| Titel: | Der Roheisenerzprocess im basischen Martinofen. | 
| Autor: | Leo | 
| Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 81 | 
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                        Der Roheisenerzprocess im basischen
                           								Martinofen.
                        Von Dr. Leo.
                        (Schluss des Berichtes S. 41 d. Bd.)
                        Mit Abbildung.
                        Der Roheisenerzprocess im basischen Martinofen.
                        
                     
                        
                           Soweit gekommen im sauren Martinofen wird nunmehr beabsichtigt, eine Reihe von Hitzen
                              									mit Erzziegeln, Roheisen und Schrott auf basischem
                                 										Herde abzuführen. Mit kieselarmen Elbaerzen sind gute Resultate und eine
                              									absolute Phosphor- und Schwefelfreiheit des Productes zu erhoffen. Um die
                              									Kieselsäure des Erzes zu sättigen, ist den Erzziegeln kohlensaurer Kalk in Stücken
                              									und in bestimmter Menge – 5 Proc. – beizumischen; die basische kalkige Schlacke wird
                              									in der Reductionsperiode mit Leichtigkeit den Schwefel des Erzes und der Kohle in
                              									den Ziegeln binden. Der Phosphor kann sich nicht vollständig aus dem Metallbade
                              									eliminiren und wird in der zweiten Periode zur Schlacke treten, d.h. in der Periode
                              									der Oxydation, wenn das Bad vollkommen oder fast vollkommen entkohlt ist.
                           Der basisch zugestellte Ofen gestattet, was durchaus nothwendig ist, soll der
                              									Rücktritt des Phosphors ins Metallbad vermieden bleiben, während der Arbeit die
                              									Schlacke abzuziehen, wodurch die Oberfläche des Bades frei und die Möglichkeit
                              									gegeben wird, die Temperatur gegen das Ende des Processes hin zu steigern. Auch der
                              									Ersatz des Koks im Erzziegel durch gut gewaschene, sehr feine Kokskohle ist
                              									angezeigt; sie besitzt geringeren Schwefel- und Aschengehalt. Das Verhältniss ist
                              									dann 21/0,80 = 26 Th. Kohlen auf 100 Erz; backende Steinkohle wird bei Rothglut
                              									weich und blasig und verbindet sich fester mit den Erztheilchen. Die Reduction,
                              									ausschliesslich durch Contact vor sich gehend, wird um so schneller und
                              									vollständiger sich vollziehen, je inniger der Contact ist und je grösser er
                              									entsprechend dem grösseren Volumen der Steinkohle gegenüber dem Koks ausfällt. Um
                              									diesen innigsten Contact zu erreichen, müssen Erz und Kohle feinst und sorgfältigst
                              									pulverisirt und gemischt werden letztere bestehe nur in fetter und reiner Backkohle;
                              									bei Fertigung der Erzziegel soll ein bestimmter hoher Druck zur Anwendung kommen;
                              									alle Substanzen, welche, wie Kalkmilch, die Moleküle von einander zu trennen
                              									vermögen, sind auszuschliessen und fernzuhalten; endlich ist unerlässliche
                              									Notwendigkeit, für den Process nur reichstes Erz anzuwenden.
                           Um ferner die Reduction durch Contact schnell sich vollziehen zu lassen, soll die
                              									Hitze entsprechend hoch sein; die Formel der Reduction ist dann für das Elbaerz
                              										Fe2O3 + 3C = 2Fe
                              									+ 3CO2. Dem Kohlenoxyd, welches sich bei dieser
                              									Reaction bildet, kann keine merkliche Wirkung beigemessen werden nach der Formel
                              										Fe2O3 + 3CO = Fe
                              									+ 3CO2, weil das kaum gebildete Kohlenoxyd aus der
                              									Ziegelmasse heraustritt, ausserhalb derselben unter Berührung mit den oxydirenden
                              									Gasen des Ofens verbrennt und weil bei der hohen Temperatur im Ofen das Gemisch von
                              									Kohlenoxyd mit nur wenig Kohlensäure auf das reducirte Eisen oxydirend wirkt. (Fe +
                              										CO2 = FeO + CO.)
                           Nach L. Bell bleibt das Gemisch beider Gase in Gegenwart
                              									metallischen Eisens neutral, wirkt also weder reducirend noch oxydirend, d.h. wenn
                              									in Weissglut 90 Volumina Kohlenoxyd auf 10 Volumina Kohlensäure treffen oder wenn in
                              									heller Rothglut 68 Volumina des ersteren mit 32 Volumina der letzteren oder wenn bei
                              									dunkler Rothglut 40 Volumina Kohlenoxyd mit 60 Volumina Kohlensäure zusammen
                              									kommen.
                           Die Höhe der Temperatur im Martinofen lässt eine reducirende Wirkung des sich nach
                              									und nach bildenden Kohlenoxydes nicht in Aussicht nehmen.
                           Die Reduction durch festen Kohlenstoff bezeichnet der Metallurg als eine directe, sie
                              									erfolgt durch Kohlenoxyd indirect; damit ist gesagt, dass der Kohlenstoff im einen
                              									wie im anderen Falle immer reducirend wirkt, nur dass er im zweiten Falle zuerst in
                              									Oxyd übergeführt ist.
                           Bei Anwendung festen Kohlenstoffes ist das Product der Reduction der Hauptsache nach
                              									Kohlenoxyd, bei der Anwendung von Kohlenoxyd aber Kohlensäure.
                           
