| Titel: | Beiträge zur Technologie der Chrompigmente. | 
| Autor: | Carl Otto Weber | 
| Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 207 | 
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                        Beiträge zur Technologie der
                           								Chrompigmente.
                        Von Dr. Carl Otto
                                 								Weber.
                        Mit Abbildungen.
                        (Schluss des Berichtes S. 138 d. B.)
                        Beiträge zur Technologie der Chrompigmente.
                        
                     
                        
                           Chromgrüne aus Chromgelb.
                           Ein Punkt, der in der Erzeugung eines tadellosen Chromgrünes eine ausserordentliche
                              									Rolle spielt, ist das zur Grünbildung verwendete Pariserblau. Die Anwendung eines
                              									ungeeigneten Pariserblau macht sich sehr deutlich bemerkbar, auch wenn alle die oben
                              									genannten Arbeitsbedingungen für die Erzeugung eines guten Grünes auf das
                              									Peinlichste beobachtet wurden. Pariserblau wird in einer grossen Anzahl von Nuancen
                              									fabricirt, die sich zwischen einem fast ultramarinähnlichen Ton bis zu einem tiefen
                              									Blau violett bewegen; reducirte oder gefüllte Blaue sind hierbei nicht
                              									berücksichtigt. Während die ultramarinähnlichen Pariserblaue, die unter den
                              									Bezeichnungen Stahlblau, Miloriblau, auch Chineserblau im Handel vorkommen, zur
                              									Erzeugung von Zinkgrünen unübertrefflich sind und 
                              									die dunkeln Blaue für diesen Zweck so gut wie unbrauchbar sind, liegt der Fall
                              									für die Chromgrüne gerade umgekehrt und gibt ein Blau um so bessere Resultate, je
                              									stärker violettstichig (rothstichig) dasselbe ist. Dies gilt nicht nur in Bezug auf
                              									die Nuance, sondern auch in Bezug auf die Deckkraft der Grüne, obgleich an und für
                              									sich das deckkräftigste Blau nicht gerade die feurigsten Grüne liefert. In Folge
                              									dessen finden in den rationell arbeitenden Fabriken drei verschiedene Pariserblaue
                              									Anwendung, nämlich ein Pariserblau mit Ultramarinton (Stahlblau), ein Pariserblau
                              									mit tiefem Indigoton und ein dunkles rothstichiges Blau. Ersteres dient
                              									ausschliesslich für Zinkgrüne, das zweite für die feinen feurigen Grüne für
                              									Lithographiedruck und Lederfärberei und das dritte für die Chromgrüne im
                              									Allgemeinen, gleichgültig ob in Teig oder trocken.
                           Das Verfahren zur Erzeugung aller dieser Blaue beruht auf der Bildung der
                              									Eisenoxydulverbindung des Ferrocyankaliums und nachfolgender Oxydation des so
                              									erhaltenen Weissteiges zu Blau. Die Nuance des erhaltenen Blaues ist von einer
                              									grossen Anzahl von Umständen abhängig. Die wichtigsten derselben sind: die bei der
                              									Fällung des Weissteiges angewandten Mengenverhältnisse, die Natur des angewandten
                              									Eisenoxydulsalzes (Sulfat oder Chlorid), das angewandte Oxydationsmittel und die
                              									Säure und deren Menge, in deren Gegenwart die Oxydation vollzogen wird.
