| Titel: | Zur Erdölbildung. | 
| Autor: | Alex. Veith, Const. Schestopal | 
| Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 136 | 
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                        Zur Erdölbildung.Die Drucklegung dieser Arbeit hat sich durch verschiedene Umstände unliebsam
                                 										verzögert.Red.
                           							
                        Von Director Dr. Alex.
                                 							Veith und Dr. Const. Schestopal.
                        Zur Erdölbildung.
                        
                     
                        
                           Die classischen Versuche von Engler
                              									„Ueber die Bildung des Erdöles“ haben in unwiderleglicher Form den Beweis für
                              									den thierischen Ursprung des Erdöles erbracht. Engler,
                              									der sich bei seinen Versuchen und Schlüssen aus denselben auf die Arbeiten von Fraas, Müller, Krämer, Höfer u.s.w. stützte, gelangte
                              									zu dem Resultate, dass Meerthiere (Saurier, Tintenfische u.s.w.) das Rohmaterial für
                              									das Erdöl bildeten, indem sie, anfänglich einem Verwesungsprocesse unterworfen, sich
                              									durch Druck und Wärme in letzteres umwandelten.
                           Ueber das Rohmaterial eines Sinnes, doch über das „Wie“ der Erdölbildung
                              									anderer Ansicht, haben zwei Forscher – R. Zaloziecki
                              									und C. Ochsenius – in auch von einander abweichender
                              									Form den Entstehungsprocess des Erdöles zu erklären gesucht. Zaloziecki1891 280 69. 85. 133. stellt sich die
                              									allmähliche Veränderung des thierischen Leichenmaterials unter dem Einflüsse des
                              									Seewassers in den Meeresuferbuchten u.s.w. vorerst durch Fäulnissgährung – erregt
                              									durch Mikroorganismen – und nachträglich, nach Aenderung der äusseren Bedingungen –
                              									Ueberschichtung und Luftabschluss – durch einen unter Druck und Zeitwirkung bei
                              									nicht zu hoher Temperatur vor sich gehenden Abbau der Fettsäuren unter Ausscheidung
                              									von Kohlensäure, Kohlenoxyd und Bildung von Kohlenwasserstoffen, vor. Nebenher
                              									können secundäre Veränderungen zur Bildung von reinen und hydrogenisirten
                              									Kohlenwasserstoffen vor sich gehen.
                           Diese Schlussbemerkung seiner Abhandlung sagt im Wesentlichen nichts anderes, was
                              									auch schon Engler behauptet, dass das Erdöl sich unter
                              									Druck und bei nicht zu hoher Temperatur gebildet haben muss. Neu ist die
                              									Zuhilfenahme von Seewasser zur Erzeugung bezieh. Unterstützung des Processes.
                           Wir werden nun versuchen, an der Hand seiner Arbeit nachzuweisen, dass Zaloziecki stellenweise in Widerspruch mit seiner
                              									Schlussbetrachtung geräth. Gleich anfänglich sagt er, dass die Untersuchungen Engler's nicht als dem
                              									natürlichen Verlaufe entsprechend angesehen werden können, weil derselbe bei seinen
                              									Versuchen eine hohe Temperatur angewendet hat, und in der Natur die Bildung des
                              									Erdöles mit keinem pyrogenen Process zu thun hat, weiter fehlen in den
                              									Druckdestillaten eine Reihe von Kohlenwasserstoffen, die in der Natur vorkommen, es
                              									sind dies die aromatischen und hydrogenisirten Kohlenwasserstoffe. Bezüglich des
                              									ersten Einwandes sei bemerkt, dass Engler seine
                              									Versuche bis 400° C. durchführte, eine Temperatur, die als eine gewiss nicht zu
                              									hohe, bei den weitgehenden Zersetzungen der Thiersubstanz, geherrscht haben muss und
                              									mit jener der Pyrosphäre nicht verwechselt werden kann. Wenn Zaloziecki
                              									„nicht zu hohe Wärme“ als einen Factor der Erdölbildung und die bei den Engler'schen Versuchen angewendeten Temperaturen als zu
                              									hohe berechnet, erscheint die Frage unbeantwortet, wie gross diese „nicht zu hohe
                                 										Wärme“ gewesen sein mag?