                           1 k Kohlenstoff entwickelt beim Verbrennen zu Kohlenoxyd 2473 Cal., dagegen,
                              									wenn es schon in Kohlenoxyd verwandelt ist, beim Verbrennen zu Kohlensäure 5607; so
                              									wird man auch beim Reductionsprocesse der Eisenoxyde einen grossen Unterschied in
                              									der beiderseitigen Calorienmenge finden, je nachdem man dabei als Agens Kohlenoxyd
                              									oder Kohlenstoff anwendet. Wenn beispielsweise Eisenoxydul mit fester Kohle nach der
                              									Formel FeO + C = Fe + CO reducirt wurde, so wird man erhalten: 56 k Eisen + 16 k
                              									Sauerstoff + 12 k Kohlenstoffe = 56 k Eisen + 28 k Kohlenoxyd, woraus abgeleitet
                              									wird: 4,66 k Eisen + 1,33 k Sauerstoff + 1 k Kohlenstoff = 4,66 k Eisen + 2,33
                              									Kohlenoxyd.
                           Da nun aber die zur Zerlegung einer chemischen Verbindung erforderliche Menge von
                              									Calorien gleich derjenigen ist, die bei der chemischen Verbindung derselben Körper
                              									frei wird und demnach 1 k Fe, indem es zu Oxydul verbrennt, 1352 Cal. entwickelt, so
                              									ist die Beziehung zwischen Wärmeverbrauch und Wärmeerzeugung im vorliegenden Falle
                              									folgende:
                           
                              
                                 4,66 k aus Eisenoxydul reducirtes Eisen erfordert
                                 
                                 
                                 
                              
                                 4,66 × 1352 =
                                 6300
                                 Cal.
                                 
                              
                                 1,00 k Kohlenstoff zu Kohlenoxyd
                                    											verbrennend    producirt
                                 2473
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 Gesammtverbrauch
                                 3827
                                 Cal.
                                 
                              
                                     Dieselben Berechnungen ergeben für:
                                 
                                 
                                 
                              
                                 a) Reduction von 1 k Eisen aus Oxydul mit
                                    											festem    Kohlenstoff als Verbrauch
                                   822
                                 Cal.
                                 
                              
                                 b) Reduction von 1 k Eisen aus Oxydul
                                    											durch    Kohlenoxyd einen Verbrauch von
                                   150
                                 „
                                 
                              
                           In analoger Weise berechnet sich der Calorienverbrauch im Falle der Reduction von
                              									Eisen aus dem Sesquioxyde desselben mit festem Kohlenstoff nach Formel:
                           
                              
                                 c) Fe2O3 +
                                    											3C = 2Fe + 3CO auf
                                 1000 Cal.
                                 
                              
                           und mit Kohlenoxyd der Gewinn an nicht verbrauchten Calorien
                              									nach Formel:
                           
                              
                                 d) Fe2O3 +
                                    											3CO = Fe + 3CO2 auf
                                    7 Cal.
                                 