                           I. Stahlblau: Bei der Darstellung von Stahlblau dient Eisenchlorür als
                              									Fällungsmittel. Die Fällung des Weissteiges wird in folgender Weise ausgeführt. 100
                              									k Ferrocyankalium werden in 1500 l Wasser gelöst und sodann in einen Bottich von
                              									4000 l Inhalt abgelassen. Die Ferrocyankaliumlösung wird zum Sieden erhitzt und
                              									sodann 25 k Salzsäure (1,150 spec. Gew. = 30 Proc. HCl) zugefügt und eine halbe
                              									Stunde mit directem Dampf gekocht. Inzwischen wurde eine Lösung von 65 k
                              									Eisenchlorür (FeCl2) in 500 l Wasser gelöst, zum
                              									Sieden erhitzt und, wenn in vollem Kochen, der Lösung des Ferrocyankaliums unter
                              									gutem Rühren zugefügt. Ein anderes, eine etwas hellere Nuance lieferndes Verfahren
                              									ist, das Ferrocyankalium und Eisenchlorür in zwei über dem Fällungsbottich stehenden
                              									Gefässen in je 300 l Wasser zu lösen, der Fällungsbottich wird zur Hälfte mit Wasser
                              									gefüllt, 25 k Salzsäure zugefügt und während diese Lösung in vollem Kochen, die
                              									beiden vorbereiteten Lösungen gleichzeitig in den Fällungsbottich abfliessen
                              									gelassen. Auf welche Weise die Fällung des Weissteiges bewirkt wurde, stets muss
                              									nach der Fällung, unter fortgesetztem Rühren, das Kochen für eine halbe Stunde
                              									weiter unterhalten werden. Dann wird mit kaltem Wasser bis zum Rande aufgefüllt und
                              									der Weissteig zwei Tage der Ruhe überlassen. Am dritten Tage wird das über dem
                              									Weissteige stehende Wasser abgehebert, darauf 25 k Salzsäure zugesetzt, eine halbe
                              									Stunde unter Rühren mit directem Dampf gekocht und eine Lösung von 12 k
                              									Kaliumchlorat in 100 l siedendem Wasser langsam und unter fortwährendem Kochen
                              									zugefügt. Die Oxydation beginnt sofort und ist nach ungefähr 20 Minuten langem
                              									Kochen beendigt, während welcher Zeit beständig gerührt werden muss. Der Bottich
                              									wird mit kaltem Wasser bis zum Rande aufgefüllt und das Blau absetzen gelassen.
                              									Dasselbe muss so lange gewaschen werden, bis es völlig säurefrei ist. Die
                              									Beschaffenheit des verwendeten Wassers ist von erheblicher Wichtigkeit, da dasselbe
                              									unter gewissen Umständen im Stande ist, einem Blau alles Feuer und Glanz zu
                              									nehmen. In dieser Weise wirken alle Calciumcarbonat bezieh. Bicarbonat haltenden
                              									Wasser, während Calciumsulfat kaum einen solchen Einfluss ausübt. Wo die Verwendung
                              									eines solchen Calciumcarbonat haltenden Wassers unvermeidlich ist, versäume man
                              									nicht, dem Blau vor jedem frischen Waschwasseraufguss 1 bis 2 k Essigsäure (30
                              									Proc.) zuzufügen, die ungünstige Wirkung eines ungeeigneten Wassers wird dadurch,
                              									wenn auch nicht ganz, so doch zum grossen Theil aufgehoben.
                           Das in vorstehendem Processe verwendete Eisenchlorür wird stets in den Farbenfabriken
                              									selbst aus Salzsäure und Eisendrehspänen hergestellt, doch sind nur solche von
                              									Gusseisen verwendbar, da schmiedeeiserne Späne nur sehr langsam und unvollkommen
                              									gelöst werden. Die gewonnene Lösung von Eisenchlorür ist stets sehr schmutzig, indem
                              									darin eine Menge Graphit und theerige Kohlenwasserstoffe suspendirt, die aus dem
                              									Eisen, theilweise auch von unvermeidlichen Verunreinigungen der Drehspäne herrühren.
                              									Um die Lösung von diesen zu befreien, filtrirt man dieselbe durch Holzkohle und
                              									Sägespäne, die sich in einem flachen Kasten mit durchlöchertem Boden befinden. Auf
                              									den Boden des Kastens kommt die Holzkohle, darüber die Sägespäne (von
                              									Nadelhölzern).
