| Titel: | Surrogate im Hochbauwesen. | 
| Autor: | O. Gruner | 
| Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 133 | 
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                        Surrogate im Hochbauwesen.
                        Eine vergleichende Studie von O. Gruner, erster Baucommissar in Dresden.
                        Surrogate im Hochbauwesen.
                        
                     
                        
                           Unter dem vorstehenden Titel veröffentlichte die Zeitschrift Civilingenieur, Bd. 36 S. 422, eine Reihe von Mittheilungen über
                              									Baustoffe, aus der wir mit Einwilligung von Verfasser und Verleger Nachstehendes
                              									mittheilen.
                           Die Studie beleuchtet zunächst den Charakter des ursprünglichen Baustoffes und des
                              									Ersatzstoffes und ihre gegenseitige Stellung, sowie die Berechtigung, mitunter sogar
                              									Vorzüge und Vortheile der Ersatzstoffe, Kosten u. dgl., und betont besonders, dass
                              									bei dem stetigen Fortschreiten der Praxis ein Anspruch auf Vollständigkeit der
                              									Zusammenstellung nicht erhoben werden könne, auch dass, der Kostenpunkt stetig
                              									wechsele. Der Verfasser fährt dann fort:
                           Unsere Betrachtung beginnt tektonisch richtig mit der Gründung eines Bauwerkes. Die
                              									Pfahl- und Schwellroste zeigen uns hier schon in ältester Zeit das Bemühen 
                              									sogar für den gewachsenen Boden ein Ersatzmittel einzuführen; will man aber die
                              									Roste schon als Bestandtheile des Fundamentes ansehen, so wird man doch das
                              									Einbringen von Sandschüttung in die Baugrube als Ersatzmittel in unserem Sinne
                              									gelten lassen müssen, und zwar als eines, das bei moorigem Boden oder durchweichtem
                              									Thone mehr Beachtung und Anwendung verdient, als es bisher fand. Auch das Verfahren,
                              									losen Sandboden durch Zuführung geeigneter Flüssigkeiten einer Verkittung oder
                              									Verkieselung zu unterwerfen, dürfte zu fortgesetzten Versuchen empfohlen werden. Der
                              									Gründung auf Betonsohle wird schwerlich Jemand den Charakter des Ersatzmittels
                              									absprechen wollen. Freilich ist vor einer universellen Anwendung desselben zu
                              									warnen, denn so vortreffliche Dienste in quelligem Boden eine genügend starke, gut
                              									zubereitete, durchgehende Grundplatte aus Beton zu leisten vermag, so verkehrt ist
                              									es, in trockenem Kiesboden kurze, schmale Bankettstreifen aus verständnisslos
                              									zusammen gemischtem „Beton“ herzustellen, dessen Festigkeit der des
                              									gewachsenen Kieses kaum gleichkommt.
                           Im Anschlusse hieran kann sogleich die Verwendung des Betons als Ersatz des
                              									aufgehenden Mauerwerkes besprochen werden. Die Zulässigkeit desselben zu
                              									Rohrschleusen und Kanälen steht heute ausser Zweifel, aber auch für Hochbauzwecke
                              									möchte wenigstens seine Ueberlegenheit im Vergleiche mit Pise- und Cendrinbau u.
                              									dgl. schon um deswillen zuzugeben sein, weil er die Herstellung der Fussböden,
                              									Treppen und Gesimse, ja selbst der Zierathen aus einerlei Material und
                              									gewissermaassen organisch gestattet. Von den wichtigen Betongewölben wird später
                              									noch die Rede sein.
                           Betonmauern werden in Kastenformen aus Eisen oder Holz und Eisen hergestellt. Ihre
                              									Bestandtheile sind je nach der Güte des Cementes und der Reinheit oder sonstigen
                              									Beschaffenheit der Zusatzmaterialien nach dem Verhältniss 1 : 8 bis 1 : 10
                              									zusammengemischt. Die Vorwohler Portlandcementfabrik stellte 25 cm starke Betonmauer
                              									für 3,55 bis 3,85 M. für 1 qm her.
