| Titel: | Neuerungen an elektrischen Annäherungssignalen. | 
| Fundstelle: | Band 290, Jahrgang 1893, S. 86 | 
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                        Neuerungen an elektrischen
                           								Annäherungssignalen.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen an elektrischen Annäherungssignalen.
                        
                     
                        
                           In Deutschland, sowie überall, wo für Hauptbahnen durchlaufende elektrische
                              									Liniensignale, Läutewerks- oder Glockensignale genannt, schon von früher her in Anwendung standen und
                              									gesetzlich vorgeschrieben waren, hat sich das Bedürfniss nach Annäherungssignalen erst in jüngerer Zeit fühlbar
                              									gemacht, nämlich erst seit dem Entstehen oder vielmehr seit der immer regeren
                              									Fortentwickelung der Nebenbahnen, auf welchen die
                              									Betriebseinrichtungen vereinfacht und durchlaufende Liniensignale in der Regel nicht
                              									vorhanden sind. Hier ist das Annäherungssignal, welches im Allgemeinen den Zweck
                              									hat, das bevorstehende Eintreffen eines Eisenbahnzuges an irgend einer Bahnstelle um
                              									eine, den örtlichen Verhältnissen angemessene Zeit früher anzukündigen, in erster
                              									Linie und in der Regel lediglich dazu bestimmt, an den unbewachten Bahnübergängen
                              									das Publikum vor dem sich nähernden Zuge zu warnen.
                           Auf der Frankfurter Ausstellung 1891 waren die Annäherungssignale höchst ansehnlich
                              									vertreten und das Vorhandene gab ein ziemlich vollständiges Bild von allem, was bis
                              									dahin von Einrichtungen dieser Gattung in Deutschland Verwendung gefunden hatte oder
                              									versucht wurde. Bei allen diesen Einrichtungen deutscher Eisenbahnen war immer nur
                              									ein hörbares Signalzeichen und als Signalmittel ein
                              									mehr oder minder grosses, immer aber möglichst kräftiges Läutewerk
                              									(Ueberwegläutewerk) benutzt, das der sich der Signalstelle nähernde Zug beim
                              									Ueberfahren eines entsprechend weit vorher im Gleise angebrachten Contactes thätig
                              									macht; hinsichtlich der weiteren Anordnung waren hingegen zweierlei sich deutlich
                              									von einander unterscheidende Wege eingeschlagen.
                           Da nämlich zu jedem Ueberwegläutewerke für jede Fahrrichtung der Züge je ein
                              									Streckencontact erforderlich ist, so bedarf es also für jeden Signalposten zweier Contacte, eines vor und eines hinter demselben,
                              									welche auf der eingleisigen Bahn, die hier ausschliesslich in Betracht kommt, stets
                              										beide von jedem Zuge
                              									befahren werden. Damit nun das Ueberwegläutewerk nur bei der Annäherung des Zuges, d.h. bloss durch den ersten Contact und nicht auch
                              									durch den zweiten ausgelöst werde, wie es bei gewöhnlichen Läutewerksanlagen der
                              									Fall sein müsste, sind entweder a) die Streckencontacte schon so angeordnet, dass
                              									sie nur für eine Fahrrichtung der Züge ansprechen, oder
                              									es sind b) die Ueberwegläutewerke so eingerichtet, dass sie für die zweite
                              									Contactgebung unempfindlich bleiben.
                           An diese Umstände wird an dieser Stelle lediglich aus dem Grunde erinnert, um die
                              									nachstehenden Mittheilungen über Neuerungen an Ueberwegläutewerken unbeschadet der
                              									Deutlichkeit in knappere Form bringen zu können.
                           
                        
