| Titel: | Ueber die sogen. alkalische Probe der Naphtaproducte. | 
| Autor: | K. Lissenko , Al. Stepanow | 
| Fundstelle: | Band 290, Jahrgang 1893, S. 140 | 
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                        Ueber die sogen. alkalische Probe der
                           								Naphtaproducte.
                        Von K. Lissenko und Al.
                                 								Stepanow.
                        Ueber die sogen. alkalische Probe der Naphtaproducte.
                        
                     
                        
                           Das Streben nach Oekonomie im Verbrauch von kaustischem Natron führte etwa vor 10
                              									Jahren dazu, dass man in Baku anfing, ein Kerosin darzustellen, welches zwar allen
                              									Proben, denen man es zu jener Zeit unterwarf, genügte, jedoch vom Docht schlecht
                              									aufgesogen wurde und nicht gut brannte.
                           Zunächst zeigte die Untersuchung, dass der Grund dieser Erscheinung in dem
                              									Vorhandensein eines grösseren Gehaltes an seifenartigen Verbindungen lag. Dieses
                              									wurde bewiesen durch die Bestimmung des Aschengehaltes, erhalten durch Abdampfen des
                              									Kerosins und Glühen des Rückstandes, und zwar erhielt man mehr als 0,04 g Asche in
                              									1000 g Kerosin. Auch eine quantitative Analyse dieser Asche wurde vorgenommen und
                              									ergab einen Gehalt an CaO, MgO, Fe2O3, Na2O und SO3. Seit der Zeit wurde zur Controle des Kerosins die
                              									Bestimmung des Aschengehaltes desselben eingeführt und eine Norm festgesetzt, wonach
                              									die Menge der Asche 10 mg auf 1000 g Kerosin nicht übersteigen durfte, gewöhnlich
                              									schwankte sie zwischen 4 und 7 mg.
                           Ausserdem bemerkte man bei der Untersuchung jenes schlechten Kerosins, dass es beim
                              									Schütteln mit concentrirten Alkalien beim Absitzenlassen an der
                              									Berührungsstelle des Kerosins mit dem Alkali einen starken Niederschlag gab und sich
                              									auch schlecht klärte.
                           Da die Anwesenheit von Seife in schlecht gereinigtem Schmieröl zu noch unangenehmeren
                              									Resultaten führt, andererseits aber die Bestimmung des Aschengehaltes in ihm ebenso
                              									wie im Kerosin eine sehr zeitraubende und unangenehme Operation ist, so ist es
                              									selbstverständlich, dass sich die Techniker bemühten, andere Methoden zur Bestimmung
                              									des Seifengehaltes in kerosinhaltigen Flüssigkeiten aufzufinden. Dieses Bestreben
                              									legte den Grund zur sogen. alkalischen Probe, die, wie es scheint, zuerst in einer
                              									der Oelfabriken von Ragosin ausgearbeitet und späterhin auf den Fabriken in Baku
                              									eingeführt wurde; gegenwärtig hat sie eine grosse Verbreitung. Die alkalische Probe
                              									wird in Baku in verschiedenartigen Modifikationen ausgeführt und die theoretische
                              									Erklärung derselben soll den Inhalt dieser Abhandlung bilden.