                           Die Bemühungen, Wände und insbesondere die äusseren Umfassungen ganz aus Eisen
                              									herzustellen, haben bisher zu keinem befriedigenden Erfolge geführt; zum Theil
                              									erwies sich das Material als zu theuer, zum Theil als zu schwer, in den meisten
                              									Fällen aber als ungenügender Schutz gegen Wärme und Kälte.Nachträglich ist uns ein Schriftchen zugegangen, betitelt: Vergleichende Versuche über Wärmedurchlässigkeit
                                       												verschiedener Bau- und Bedachungsmaterialien von Dr. Grünzweig in Ludwigshafen. Wenn auch
                                    											gewissermaassen pro domo verfasst, sind doch die auf sachgemässen Versuchen
                                    											beruhenden Resultate allgemein beachtenswerth. Wenn mit Bezug auf
                                    											Wärmedurchlässigkeit eine 40 mm starke Korksteinplatte = 100 gesetzt wird,
                                    											so ergibt sich z.B. für Wellblech, Hilger's
                                    											Profil I, 25/120 mm: 292; für 50 mm dickes Schilfbrett: 115; für Holzcementdach
                                    											gewöhnlicher Art: 110; für Ziegeldach mit Schalung und Putz: 99; für
                                    											dasselbe mit 65 mm Korksteinverkleidung mit Gypsputz nur 54
                                    										u.s.f. Aus diesen Gründen haben Wellblechconstructionen nur sehr
                              									beschränkte Anwendung, und nur da, wo es sich um transportable kleinere Gebäude
                              									handelte, gefunden, und dürften auf dem Gebiete des Kolonialbauwesens, wo es leichte
                              									Transportfähigkeit, einfache Aufstellungsweise und Schutz gegen die Wärme gilt, von
                              									den Magnesitbauplatten übertroffen werden. Mit Magnesit wird eine Masse bezeichnet,
                              									deren Bestandtheile (Geheimniss) in der Hauptsache ein Kalkmörtel mit
                              									Sägemehlzusatz zu bilden scheint und aus welcher 12 und 20 mm dicke Platten von 1 :
                              									1 und 1 : 1,5 m Fläche mit einer Jutegewebeeinlage hergestellt werden. Die
                              									Oberfläche derselben zeigt eine vollkommen dichte, sehr harte und fast
                              									marmorähnliche Textur; an den Kanten erhalten die Platten Falze, um die Fugen zu
                              									decken, die ausserdem mit einem mineralischen Kitt gedichtet werden. Die Verwendung
                              									der Platten zu Wänden erfordert ein Gerippe aus Holz- oder Eisenlatten, an dem sie
                              									festgeschraubt werden; auch Fussböden, Decken und Dächer werden daraus hergestellt.
                              									1 qm Magnesitplatten wiegt 19 bezieh. 31 k bei 12 bezieh. 20 mm Dicke und kostet
                              									2,75 bezieh. 3,25 M. Bei ihrer Verwendung als äussere Umfassungen kommt nach aussen
                              									eine 20 mm, nach innen eine 12 mm starke Platte, der Zwischenraum bleibt in der
                              									Regel hohl; 1 qm Wand (ohne das Holz- oder Eisenfachwerk) kostet somit 6 M.; die
                              									beiderseits nur 12 mm stark verkleideten inneren Scheidewände kosten auf 1 qm 5,5 M.