                              
                           Aus diesen Zahlen lässt sich leicht auch der Verbrauch bei Reduction aus dem
                              									magnetischen Oxyde Fe3O4 = FeO + Fe2O3 berechnen: derselbe ergibt sich bei Reduction mit festem Kohlenstoffe zu
                              									939 Cal.
                           Nach dieser Feststellung wird bei Verarbeitung 60procentigen Elbaerzes für die
                              									Umsetzung von je 100 k Erz in Eisen im Martinofen ein Verbrauch von 60 × 1000 =
                              									60000 Cal. bei einer Erzeugung von 52,5 k Kohlenoxyd, welche 22,5 k Kohlenstoff
                              									enthalten haben, eintreten. Dieses Kohlenoxyd im Ofen selbst in Contact mit der
                              									oxydirenden Flamme zu Kohlensäure verbrannt producirt dann 22,5 × 5607 = 126157
                              									Cal.
                           Diese Calorien werden natürlich nur zum Theil und jedenfalls mit nicht mehr als ⅙ vom
                              									Bade absorbirt. In runder Zahl werden die an 100 k Erz abgetretenen Calorien 20000
                              									betragen.
                           Die Erhitzung zur Reduction verbraucht 60000 Cal., es bleiben somit 40000 zur
                              									Erhitzung des Bades auf 100 k Erz; um letztere wieder dem Verfahren gutzubringen,
                              									sind \frac{6\,\times\,40000}{7000}=30\,k Kohlen auf jede 100 k
                              									Erz bei der Gaserzeugung abzuziehen.
                           Die annähernde Genauigkeit dieser Zahl wird durch nachstehende Calculation
                              									bestätigt:
                           Eine gewöhnliche 10tonnige Charge verläuft am Versuchsorte innerhalb 6 Stunden und
                              									erfordert 300 k Kohlen für die Chargentonne, stündlich mithin 500 k; Imperatori's Verfahren verlängert die Arbeitsdauer
                              									gleich schwerer Chargen um 2 Stunden und beansprucht nach Maassgabe dieses
                              									Stundenverbrauches ein Verbrauchsplus von 1000 k; auf die mitverarbeiteten 3 t Erz
                              									bezogen ergeben sich für 100 k Erz 30 k Kohlen, Erz- und Kohlenzahlen
                              									abgerundet.
                           Diese Rechnung fällt übertrieben zu Ungunsten des Imperatori-Verfahrens aus, denn das Kohlenoxyd, welches in grosser Menge
                              									dem Bade entsteigt, vermindert den Durchzug der Gase, mit anderen Worten: die
                              									Gasmenge, welche in den Ofen eintritt, wird kleiner und die längere Dauer der Arbeit
                              									zieht sicher nicht einen mit ihr im richtigen Verhältnisse stehenden Mehrverbrauch
                              									an Brennmaterial nach sich; ausserdem ist, soweit überall angängig, der Gasschieber
                              									möglichst wenig geöffnet worden, um ungestümen Flammenaustritt aus dem Ofen zu
                              									verhindern. Es ist endlich zu Gunsten des neuen Verfahrens in Anschlag zu bringen,
                              									dass bei Verwendung fetter Kohle bis 30 Proc. des Gewichtes derselben in den
                              									Erzziegeln sich in Gas von grösster Heizkraft umsetzen, welches, verschieden vom
                              									Generatorgas, nicht durch Stickstoff und Kohlensäure verdünnt und im Effecte
                              									herabgesetzt ist.
                           Die durch das Verbrennen der Kohlenwasserstoffe u.s.w. erzeugten Calorien
                              									unberücksichtigt gelassen und angenommen, alles Gas sei aus Kohlenoxyd
                              									zusammengesetzt, so ergeben sich
                              										\frac{27\,\times\,30}{100}\,\times\,5607=45416 Cal. für je
                              									100 k Erz, mit den oben ermittelten 126157 Cal. zu Gunsten des Verfahrens 171573
                              									summirend, die, wie bereits gesagt, nur zum Theil vom Bade aufgenommen werden.
                           Auf basischem Herd muss die Entschwefelung sich während des Einschmelzens der
                              									Erzziegel vollziehen, denn der Schwefel verbindet sich mit dem Kalke in reducirender
                              									Atmosphäre. Eine solche vollständige Entschwefelung findet im Hochofen bei
                              									entsprechend basischem Gang nach der Formel FeS + CaO + C = Fe + CaS + CO statt; es
                              									genügt dazu, den Ziegeln Kalk in Stücken zuzusetzen, wenn das verwendete Erz
                              									ziemlich kieselreich ist.
                           Die Entphosphorung erfolgt auf basischem Herd allmählich und nach Maassgabe des
                              									Fortschreitens der Entkohlung; sie vollzieht sich schneller durch periodische
                              									Zusätze von gebranntem Kalk und Eisenerz, ebenso zur Zeit der Schlackenbildung und
                              									des Schlackenabziehens, welches nicht unterlassen werden darf.
                           In England trat im Siemens-Martinofen entphosphortes Metall zuerst 1887 in der
                              									Ausstellung zu Manchester officiell auf; es war ein Erzeugniss der Patent Shaft and Axletree Co. von Wednesbury. Bei
                              									dieser Gelegenheit machte ihr Director Wailes in der
