| Titel: | Ueber die Telephonanlagen in grossen Städten. | 
| Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 181 | 
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                        Ueber die Telephonanlagen in grossen
                           								Städten.
                        Von A. R.
                                 								Bennett.
                        Mit Abbildung.
                        Telephonanlagen in grossen Städten.
                        
                     
                        
                           Im August 1891 hat zu Cardiff in einer Sitzung der British
                                 										Association A. R. Bennett über die Ausführung von Telephonanlagen in
                              									grossen Städten gesprochen. Er hat da zunächst darauf hingewiesen, dass sich der
                              									günstige Einfluss niedriger Gebührensätze und eines flotten Dienstes auf die
                              									Erhöhung der Theilnehmerzahl besonders in Schottland erkennbar gemacht habe. In
                              									Manchester hätten z.B. die Erbauer eines neuen Vierecks von Geschäftshäusern jeden
                              									Geschäftsraum an das Netz der Mutual Telephone Company
                              									anschliessen lassen, ohne dafür etwas Besonderes von ihren Miethern zu verlangen.
                              										Bennett stellt als Forderungen für eine gute
                              									Telephonanlage in einer grossen Stadt hin: 1) Die Sprache muss laut und gleich gut
                              									sein, mag nur quer über die Strasse, oder 800 km weit gesprochen werden; störende
                              									Geräusche dürfen nicht zu hören sein; das Gesprochene muss völlig geheim gehalten
                              									sein. 2) Die Verbindungsmittel müssen so vollkommen sein; dass die Herstellung oder
                              									die Lösung einer Verbindung höchstens 8 bis 10 Secunden in Anspruch nimmt. 3) Die
                              									Gebühren dürfen die Mittel eines selbst kleinen Haushaltes und kleiner Ladeninhaber
                              									nicht übersteigen, also nicht über 160 M. fürs Jahr betragen. 4) Neue Theilnehmer
                              									müssen sich ohne jede Störung der vorhandenen Anlage an das Netz anschliessen
                              									lassen. Zur Erfüllung dieser Forderungen hält Bennett
                              									es für unabweislich, dass (wie dies das englische Postamt zuerst verlangt hat) das
                              									Netz aus Schleifenleitungen gebildet und aus diesen Elektromagnete und andere die
                              									Sprache dämpfende und entstellende Signalmittel fern gehalten werden, dass Mittel
                              									zur Ermöglichung eines augenblicklichen Sprechens zwischen einem Theilnehmer und der
                              									Telephonistin, oder einem anderen Theilnehmer beschafft und dass die Stadt in
                              									Bezirke mit Umschalteämtern eingetheilt werde, welche 1 Quadratmeile (2,5 qkm) an
                              									Fläche nicht überschreiten. Dazu müssten die Gesellschaften unbedingt mit dem
                              									Rechte, im Bedarfsfalle die Strassen aufzubrechen, ausgestattet werden, wie die
                              									Eisenbahn-, Strassenbahn- und andere Gesellschaften, und dürften nicht bloss auf den
                              									guten Willen der Grundbesitzer angewiesen bleiben; denn ohne einen solchen
                              									gesetzlichen Beistand könnten sie den in Zukunft an die 
                              									Telephonanlagen zu stellenden Anforderungen nicht genügen.
                           Auch Bennett hat der Mutual
                                 										Telephone Company bei Beginn der Anlage in Manchester die Anlage von
                              									Schleifenleitungen dringend empfohlen. In den Vermittelungsämtern wurden die
                              									Einrichtungen von Mann gewählt, welche sich besonders
                              									in Schottland seit einer Reihe von Jahren bewährt hatten. Obwohl dabei in die
                              									Sprechstellen der Theilnehmer eine besondere, gemeinschaftliche Dienst- oder
                              									Rufleitung eingeführt werden muss, auf welcher der Verkehr zwischen den Theilnehmern
                              									und der Telephonistin sich abwickelt, und obgleich in jeder Sprechstelle ein
                              									besonderer Apparattheil dazu gebraucht wird, so werden die Kosten und die
                              									Apparatvermehrung doch reichlich durch die Vereinfachung der Ausrüstung des
                              									Umschalteraumes und die Erleichterung der Bedienung in demselben aufgewogen. Während
                              									bei einem nach amerikanischem Muster eingerichteten Umschalteamte für 5000
                              									Theilnehmer sich die ersten Anlagekosten der Umschalter für jeden Theilnehmer auf
                              									etwa 70 M. belaufen, betrugen sie bei der Anlage in Manchester nur etwa 10 M.
                           In jede solche Dienstleitung werden je nach der Lebhaftigkeit des Verkehrs 60 bis 100
                              									Theilnehmer eingeschaltet. Während der Stunden starken Verkehrs haben die
                              									Telephonistinnen ihre nur wenig über 2 Unzen (= 28 g) wiegenden, mit Federn am Kopfe
                              									befestigten Telephone beständig am Ohr und lauschen in den Dienstleitungen ohne
                              									Ermüdung, die Hände aber haben sie immer frei zur Ausführung der Verbindungen; die
                              									Theilnehmer sprechen mit ihnen der Reihe nach, ohne vorher ein besonderes Rufsignal
                              									zu geben, und haben dazu nur nöthig, einen kleinen Hebel niederzudrücken, mittels
                              									dessen ihre Apparate aus der Sprechleitung in die Dienstleitung umgeschaltet werden.