                              									– An dieser Stelle möchte auch eines mit gutem Erfolge in die Bautechnik
                              									eingeführten Materials gedacht werden, das aus 24 Proc. Sägespänen und einem
                              									steinharten Kitt aus gebrannter Magnesia und basischem ChlormagnesiumVgl. 1867 185 292. besteht, das
                              										„Xylolith“ von Ingenieur S. G. Cohnfeld in
                              									Dresden. Die mit Wasser zu einem gleichförmigen Teig gemischten Materialien, von
                              									denen die Sägespäne die Erhärtung verlangsamen sollen, werden in kräftigen Pressen
                              									zu plattenförmigen, consolförmigen und anderen Werkstücken ausgestaltet, die eine
                              									gelbliche Färbung und ein durchaus gleichförmiges, dichtes, körnig-schuppiges Gefüge
                              									zeigen. Specifisches Gewicht 1,55, Härtegrad nach der Mohs'schen Scala 6 bis 7 (Feldspathquarz), Zerreissfestigkeit 251 k auf 1
                              									qc, Zerdrückungsfestigkeit 854 k auf 1 qc. Mit dem natürlichen Holze trifft das
                              									Material darin überein, dass die Bearbeitung mit Säge, Stemm- und Stechzeug,
                              									Centrumbohrer und Raspel gut ausführbar ist; vor dem Naturholze hat es den Vorzug,
                              									dass es die Erscheinungen des Schwindens, Quellens und Werfens nicht zeigt; seine
                              									grösste Wasseraufnahme (nach 216 Stunden Liegen in Wasser) beträgt nur 3,8 Proc. Das
                              									Poliren der Oberfläche mittels aufgeriebener Schellacklösung ist mit gutem Erfolge
                              									ausführbar. Zur Herstellung von Wänden gleichfalls geeignet ist ferner das
                              									Moniersystem, dessen Eigenthümlichkeit in der Verbindung eines Metallgerippes und
                              									einer Cementmörtelumhüllung besteht. Da das erstere von einem Flechtwerke starker
                              									Eisendrähte gebildet wird und die Wandplatten nur etwa 3,5 cm Dicke erhalten, so
                              									besitzen die letzteren keine eigene Standfestigkeit, sondern bedürfen eines
                              									Eisenfachwerkes, in dessen Gefache sie bündig eingelegt und an dessen Ständer sie
                              									mittels der heraustretenden Drahtenden angehakt werden. Ausserdem werden die
                              									ausgerundeten Nuthen der Stossfugen mit eingeschobenem, gewelltem Draht und
                              									Cementverguss befestigt und gedichtet. 1 qm derartiger Platten kostet etwa 8 M. und
                              									wiegt bei 53 mm Dicke ungefähr 112 k.
                           Bildet beim Moniersystem eine Art Geflecht aus Rundeisenstäben in Stärken zwischen 5
                              									und 14 mm, mit 3,5 bis 10 cm weiten Maschen, an den Kreuzungsstellen mit Bindedraht
                              									an einander geheftet, die metallene Einlage, so besteht dieselbe bei den
                              									Rabitzwänden aus einem streifenweise (in sogen. Bahnen) vorräthig angefertigten
                              										Gewebe
                              									(mit rechteckigen 1 cm weiten Maschen) aus ungefähr 1 mm starkem, verzinktem
                              									Eisendrahte. Als Auftrag, welcher der fertigen Wand etwa 4 cm Stärke verleiht, dient
                              									eine Mörtelmasse, die mit der Einlage nach 28 Tagen etwa 50 k Bruchfestigkeit auf 1
                              									qc besitzt. Das Gewebe muss mindestens an zwei Seiten straff angespannt werden, was
                              									am besten zwischen Holzsäulen geschieht. Die Verwendung als äussere Umfassung wird
                              									dadurch freilich beschränkt, während das System bei inneren Scheidungen den grossen
                              									Vortheil bietet, nicht nur sich selbst, sondern nötigenfalls noch einen ihnen
                              									angehängten Balken frei schwebend zu tragen. Allerdings können die Rabitzwände erst
                              									am Orte ihres Gebrauches angefertigt, die Monierplatten aber bis zu 3 cm Dicke herab
                              									fertig angeliefert werden; den ersteren eignet aber zufolge ihrer geringen Stärke
                              									eine sehr rasche Austrocknung, auch schmiegen sie sich fast jeder
                              									Oberflächengestaltung an.
                           Zur Herstellung leichter Scheidewände hat die Neuzeit dem Baumeister ferner ein
                              									geeignetes Material zur Verfügung gestellt in Form der Gypsdielen (1891 280 119). Die Bestandtheile derselben sind in der
                              									Hauptsache ein Gemisch von porigen und fest bindenden Stoffen (Haare, Federn u.
                              									dgl.) mit Gyps; die in 2,5 bis 8 cm Stärke gegossenen, 2,5 m langen, 20 oder 25 cm
                              									breiten Platten werden durch Einlagen von Binsenrohr oder Holzstäbchen erleichtert
                              									und versteift; unter Umständen erhalten sie auch eine Unterlage von Asphaltpappe.