                           I. Sesemann's Ueberwegläutewerk.
                           Ein grosser Theil der deutschen Bahnen ist für die durchlaufenden Liniensignale mit
                              										Siemens und Halske'schen Universalläutewerken
                              									bekannter Anordnung ausgerüstet. Mit Rücksicht darauf hatte sich Sesemann die dankenswerthe Aufgabe gestellt, die
                              									besagte Läutewerksform durch geringe Abänderungen am Triebwerke und Beifügung
                              									einiger kleiner Ergänzungen auch der Verwendung als Ueberwegläutewerk anzupassen. Zu dem Ende musste das in der Regel für
                              									Gruppenschläge eingerichtete Universalläutewerk vorerst als Einzelschläger
                              									angeordnet werden, was ja durch eine geringfügige Abänderung der Einlösung leicht
                              									geschehen konnte. Nichtsdestoweniger sollte das Werk nach jedesmaliger Thätigmachung
                              									eines der zugehörigen Streckencontacte, d.h. nach einer nur einmaligen, durch einen
                              									Zug veranlassten, kurzen Stromgebung eine grössere Anzahl von Glockenschlägen, etwa
                              									24, geben, und diese Schläge sollten sich in Pausen von 4 bis 6 Secunden folgen,
                              									damit die Gesammtdauer des Vorläutens sich mindestens auf 96 bis 144 Secunden
                              									beläuft. Eine Vorrichtung zur Unschädlichmachung der Wirkung des zweiten
                              									Streckencontactes wurde nicht erst in Betracht gezogen, da die Verwendung Sesemann'scher Radtaster (vgl. 1892 283 * 165), welche nur einseitig ansprechen,
                              									vorausgesetzt ist. Das Bodenrad des Siemens und
                                 									Halske'schen Universalläutewerkes hat nur 12 Hebedaumen und die Hauptwelle muss
                              									daher, soll die gewünschte Zahl von 24 Glockenschlagen erzielt werden, beim
                              									jedesmaligen Vorläuten zwei volle Umdrehungen machen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 290, S. 87
                              Fig. 1.Siemens und Halske's Universalläutewerk.
                              
                           Deshalb wird eine Zahnübertragung ab (Fig. 1) derart dem Laufwerke
                              									zugeschaltet, dass je zwei Umdrehungen des auf der Hauptwelle des Läutewerktriebes
                              									aufgekeilten Rades a eine Umdrehung von b entspricht. Aus dem Rade b steht seitlich eine Heb rolle i vor (vgl.
                              										Fig. 2), auf der während der Ruhelage des
                              									Apparates eine Contactfeder m ruht, wodurch diese so
                              									hoch gehoben ist, dass zwischen den beiden Federn m und
                              										n der Contactvorrichtung c eine Berührung nicht stattfinden kann. Wenn jedoch das Läutewerk eine
                              									Auslösung erfährt und es sich demzufolge in Gang setzt, so beginnt auch das Rad b sich zu drehen; m
                              									verliert dadurch sein Auflager und legt sich alsbald auf die untere Feder, den
                              									Contact c schliessend. Dieses Verhältniss lässt sich in
                              										Fig. 2, wo die Stromläufe schematisch dargestellt
                              									sind, leicht verfolgen. So lange sich b in der Ruhelage
                              									befindet; würde bei Schliessung des einen oder des anderen Streckencontactes, von
                              									welchen jeder einerseits durch eine Leitung mit dem Läutewerke, andererseits
                              									mit der Erdleitung verbunden ist, von der Erdleitung über L1 oder L2, dann über 1, 2, 3, P, y,
                                 										f, 4, M, 5, t, h, u, 6, B und schliesslich wieder zur Erde ein Stromweg
                              									hergestellt. In einem solchen Falle erregt der Strom der Batterie B den Elektromagnet M und
                              									es erfolgt die Auslösung des Läutewerktriebes. Da dabei, wie bereits dargestellt
                              									wurde, auch das Rad b mitgenommen und der
                              									Contactschluss bei c hergestellt wird, so gelangt fast
                              									unmittelbar nach der Auslösung der Elektromagnet M mit
                              									der Batterie in eine directe Verbindung, weil jetzt von K über 6, h, 5, M, 4, f, y, P, 3, m, n, 8, 7
                              									und Z ein geschlossener Stromweg neu entstanden ist.
                              									Durch den in Thätigkeit gesetzten Streckencontact wurde also der erste Glockenschlag hervorgerufen und zugleich der
                              									kurze Stromweg hergestellt; es bedarf nunmehr lediglich einer Vorrichtung, welche
                              									wie ein selbsthätiger Taster wirkt und die übrigen 23 Glockenschläge in angemessener
                              									Zeitfolge veranlasst.
