Durchmesser von 540 mm, der
                              									Niederdruckcylinder einen solchen von 800 mm, der Kolbenhub beträgt 610 mm. Bei
                              									einer Ausnutzung der Dampfspannung im Kessel von 50 Proc. ergibt sich eine Zugkraft
                              									von 5000 k, die allerdings nur bei günstigen Adhäsionsverhältnissen voll ausgenutzt
                              									werden kann. Bei der grössten Fahrgeschwindigkeit der Locomotive machen die
                              									Treibräder 318,5 Umdrehungen in der Minute, während die entsprechende
                              									Kolbengeschwindigkeit 388,5 m beträgt. Die sammt dem umschliessenden Receiver aus
                              									einem einzigen Stück gegossenen Cylinder, deren Dimensionen ganz aussergewöhnlich
                              									grosse sind, liegen unter dem Kessel und hinter einander in der Längsachse der
                              									Locomotive zwischen den Treibachsen; es werden demnach die störenden Bewegungen des
                              									nicht in Federn hängenden Theiles der Locomotive vermindert.
                           Textabbildung Bd. 282, S. 29Locomotive Mallet-Brunner. Ausser den zwei festen Treibachsen ist an jedem Ende der Locomotive und in
                              									einer Entfernung von 2 m von der zunächst liegenden Treibachse noch eine Laufachse
                              									angebracht. Beide Laufachsen sind radial verstellbar und nach jeder Seite bis zu 30
                              									mm Abstand von der Mittelstellung verschiebbar. Unterhalb der Achse ist ein System
                              									von Spiralfedern angebracht, welches bei der Einfahrt in eine Bahnkrümmung
                              									zusammengepresst wird, bei der Mittelstellung der Achse in einer Geraden jedoch
                              									wieder in die normale Stellung zurückgeht. Der Gesammtradstand der Locomotive
                              									beträgt 7,5 m, der feste Radstand 3,5 m.
                           Beim Anfahren kann die Locomotive durch einen einzigen Zug vom Führerstande aus in
                              									eine gewöhnliche Zwillingsmaschine umgewandelt werden. Jeder Cylinder wird durch
                              									eine Coulissensteuerung regiert, deren Bewegung von der zugehörigen Treibachse
                              									erfolgt; beide Steuerungen sind jedoch derart verbunden, dass die Umsteuerung der
                              									Locomotive durch eine einzige Steuerschraube am Führerstande bewerkstelligt werden
                              									kann. Die Kraftübertragung von den Kolben auf die Treibachsen kann auf
                              									zweierlei Art erfolgen, je nachdem die Maschine mit gekröpften oder geraden
                              									Treibachsen ausgeführt werden soll. Die erstere Anordnung ist in Fig. 5 und 6 dargestellt; bei der
                              									letzteren Anordnung wird die Entfernung der zwei Treibachsen, also der feste
                              									Radstand der Locomotive auf 2,6 m verkürzt. Die Gesammtheizfläche des Kessels
                              									beträgt 160 qm; es kann demnach bei grossen Fahrgeschwindigkeiten eine Leistung von
                              									rund 1000  entwickelt werden, entsprechend einer Leistung von 6  auf
                              									1 qm Heizfläche.
                           Als Nachtheile der Construction werden die hohe Kessellage, die ungenügende Tiefe der
                              									Feuerkiste, die Länge der Kuppelstangen und die Verwendung von Kurbelachsen
                              									bezeichnet; als Vortheile gelten: die vermehrte effective Zugkraft bei Anwendung von
                              									nur zwei Cylindern, geringere Maschinenreibung, bequemere Anbringung von
                              									Cylinderdampfmänteln, Receiver und Dampfleitungen, leichter Bau, grössere Stabilität
                              									der Maschine und Verminderung der störenden Bewegungen. Letztere beiden
                              									Eigenschaften sind namentlich dem Eisenbahningenieur von besonders hervorragendem
                              									Werthe.
                           Auch die Construction einer für Schnellzüge bestimmten Tender-Locomotive mit
                              									Verbundwirkung rührt von dem vorgenannten Ingenieur Brunner in München her.
                           Wie Moniteur industriel vom 16. October 1890 mittheilt,
                              									besitzt diese Locomotive wegen der an ihrem hinteren Ende angeordneten,
                              									verhältnissmässig grossen Kohlen- und Wasserbehälter von 2 t bezieh. 8200 l
                              									Fassungsraum eine bedeutende Länge und ruht aus diesem Grunde sowohl mit ihrem
                              									vorderen als auch hinteren Ende auf zweiachsigen Drehgestellen, welche sich um 51 mm
                              									seitlich verschieben und damit bequem in Curven von 300 m Radius einstellen können.
                              									Die Feuerbüchse liegt zwischen den beiden gekuppelten Treibachsen, welche 2,6 m von
                              									einander und von den nebenliegenden Drehgestellen gleich weit entfernt sind, während
                              									die Laufachsen der letzteren einen Radstand von 2 m besitzen; der Gesammtradstand
                              									der Maschine beträgt 10,60 m und die totale Länge derselben 13,45 m. Die Treibräder
                              									haben 2 m Durchmesser und die Räder der Laufachsen 1 m.
                           Die Mitte des im cylindrischen Theil mit 2,4 m Durchmesser ausgeführten Kessels liegt
                              									2,30 m über Schienenoberkante und die Länge der Feuerbüchse beträgt 2,4 m. Der
                              									geneigt liegende Rost erhebt sich, wie es bei den Locomotiven der bayerischen Bahnen
                              									üblich, in einer Curve nach der Rohr wand zu, wodurch eine Vergrösserung der
                              									Rostfläche von ungefähr 20 Proc. erzielt werden soll; letztere beträgt im
                              									vorliegenden Falle 2,6941 qm. Die 225 vorhandenen Rohre haben 48 mm äusseren
                              									Durchmesser und zwischen den Rohrwänden eine Länge von 3,3 m. Die totale Heizfläche
                              									der Maschine beträgt 123,9299 qm; hiervon kommen 11,9842 qm auf die Feuerbüchse und
                              									111,9457 auf die Rohre. Das Verhältniss der Rost- zur Heizfläche stellt sich auf 1 :
                              									46.
                           Die Kesselspannung beträgt 12,3 k, ist demnach geringer als diejenige der neueren