                              									Sie lassen sich bohren, nageln und sägen und eignen sich ebenso sehr zur
                              									beiderseitigen Verkleidung hölzerner Fachwerke, wie zum Aussetzen der Gefache. Auch
                              									in Verbindung mit Eisenständern und Wellblechwänden haben sie schon Verwendung
                              									gefunden. Bei 8 cm Dicke wiegen sie auf 1 qm 60 k und kosten 2,5 M. – Ein nach
                              									Herstellung wie Verwendbarkeit den Gypsdielen ziemlich ähnliches Fabrikat sind die
                              									Spreutafeln, welche aus einer Mischung von Weizenspreu, Gyps, Kalk, Leimwasser,
                              									Thierhaaren u. dgl. bestehen und bei Stärken von 7, 10 und 12 cm zur
                              									Gewichtsverminderung rechteckige Hohlräume enthalten, welche die Platten in schmale
                              									I-förmige Lamellen zerlegen. Der Spreutafelfabrikant berechnet 1 qm fertige 10 cm
                              									starke Scheidewand, beiderseits verputzt, zu 3,59 M., wobei 1 qm Spreutafel ungefähr
                              									55 k wiegt. Als Vorzug gegenüber den Gypsdielen macht er den rationellen
                              									Querschnitt, die rauhe Oberfläche und die grössere Leichtigkeit der Spreutafeln
                              									geltend; auch hinsichtlich des raschen Austrocknens und der Schalldämpfung dürften
                              									sie den Vorzug verdienen.
                           Während die durchgängig aus Holz hergestellte Block- oder Spundwand nächst der
                              									Lehmweilerwand wohl zu den ursprünglichsten Constructionen deutscher Bauweise
                              									gehört, weist die Neuzeit Bemühungen auf, die Verwendung des Holzes für diese Zwecke
                              									rationeller als bisher zu betreiben, d.h. auf das hohle Fachwerk mit Lattung zu
                              									beschränken und zugleich Schutz gegen Feuchtigkeit und Feuer zu erzielen. Die
                              									Umfassungen der amerikanischen „Cottages“ bestehen aus unausgemauertem
                              									Fachwerk, innerlich mit verputztem Latten werk, aussen mit den sogen.
                              										„Clapboards“, schwachen, über einander greifenden, wagerechten
                              									Brettstreifen verkleidet.Eine genauere Beschreibung dieser Construction hat Verfasser im Jahrgange
                                    											1875 der Allgemeinen Bauzeitung
                                    										gegeben. Die namentlich in Franken ausgebildete Verkleidung der
                              									Riegelwände mit Dachschiefer, oft durch Arabesken, Sprüche u. dgl. aus Stanniol (mit
                              									Firniss aufgelegt) verziert, wird neuerdings häufig (z.B. an schweizerischen
                              									Bahnhöfen) durch sogen. Blechschiefer ersetzt. Dieselben behalten entweder das
                              									Format (Rautenform) und die Anordnung der Dachschiefer bei, bestehen aus rohem
                              									Eisenblech, welches Oelfarbenanstrich erhält, und gewähren einen recht freundlichen
                              									Anblick, oder sie werden länglich rechteckig gestaltet, der Länge nach geriffelt und
                              									verzinkt. Von den ersteren erfordert 1 qm 32 Stück, die ohne Anschlagen 1,80 M.
                              									kosten, von letzterer Art erfordert 1 qm 15 Stück; 100 Stück wiegen 33 k und kosten
                              									20 M. – Vielleicht erlangt auch das mit „Superator“ bezeichnete Fabrikat als
                              									feuersichere Wandverkleidung noch Bedeutung. Es ist ein dünnes, schmiegsames
                              									Eisendrahtgewebe, oder eine imprägnirte Leineneinlage, beiderseitig mit einer Art
                              									von mineralischem Filz, dessen Hauptbestandtheil wohl Asbest ist, überzogen; in
                              									Rollen bis zu 11 m Länge und meist 0,8 bis 1 m Breite hergestellt; die Dicke variirt
                              									von ¾ bis 6 mm, das Gewicht beträgt bei 6 mm Dicke 9,1 k auf 1 qm; der Preis
                              									schwankt je nach der Dicke zwischen 1,25 und 8 M. Für leichte Zwischenwände, die
                              									freilich auf grosse Feuersicherheit keinen Anspruch erheben können, sei hier nur
                              									beiläufig an die früher schon im Civilingenieur
                              									besprochenen Holzlättchengewebe erinnert; 1 qm davon kostet 0,90 M.; 1 qm
                              									beiderseits geputzte Wand (ausschliesslich Ständer) 2,80 M.
