| Titel: | Die Untersuchung der unter Gewährleistung von „Siedegrenzen“ verkauften Benzine. | 
| Autor: | Richard Kissling | 
| Fundstelle: | Band 282, Jahrgang 1890, S. 246 | 
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                        Die Untersuchung der unter Gewährleistung von
                           									„Siedegrenzen“ verkauften Benzine.
                        von Richard
                                 								Kissling.
                        Die Untersuchung der unter Gewährleistung von „Siedegrenzen“
                           								verkauften Benzine.
                        
                     
                        
                           Die in Heft 7 des laufendes Bandes dieses Journales publicirte Abhandlung von Veith über Benzinrectification gibt mir Veranlassung zu
                              									folgender Erwiderung:
                           Veith sagt: „Kissling (Ohm. Ztg. 1891 Bd. 15 Nr. 20 S. 328) hat
                                 										mit Zuhilfenahme des Engler'schen
                                 										Fractionskölbchens die Temperaturintervalle für die verschiedenen 
                                 										Benzine gesucht etc.“ – Dazu sei bemerkt, dass ich Temperaturintervalle
                              									weder gesucht noch gefunden habe, sondern dass ich ein Prüfungsverfahren für die in
                              									der Ueberschrift bezeichneten Benzinsorten des Handels vorgeschlagen habe, mittels
                              									dessen sich „die zu einer ausreichenden Charakterisirung der 4betr.
                                 										Benzinproducte erforderlichen Daten“ gewinnen lassen. Das sind zwei sehr
                              									verschiedene Dinge. Die Frage ist nicht: haben die von mir für verschiedene
                              									Benzinsorten angegebenen „Siedegrenzen“ – um mich dieses etwas mangelhaften
                              									Ausdrucks des Handels zu bedienen – allgemeine Gültigkeit?, sondern die Frage ist:
                              									genügt das von mir vorgeschlagene einfache Prüfungsverfahren den Bedürfnissen des
                              									Handels? Kann die letztere Frage bejaht werden – und nach meinen sehr ausgiebigen
                              									Erfahrungen ist das der Fall – so ist mein Verfahren jedem umständlicheren – ich
                              									denke hier an die Benutzung eines Dephlegmators und an die Destillation mit
                              									Unterbrechungen, wie sie Engler für die Untersuchung
                              									des Leuchterdöls vorgeschlagen hat – jedenfalls vorzuziehen. Es ist doch ohne
                              									Zweifel verkehrt, ein für die Bedürfnisse des Handels genügendes einfaches
                              									Prüfungsverfahren durch ein umständlicheres zu verdrängen, nur weil letzteres
                              									Ergebnisse liefert, welche der Wahrheit etwas näher
                              									kommen. Bei der Prüfung von Benzinproducten durch Destillation werden zwei unter
                              									gleichen Bedingungen arbeitende Analytiker erheblich leichter übereinstimmende
                              									Ergebnisse erhalten, als dies beim Leuchterdöl der Fall ist, da die Erzielung einer
                              									gleichmässigen Wärmezufuhr viel weniger Schwierigkeiten bietet. Daher kann hier auch
                              									ein wesentlich einfacheres Destillationsverfahren genügen.
                           Veith meint ferner, die von mir angegebenen
                              										„Temperaturdifferenzen“ für Benzinproducte seien unrichtig, vermuthlich
                              									weil ich mit schlecht fractionirten Producten gearbeitet habe. Nun, ich habe bisher
                              									nicht nur nicht bessere, sondern stets nur weniger gut fractionirte Benzine als
                              									diejenigen, bei deren Destillation die bemängelten „Siedegrenzen“ gefunden
                              									sind, im Handel angetroffen, und ich wäre Herrn Director Dr. Veith sehr dankbar, wenn er mir Proben von den Benzinproducten zusendete,
                              									für welche die von ihm angegebenen „Siedegrenzen“ zutreffen. Ich müsste aber
                              									auch um Mittheilung der Preise bitten, damit ich beurtheilen kann, ob es sich um
                              									Fabrikate handelt, welche 100 k- resp. kesselwagenweise bezogen werden können und
                              									concurrenzfähig sind. Denn nur von solchen rede ich natürlich. Dass man die
                              									Rectification erheblich weiter treiben kann, als es bei den unter Gewährleistung von
                              										„Siedegrenzen“ gekauften Benzinen im Allgemeinen der Fall ist, darf ja
                              									als selbstverständlich bezeichnet werden; aber wer da weiss, wie schwer die
                              									einzelnen Glieder homologer Reihen durch Fractionirung von einander zu trennen sind,
                              									wird sich nicht wundern, wenn er wahrnimmt, dass die „Siedegrenzen“ der
                              									fractionirten Handelsbenzine ziemlich weit aus einander liegen. Die Consumenten
                              									lehnen es eben ab, die bei weitergehender Rectificirung stark wachsenden
                              									Fractionirungskosten zu zahlen, da ihnen die weniger gut fractionirten Producte
                              									völlig genügen.
                           Uebrigens sind die Unterschiede zwischen den von Veith
                              									und von mir mitgetheilten „Siedegrenzen“ doch nicht so beträchtlich, wie es
                              									nach der obigen Zusammenstellung Veith's scheinen
                              									könnte:
                           Veith gibt als „Siedegrenzen“ an für
                           
                              
                                 Erdöläther:
                                   30 –   60° C.
                                 
                              
                                 Leichtbenzin:
                                   60 –   80° C.
                                 
                              
                                 Mittelbenzin:
                                   80 – 110° C.
                                 
                              
                                 Schwerbenzin:
                                 110 – 140° C.
                                 
                              
                           Ich habe gefunden, dass überdestillirten bei
                           
                              
                                 Erdölather von
                                   30 –   60°C.
                                 = 78
                                 Proc.,
                                 bis 70° C. = 92 Proc.
                                 
                              
                                 Leichtbenzin
                                   60 –   86° C.
                                 = 90
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Mittelbenzin
                                   80 – 110° C.
                                 = 98
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Schwerbenzin
                                 102 – 144° C.
                                 = 98
                                 „
                                 
                                 
                              
                           Einstweilen hat Veith auch vergessen anzugeben, wie
                              									gross bei seinen Benzinproducten die über 60, resp. 80, resp. 110, resp. 140° C.
                              									siedenden Antheile seien. Dann möchte ich noch bemerken, dass bei Anwendung eines
                              									mit wirksamem Dephlegmator versehenen Prüfungsapparates die Ergebnisse bezüglich der
                              									oberen Siedegrenzen höchstens ungünstiger, d.h. höherzahlig ausfallen können, da der
                              									Siedepunkt des höchstsiedenden Antheiles ja genauer bestimmt wird als bei meinem
                              									roheren Verfahren, nach welchem er zu niedrig gefunden wird.
                           Schliesslich möchte ich nochmals dringend befürworten, von den mit complicirteren
                              									Einrichtungen (Le Bel'schen Kugelröhren und dgl.)
                              									versehenen Destillationsapparaten bei der Benzinuntersuchung abzusehen, da bei
                              									Berücksichtigung der erforderlichen Normalien der einfache Fractionskolben
                              									genügt.