                           Gewöhnlich führt man die alkalische Probe des Kerosins folgendermaassen aus: 300 oder
                              									500 cc Kerosin werden mit 6 oder 10 cc einer 2 procentigen Natronlauge in einem
                              									Kolben vermischt und auf 60 bis 70° C. erwärmt, darauf wird der Kolben durch einen
                              									Kork geschlossen und 5 Minuten lang durchgeschüttelt, wobei der Kork von Zeit zu
                              									Zeit gelüftet wird. Darauf wird der Inhalt des Kolbens in einen Scheidetrichter
                              									übergegossen, nach Abstehenlassen der alkalische Auszug abgelassen, durch ein
                              									doppeltes Filter in ein Probirröhrchen abfiltrirt und mit HCl angesäuert. Dadurch
                              									werden die Säuren der Naphta und der Seife, die in dem Alkali gelöst waren,
                              									ausgeschieden, worauf der Grad der Trübung der Flüssigkeit bestimmt wird; hieraus
                              									ergibt sich dann die Möglichkeit, einen Schluss zu ziehen, ob das Kerosin gut
                              									gereinigt war. Da nun eine derartige Beurtheilung dem Controleur dennoch die
                              									Möglichkeit gibt, willkürlich den Grad der Reinheit des Kerosins als genügend oder
                              									ungenügend anzugeben, so haben in letzter Zeit einige Firmen die Bestimmung
                              									getroffen, dass das Ansäuern des alkalischen Filtrats mit HCl in einem Glascylinder
                              									von bestimmtem Durchmesser zu geschehen hat und der Controleur angeben muss, welche
                              									Grösse von Druckschrift er beim Durchsehen durch die opalisirende Flüssigkeit noch
                              									zu lesen im Stande ist. In Uebereinstimmung damit wurde eine Scala zusammengestellt,
                              									die das Kerosin in Bezug auf die alkalische Reinigung in mehrere Kategorien
                              									eintheilt; diese Scala wird im nächsten Jahr als Vorschrift eingeführt werden.
                              									Sämmtliche Kerosine aus Baku opalisiren beim Ansäuern des alkalischen Auszuges mehr
                              									oder weniger stark; ein absolut reines Kerosin wird nicht fabricirt, da die
                              									vollständige Reinigung eine Vergrösserung im Verbrauch von kaustischem Natron
                              									bedingen würde.
                           Die Theorie dieser Probe ist klar: Die im Kerosin enthaltenen Seifen und Körper mit
                              									saurer Reaction lösen sich in verdünnten Alkalien, werden beim Ansäuern des
                              									alkalischen Auszuges wieder ausgeschieden und geben der Flüssigkeit ein
                              									opalisirendes Aussehen.
                           Dieselbe Probe wird auch für Schmieröle angewandt. Zu dem Behufe vermischt man in
                              									einer grossen Proberöhre 5 cc einer noch schwächeren (1 ½ procentigen) Natronlauge
                              									mit 10 cc des zu untersuchenden Schmieröles, schüttelt ununterbrochen durch und
                              									erwärmt auf etwa 80° C.
                           Beim Erwärmen muss die Flüssigkeit gut durchgeschüttelt werden, damit sich eine Art
                              									Emulsion bildet, sonst beginnt sie zu kochen und wird aus dem Probircylinder
                              									herausgeschleudert. Nach Beendigung der Erwärmung (etwa 2 bis 3 Minuten) stellt man
                              									die Probe in eine besondere Wanne mit warmem Wasser, dessen Temperatur beständig auf
                              									70° C. gehalten wird, und lässt sie dort 2 bis 3 Stunden stehen. Besichtigt man nun
                              									die Proberöhre, so kann man folgende Erscheinungen beobachten:
                           1) Die untere alkalische Schicht der Flüssigkeit ist trübe und hat ein milchiges
                              									Aussehen; an der Berührungsstelle mit dem Oel sammelt sich ein mehr oder weniger
                              									bedeutender Niederschlag; ein solches Oel ist jedenfalls schlecht ausgewaschen.
                           2) Die untere alkalische Schicht ist klar und hell, aber an der Berührungsstelle mit
                              									dem Oel bildet sich ein mehr oder weniger bedeutender gelblichrother Niederschlag.
                              									Dieser Fall tritt am häufigsten ein, und wenn ein solches Oel wenig Asche gibt, so
                              									hält man es für genügend gereinigt und lässt es aus der Fabrik in den Handel. Die
                              									Masse des Glührückstandes im Oel ist meist fast 10 mal grösser als im Kerosin und
                              									beträgt 40 bis 125 mg in 1000 g Oel.
                           3) Der seltenste Fall ist der, dass der alkalische Auszug klar bleibt und an der
                              									Berührungsstelle der Flüssigkeiten sich kein Häutchen bildet, das ist nur bei
                              									solchen Oelen möglich, die weder seifenartige Verbindungen enthalten, noch auch
                              									solche von saurem Charakter, d.h. Verbindungen, die sich mit dem Alkali verbinden
                              									könnten.