                           Der Vollständigkeit wegen sei hier auch der mit Lincrusta-Walton bezeichneten
                              									Wandverkleidung aus einem dem (später noch zu besprechenden) Linoleum ähnlichen
                              									Stoffe gedacht. Mit der vornehmen Erscheinung der Ledertapete vereinigen dieselben
                              									constructiv werthvolle Eigenschaften, wie z.B. der Feuchtigkeit zu widerstehen, warm
                              									und trocken zu halten, und machen sie dadurch zur Verwendung auf schwachen
                              									Umfassungsmauern, die weder Putz noch Maculatur zu erhalten brauchen, besonders,
                              									geeignet.
                           So lebhaft man auch das Bedürfniss empfunden hat, den hölzernen Gebälken einen
                              									grösseren Widerstand gegen Feuer und Wasser (Schwamm) oder Luftmangel (Trockenfäule)
                              									zu verleihen, findet man sich doch immer mehr mit dem Gedanken ab, dass das Holz
                              									diesen Ansprüchen nie gerecht werden wird. Erfüllten die feuersicheren
                              									Imprägnirungen das, was sie versprechen, oder auch nur, was man billiger Weise von
                              									ihnen verlangen kann, so wäre die Lösung des Problems hinsichtlich Feuersicherheit
                              									eine sehr einfache. Auch an Holzconservirungsmitteln zur Verhütung des Schwammes
                              									fehlt es eigentlich nicht; das Carbolineum z.B. leistet in dieser Hinsicht unter
                              									Umständen wirklich gute Dienste; auch das Antimerulion von H. Zerener (D. R. P. Nr. 378), eine Mischung von Kieselguhr mit 6 Proc.
                              									Chlornatrium und 3 Proc. Borsäure, mit Wasserglas aufgestrichen, mag von Nutzen
                              									sein. Zur besseren Erhaltung der Balkenköpfe endlich hat die Neuzeit in der mit
                              										„eiserner Bauholzschute“ bezeichneten Eisenblechumkleidung (D. R. P. Nr.
                              									27232, von A. Thieke in Berlin) ein Mittel geboten,
                              									welches durch Eindringen des Eisenoxydhydrates in die Holzzellen, sowie durch
                              									Freihaltung ventilirender Kanäle immerhin Nutzen schaffen dürfte. Je nach der
                              									Balkenstärke und Auflagerlänge kostet eine fertig gefalzte eiserne Hülse zwischen 44
                              									und 85 Pf.
                           Aber trotz all dieser Schutzmittel wendet sich die Aufmerksamkeit, sobald es sich um
                              									die Schaffung feuer- 
                              									und fäulnissicherer Gebälke handelt, schon seit langer Zeit sofort dem Eisen
                              									zu. Freilich kommt das Gusseisen dabei kaum mehr in Betracht, desto mehr aber das
                              									gewalzte Eisen in verschiedenster Gestalt. Es wäre überflüssig, hier auf die
                              									walzeisernen I-Träger einzugehen, von denen heute, wenigstens für einzelne Zwecke,
                              									fast in jedem Neubau Gebrauch gemacht wird. Weniger bekannt sind noch die Träger mit
                              									Nagelvorrichtung (System Gocht, D. R. P. Nr. 34457 und
                              									Nr. 35631), welche es ermöglichen; hölzerne Gebälke durch solche aus Walzeisen zu
                              									ersetzen, ohne die bisherige Art und Befestigung der Decken- und
                              									Fussbodenconstruction aufgeben zu müssen. Mit 18 cm Höhe aus Flusseisen hergestellt,
                              									besitzen sie ein W = 132 und ersetzen somit einen
                              									Holzbalken von 20 × 26 cm. Die Beibehaltung des bisherigen Verfahrens, Decke und
                              									Fussboden herzustellen, bezweckt ferner auch der gewalzte Deckenbalken des Systems
                              										Klette (D. R. P. Nr. 31263 vom 23. September 1887),
                              									dessen Flanschen rinnenartig ausgehöhlt und mit Holzausfütterung ausgekeilt bezieh.
                              									in Asphalt eingelegt, ausgefüllt sind. Die Nagelung der Deckenschalung und Dielung
                              									findet ihren Halt in diesen Holzeinlagen. Die Balken bestehen aus zwei symmetrisch
                              									gestalteten Hälften, welche der Länge nach zusammengenietet werden, ihre Höhe
                              									beträgt 21 cm, das Gewicht für 1 m 29,8 k; W = 225.