                           Die zweite Einwendung ist insoweit nicht stichhaltig, als durch seitherige Versuche
                              									im Engler'schen LaboratoriumEngler und Seidner:
                                    											„Zersetzung der Fettstoffe beim Erhitzen unter Druck“, D. p. J. 1889 271
                                    											515. 572. nachgewiesen wurde, dass sich im Druckdestillate
                              									Naphtene, wenn auch in geringer Menge, vorfinden, und dürfte sich bei weiteren
                              									Untersuchungen auch das Vorhandensein von aromatischen Kohlenwasserstoffen
                              									constatiren lassen.
                           Nach Zaloziecki spielt das Seewasser in dem
                              									Umwandelungsprocesse eine wichtige Rolle, es wirkt gewissermaassen conservirend auf
                              									die theilweise zersetzte bezieh. in Verwesung übergegangene Thiersubstanz, die
                              									später vom Schlamme u.s.w. überschüttet, bei erhöhter Temperatur und Druck der
                              									Wirkung der Luft und des Wassers und deren Bestandtheile ausgesetzt, in die
                              									Erdölkohlenwasserstoffe umgewandelt wurde. Hier, im Widerspruche mit seinen
                              									einleitenden Bemerkungen, schreibt Zaloziecki der
                              									Temperatur eine Rolle in diesem Processe zu. Als wichtigstes Argument für diesen
                              									Verlauf des Processes betrachtet Zaloziecki das Fehlen
                              									von Stickstoff im Erdöle. Er findet darin einen Beweis mehr, dass ein Theil der
                              									Umwandlung im Freien hat geschehen müssen, denn nur so kann er sich das vollständige
                              									Fehlen von Stickstoff erklären. Neuere Untersuchungen von G.
                                 										BeilbyJournal of Society of Chemical Industry, 1891 S.
                                    											120. ergaben die überraschenden Resultate, dass fast alle von ihm
                              									untersuchten Erdöle (amerikanischer, russischer, galizischer Provenienz) Stickstoff,
                              									theilweise in Form von Basen, theilweise auch als Ammoniumsalze, enthalten. Der
                              									Gehalt beträgt in den Rückständen mehr als in den Destillaten und variirt zwischen
                              									0,05 Proc. eines Bakuöles bis 3,2 Proc. eines schottischen Rohölkoks.
                           Die Analysen von Erdgasen deuten gleichfalls auf das Vorhandensein von Stickstoff; so
                              									fanden H. Würz in einem amerikanischen Erdölgase 4,31
                              									Proc. Stickstoff, Sattler 7,32 Proc. Stickstoff, Bischhoff 0,94 Proc. in Bakuer Erdgas. Diese Thatsachen
                              									sprechen zur Genüge für den Umstand, dass sich Stickstoff im Erdöle befindet, sie
                              									widerlegen also die Behauptung, dass das erste Stadium des Erdölbildungsprocesses
                              									gänzlich „im Freien“ vor sich gegangen sein müsse. Das Seewasser, welches
                              									nach Zaloziecki conservirend auf die Thierleiber
                              									wirkte, musste es unbedingt ermöglichen, 
                              									dass ein Theil des Fäulnissprocesses noch unter Luftabschluss bezieh. in den
                              									schon von Gestein und Schlammmaterial überschütteten Thierresten vor sich ging.
                              									Dieser anscheinend geringfügige Umstand erklärt in erster Linie das Vorhandensein
                              									von Stickstoff im Erdöle, in zweiter Linie konnten die bei der Verwesung
                              									auftretenden Gase sicherlich einen Theil des zur Umwandlung nothwendigen Druckes,
                              									und der Fäulnissprocess selbst als eine genügende Wärmequelle die nothwendige
                              									Temperaturerhöhung liefern.