                           Theoretisch lässt sich diese Probe folgendermaassen erklären: Es wird weiter unten
                              									gezeigt werden, dass, um die seifenartigen Verbindungen in Lösung zu halten, die
                              									Anwesenheit von freier Naphtasäure nothwendig ist, welche sich aus eben diesen
                              									Seifen beim Auswaschen der Oele mit Wasser bilden kann. Bei Behandlung des Oeles mit
                              									schwachem Alkali wird diese Säure neutralisirt, die Seife setzt sich ab, und da sie
                              									in diesem Fall (d.h. bei der Probe mit Schmierölen) sogar in sehr verdünntem Alkali
                              									unlöslich ist, so sammelt sie sich an der Berührungsstelle des Alkalis mit dem Oel
                              									an.
                           Eine dritte Art der alkalischen Probe besteht in Folgendem: Man nimmt ein gewisses
                              									Quantum starker Natronlauge (1,3) und schüttelt damit das Kerosin. Ist letzteres
                              									rein, so entmischen sich die Flüssigkeiten bald und die Berührungszone beider hat
                              									eine spiegelklare Oberfläche. Für gewöhnlich bildet sich aber dort in Form eines
                              									weisslichen Häutchens ein Niederschlag, der wahrscheinlich aus Kalk-, Magnesia- und
                              									Natronsalzen besteht. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Modifikation der
                              									alkalischen Probe in den Händen eines geübten Controleurs sehr gute Resultate gibt.
                              									Der Hauptfehler dieser Probe besteht darin, dass sie den äusserst selten
                              									vorkommenden Fall völliger Reinheit des Kerosins voraussetzt und keine Gradation der
                              									vorhandenen Verunreinigungen anzeigt.
                           Es muss hier daran erinnert werden, dass in letzter Zeit Herr Doroschenko vorschlug, den Grad der alkalischen Reinigung des Kerosins
                              									durch Titration mit 1/10-Normalnatronlauge zu bestimmen, wobei als Indicator Phenolphtaleїn
                              									diente. Unter den von ihm untersuchten 112 Kerosinproben aus Baku war keine einzige
                              									absolut neutral; die beste unter ihnen brauchte für 10 cc Kerosin 0,03 cc 1/10-Normalnatronlauge zur Neutralisation. Wir müssen hierbei bemerken,
                              									dass Herr Doroschenko das Kerosin ohne Alkoholzusatz
                              									titrirt, was einige Unbequemlichkeiten mit sich bringt: Das zum Titriren benutzte
                              									Alkali löst sich nicht im Kerosin, während es doch durchaus nothwendig ist, dass
                              									jeder einzelne Tropfen mit der ganzen zu titrirenden Flüssigkeitsmenge (10 cc) in
                              									Berührung kommt, weshalb jedesmal längere Zeit durchgeschüttelt werden muss, wobei,
                              									wie wir später sehen werden, eine Oxydation des Kerosins eintreten kann. Wir haben
                              									wenigstens öfters bemerkt, dass Kerosin, welches mit einem Tropfen alkalischen
                              									Phenolphtaleїns rosa gefärbt war, sich bei längerem Schütteln entfärbte.
                           In Baku ist man der Meinung, dass die alkalische Probe den Beweis für die Anwesenheit
                              									von Seife in Naphtaproducten erbringt, und dass sich bei sämmtlichen Variationen der
                              									alkalischen Probe diese Seife unter dem Einfluss des Alkalis aus den Naphtaproducten
                              									ausscheidet, ja sogar in dem Falle, wenn sie im Alkali unlöslich ist. Endlich haben
                              									die Versuche des Herrn Doroschenko sicher gezeigt, dass
                              									sämmtliches Kerosin aus Baku, wenn auch oft in minimen Mengen, Stoffe enthält,
                              									welche eine alkalische Phenolphtaleїnlösung entfärben, also sauren Charakter
                              									besitzen.
                           Wir bemerken, dass bei der Reinigung von naphtahaltigen Flüssigkeiten bisweilen
                              									Producte erhalten werden, die sich beim Erkalten trüben und sich auch nach
                              									langdauerndem Stehen nicht klären. Gewöhnlich beseitigt eine nochmalige Reinigung
                              									mit concentrirtem Alkali diesen Fehler. In Baku war man geneigt, die Abscheidung der
                              									Seife aus den Naphtaproducten unter dem Einfluss von Alkali durch die Bildung irgend
                              									welcher basischen Salze zu erklären, doch ist deren Existenz mehr als fraglich.