                           An dieser Stelle sei auch in Kürze der glatten und ornamentirten Ziereisen von Mannstädt und Co. gedacht, welche es ermöglichen,
                              									I-Träger in Verbindung mit sichtbaren, profilirten Holzbalken, etwa als Unterzüge zu
                              									verwenden, ohne zu den stilwidrigen Kastenverkleidungen greifen zu müssen.
                           Werden Zwischendecken nach altem System hergestellt, so gibt, mögen hölzerne oder
                              									eiserne Balken dabei Verwendung finden; die bisherige Art, die Zwischenräume
                              									auszufüllen, in mehrfacher Hinsicht Anlass zu Bedenken. Der bisher zur Auffüllung
                              									der Einschubböden verwendete Schutt wird von den Hygienikern beanstandet; die mit
                              									halbem oder ganzem Windelboden eingebrachte Nässe macht den Physiologen bedenklich;
                              									die mit den Hohlräumen entstehende Hellhörigkeit bringt den Bewohner zur
                              									Verzweiflung. Es ist deshalb begreiflich, dass die Verbesserungsbemühungen sich
                              									gerade diesem Theile unserer Hochbauconstructionen besonders eifrig zugewendet und
                              									auf diesem Gebiete empfehlenswerthe Ersatzmittel geschaffen haben. Die schon
                              									erwähnten Gypsdielen wurden zuerst wohl nur als Ersatz für Einschub, Lehmstrich und
                              									Schlacken- oder Schuttauffüllung angefertigt. Sie werden auf die den Balken seitlich
                              									angenagelten Latten verlegt und nachdem die Fugen mit Gyps verstrichen wurden, mit
                              									Sand bis Oberkante Balken aufgefüllt. Bei 5 cm Dicke wiegen sie auf 1 qm 33 k und
                              									kosten (ohne Asphaltpappe) 1,80 M. Wenn sie zur Plafondbildung dienen sollen, werden
                              									sie mit verzinkten Nägeln quer über die Unterseite der Balken genagelt und
                              									abgefilzt. Bei 2,5 cm Stärke (mit Asphaltpappenunterlage) wiegen sie auf 1 qm
                              									ungefähr 20 k und kosten 1,50 M.
                           Auch die schon erwähnten Spreutafeln bieten gleichzeitig Ersatz für den Einschub und
                              									den Plafonduntergrund. Sie ruhen zwischen den Balken auf einem an Ort und Stelle
                              									hergestellten, sehr widerstandsfähigen Drahtnetz derart, dass sie die
                              									Balkenunterkanten bündig ausgleichen und sammt diesen nur einen dünnen Stucküberzug
                              									zu erhalten brauchen. Ihre Druckfestigkeit beträgt auf 1 qc 18,3 k. Der
                              									Fabrikant berechnet 1 qm fertige Decke (mit 7 cm starken Spreutafeln) zu 2,38 M.
                              									gegenüber 3,40 M. für die herkömmliche Construction. – Eine Verbesserung in Betreff
                              									der Hellhörigkeit ermöglicht, wenn im Uebrigen die bisherige
                              									Zwischendeckenconstruction beibehalten werden soll, der Isolirhaarfilz, welcher in 6
                              									cm breiten Streifen zwischen Balkenoberkante und Dielung gelegt wird; 1 m davon
                              									kostet 20 Pf.
                           Stakung und Einschub ganz entbehrlich zu machen, wird als ein Vorzug der Decken nach
                              										Rabitz' System (D. R. P. Nr. 3789, 4590, 10115 und
                              									46887), dessen schon bei den Wänden gedacht wurde, gerühmt. Das an der Unterseite
                              									der Balken trommelfellartig ausgespannte Drahtgewebe soll so tragfähig sein, dass
                              									der ganze Balkenzwischenraum mit Koksgrus ausgefüllt werden kann. In der That
                              									erfolgt der Bruch des Rabitzmörtels mit Drahtnetzeinlage erst bei 50 k auf 1 qc;
                              									dadurch wird es erklärlich, dass 4 cm starke Rabitzgewölbe eine gleichmässig
                              									vertheilte Last von 382 k auf 1 qm trugen, ohne dauernde Formveränderung zu
                              									erleiden.