                           Für diesen Zweck ist dem gewöhnlichen Laufwerke des Universalläutewerkes ein
                              									besonderer Rädersatz beigefügt, der zur Regulirung seines Laufes einen eigenen
                              									verstellbaren Windflügel hat. Die Hauptwelle dieses in der Fig. 1 nur theilweise angedeuteten Radsatzes trägt das Kettenrad K, über welches eine Kette ohne Ende, V, läuft, welche andererseits noch über ein zweites
                              									Kettenrädchen gelegt ist, das auf einer Laufachse des Läutewerktriebes sitzt. Die
                              									innere Schlinge von V bewegt sich über eine Rolle,
                              									welche das 1 k schwere Gewicht q trägt und mittels
                              									eines besonderen Kettenstückes p an dem um eine Achse
                              										z drehbaren Hebel Py
                              									hängt. Durch den von q ausgeübten Zug wird die am Arme
                              										y angebrachte Contactschraube fest nach aufwärts
                              									gegen die Feder f gedrückt, d.h. zwischen f und g wird die leitende
                              									Verbindung stets aufrecht erhalten, so lange q den Arm
                              									P belastet, nämlich so lange das Läutewerk sich in der Ruhelage befindet. Denn
                              									sobald der oben besprochene erste Glockenschlag erfolgt und das Läutewerk
                              									dementsprechend abläuft, nimmt es auch die Kette V im
                              									Sinne des eingezeichneten Pfeiles mit und zieht das Gewicht q annähernd 8 mm in die Höhe. In Folge der dabei eintretenden Entlastung
                              									des Armes P hat sich der rechtsseitige Hebelarm y auf
                              									den Anschlag x gelegt und wurde der zwischen f und y bestandene Contact
                              									(vgl. Fig. 2) unterbrochen. Der Elektromagnet M wird daher, noch bevor das Laufwerk des erste Mal
                              									völlig abgeschlagen hat und trotz der zwischen m und
                              										n dabei entstandenen neuen Stromwegverbindung, doch
                              									schon wieder stromlos geworden sein, bis das Abschlagen sich ganz vollzogen hat.
                              									Dann aber folgt das hochgehobene q dem Bestreben, in
                              									seine Ruhelage zurückzukehren, was dadurch möglich wird, dass sich V über K abwickelt. Die
                              									Geschwindigkeit, mit der sich K dabei dreht, d.h. der
                              									Zeitaufwand, unter welchem q seinen tiefsten Punkt
                              									wieder erlangt, wird durch den früher erwähnten Windflügel regulirt und beläuft sich
                              									auf 4 bis 6 Secunden. Fast unmittelbar bevor q seine
                              									Ruhelage wieder völlig erreicht, hat p den Arm P
                              									herabgezogen und der Contact fy sich wieder
                              									geschlossen. Der volle Batteriestrom gelangt nun in den Elektromagnet M und bewirkt, gerade so wie die frühere
                              									Stromschliessung im Streckencontacte, einen Glockenschlag. Beim Abschlagen dieses
                              										zweiten Glockenschlages wird q genau so, wie es beim ersten geschah, gehoben und
                              									zugleich der Contact fy unterbrochen, um erst nach erfolgtem Rücklauf
                              									von q neuerlich geschlossen zu werden und den dritten
                              									Glockenschlag hervorzurufen. In dieser Art arbeitet das Läutewerk weiter, bis die
                              									Hauptwelle desselben volle zwei Umdrehungen gemacht hat, worauf das Rad b einmal herumgekommen ist und mit der Hebewelle i die Feder m von n abhebt, d.h. die bestandene kurze Verbindung zwischen
                              									Elektromagnet und Batterie wieder unterbricht.
                           Der die Laufgeschwindigkeit des Kettenrades K
                              									regulirende Windflügel kann auf viererlei Geschwindigkeiten eingestellt werden, und
                              									zwar a) auf 1 Minute 25 Secunden bis 1 Minute 30 Secunden, b) auf 1 Minute 35
                              									Secunden bis 1 Minute 50 Secunden, c) auf 1 Minute 50 Secunden bis 2 Minuten 10
                              									Secunden und d) auf 2 Minuten 5 Secunden bis 2 Minuten 25 Secunden. Das
                              									Ueberwegläutewerk wird durch einen Strom von 0,9 Ampère – angenommen dass sich der
                              									Spulen widerstand des Elektromagnetes auf 10 Ohm beläuft und die etwa je 1500 m
                              									langen zu den Streckencontacten führenden Leitungen aus 4 mm starkem Eisendraht
                              									bestehen – selbst bei kurzen Stromgebungen sicher ausgelöst; es werden sonach für
                              									den Betrieb eines Signalpostens in der Regel 4 Trockenelemente, 6 Leclanché- oder 10
                              									Meidinger-Elemente der gewöhnlichen Grösse hinreichen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 290, S. 88
                              Fig. 2.Siemens und Halske's Universalläutewerk.