                           II. Pariserblau, Indigoton: Für die Darstellung dieser Sorte Pariserblau dient
                              									Eisenvitriol. Man löst 100 k Ferrocyankalium und 90 k Eisenvitriol in je 500 l
                              									Wasser, fügt zur Lösung des Ferrocyankaliums 25 k Schwefelsäure 66° Bé. und zur
                              									Lösung des Eisenvitriols 10 k Schwefelsäure 66° Bé. und eine Lösung von 1,5 k
                              									Zinnchlorür (Zinnsalz) in 20 l Wasser. Inzwischen ist der Fällungsbottich zur Hälfte
                              									mit Wasser gefüllt und dieses zum Sieden erhitzt; unter fortgesetztem Sieden lässt
                              									man dann die beiden obigen Lösungen gleichzeitig in den Fällungsbottich einfliessen
                              									und fährt mit dem Kochen und Rühren für weitere 30 Minuten fort. Der Zusatz des
                              									Zinnsalzes zu der Lösung des Eisenvitriols hat natürlich in erster Linie den Zweck,
                              									etwa vorhandenes Oxydsalz zu reduciren; es geht aber ausserdem das Zinn in das Blau
                              									über und übt einen nicht unwesentlichen Einfluss auf dessen Nuance aus. Der
                              									erhaltene Weissteig bleibt nun, nachdem der Bottich mit kaltem Wasser aufgefüllt
                              									wurde, zwei Tage stehen und wird sodann nach dem Abziehen des Wassers oxydirt. Für
                              									die Oxydation dieser Sorte werden zwei Verfahren benutzt, in deren einem
                              									Salpetersäure, im anderen Chromsäure das Oxydationsmittel darstellen.
                           Zur Oxydation mittels Salpetersäure lässt man den Weissteig in einen verbleiten
                              									Bottich oder noch besser einen rechteckigen verbleiten Kasten fliessen, wobei es
                              									aber wichtig ist; den Weissteig so concentrirt zu haben, als ohne Filtration möglich
                              									ist. Da bei der Salpetersäureoxydation stets Ströme von Untersalpetersäure
                              									entweichen, so ist es wichtig, für deren prompten Abzug ohne Belästigung der
                              									Arbeiter zu sorgen. Man gibt daher dem verbleiten Kasten folgende Einrichtung: Der
                              									Kasten besitzt für den obigen Ansatz aus 100 k Ferrocyankalium 2 : 3 m Grundfläche
                              									und ist Im hoch; um das Rühren und Mischen zu erleichtern, ist es sehr zweckmässig,
                              									den Boden in der Längsrichtung oval zu machen. Auf dem Kasten sitzt eine Haube, die
                              									denselben nach allen Seiten und oben abschliesst, nur eine der Schmalseiten bleibt
                              									offen, um einem Arbeiter das Rühren und Durchmischen 
                              									der Reactionsmasse zu gestatten, das mittels einer kräftigen Krücke geschieht.
                              									Von dieser Haube aus und zwar von dem der Arbeitsöffnung entgegengesetzten Ende
                              									derselben führt ein Thonrohr von mindestens 20 cm Durchmesser nach einem kräftig
                              									ziehenden Schornstein oder, wo dies nicht möglich ist, steht mit einem Körting'schen Exhaustor in Verbindung, der stündlich
                              									mindestens 1000 cbm Luft abzusaugen im Stande ist. Durch ein seitlich in den Kasten
                              									führendes und vortheilhaft in dessen Wand versenktes bleiernes Trichterrohr wird die
                              									für die Oxydation erforderliche Salpetersäure und Schwefelsäure eingefüllt. Ist der
                              									Weissteig in den Kasten eingebracht, so wird zunächst der Zugschieber oder das den
                              									Exhaustor bedienende Dampfventil geöffnet und durch den Bleitrichter 50 k
                              									Schwefelsäure 66° Bé. eingefüllt, der Weissteig wird damit während einer halben
                              									Stunde geknickt und sodann 32 k Salpetersäure 40° Bé. ebenfalls durch das
                              									Trichterrohr zugefüllt und innig mit dem Weissteig verkrückt. Nach zehn bis zwanzig
                              									Minuten pflegt die Entwickelung der Untersalpetersäure zu beginnen, die häufig sehr
                              									stürmisch wird. Ist die Abzugsanlage aber sachverständig getroffen, so findet
                              									niemals eine Belästigung der Arbeiter statt, die anderenfalls nicht selten zu
                              									Unglücksfällen, häufig mit tödtlichem Ausgang führen.
                           Nach Beendigung der Oxydation kommt das Blau in die Auswaschbottiche zurück, in denen
                              									es vollständig neutral gewaschen wird.