                              									Herbstversammlung des Iron and Steel Institute zu
                              									Manchester eine emphatische Mittheilung über die Art des dazu benutzten Ofens,
                              									welche mit dem gleichen Enthusiasmus aufgenommen wurde, welchen die Enthüllung eines
                              									neuen Verfahrens zu erregen pflegt. Die englischen Metallurgen vernahmen mit
                              									Befriedigung, dass man endlich eine Fabrikation ins Werk gesetzt hatte, von der
                              									viele unter ihnen wussten, dass sie in zahlreichen Hütten des Continents schon seit
                              									längerer Zeit im laufenden Betriebe stand. Hauptsächlich die nahe Petersburg
                              									gelegene Hütte Alexandrowsky war das Ziel einer wahren Wallfahrt gewesen, weil man
                              									daselbst Clevelandroheisen verarbeitete.
                           Wie bei so manchen neuen Einführungen fehlte es 
                              									auch hier nicht an Enttäuschungen; andere Werke erlebten nur Unerfreuliches bei
                              									Benutzung des heilbringenden Ofens, man kehrte mehr oder weniger zum altbewährten
                              									Zuschnitte des sauren Ofens zurück, stellte diesen basisch zu und heute zählen die
                              									nordenglischen Werke in Wales, vorzugsweise in Staffordshire, eine beträchtliche
                              									Anzahl Oefen zu 12 bis 20 t Fassung, in denen in currentem Betrieb ökonomisch
                              									entphosphort wird, um ein extra weiches Metall zu produciren, welches an die Stelle
                              									des einheimischen Eisens in der Mehrzahl der Verwendungsarten und hauptsächlich in
                              									der Weissblechindustrie getreten ist.
                           In dieser neuesten Gestalt hat der ursprünglich runde Bathoofen mit seinen sonstigen
                              									sehr zweckmässig umgebildeten Accessorien, auf welche weiter unten zurückgekommen
                              									werden soll, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den basischen Martinprocess
                              									erlangt.
                           Das im basischen Ofen zu verarbeitende Roheisen soll möglichst normaler
                              									Zusammensetzung sein. Das Prototype desselben ist ein weisses Roheisen
                              									krystallinischen Bruchs mit etwa 2 Proc. Mangan, 0,50 Proc. Silicium im Mittel und
                              									0,05 Proc. Schwefel, welches aus einem Möller erblasen wird, in dem als Base neben
                              									einigen Northamshireerzen hauptsächlich Puddel- und Schweissofenschlacken sich
                              									befinden, die im „schwarzen Lande“ seit Jahrhunderten sich zu Bergen
                              									angehäuft haben.
                           Das Eisenoxyd, welches man dort vorzugsweise zum Frischen verwendet, wird einem
                              									künstlich hergestellten Eisenerze entnommen – man schmilzt jene Schlacken in Haufen,
                              									um nahezu ihr ganzes Silicium davon abzuscheiden; das resultirende Product,
                              										„bull-dog“, ist zäh und dicht.
                           Das auf gleiche Weise hergestellte, in der Hütte zu Brymbo zur Benutzung stehende
                              									Material enthält 0,50 bis 1,00 Proc. Silicium, 0,85 Proc. Phosphorsäure und 64,00
                              									Proc. Eisen in Gestalt von Fe2O3.
                           Man setzt für Phosphor- und Phosphorsäuregehalt im Roheisen und im Erze, welche als
                              									fundamentale Rohmaterialien im basischen Ofen Englands dienen, keine festen Grenzen,
                              									ersterer darf 3 Proc. und mehr betragen, dagegen verlangt man, dass der Schwefel nur
                              									auf Spuren, Silicium und Kiesel auf ein erreichbares Minimum beschränkt bleiben.
                           Dies ist die unerlässliche Bedingung für die Wahl der Rohmaterialien zum basischen
                              									Martinofenbetriebe der Hütten in Wales und Midland. Das Arbeitsverfahren ist kaum
                              									weniger gleichartig und wird ebenso streng eingehalten: die Charge besteht
                              									durchschnittlich aus 75 Roheisen und 25 schwefelfreiem, 0,10 bis 0,30 Phosphor
                              									enthaltendem Schrott aller Art, Schweisseisen und Stahl. Der zur Entphosphorung
                              									dienende Kalk wird grösstentheils als zu Nussgrösse zerschlagener Zuschlag
                              									gegeben.
                           Ist der Ofen chargebereit, so werden rings um den Herd etwa ⅔ des gesammten
                              									Zuschlages vertheilt und werden die Roheisenbarren zwischen denselben eingetragen;
                              									der Rest des Zuschlages, zuweilen mit Theilen des Erzmöllers zusammengemischt, wird
                              									auf das Roheisen geworfen.
                           Der Schrott wird obenauf und mitten in den Ofen gesetzt.
                           Nach erfolgtem Einschmelzen, etwa 4 Stunden nach Beendigung des Einsetzens, und wenn
                              									die Schlacke gleichmässig flüssig und frei von nicht oder nur halbgeschmolzenen