                              
                           Trockenelemente können gleich in der Glockenbude aufgestellt
                              									werden, während feuchte Batterien natürlich in heizbaren Räumen unterzubringen sind.
                              									Letztgedachten Falles ändert sich das Schema Fig. 2
                              									insofern, als dass B wegfällt und dafür die leitende
                              									Verbindung zu der entfernt untergebrachten Batterie mittels der Drähte 6, 9 und 10 herzustellen
                              									sein wird; der zweite Batteriepol muss selbstverständlich auch wieder zur Erde
                              									angeschlossen werden.
                           Die Bedienung des Ueberwegläutewerkes ist dieselbe wie die eines gewöhnlichen
                              									Streckenläutewerkes und besteht im Wesentlichen nur in dem täglichen einmaligen
                              									Aufziehen des Werkes, wobei jedesmal auch das Gewicht q
                              									mehr oder minder aus seiner Ruhelage gebracht wird. Deswegen gibt das Läutewerk nach
                              									jedesmaligem Aufziehen stets selbsthätig einige Glockenschläge, welche dem
                              									Bahnwärter als Controlzeichen dafür gelten, dass der Apparat vollständig in Ordnung
                              									ist. Damit übrigens bei einem allfälligen vorzeitigen Ablaufen des Läutewerktriebes,
                              									d.h. vielmehr bei einer etwaigen Verspätung des Wärters, der das Aufziehen zu
                              									besorgen hat, die Batterien nicht für längere Zeit in kurzen Schluss gerathen
                              									und eine übermässige Abnutzung erfahren, ist am Grundbrette des Läutewerkgestelles
                              									unter der beweglichen Achse der Gewichtsrolle R (Fig. 1) ein aus zwei starken Federn t und u bestehender
                              									Contact h angebracht, welchen die Schwere des
                              									Treibgewichtes Q geschlossen hält, so lange dieses frei
                              									schwebt, der sich aber öffnet, sobald Q abläuft und am
                              									Boden der Bude aufsitzt.
                           Die hier geschilderten Ueberwegläutewerke, welche gleich wie die zugehörigen
                              									einseitig ansprechenden Sesemann'schen Streckencontacte
                              									in der mechanischen Werkstätte von Chr. Störmer in
                              									Erfurt angefertigt werden, sind auf sieben Nebenbahnstrecken im k.
                              									Eisenbahn-Directionsbezirke Erfurt mit bestem Erfolge in Verwendung.
                           
                        
                           II. Hattemer's Ueberwegläutewerk.
                           Es ist bereits seinerzeit gelegentlich eines ausführlichen Berichtes über das Hattemer'sche Ueberwegläutewerk (vgl. 1892 283 * 169) darauf hingewiesen worden, dass bei dem
                              									Entwürfe dieses Signalmittels die Absicht zu Grunde lag, ein lediglich elektrisch betriebenes Läutewerk zu schaffen, welches ebenso
                              									laut und kräftig arbeitet, wie ein gewöhnliches, mit Laufwerk versehenes Läutewerk
                              									für durchlaufende Liniensignale, und welches zugleich die Verwendung jeder Art sonst
                              									tauglicher Streckencontacte, also auch der zweiseitig ansprechenden, gestattet. Die
                              									Weglassung des Laufwerkes bietet den werthvollen Vortheil, dass das tägliche
                              									Aufziehen erspart bleibt und diese sonst unentbehrliche Verrichtung demnach weder
                              									versäumt noch vergessen werden kann. Behufs Erfüllung des zweiten Programmpunktes
                              									erhielt das Läutewerk noch einen Nebenapparat, der nach jedesmaligem Vorläuten den
                              									Schliessungskreis der Betriebsbatterie so lange unterbricht, bis der Zug, welcher
                              									das Glockensignal bewirkt hat, über den zweiten Streckencontact hinweggefahren ist.
                              									Seither hat sowohl der Bau des Apparates mancherlei Vereinfachungen als die
                              									Betriebsweise des Signals überhaupt wesentliche Verbesserungen erfahren, von welchen
                              									sich die nachstehenden durch ihre besondere Zweckdienlichkeit auszeichnen.