                              									Compoundmaschinen, welche z.B. die französische Nordbahn vor kurzem in Dienst
                              									gestellt hat (vgl. 1890 275 * 586). Die aussenliegenden
                              									Cylinder von 470 bezieh. 710 mm Durchmesser und 610 mm Kolbenhub entwickeln nach den
                              									obigen Abmessungen eine Zugkraft von 10 t.
                           Das Leergewicht der Maschine beträgt 52 t, das dienstfähige 
                              									Gewicht 66 t; letzteres vertheilt sich mit 16 t auf das vordere Drehgestell,
                              									mit 30 t auf die beiden gekuppelten Achsen und mit 20 t auf das hintere Drehgestell,
                              									dessen Belastung sich jedoch mit der Entleerung des Tenders ändert und schliesslich
                              									geringer als diejenige des die Führung der Maschine übernehmenden vorderen
                              									Drehgestelles wird.
                           Die einzelnen bezüglichen Belastungen betragen demnach 24,24, 45,45 und 30,30 Proc.
                              									des Totalgewichtes. Diese Lastvertheilung ist eine bedeutend günstigere, als wie sie
                              									bei einer grossen Anzahl von Schnellzug-Locomotiven vorhanden ist, deren
                              									Adhäsionsgewicht, anstatt sich dem Betrage von 50 Proc. des Gewichtes der Maschine
                              										ohne Tender zu nähern, kaum 30 Proc. desselben
                              									beträgt, und kann, namentlich wenn diese Maschine sehr lange Strecken ohne Wasser-
                              									und Kohlenaufnahme zurücklegen soll, noch dadurch verbessert werden, dass man die
                              									entsprechend grösseren Wasserbehälter zu beiden Seiten der Maschine anordnet.
                              									Derartige 5 t Kohlen und 13600 l Wasser fassende Tender-Locomotiven besitzen dann
                              									ein Dienstgewicht von 74 t und da der grösste Theil dieser Gewichtszunahme auf die
                              									Treibachsen kommt, ein noch höheres Adhäsionsgewicht als die erstgenannten
                              									Maschinen.
                           Das Führerhaus hat eine Länge von 3,50 m und bedeckt einen Theil der Feuerbüchse
                              									sowie ungefähr die Hälfte des Tenders, so dass Führer und Heizer genügend beschützt
                              									sind.
                           Die Maschine soll auf Steigungen von 1 : 200 bis 1 : 100 Züge von 200 t mit nahezu
                              									gleicher Geschwindigkeit fahren.
                           Vor kurzem hat auch die Gotthardbahn zur Beförderung ihrer Schnellzüge auf der
                              									Thalstrecke Luzern-Erstfeld drei von der Firma J. A.
                                 										Maffei in München erbaute Tender-Locomotiven erhalten, welche nach der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1890 S.
                              									1245, noch insofern besonderes Interesse verdienen, als es, wie die Schweizerische Bauzeitung mittheilt, die ersten
                              									Locomotiven der Schweiz sind, welche für eine Höchstgeschwindigkeit von 85 km
                              									construirt wurden. Diese Maschinen besitzen zwei gekuppelte Achsen, zwischen denen
                              									wieder die 1600 mm lange Feuerbüchse gelagert ist, und ein zugleich drehbares und
                              									seitlich verschiebbares zweiachsiges Untergestell. Die Bauart des vorn liegenden
                              									Drehschemels ist die nämliche, wie bei der von der englischen Südostbahn auf der
                              									letztjährigen Weltausstellung in Paris vorgeführten Schnellzug-Locomotive (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1889 S.
                              									1186). Die Locomotivrahmen aus 28 mm starkem Stahlblech sind innenliegend, die
                              									Kohlenkasten hinter dem auf drei Seiten eingeschlossenen Führerstand und die
                              									Wasserkasten zu Seiten des Langkessels angeordnet. Cylinder und Steuerung liegen
                              									ausserhalb der Rahmen, der Regulator in einem Dom auf dem vordersten
                              									Kesselstoss.
                           Die Hauptverhältnisse der Maschine sind folgende:
                           
                              
                                 Cylinderdurchmesser
                                   410 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                   610 mm
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                     12 at
                                 
                              
                                 Triebraddurchmesser
                                 1860 mm
                                 
                              
                                 Laufraddurchmesser
                                 1030 mm
                                 
                              
                                 Gesammter Radstand
                                 6400 mm
                                 
                              
                                 Fester            „
                                 2400 mm
                                 
                              
                                 Untergestells-„
                                 2000 mm
                                 
                              
                                 Heizfläche
                                   107 qm
                                 
                              
                                 Rostfläche
                                  1,62 qm
                                 
                              
                                 Wasservorrath
                                   5750 l
                                 
                              
                                 Kohlenvorrath
                                   2300 k
                                 
                              
                                 Leergewicht
                                 41000 k
                                 
                              
                                 Dienstgewicht
                                 54000 k
                                 
                              
                                 Gesammtlänge
                                 10400 mm
                                 
                              
                                 Höhenlänge des Kessels
                                   1925 mm
                                 
                              
                           
                              
                                 Fr.