                           Das gab uns Veranlassung zur Anstellung einiger Versuche, welche zu interessanten
                              									Resultaten führten, die einigermaassen den Process bei der Reinigung der
                              									Naphtaproducte durch Alkali und dem darauf folgenden Auswaschen mit Wasser erklären.
                              									Doch bevor wir die Versuche beschreiben, wollen wir einige Worte über das für
                              									dieselben verwendete Material sagen.
                           Unter der Bezeichnung „Naphtasäure“ verstehen wir hier keine bestimmte
                              									chemische Verbindung, wie Hydrobenzoesäure oder eine ihrer Homologen, sondern ein
                              									Gemenge säureartiger Körper, welche sich in den mit Schwefelsäure behandelten
                              									Naphtadestillaten vorfinden und sich mit kaustischem Natron verbinden. Wird die
                              									alkalische Reinigung mit starkem Natron vorgenommen, so scheidet sich die Verbindung
                              									als gallertartiger Niederschlag (Seife) aus, welchen man sorgfältig von dem ihn
                              									stets begleitenden Oel absondert und durch schwache Schwefelsäure zersetzt. Hierbei
                              									scheidet sich stets eine dunkelbraune ölartige Flüssigkeit aus vom ungefähren spec.
                              									Gew. 0,97, welche sich vollständig in verdünntem Alkali löst. Das ist die von uns in
                              									dieser Abhandlung mit Naphtasäure bezeichnete Verbindung; sie enthält in allen ihren
                              									Modificationen: 1) Homologe der hydroaromatischen Säuren oder ihre Isomeren, 2)
                              									Sulfosäuren und 3) Körper von phenolartigem Charakter.
                           Es ist leicht möglich, dass die relative Menge all dieser Körper und ihre Natur in
                              									der Naphtasäure nicht gleich-massig ist, je nachdem, ob sie z.B. beim Reinigen von
                              									Schmieröl oder von Kerosin erhalten wurden. Diese Frage muss offen bleiben, da wir
                              									hierüber gar keine Daten haben. Für die weiterhin beschriebenen Versuche, die in Petersburg ausgeführt
                              									wurden, benutzten wir eine Säure, die beim Reinigen von Kerosin erhalten wurde.
                           Die andere Substanz, die uns zu den Versuchen diente, war reines Kerosin oder Solaröl
                              									vom spec. Gew. 0,866. In Baku destillirt man beim Bestimmen des Aschengehaltes etwa
                              									⅘ des in Arbeit genommenen Kerosins in einer Retorte ab und dampft nur den Rest in
                              									einer Schale ein. Wir glaubten annehmen zu können, dass der auf diese Weise
                              									überdestillirte Theil des Kerosins ein vollkommen reines Naphtaproduct darstellt. In
                              									Baku hält man jedoch für ausgemacht, dass sogar die Destillate eines vollkommen
                              									neutralen Kerosins bei der Probe mit Lackmus eine mehr oder weniger saure Reaction
                              									zeigen und die alkalische Probe nicht aushalten. Der Destillationsrückstand hat eine
                              									stark saure Reaction. Um sich davon zu überzeugen, braucht man nur eines der
                              									Destillate mit möglichst neutraler (violetter) wässeriger Lackmustinctur zu
                              									schütteln, die Farbe geht augenscheinlich ins Röthliche über. Wird die Destillation
                              									des Kerosins im CO2-Strom ausgeführt, so erhält man
                              									ebenfalls die röthliche Färbung der Lackmustinctur, wird jedoch letztere dann zum
                              									Kochen erhitzt, so verschwindet die röthliche Färbung und macht wieder der
                              									ursprünglichen violetten Platz.
                           Diese Facta führen zur Annahme, dass sich das Kerosin bei der Destillation an der
                              									Luft theilweise oxydirt, dass diese Oxydationsproducte sauren Charakter besitzen,
                              									auf Lackmus einwirken und sich in schwachen Alkalien lösen; weshalb ein Kerosin, das
                              									dieselben enthält, bei der Alkaliprobe einen alkalischen Auszug liefert, der bei
                              									Zusatz von HCl opalisirt.