                              									testen Erz- und Kalkstücken geworden, wird der Rest des Erzes nebst einer
                              									bestimmten Menge gebrannten Kalkes mit der Schaufel allmählich nachgetragen.
                           Die erste Probenahme findet statt, sobald das Kochen des Bades sich zu beruhigen
                              									beginnt, und nach der letzten Probe wird das Zusetzen von Erz und Kalk eingestellt,
                              									wenn diese unter dem Hammer ausgeschmiedet und im Wasser abgeschreckt sich
                              									zusammenschlagen lässt ohne Risse zu bekommen.
                           Wenn die Rohmaterialien dem Bade nicht mehr als 0,02 bis 0,03 Proc. Schwefel
                              									zuführten, so schmieden sich die Proben vor dem Zusätze von Ferromangan auch ohne
                              									Hartborsten an den Rändern aus.
                           Erscheint das Bad hinreichend heiss, so wird mit einem eisernen Rundstab umgerührt
                              									und zum Abstiche geschritten. Ferromangan wird in der Pfanne hinzugefügt. In Brymbo
                              									gibt man 25 Proc. vom Gewichte der in Aussicht genommenen Blöcke Zuschlag und im
                              									Mittel 15 Proc. Eisenoxyd mit 92 Proc. Fe2O3; man verbraucht daselbst 35 bis 40 k gebrannten
                              									Kalk auf die Productionstonne.
                           Das Metall enthält bei normalem Verlauf der Arbeit unmittelbar vor dem Abstiche 0,09
                              									bis 0,10 Proc. Kohle, gegen 0,20 Proc. Mangan und weniger als 0;05 Proc. Phosphor;
                              									im Allgemeinen hält man einen 0,10 Proc. nicht übersteigenden Phosphorgehalt für
                              									sehr annehmbar.
                           Art der Arbeit und Wahl der Rohmaterialien in England weichen von den auf dem
                              									Continente eingehaltenen recht wesentlich ab, das Product dagegen unterscheidet sich
                              									keinesfalls von dem dort erzielten.
                           Trotz strenger Einhaltung des vorstehend beschriebenen Arbeitsverfahrens und obschon
                              									stets die Arbeit erfahrungsmässig am meisten beschleunigende beste Materialien
                              									gewählt werden, die gleichmässiges Product liefern und nach Möglichkeit die
                              									Erhaltung des basischen Futters gewährleisten, so ist doch der Roheisen- und
                              									Erzprocess auf basischem Herd in England noch viel von Zufälligkeiten abhängig und
                              									noch weit von der Regelmässigkeit entfernt, mit welcher die Production im sauer
                              									zugestellten Martinofen vor sich geht.
                           Man will in Brymbo im Zwanzigtonnenofen wöchentlich 180 t Blöcke mit einem
                              									Kohlenverbrauche von 560 k für 11 und mit einem Blockausbringen von 92 bis 93,5
                              									Proc. vom Gewichte des Roheisens, des Schrotts und des Ferromangans erzeugen und
                              									zwischen zwei grossen Ofenreparaturen 4000 t Blöcke liefern.
                           Es ist weiter oben wiederholt darauf hingewiesen worden, dass im Roheisenerzprocesse
                              									aus der grossen Schlackenmenge mancherlei Inconvenienzen und Nachtheile erwachsen
                              									und dass deshalb nur reichstes, von Gangart möglichst freies Erz zur Anwendung
                              									kommen soll. Aber auch die reinsten Erze und sonstige metallische Frischmittel, wie
                              									selbst Hammerschlag, Walzsinter u.s.w., vermehren wenigstens anfänglich, d.h.
                              									unmittelbar mit dem Einschmelzen die Schlackenmenge ganz erheblich, da sie nicht nur
                              									ihre Schlackenbildner in dieselbe abgeben, sondern ganz darin aufgehen; damit aber
                              									wächst der Angriff der vorerst noch sehr eisenreichen Schlacke auf das Ofenfutter,
                              									mit dem sie in grösserer Menge und während längerer Zeit in Contact bleibt, und
                              									gleichzeitig damit die Schwierigkeit, das Metallbad in erforderlicher Temperatur zu
                              									erhalten bezieh. wieder darauf zu erheben.
                           Es gibt mehrfache Mittel, diese Unannehmlichkeiten 
                              									und Nachtheile abzumindern, ohne dabei die Arbeit selbst modificiren zu müssen;
                              									man mag beflissen sein, 1) die frischende Action des Erzes zu befördern, 2) die
                              									Schlacke zu beseitigen, sobald sie ihre frischende Wirkung ausgeübt hat, und 3)
                              									widerstandsfähigere feuerfeste Materialien zum Ofenfutter zu suchen und zu
                              									verwenden.
                           Die frischende Action des Erzes u.s.w. wird vor allem durch heissen Gang des Ofens
                              									gefördert, den nicht jegliche Ofenabmessung und jedes Ofensystem in gleicher Weise
                              									gewährleistet; hierauf wird weiter unten zurückzugreifen sein.
                           Textabbildung Bd. 282, S. 84Fig. 1.Bathoofen von Hilton-Eston. Es ist ausserdem auch bei heissem Ofengange, soll eine solche Förderung