                           Im Verlaufe seiner Betrachtungen kommt Zaloziecki zu dem
                              									ganz richtigen Schlusse, dass die Fette nach Zersetzung der stickstoffhaltigen
                              									Substanzen das eigentliche Rohmaterial der Erdölbildung bildeten, indem erhöhter
                              									Druck, höhere Temperatur und Wasser bei dieser Umwandlung wirkten. Die beiden ersten
                              									Factoren sind unzweifelhaft bei diesem Processe vorhanden gewesen, ob jedoch Wasser,
                              									und ganz speciell mechanisch eingeschlossenes, irgend einen nennenswerthen Einfluss
                              									ausgeübt habe, müssen wir dahingestellt sein lassen. Dass „a priori“ kein
                              									Wasser bezieh. Seewasser mit dem Thiermaterial zurückbleiben, d.h. von den
                              									sedimentären Ablagerungen eingeschlossen werden konnte, ist schon aus mechanischen
                              									Gründen begreiflich, denn der Schlamm, die Gesteinsschichten, die den Rohstoff – die
                              									Thierreste – umhüllten, verdrängten ihrer Plasticität wegen alles Flüssige. Gegen
                              									die Annahme, dass Wasser im Verlaufe dieses Umwandlungsprocesses auf irgend eine
                              									Weise Zutritt fand, spricht die einfache Thatsache, dass von einem erhöhten Drucke,
                              									dem wichtigsten Factor der Erdölbildung, dann keine Rede sein könnte.
                           Die Thatsache, dass mit den Erdölen gewöhnlich Wasser gefunden wird – wobei wohl zu
                              									unterscheiden ist jenes Wasser, welches bei Bohrungen und. Durchbrechung von
                              									wasserführenden Schichten gewonnen wird und welches ganz unabhängig ist von dem das
                              									Erdöl begleitenden Wasser –, lässt sich in viel einfacherer Weise auf den chemischen
                              									Verlauf der Erdölbildung zurückführen. Bei der Zersetzung der stickstoffhaltigen
                              									Substanzen, bei der Spaltung der Fettsäuren, bei der Condensation des Glycerins, bei
                              									allen diesen Processen wird Wasser gebildet und in solchen Mengen, dass an die
                              									Zuhilfenahme von mechanischem Wasser nicht gedacht werden muss.
                           Denn bei diesem weitgehenden Processe – nach Abspaltung des Glycerins von den
                              									Fettsäuren – wurden letztere in die Kohlenwasserstoffe der Fett- und theilweise der
                              									aromatischen Reihe umgewandelt, unter gleichzeitiger Kohlensäure-, Kohlenoxyd- und
                              									Wasserabspaltung, während das Glycerin als Zwischenstufe in Acroleïn überging, welch
                              									letzteres unter Wasserabspaltung in die Kohlenwasserstoffe der aromatischen Reihe
                              									übergeführt wurde.
                           Dieses sogen. chemische Wasser tritt in genügend grosser Menge auf, um als Begleiter
                              									der Erdöle dienen zu können. Die in den Thierresten befindlichen Salze, die theils
                              									bei der Verdunstung des Seewassers zurückgeblieben, theils in den sedimentären
                              									Gesteinschichten enthalten waren, konnten von diesem chemischen Wasser aufgelöst
                              									worden sein, indem sie demselben die charakteristische Zusammensetzung gaben.