                           III. Pariserblau, Rothstich: Die Fällung dieses Blaues wird genau in derselben Weise
                              									ausgeführt wie vorstehend angegeben, gleichfalls unter Anwendung von
                              									Eisenoxydulsulfat, und ist die Behandlung des Weissteiges völlig dieselbe wie bei
                              									Blau I und II. Als Oxydationsmittel verwendet man Eisenoxydsulfat, das zwar nicht so
                              									energisch wirkt als Kaliumchlorat oder Salpetersäure, aber ein für die gewöhnlichen
                              									Grüne vorzügliches Blau liefert und auch eine nicht unbedeutend höhere Ausbeute an
                              									Blau ergibt. Vor der Oxydation wird das letzte Waschwasser so vollständig als
                              									möglich von dem Weissteige abgehebert und derselbe nach Zusatz von 25 k
                              									Schwefelsäure 66° Bé. zum Sieden erhitzt. Wenn in lebhaftem Kochen, werden 150 k
                              									Eisenoxydsulfat (Eisenbeize) zugesetzt und unter kräftigem Rühren mindestens eine
                              									halbe Stunde lang gekocht. Das Blau ist dann vollständig oxydirt, wovon man sich
                              									aber vortheilhaft in jedem Falle überzeugt durch Prüfung einiger Tropfen des
                              									Filtrates mit Rhodankalium. Zeigt dieses im Filtrat die Anwesenheit eines kräftigen
                              									Ueberschusses an Eisenoxydsalz, so kann man der vollständigen Oxydation sicher sein,
                              									anderenfalls fährt man bei ununterbrochenem Kochen mit dem Zusatz von
                              									Eisenoxydsulfat fort, bis der erwähnte Punkt erreicht ist, worauf der Bottich mit
                              									kaltem Wasser aufgefüllt und das Blau in der üblichen Weise ausgewaschen wird.
                           Das Eisenoxydsulfat ist im Handel unter dem Namen Eisenbeize käuflich zu haben. Da
                              									diese aber sehr häufig ein Gemenge von Oxyd- und Oxydulsalz ist, so ist vorzuziehen,
                              									sich dieses Product selbst darzustellen, was sich ausserdem auch aus ökonomischen
                              									Gründen empfiehlt.
                           Die Darstellung dieses Körpers in offenen Gefässen ist mit grosser Belästigung und
                              									Gefährdung der Arbeiter verknüpft in Folge der sich entwickelnden grossen Masse von
                              									Untersalpetersäuredämpfen. Am besten empfiehlt sich die Anwendung einer Anzahl
                              									dreihalsiger Tourils, die neben einander und mit einem massig ziehenden
                              									Schornstein so verbunden sind, dass die sich entwickelnden Dämpfe im Moment der
                              									Entwickelung abgeführt werden (Fig. 1). Die Tourils müssen während der Arbeit warm gehalten werden; man
                              									setzt dieselben daher in einen Kasten, dessen Deckel zweitheilig gearbeitet wird, so
                              									dass er sich genau an die Tourils anschliesst. Der Kasten wird durch Dampf geheizt
                              									und besitzt einen Auslass für das Condenswasser. Die Tourils sind am Boden mit
                              									Hähnen versehen, die sich aber ausserhalb des Kastens befinden, was sich durch
                              									Einschaltung eines (ebenfalls thönernen) Verlängerungsstückes erreichen lässt (Fig. 2).
                           Textabbildung Bd. 282, S. 208Tourils zur Herstellung von Eisenbeize. Die Tourils werden beschickt mit 50 k Wasser, 32 k Salpetersäure 40° Bé.
                              									und 30 k Schwefelsäure 60° Bé., dann werden langsam und unter zeitweisem Rühren mit
                              									einem durch Hals des Tourils eingeführten schmalen Rührscheit 150 k Eisenvitriol
                              									eingeworfen. Der Eisenvitriol muss entweder das fein krystallisirte Product sein,
                              									anderenfalls er vor der Verwendung zu einem groben Pulver zermahlen werden muss. Die
                              									Oxydation geht mit grosser Schnelligkeit, aber ruhig vor sich. Um die Abkühlung der
                              									Tourils zu verhüten, was leicht zu einem totalen Stocken der Reaction führt, leitet
                              									man während der Operation in den Kasten einen massigen Dampfstrom ein. Nach
                              									vollendetem Eintragen des Eisenvitriols rührt man während der folgenden zwei Stunden
                              									noch zeitweilig um. Dann überlässt man die Tourils während 12 Stunden der Ruhe und
                              									zieht danach durch die Hähne das Eisenoxydsulfat ab.