                              									erreichbar bleiben, das Erz nur in genau berechnetem, bestimmtem Verhältnisse
                              									anzuwenden und es müssen die jeweiligen Zusätze rechtzeitig und in richtig
                              									abgemessenen Mengen gegeben werden.
                           Wenn der Kohlenstoff des Roheisens nur durch den Sauerstoff des Erzes zur Verbrennung
                              									gebracht werden wird, so sind für 1 Kohlenstoff 6FeO oder 4 + 4/9Fe2O3 erforderlich. In
                              									Wirklichkeit verwendet man für 1 Kohlenstoff reichlich 5 reines Erz und die
                              									Erfahrung hat gelehrt, dass das Erz in nach einander an Gewicht abnehmenden Mengen
                              									zugesetzt werden muss; ihr Gewicht bestimmt sich nach der Menge des im Bade
                              									enthaltenen Kohlenstoffs, nach der Temperatur im Ofen und nach der Beschaffenheit
                              									des Erzes selbst.
                           Vor Erneuerung des Erzzusatzes ist immer abzuwarten, dass die Schlacke ihre ganze
                              									Frischwirkung ausgeübt hat (der Index dafür ist Beruhigung des Bades vom Kochen und
                              									hellgrüne Färbung der erkalteten glasigen Schlackenprobe) und dass das Bad warm
                              									genug ist, um einen neuen Zusatz lebhafte und rasche Frischwirkung unmittelbar nach
                              									dem Einschmelzen ausüben zu lassen. Erz in zu kleinen Einzelquanten eingetragen
                              									macht das Bad wenig aufkochen und wirkt nur in geringem Maasse frischend, in zu
                              									grossen Mengen gegeben erkältet es das Bad und erzeugt eine übermässige
                              									Schlackenmenge, die, wie oben hervorgehoben, den Ofen sehr anzugreifen vermag.
                           Die Entfernung der Schlacke, nachdem ihre frischende Wirkung ausgeübt, ist zweifellos
                              									das beste Mittel, den Gang des Roheisenerzprocesses im Martinofen zu verbessern;
                              									bedauerlicher Weise ist dieselbe häufig zäh und läuft in Folge dessen schwierig ab,
                              									das Abziehen aber mit der Krücke ist eine missliche, höchst mühsame Arbeit.
                              									Vorzüglich wirkt der Schlackenabstich, namentlich alsbald nach dem Einschmelzen des
                              									Roheisens, oder nachdem der erste, spätestens nachdem der zweite Erzzusatz seine
                              									Wirkung ausgeübt hat; Schlackenabstich unter angedeuteter Modalität bewirkt und
                              									bereitet als wesentlichen Vortheil, dass die nach dem demnächstigen Erzzusatze sich
                              									bildende Schlacke sehr eisenreich ist, hochgradig frischt und deshalb den raschesten
                              									Verlauf der Charge ermöglicht.
                           Zusatz eines Flussmittels, z.B. Flusspath, vor dem Schlackenabstiche wird das
                              									Abfliessen der Schlacke wesentlich unterstützen.
                           Der von Wailes beim Manchester-Meeting 1887
                              									eingeführte runde Bathoofen hat den anfänglich an ihn geknüpften Erwartungen nicht
                              									entsprochen; aber er hat alsdann so wesentliche Constructionsveränderungen
                              									durchgemacht und so erhebliche Verbesserungen erfahren, dass er heute schon recht
                              									weitgehenden Ansprüchen gerecht zu werden vermag und als einer der besten
                              									Herdfrischapparate anzusehen ist.
                           Seine Einrichtungen haben namentlich durch den von Riley und
                                 										Dick in Glasgow construirten Ofen, bei welchem die vollkommene Abtrennung
                              									des Herdes von den cylindrisch geformten Wärmespeichern, sowie auch dieser unter
                              									sich durchgeführt ist, eine recht zweckmässige Zusammenstellung erfahren. Man hat
                              									die Kreisform des Herdes ganz verlassen und ist allmählich durch die Ellipse zur
                              									rechteckigen Urform des Siemens Martinofens zurückgekehrt, weil sich ergab, dass die
                              									Flamme den runden Herdraum nicht genügend erfüllte, vielmehr vorwiegend in der Mitte
                              									die hohe Temperatur erzeugte, welche dem Systeme eigen ist. Auf diese Weise ist
                              									endlich der von Hilton-Eston angegebene Typus
                              									entstanden, welchen die hier folgende Skizze zu veranschaulichen bestimmt ist.
                           Textabbildung Bd. 282, S. 84Bathoofen von Hilton-Eston. Vor älteren Constructionen zeichnet sich der BathoofenDie Einrichtungen des Bathoofens sind in Deutschland durch die Patente Nr.
                                    											21698, 29488 und 30899 geschützt; zu  Abschlüssen von Licenzverträgen für
                                    											Deutschland, Oesterreich und Belgien ist der Civilingenieur R. M. Daelen, Düsseldorf, Kurfürstenstrasse 7,
                                    											ermächtigt. vorwiegend durch höhere Temperatur aus, welche die
                              										