                              									Nach dem Vermittelungsamte geben die Theilnehmer also kein Klingelsignal, sich
                              									selbst unter einander aber haben sie mittels der Ruf klingeln zu rufen. Auch
                              									Fallklappen sind im Vermittelungsamte nicht vorhanden, brauchen also auch nach dem
                              									Herabfallen von der Telephonistin nicht wieder empor gehoben zu werden, vielmehr
                              									bleibt ihr bloss die Herstellung und Lösung der Verbindungen, die sie somit sehr
                              									rasch bewirken kann.
                           Textabbildung Bd. 282, S. 182Telephonschluss. Als in Manchester das aus Schleifenlinien bestehende Netz der Mutual Telephone Company von ihm entworfen und zum
                              									Theil schon ausgeführt war, ist nun Bennett auf eine
                              									Anordnung gekommen, welche die Spannung besonderer Dienstdrähte zum Theil
                              									entbehrlich macht, indem bei ihr die elektrostatische Induction zwischen der
                              									metallenen Theilnehmerschleife und einem nur ein Stück ihr entlang laufenden
                              									besonderen Drahte zu dienstlichem Sprechen benutzt wird; zwischen jeder Gruppe von
                              									Leitungen läuft ein solcher Draht vom Vermittelungsamte aus.
                           Die beigegebene Abbildung zeigt, wie dabei die Apparate in den Sprechstellen unter
                              									einander verbunden werden. Es ist bei jedem Theilnehmer, nach dem Electrician, 1891 Bd. 27 * S. 476, ein kleiner um eine
                              									Achse drehbarer Umschaltehebel vorhanden, welcher für gewöhnlich an vier Contacten
                              										1, 2, 3 und 4 in einer
                              									oberen Reihe liegt und zwar so, dass er 1 mit 4 und 2 mit 3 verbindet, also das Telephon T des Theilnehmers, welches zwischen den beiden
                              									Contacten 3 und 4
                              									eingeschaltet ist, wie gewöhnlich in die an 1 und 2 geführte Schleife L
                              									desselben einschaltet. Solange dagegen der Theilnehmer den Hebel niederdrückt, liegt
                              									derselbe an den fünf Contacten der unteren Reihe und verbindet die beiden links
                              									liegenden 5 und 6 mit
                              									einander und ebenso die drei rechts liegenden 7, 8 und
                              										9. Das Telephon T ist
                              									daher einerseits durch den Draht d über 5 und 6 mit der Erde E verbunden, andererseits aber den Draht q mit 9 und durch die
                              									beiden von 7 und 8
                              									auslaufenden Drähte n mit den beiden Drähten der
                              									Schleife L. Die Schleife wirkt also jetzt als eine
                              									einfache Leitung von doppeltem Querschnitt und kann, mag sie nun im
                              									Vermittelungsamte isolirt, oder mag sie dort mit einer anderen Schleife verbunden
                              									sein, als die eine Belegung eines Condensators wirken, wenn auf eine entsprechende
                              									Länge vom Vermittelungsamte aus ein als zweite Belegung des Condensators zu
                              									betrachtender Draht ihr entlang geführt wird, in welchen das Telephon der
                              									Telephonistin einzuschalten ist. Auch dieser Draht kann für eine Anzahl von
                              									Theilnehmern zugleich benutzt werden.
                           Bei Benutzung von Kabeln mit 36, oder selbst 72 metallischen Stromkreisen brauchte
                              									das Telephon der Telephonistin nur an einen einfachen Draht, welcher in der Mitte
                              									des Kabels liegt, oder an die äussere Schutzhülle des Kabels gelegt zu werden, um
                              									beim Niederdrücken des Umschaltehebels ein gutes Sprechen zu ermöglichen. Muss eine
                              									Verbindung durch mehrere Umschaltezimmer hindurch hergestellt werden, so hat der
                              									Reihe nach jede Telephonistin sie zu verlangen, nachdem sie einen Hebel
                              									niedergedrückt hat, welcher sie mit einer Dienstleitung verbindet, woran die
                              									Telephonistin im nächsten Umschalteraume horcht.
                           Es mag hier noch darauf hingewiessen werden, dass in dem oben skizzirten Umschalter
                              									die drei Contacte 1, 4 und 7 entbehrlich werden, wenn man nur die an 1 geführte
                              									Leitung L nach g verlegt.
                              									Ja, man kann sogar mit den vier Contacten der oberen
                              									Reihe auskommen, wenn man die beiden Leitungen L an 1
                              									und 2 liegen lässt, die Erde E von 6 nach 4 verlegt und
                              									das Telephon T zwischen 1 und 3 einschaltet; für
                              									gewöhnlich muss dann 3 mit 2 verbunden sein, beim Niederdrücken des Hebels dagegen
                              									muss 3 mit 4 und 2 mit 1 in Verbindung gebracht werden.