                           Ein anderer, wichtiger Vorzug dieser Construction ist die unbedingte Feuersicherheit,
                              									welche sie dem damit verkleideten Holz- oder Eisenwerk gewährt. Der Preis stellt
                              									sich für 1 qm auf 4 bis 5,5 M. – Auch das Moniersystem gestattet eine Anwendung in
                              									grossen, wagerechten Flächen ohne Unterbrechung, indessen scheint es bei der
                              									Plafondbildung weniger an seinem Platze zu sein, als bei der Herstellung
                              									einheitlicher, fugenloser Fussboden. Bei unserer gewöhnlichen Balkenweite (85 cm)
                              									und Wohnraumnutzlast (200 k) würde beispielsweise eine 12 bis 13 mm starke, auf die
                              									Balken gelegte durchgehende Monierplatte mit 28 bis 30 k für 1 qm Eigengewicht
                              									genügen.
                           Eine grosse Mannigfaltigkeit der Constructionen bietet sich dem Architekten dar,
                              									sobald er das alte Gebälksystem mit Einschub u. dgl. aufgibt und in die
                              									Zwischenräume der Balken selbstragende Elemente einfügt. Als die frühesten Versuche
                              									in dieser Richtung wird man die gewölbartigen oder dachförmigen Ziegelausrollungen
                              									zwischen Holzbalken, wie sie z.B. Breymann für
                              									Stalldecken empfiehlt, anzusehen haben. Diese noch hier und da angewendete
                              									Construction findet in den Schwemmsteinen (aus Tuff und Trass), von denen das Stück
                              									in Normalziegelformat nur 2,22 k wiegt, ein geeignetes Material; noch besser für
                              									diesen Zweck sind vielleicht die Korksteine, deren Hauptbestandtheil: zerkleinerter
                              									Kork, mit Thon und Kalk zusammengekittet ist, von denen das Normalziegelformat nur
                              									500 g wiegt und von denen 100 Stück 10 M. kosten. Eine rationelle Ausbildung
                              									tragender Zwischendecken wurde aber erst mit der Einführung eiserner Träger an
                              									Stelle hölzerner Balken möglich. Für unsere Betrachtung, die nicht die constructiven
                              									Fortschritte im Allgemeinen, sondern die Einführung der Ersatzmittel im Besonderen
                              									zum Gegenstände hat, genügt es, an die zwischen (anfänglich gusseiserne) Träger
                              									gespannten flachen Ziegelkappen zu erinnern, welche so lange als vorzüglicher Ersatz
                              									von Gurtbögen und Tonnengewölben galten, bis man im verzinkten Trägerwellblech
                              									zwischen Walzeisenträgern ein Mittel kennen lernte; denselben Raum mit ½ bis ⅓ der
                              									dort erforderlichen Walzeisenträger zu überdecken. Dann kam der Stampfbeton in
                              									Aufnahme, welcher für gewisse Zwecke und Abmessungen (etwa bis zu 5 m Spannweite)
                              									die 
                              									eisernen Träger sogar ganz entbehrlich machte, wenn z.B. böhmische Kappen als
                              									Gewölbeform gewählt wurden. Behielt man aber die eisernen Träger bei, so wurden ihre
                              									Zwischenräume, wie beispielsweise beim Frankfurter Güterbahnhof, 80 bis 90 cm weit,
                              									mit 8 cm starken ebenen Betondecken (aus einem Gemisch von 1 Th. Portlandcement und
                              									7 Th. Schlacken) ausgefüllt und trugen auf 1 qm 2100 k ohne jede Beschädigung. – Ein
                              									Gewölbe aus einem Gemisch von 1 Th. Portlandcement, 1/4 Th. Kalkteig und 8 Th.
                              									Kiessand, im Scheitel 9, an den Widerlagern 15 cm stark, wurde bei 38 cm Pfeilhöhe
                              									3,5 m weit gespannt; der 75 cm breite Gewölbstreifen brach erst bei 30800 k
                              									gleichmässig vertheilter Last, d.h. bei 11750 k auf 1 qm. – Ein Betongewölbe von
                              									3,85 m Spannweite wiegt auf 1 qm etwa 550 k, kann mit 2000 bis 2500 k belastet
                              									werden und kostet etwa 11,20 M. (auf 1 qm). Auch Treppenstufen aus Stampfbeton
                              									entsprechen, wenn gut hergestellt, allen billigen Anforderungen; neuerdings erhalten
                              									sie häufig als Kern ein schmiedeeisernes Rohr.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)