                           Die Uebergangsstadien, die Zaloziecki bei dem
                              									eigentlichen Verlaufe der Erdölbildung annimmt, sind äusserst interessant und
                              									vollkommen einleuchtend. Es müssen, wie Zaloziecki ganz
                              									richtig annimmt, neben diesem Hauptprocesse eine Reihe von secundären Processen vor
                              									sich gegangen sein, die das Vorhandensein von aromatischen und hydrogenisirten
                              									Kohlenwasserstoffen erklären, nicht minder richtig erscheint seine Behauptung, dass
                              									die Erdöl bildenden Thierreste als erste Stoffe in Erdwachs umgewandelt wurden und
                              									dass dieses somit nicht gewissermaassen durch Austrocknung
                                 										des schon gebildeten Erdöles entstand. Im Widerspruche damit stünde wohl
                              									die auch von Zaloziecki angenommene Ansicht, dass das
                              									Glycerin sich gleichfalls an der Erdölbildung betheiligte und eine Reihe von
                              									aromatischen Kohlenwasserstoffen lieferte. Denn dieselben Factoren, die die
                              									Zersetzung der Glyceride in die freien Fettsäuren und in Glycerin einleiteten und
                              									die ersteren unter Kohlensäureabspaltung nach Zaloziecki in die Kohlenwasserstoffe der Paraffine umwandelten, dieselben
                              									Factoren müssten gleichzeitig auch das zweite primäre Spaltungsproduct – das
                              									Glycerin – in Acroleïn und dieses durch Condensation in die aromatischen
                              									Kohlenwasserstoffe umgewandelt haben. Einen viel exacteren Beweis für die Ansichten
                              									von Zaloziecki, somit auch für die Gleichzeitigkeit der
                              									beiden Processe, würde die Untersuchung des Erdwachses ergeben, ob dasselbe auch
                              									aromatische Verbindungen enthält.
                           Mit allen anderen Punkten der Zaloziecki'schen Ansichten
                              									einverstanden, erübrigt es noch zum Schlusse, die zum mindest eigenartige Hypothese,
                              									die C. OchseniusChemiker-Zeitung, 1891 Bd. 15 S. 935.
                              									aufstellt, zu besprechen.
                           Ochsenius findet aus seinen Betrachtungen, dass das
                              									geologisch hervorragendste Agens bei der Bildung der Erdöle die Mutterlaugensalze
                              									sind. Als Mutterlaugensalze, im Gegensatze zu den Salzlösungen, bezeichnet Ochsenius concentrirte salinische Lösungen bezieh.
                              									Wässer, die mit Haloidsalzen des Natriums, Magnesiums, Calciums u.s.w. angereichert
                              									sind. Diese sollen nun unter Luftabschluss die Umwandlung der Thierreste, die Ochsenius gleichfalls als Rohmaterial des Erdöles
                              									annimmt, bewerkstelligt haben. In seinen Betrachtungen führt Ochsenius eigentlich neben einigen negativen Beweisen für die Erdölbildung
                              									nur einige ganz nebensächliche Erscheinungen und Reactionen auf. Seine negativen
                              									Beweise sind die Anführung einer Entdeckung, die man kürzlich bei der Auffindung von
                              									Leichen machte, die über 40 Jahre in einem Salzschachte gelegen sind und die nahezu
                              									unverändert blieben. Er schliesst daraus, dass reine Kochsalzlösungen nicht genügend
                              									sind, um thierische Substanzen in Erdöl umzuwandeln, ja sogar conservirend wirken.
                              									Die Thatsache, die er nach Nehring aufführt, dass
                              									Steppenthiere u.s.w. unter Flugsand und Staub jahrelang unverändert liegen, kann
                              									auch nicht als Beweis für die Bildung des Erdöles – durch Zuhilfenahme von
                              									Mutterlaugensalzen – gelten.