                           Es wurde erstens durch Beiordnung zweier kleiner Elektromagnete und eines dritten
                              									Streckencontactes die Füglichkeit gewonnen, dass die Glocke nicht bloss eine
                              									bestimmte, mit Rücksicht auf die ungleiche Fahrgeschwindigkeit unter Umständen zu
                              									grosse oder zu kleine Anzahl von Schlägen macht, sondern genau so lange läutet, als
                              									der Zug vom äusseren ersten Streckencontacte bis zur Signalstelle fährt. Diese
                              									Anordnung setzt die Zugsbeamten in Stand, die Diensttauglichkeit der
                              									Annäherungssignale zu überwachen, nämlich, bei jeder Fahrt festzustellen, ob das
                              									Ueberwegläutewerk für den eigenen Zug gehörig vorgeläutet hat. Die gedachte Neuerung
                              									macht es ferner unmöglich, dass das Läuten, wenn beispielsweise der Zug sehr langsam
                              									fährt, ganz entgegen dem Sinne und Zwecke des Annäherungssignals nennenswerth früher
                              									aufhört, ehe der angekündigte Zug beim Bahnüberweg eintrifft; desgleichen ist dem
                              									vorgebeugt, dass ein aussergewöhnlich rasch verkehrender Zug trotz der getroffenen
                              									Gegenmaass regel das Signal ein zweites Mal auslöst, weil er den zweiten äusseren
                              									Streckencontact früher erreicht, ehe der Stromkreisunterbrecher, welcher doch nur für eine mittlere
                              									Fahrgeschwindigkeit eingerichtet sein kann, seine Thätigkeit aufnimmt. Die Anordnung des
                              									in einer eisernen Läutesäule untergebrachten Werkes lässt sich aus der schematischen
                              									Darstellung Fig. 3 leicht erkennen: M und M1 sind zwei parallel geschaltete starke
                              									Elektromagnete, von welchen M am Apparatgestelle
                              									festgemacht ist, während M1 um die Drehachse o wie ein Pendel schwingen
                              									kann. Für gewöhnlich sind M und M1 ebenso wie die weiter vorhandenen zwei
                              									kleineren Elektromagnete m1 und m2
                              									stromlos. Die Abbildung zeigt diese Ruhelage, bei welcher der Elektromagnet M1, der nach unten
                              									einen Arm und daran den Glockenhammer H trägt, vermöge
                              									seines Gewichtes stets die senkrechte Lage annimmt. Am Hammerstiel ist ein um eine
                              									Achse p drehbarer Schlepphebel P angebracht, dessen Lage mittels einer Stellschraube genau regulirbar
                              									ist; ebenfalls aus dem Hammerstiel steht seitlich der cylindrische Stift s vor. Gegen den aus dem Schlepphebel P seitlich vorstehenden, halbrunden Stift r lehnt sich das durch die Spiralfeder F nach aufwärts gezogene, gebogene Ende q eines zweiarmigen um i
                              									drehbaren Hebels hq.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 290, S. 89
                              Fig. 3.Hattemer's Ueberwegläutewerk.
                              
                           Mit Hilfe dieses Hebels und des Contactarmes i1v arbeiten die das eigentliche Läutewerk bildenden
                              									Theile wie ein einfacher Selbstunterbrecher. Kommt nämlich ein Strom in den
                              									Elektromagnet m1, so
                              									wird dessen um i1
                              									drehbarer Anker i1v angezogen und mit der an dem vorderen Ende v des Ankerhebels angebrachten Contactfeder auf die aus
                              									dem Hebel h vorragende Contactschraube c gelegt, so dass daselbst eine leitende Verbindung
                              									zwischen v und c entsteht.
                              									Beim Niedergehen des Ankerhebels i1v hat sich überdem die
                              									an dem Ankerhebel i2n des Elektromagnetes m2 angebrachte Nase n
                              									über den halbrunden Stift a geschoben, wodurch jener in
                              									der soeben erlangten Lage zu bleiben gezwungen wird, wenn auch der Strom in m1 aufgehört hat und
                              									eine magnetische Anziehung des Ankers i1v nicht mehr besteht.