                              									sonst selten, fast nie erreichte Leistung von sechs Chargen zu 12 t Einsatz in
                              									24 Stunden auf basischem Herd normal zu erzielen gestattet; daraus folgen ferner
                              									dementsprechend erheblich geringerer Verbrauch an Brennmaterial, Verminderung der
                              									Instanderhaltungskosten und Erleichterung und Beschleunigung der Arbeiten. Die
                              									Ermöglichung einer Productionsvermehrung um rund 50 Proc., sechs gegen vier Chargen
                              									täglich, ist so schwerwiegend als möglich.
                           Diese vorzüglichen Eigenschaften haben ihn bereits in zahlreichen Werken Englands,
                              									Nordamerikas und Deutschlands zur Einführung verholfen, wo er zur Zeit in mehr als
                              									60 Ausführungen in normalem Betrieb steht, während noch andere im Aufbau begriffen
                              									sind; auch in Italien und Spanien hat er Aufnahme gefunden.
                           An feuerfesten Materialien ersten Ranges besteht, wenigstens in Deutschland und
                              									Oesterreich-Ungarn, heute kein wesentlicher Mangel mehr; Stahlhütten von einiger
                              									Bedeutung fertigen ihren Bedarf daran gewöhnlich selbst und lassen die einschlägige
                              									Fabrikation an Hand erprobter Vorschriften unter Controle ihrer Chemiker treiben,
                              									die am sichersten zu beurtheilen vermögen, welche Rohmaterialien den Anforderungen
                              									der Betriebe voll gerecht zu werden vermögen.
                           Neben richtiger Wahl der Materialien ist es ferner die technische Vollkommenheit der
                              									Herstellungsarbeit, die die höchste Qualität der feuerfesten Ofenmaterialien
                              									bedingt: äusserste Dichte der Steine und schärfster Brand sind die hauptsächlichsten
                              									Voraussetzungen für die Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Angriffe und gegen
                              									die zerstörenden Einflüsse der Schlacken; beide sind durch exacte Arbeit und
                              									peinliche Beaufsichtigung derselben unschwer sicher zu stellen.
                           Dass unter den Materialien für die Zustellung von Martinöfen bei den continentalen
                              									Werken das früher warm empfohlene Chromerz nur eine sehr untergeordnete Rolle mehr
                              									spielt, ist in der einschlägigen technischen Literatur während des letzten
                              									Trienniums wiederholt mitgetheilt worden; neuerliche Versuche in Schweden, in
                              									Finnland und seitens mehrfacher Werke in Russland haben zu Einführung in den
                              									normalen Betrieb daselbst nicht zu führen vermocht. Die österreichisch-ungarischen
                              									Flussmetallhütten haben in den letzten Jahren auf die Benutzung von Chromerz beim
                              									Aufbaue ihrer Martinöfen gänzlich verzichtet; bei einem deutschen Werke hat seine
                              									Verwendung zum Futter vor nicht langer Zeit den Eingang der betreffenden Oefen nach
                              									sich gezogen und nirgends – ein einziges Werk minderer Bedeutung ausgenommen – wird
                              									in Deutschland dasselbe, wo immer noch in Anwendung, zu anderen Zwecken mehr
                              									eingebaut, als zur Trennung der sauren Ofenpartien von den basischen in Form einer
                              									wenige Centimeter starken Isolirschicht. Von einer Arbeit auf neutralem (Chromerz-)
                              									Herde und innerhalb neutraler (Chromerz-) Umwandung ist in beiden Ländern, abgesehen
                              									von vorher erwähnter einzigen Ausnahme, nirgends mehr die Rede. Der mehrfach