                           Alle Forschungen und Untersuchungen weisen darauf hin, dass lediglich marine Thiere, die rasch verwesbar waren und leicht
                              									zersetzliche Glyceride (Trioleïn) enthielten, das Rohmaterial für das Erdöl
                              									bildeten, Landthiere sind vollkommen ausgeschlossen; bei dem von Ochsenius angeführten concreten Fall fehlen überhaupt
                              									alle Bedingungen zur Umwandlung; zunächst ist die geologisch junge Zeit zu
                              									berücksichtigen, dann konnten die Thiere, unter dem Staub begraben – unter
                              									Luftabschluss – nicht einmal den Zersetzungsprocess der stickstoffhaltigen
                              									Bestandtheile durchmachen.
                           
                           Für seine Ansichten führt Ochsenius die
                              									Untersuchungen der das Erdöl begleitenden Wasser an, indem er daraus den Schluss
                              									zieht, dass, nachdem diese die Mutterlaugensalze enthalten, sie auch an der
                              									Umwandlung der Thierreste mitgewirkt haben müssen.
                           Das Zwingende dieses Beweises lässt sich nicht gut einsehen. Viel einfacher und auch
                              									natürlicher ist die schon erwähnte Erklärung, dass das durch Abspaltung gebildete
                              									Wasser die leicht löslichen Salze, die in dem Erdölbecken, sowie auch in den
                              									Thierresten enthalten waren, aufnahm und sich mit denselben sättigte. Dass die
                              									Erdölwässer eine ziemliche Regelmässigkeit in ihrer Zusammensetzung zeigen, kann
                              									ganz gut auf die übereinstimmenden Bedingungen des Erdölbildungsprocesses
                              									zurückgeführt werden.
                           Dass, wie Ochsenius ganz richtig anführt, die
                              									Halogenverbindungen des Aluminiums zersetzend und umwandelnd auf die
                              									Kohlenwasserstoffe wirken, gilt eben nur für die letzteren, ob und in welcher Weise
                              									die Glyceride und die Fettsäuren in die Kohlenwasserstoffe umgewandelt wurden,
                              									hierfür kann diese Reaction keinen genügenden Aufschluss geben. Möglicher Weise
                              									wirkten diese Salze schon bei den fertig gebildeten Kohlenwasserstoffen, indem sie
                              									diese in andere complicirtere überführten, dagegen
                              									dürften sie kaum im Stande sein, zum Abbau der höheren Kohlenwasserstoffe in
                              									niedrigere beizutragen. Die Anwesenheit einer Aluminiumhalogenverbindung, die als
                              									die reactionsfähigste gilt, in dem Erdölwasser von Oelheim erscheint zum mindesten
                              									zweifelhaft, wenn man berücksichtigt, dass diese Verbindungen bei Gegenwart von
                              									Wasser leicht zersetzlich sind, daher als solche in wässerigen Lösungen nicht
                              									auftreten können. Alle anderen Halogenverbindungen, insbesondere die am häufigsten
                              									vorkommenden Natriumsalze, sind den Fetten und ihren Derivaten gegenüber chemisch so
                              									wenig wirksam, dass diese als Hauptfactoren eines so
                              									grossartigen Processes – selbst in den grössten Zeiträumen – wie des der Bildung des
                              									Erdöles nicht angenommen werden können. Von Interesse wäre es immerhin,
                              									Untersuchungen über die Wirkung gesättigter Halogenverbindungen des Natriums,
                              									Kaliums, Magnesiums u.s.w. auf die Fette bei höherem Drucke durchzuführen, nur diese
                              									könnten möglicher Weise einen Aufschluss über eine katalytische Wirkung
                              									ertheilen.
                           Wir können mit Berücksichtigung aller bekannten Thatsachen nur die Ansichten von Engler, die er auch experimentell nachgewiesen hat, als
                              									die einzige bisher richtige Erklärung für die Bildung des Erdöles annehmen. Es
                              									können nur starker Druck und massige Wärme als die wesentlichsten Factoren der
                              									Umwandlung der Thierreste in Erdöl gewirkt haben. Im Nachfolgenden wollen wir
                              									versuchen, diesen Verlauf ein wenig modificirt zu schildern, wobei wir uns auf
                              									manches schon vorher Gesagte stützen.