                              									Zufolge des entstandenen Contactschlusses vc gelangen
                              										M und M1 in den Stromkreis; sie ziehen sich gegenseitig an,
                              									d.h. M1 wird mit dem
                              									oberen Theile gegen M hingezogen und mit dem
                              									Hammer gegen die Glocke schlagen. Sobald dabei der Stift r über das rechtsseitige Ende q des Hebels
                              										h hinausgelangt und letzteren nicht mehr festhält,
                              									folgt h dem Zuge der Feder F und lehnt sich nun gegen den Stift s. Durch
                              									diese Aenderung der Lage des Hebels hq wird, weil s angemessen höher liegt als r, der Contact bei vc wieder unterbrochen;
                              									der Strom hört auf und M1 schwingt zurück. Hierbei gelangt der Hammer mit dem Stifte s auf den einseitig federnden Daumen t und drückt dadurch den Arm q so tief nieder, dass bei vc der Contact
                              									neuerlich hergestellt und zugleich auch dem Stifte r
                              									Raum geschaffen wird, sich wieder gegen das Bogenende zu stemmen. Die nunmehr
                              									entstandene Stromschliessung hat eine neuerliche Ausschwingung des Hammers, also
                              									wieder einen Glockenschlag zur Folge, wobei denn auch der Contact bei c in derselben Weise wie früher unterbrochen wird. Die
                              									geschilderten Vorgänge wiederholen sich also, d.h. die Thätigkeit als
                              									Selbstunterbrecher bezieh. das Läuten dauert fort, so lange als i1v in der angezogenen Lage verharrt. Die letztere hört
                              									aber erst dann auf, wenn durch den Elektromagnet m2 ein Strom gelangt, demzufolge der Anker i2n angezogen wird, und n
                              									den Stift a loslässt, so dass nun i1v von der Feder f
                              									abgerissen und in die Ruhelage zurückgehoben werden kann.
                           In dieser Einfachheit liesse sich das Ueberwegläutewerk ohne weiteres anwenden, wenn
                              									man für die beiden zur Thätigmachung des Signals etwa 1500 m vor und hinter dem
                              									Ueberwege in die Bahn einzulegenden Streckencontacte A
                              									und B (Fig. 3) solche
                              									verwenden würde, welche nur einseitig ansprechen. Ein
                              									dritter, zunächst der Signalstelle noch in die Bahn einzulegender Streckencontact
                              									muss jedoch gewöhnlicher Art sein und für beide Fahrtrichtungen der Züge ansprechen.
                              									Die Batterie, zu welcher die Leitung L führt, und deren
                              									zweiter Pol zur Erde angeschlossen ist, kann ebenso wohl beim Signal oder in irgend
                              									einem entfernten Raum aufgestellt sein, und es unterliegt keiner Schwierigkeit, sie
                              									für alle Signalposten derselben Strecke – von Kreuzungsstation zu Kreuzungsstation
                              									–, wenn die Leitung L demgemäss verlängert wird,
                              									gemeinsam zu benutzen. Die Signal Vorgänge werden sich unter den soeben dargelegten
                              									Voraussetzungen in folgender Weise abwickeln: Ein z.B. von links kommender Zug
                              									schliesst den Streckencontact A; demzufolge gelangt der
                              									Strom aus L über 1 und 4
                              									in den Elektromagnet m1, von wo er seinen Weg weiter über L1 und A in die Erde und
                              									durch diese zur Batterie zurück findet. Die Folge davon ist die Herstellung des
                              									Contactes bei vc, so dass der Strom nun einen neuen Weg
                              									von L über 2, M und M1, 3, i1, v, c, i, L4 zur Erde
                              									und zur Batterie zurück einschlägt. Nun beginnt das Läutewerk zu läuten unter
                              									Einwirkung der oben geschilderten Selbstunterbrechung und läutet so lange fort, bis
                              									der signalisirte Zug beim Ueberweg eintrifft und den hier eingelegten
                              									Streckencontact C thätig macht. Es entsteht hierdurch
                              									ein geschlossener Stromweg von L über 1, 5, m2, L3, C, Erde, auf welchem ein Theilstrom und, sobald während
                              									des Ueberfahrens des Streckencontactes C im Läutewerk
                              									der Contact c unterbrochen wird, der volle
                              									Batteriestrom in den Elektromagnet m2 gelangt. Es erfolgt eine Anziehung des Ankers i2n, der Hebel i1v wird frei und kippt
                              									in seine normale Ruhelage nach aufwärts zurück. Alle Theile haben nun wieder ihre
                              									ursprüngliche Stellung und alle drei Stromwege sind wieder unterbrochen, sobald der
                              									Zug über C weggefahren ist, und dieses Verhältniss
                              									erleidet auch später keine Veränderung mehr, wenn der Zug den Streckencontact B passirt, weil dieser der gestellten Annahme nach nur
                              									für die Züge der entgegengesetzten Richtung anspricht.