                              									hervorgehobene Vortheil, welchen die Arbeit auf neutralem (Chromerz-) Herde in Bezug
                              									auf Qualität des erzeugten Productes liefern soll in Folge eines in dasselbe
                              									übergehenden minimalen Bruchprocentsatzes von Chrom, ist, wenn überhaupt
                              									thatsächlich, zweifelsohne durch einen entsprechenden Zusatz von Chromeisen zum Bade
                              									billiger und unter Aufrechterhaltung vollster Betriebssicherheit zu erreichen.
                           Dem Rückgange der Anwendung von Chromerz beim Aufbaue von Martinöfen gegenüber ist
                              									die rasche Ausbreitung der Benutzung von Magnesit und daraus hergestellter
                              									Magnesiasteine als feuerbeständigstes und gegen Corrosionen durch die feuerflüssigen
                              									Producte des Schmelzprocesses widerstandsfähigstes Zustellungsmaterial während der
                              									letzten Jahre geradezu staunenswerth zu bezeichnen.
                           Das Haus Carl Später Coblenz, Besitzer der grössten und
                              									anerkannt für die Zwecke des Martinofenbetriebes geeignetsten Magnesitvorkommen
                              									Steiermarks, von dem auch die wenigen Concurrenzgeschäfte einen ansehnlichen Theil
                              									ihres Rohmaterials beziehen, andere bei ihm ihren ganzen Bedarf decken, hat im
                              									verflossenen Jahre allein für Martinwerke in zehn der Hauptproductionsländer der
                              									Welt, von Amerika und Spanien im Westen bis zum Ural im Osten, von Schweden im
                              									Norden bis Italien im Süden, an 85 verschiedene Firmen nicht weniger als 11390000 k
                              									Magnesit in allen Formen der Vorbereitung zum unmittelbaren Verbrauch und daraus
                              									hergestellte Magnesiasteine versendet und ausserdem noch am Jahresschlusse
                              									unerledigt gebliebene Aufträge von 63 Firmen auf Lieferung von mehr als 7,5
                              									Millionen Kilogramm in ihren Büchern behalten.
                           Seitdem ist das Zuströmen neuer Bestellungen nur noch lebhafter geworden und hat zu
                              									fortwährender Weiterausdehnung der Aufbereitungsanlagen der Firma geführt.
                           Im Magnesit ist zweifelsohne das Zustellungsmaterial für basische Herdöfen vorhanden,
                              									welches der „Roheisenerzprocess“ wie auch der „Process Imperatori“ nicht stärker in Anspruch nehmen
                              									werden als das Roheisenschrottverfahren, und dass zu dem einen oder dem anderen in
                              									nicht ferner Zeit ernstlich gegriffen werden muss, dazu wird die mit der weiteren
                              									starken Ausbreitung der Martinarbeit nothwendiger Weise eintretende Steigerang des
                              									Preises brauchbaren Schrotts unwiderstehlich drängen. An verwendbaren kieselarmen
                              									Erzen ohne oder mit nur minimalem Schwefelgehalt besteht kein Mangel; da der
                              									basische Process an einem Gehalte derselben an Phosphorsäure Anstoss nicht nimmt,
                              									und bei dem zum Theil massigen Vorkommen solcher Erze (Grängesberg, Gellivare
                              									u.s.w.) ist auch eine unverhältnissmässige Steigerung ihres Preises unter Zunahme
                              									ihres Verbrauchs nicht zu befürchten; im Uebrigen aber hindert nichts, dass auch
                              									Werke ausserhalb des „schwarzen Landes“ Englands anstatt ihre
                              									Raffinirschlacken zu veräussern oder für den eigenen Hochofen zu vermöllern,
                              									dieselben zu „bull dog“ um- und dann als artificielles Erz auf dem Herde
                              									verarbeiten.