                           Die Seethierleiber als Rohmaterial erlitten, wie Engler
                              									angenommen, zunächst eine Zersetzung, bestehend in einer Fäulniss der
                              									stickstoffhaltigen Substanzen. Dieser Process kann anfänglich „im Freien“ vor
                              									sich gegangen sein, aber das Seewasser, das auch nach Zaloziecki conservirend wirkte, verlangsamte ihn, so dass ein Theil
                              									desselben noch vor sich ging, als die halbverwesten Thierreste überschüttet bezieh.
                              									eingebettet wurden, und nun, bei Gegenwart von miteingeschlossener Luft, fand dieser
                              									Verwesungsprocess seinen Abschluss, die gebildeten und später zu bildenden Gase
                              									lieferten den nothwendigen Druck, während die Zersetzung selbst als ergiebige
                              									Wärmequelle wirkte. Nach dem totalen Verschwinden der stickstoffhaltigen Substanzen,
                              									deren Stickstoff in Form von Salzen und Stickstoffbasen im Oele und frei in den
                              									Druckgasen blieb, ging die eigentliche Zersetzung der Glyceride vor sich. Zunächst
                              									zerfielen sie in Glycerin und die freien Säuren, wobei das Glycerin sich, wie schon
                              									anderweitig erwähntChemiker-Zeitung, 1890 S. 1368., in
                              									Acroleïn unter Wasserabspaltung umwandelte und dieses sich unter weiterer
                              									Wasserabspaltung zu den Kohlenwasserstoffen der aromatischen Reihe condensirte.
                              									Hierdurch ist eine zwanglose Erklärung für das Vorhandensein von aromatischen
                              									Kohlenwasserstoffen gegeben. Da, wie erwähnt, ein Theil des Fäulnissprocesses auch
                              									im abgeschlossenen Raume vor sich gegangen und die Bedingung des zu- und
                              									abfliessenden Wassers benommen ist, entfällt die Behauptung eines Auswaschens des
                              									Glycerins. Die Fettsäuren, unter gleichen Bedingungen stehend, zerfielen allmählich
                              									unter Abspaltung von Kohlensäure in Kohlenwasserstoffe. Nachdem in den das Erdöl
                              									begleitenden Gasen auch Kohlenoxyd vorkommt, konnte dieses als secundäres Product
                              									nur durch Reduction eines Theiles dieser Kohlensäure entstanden sein, indem
                              									Wasserstoffmoleküle während des Spaltungsvorganges der Kohlenwasserstoffe diese
                              									Reduction hervorriefen, unter gleichzeitiger Bildung von Wasser. Einleuchtend ist
                              									die Ansicht von Zaloziecki, dass sich bei diesem
                              									Processe aus den Fettsäuren Kohlenwasserstoffe mit höherem Kohlenstoffgehalte –
                              									Erdwachs – gebildet haben, die allmählich in solche mit niederem Kohlenstoffgehalte
                              									der Fettreihe u.s.w. umgewandelt wurden. Aus unseren Betrachtungen geht hervor, dass
                              									in dem ganzen Verlaufe dieses Umwandlungsprocesses Wasser gebildet wurde, so dass
                              									das mit dem Erdöle auftretende Wasser nicht die Rolle eines Agens spielen muss
                              									bezieh. in keiner Weise bei der Umwandlung hat wirken müssen. Auch die Annahme des a
                              									priori eingeschlossenen Wassers haben wir schon an anderen Orten zu widerlegen
                              									gesucht, denn es konnte sich während des Processes so viel Wasser bilden, dass
                              									dieses vollkommen genügend erscheint, um als Begleiter des Erdöles dienen zu können.
                              									Sein charakteristischer Gehalt an Salzen findet die Erklärung darin, dass das Wasser
                              									die Salze des Erdölbeckens und der Thierreste auflöste und sich mit denselben
                              									sättigte.