                           Sollten jedoch im Sinne des gleich am Eingange der vorstehenden Erläuterungen
                              									hervorgehobenen zweiten Programmpunktes durchwegs
                              									gewöhnliche, zweiseitig ansprechende Streckencontacte verwendet werden können, so
                              									rauss dem Läutewerke der gleichfalls bereits erwähnte Nebenapparat zum selbsthätigen
                              									Unterbrechen des Stromkreises beigegeben sein. Eine werthvolle Neuerung ist es nun,
                              									dass der letztgedachte Stromkreisunterbrecher, welcher
                              									ursprünglich mit dem Läutewerke direct verbunden war, jetzt von demselben
                              									losgetrennt und an entfernter Stelle, etwa im nächsten Stationsgebäude,
                              									untergebracht werden kann. Es wird dadurch möglich, für eine ganze Reihe von
                              									Annäherungssignalen, etwa für die sämmtlichen Ueberwegläutewerke einer Strecke oder
                              									selbst zweier an einander grenzender Strecken, wenn die zwischenliegende Station
                              									keine Kreuzungsstation ist, und weiter vorausgesetzt, dass die einzelnen
                              									Signalposten genügend weit, d.h. mindestens 2000 m von einander entfernt sind, nur
                              										einen Stromkreis Unterbrecher, sowie auch nur eine gemeinsame Batterie anzuwenden und in der Station
                              									aufzustellen. Diese Betriebsweise legt hinsichtlich der für die Batterie zu
                              									verwendenden Elementengattung keinerlei Beschränkung auf und ist selbstverständlich
                              									bei einer grösseren Zahl von Signalposten sowohl hinsichtlich der Anschaffungs- als
                              									der Unterhaltungskosten wesentlich vortheilhafter, als wenn, wie früher, jedes
                              									Läutewerk seinen eigenen Unterbrecher und seine eigene Batterie erhält. Die
                              									Anordnung des neuartigen Stromkreisumschalters, der
                              									übrigens in vielem und besonders betreffs des Laufwerkes mit der älteren Form (1892
                              										283 * 170) übereinstimmt, erhellt aus Fig. 4. Das Steigrad R
                              									spannt, sobald es in der Pfeilrichtung gedreht wird, eine in einem Gehäuse sitzende
                              									Uhrfeder, deren zweites Ende an dem grösseren Steigrade R1 befestigt ist, so dass letzteres dem in
                              									Bewegung gesetzten R in gleicher Richtung folgt, jedoch
                              									erheblich verlangsamt durch die Einwirkung eines in der Zeichnung nicht ersichtlich
                              									gemachten Hemmwerkes. Der Antrieb des Rades R geschieht
                              									durch die beiden parallel geschalteten Elektromagnete M
                              									und M1, wovon der
                              									erstere am Apparatgestelle festgemacht ist, während sich M1 um eine Drehachse o bewegen kann und gleichsam den Anker zu M bildet. Diese beiden Elektromagnete werden erregt,
                              									sobald die Batterie B durch den Schluss eines
                              									Streckencontactes oder den im Läutewerk hervorgerufenen Contact vc (Fig. 3) zur
                              									Thätigkeit gelangt. Die Elektromagnete des Stromkreisunterbrechers werden also bei
                              									jedem Glockenschlage des Läutewerkes erregt, und jeder Anziehung des Elektromagnetes
                              										M1 (Fig. 3) entspricht also auch eine solche von M1 in Fig. 4, und ebenso entspricht einer jeden
                              									Rückschwingung des Läutewerkhammers bezieh. des Elektromagnetes M1 auch ein Abfall von
                              										M1 am
                              									Stromkreisunterbrecher. Bei jedem solchen Abfall, den das rechtsseitige Uebergewicht
                              									– der Drehpunkt o ist nämlich seitwärts vom
                              									Schwerpunkte etwas nach links gelegt – von M1 (Fig. 4) bewirkt,
                              									sobald die Anziehung zwischen M1 und M aufhört, wird
                              										R mittels der Schieberklaue l um einen Zahn fortbewegt. Noch vorher, gleich bei der ersten
                              									Anziehung zwischen M und M1, ist aber, indem das um die fixe Achse
                              										i bewegliche Hebelsystem u,
                                 										v, i nach abwärts gezogen und dabei gleichzeitig auch die Verbindungsstange
                              										a mitgenommen und gegen die Contactspange b gepresst wurde, der Contact zwischen d und b geschlossen
                              									worden, welcher fortan zufolge des verlangsamten Ganges von R1 und weil deshalb der Sperrkegel qz die Stange a
                              									zurückhält, während des ganzen Läutens geschlossen bleibt. Erst wenn das Läutewerk
                              									aufhört, thätig zu sein, und keine Stromschliessungen mehr vorkommen, nimmt M1 (Fig. 4) gleichfalls dauernd seine Ruhelage ein, und
                              									dann öffnet sich denn auch wieder der Contact d. Mit
                              									dem Rade R dreht sich der auf der Nabe desselben
                              									isolirt befestigte Metallring g, an dem die
                              									Contactfeder x schleift; von g zweigt der Metall arm y ab, welcher oben
                              									einen in der Richtung gegen R1 vorspringenden Platinstift m trägt. Der Arm
                              										y oder vielmehr der Stift m begrenzt den Weg des Rades R1, indem das auf R1 befestigte, mit einer Schleiffeder versehene
                              									Anschlagstück k gegen den Stift m anläuft und dadurch festgehalten bleibt. Bei der in der Zeichnung
                              									dargestellten Ruhelage würde der Strom der Batterie B
                              									seinen Weg durch den Stromkreisunterbrecher über 7, x, y, m,
                                 										k, R1, 6, M
                              									und M1, L zum Läutewerk finden. Die Verbindung m, k hört hingegen auf, sobald eine erste Erregung von
                              										M und M1 erfolgt ist, weil sich R1 ja wesentlich langsamer dreht als R; damit durch diese Unterbrechung des normalen
                              									Stromweges keine Störung herbeigeführt werde, wird gleichzeitig der bereits
                              									besprochene Contactschluss bei d bewirkt, und der Weg
                              									des Stromes geht nun über 7, b, d, a, q, z, R1, 6, M und M2 in die Leitung L.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 290, S. 90
                              Fig. 4.Hattemer's Ueberwegläutewerk.
                              
                           Wie früher bemerkt wurde, dauert der Contactschluss bei d ein klein wenig länger, als das Vorläuten, und dann
                              									erfolgt thatsächlich eine dauernde Unterbrechung, weil von 7 sowohl über 6 als über xy keine leitende Verbindung mehr besteht, denn bis R1 das Rad R wieder einholt und mit k
                              									gegen m anläuft, verfliessen 3 ½ bis 4 Minuten.
                              									Innerhalb dieser Zeit erreichen und überfahren die Züge den betreffenden zweiten
                              									Streckencontact, dessen Thätig werden in diesem Falle keinerlei Wirkung hervorrufen
                              									kann. Die Wechselwirkung und Thätigkeit der einzelnen Theile des Läutewerkes,
                              									insbesondere der Elektromagnete M und M1, ferner m1 und m2 (Fig. 4) bleiben, wenn der letztgeschilderte
                              									Stromkreisunterbrecher beigeschaltet wird, natürlich ganz und gar dieselben, wie schon weiter oben
                              									für den Fall der Benutzung einseitig ansprechender Streckencontacte in Betracht
                              									gezogen wurde.
                           Annäherungssignale mit gemeinsamen Stromkreisunterbrechern und gemeinsamen Batterien
                              									stehen auf Nebenbahnstrecken im königl. Eisenbahndirectionsbezirk Berlin mit bestem
                              									Erfolge in Anwendung. Daselbst braucht, laut bezüglicher Mittheilung des
                              									Constructeurs, das Ueberwegläutewerk, damit die Glockenschläge auf angemessene
                              									Entfernungen gut hörbar sind, einen Strom von 0,4 Ampère, während früher, wo die
                              									Läute Vorrichtung zugleich den Stromkreisunterbrecher anzutreiben hatte, 0,8 Ampère
                              									erforderlich waren. Da der Nutzwiderstand von 20 Ohm im Stromkreise unveränderlich
                              									ist, gleichgültig ob bloss ein Ueberwegläutewerk angeschlossen wird oder eine ganze
                              									Reihe, so hängt die an den Batteriepolklemmen erforderliche Spannung ausschliesslich
                              									vom äusseren Leitungswiderstande ab. Angenommen derselbe betrage 60 Ohm, so ist
                              									diese Spannung 80 × 0,4 = 32 Volt. Werden zum Betriebe der Anlage etwa
                              									Zinkkohlenelemente grösserer Form (nach Fleischer)
                              									benutzt, was auf Grund vorliegender Erfahrungen empfohlen werden kann, so lässt sich
                              									eine mittlere Klemmenspannung von 1,3 Volt für ein Element in Rechnung ziehen. Es
                              									würden dann für eine Läutewerksreihe 25 hinter einander geschaltete Elemente der
                              									genannten Gattung erforderlich sein.