                           Dieses alles bewog uns, zu unseren Versuchen nicht das überdestillirte Kerosin zu
                              									nehmen, sondern das von Nobel, welches im Laboratorium
                              									mit 10 procentiger Natronlauge und nachherigem mehrmaligen Auswaschen mit Wasser
                              									gereinigt war. Ein solches Kerosin kann man für rein ansehen: 100 cc entfärbten
                              									nicht 5 cc einer mit Phenolphtaleїn gefärbten alkoholischen Natronlauge, die im
                              									Liter nur 0,1 g Natronhydrat enthielt (veränderte Probe von Holdy).
                           Der Grundversuch, welcher die Veranlassung zur Abfassung vorliegender Abhandlung gab,
                              									hatte den Zweck, klarzustellen, ob factisch die Natronlauge die Eigenschaft besitzt,
                              									sich mit der neutralen Naphtaseife zu verbinden und sie dem Kerosin zu
                              									entziehen.
                           Uebereinstimmend hiermit wurden in 500 cc auf oben beschriebene Art gereinigtes
                              									Kerosin 0,25 g Naphtanatronseife gelöst: darauf wurde diese Flüssigkeit so lange mit
                              									Wasser gewaschen, bis das Waschwasser auf Zusatz von HCl nicht mehr opalisirte; man
                              									musste 5 mal auswaschen. Dann wurde die alkalische Probe mit schwachem Alkali
                              									gemacht. Es zeigte sich, dass der alkalische Auszug auf Zusatz von HCl stark
                              									opalisirte, was zu dem Schlüsse führen könnte, dass ein Kerosin, das an Wasser keine
                              									Seife mehr abgibt, von derselben durch Alkali befreit werden kann, welch letzteres
                              									folglich zur Seife eine gewisse Affinität besitzt und sich mit ihr verbindet.
                           In Anbetracht jedoch der völligen Unwahrscheinlichkeit dieser Erklärung schien es
                              									richtiger zu sein, anzunehmen, dass beim Auswaschen des seifenhaltigen Kerosins mit
                              									Wasser letzteres die Seife zersetzt in Alkali, das durch das Wasser ausgewaschen
                              									wird, und in Naphtasäure, welche im Kerosin verbleibt. Dann muss ein solches
                              									mit Wasser öfters ausgewaschenes Kerosin bei der alkalischen Probe jedenfalls einen
                              									alkalischen Auszug geben, der auf Zusatz von HCl opalisirt, da sich die freien
                              									Naphtasäuren in schwachem Alkali leicht lösen.
                           Um diese Annahme zu begründen, gössen wir in einen Kolben eine verdünnte 5 procentige
                              									wässerige Lösung von Naphtaseife und fügten noch ein wenig Wasser und einige Tropfen
                              									einer alkoholischen Phenolphtaleїnlösung hinzu. Unsere Seifenlösung war vollkommen
                              									neutral, d.h. sie röthete weder Phenolphtaleїn, noch wirkte sie auf Lackmus, und
                              									enthielt nicht mehr wie 0,13 g Seife in 5 cc. Als wir darauf in den Kolben 100 cc
                              									auf die früher angegebene Methode gereinigtes Solaröl oder Kerosin eingössen und die
                              									Flüssigkeit gut durchschüttelten, so färbte sich die untere wässerige Schicht immer
                              									stärker und stärker roth, besonders bei leichtem Erwärmen. Die Färbung tritt in
                              									diesem Fall deshalb ein, weil sich die Seife allmählich zersetzt und sich ihr Alkali
                              									in der unteren wässerigen Schicht ansammelt und mit dem Phenolphtaleїn verbindet,
                              									die Säure jedoch in der naphtahaltigen Flüssigkeit verbleibt. Diese Erscheinung ist
                              									eine Art Dissociation oder richtiger gesagt Hydrolyse, da sie unter Betheiligung der
                              									Elemente des Wassers vor sich geht, und kann das oben Angeführte als ein guter
                              									Collegienversuch benutzt werden.
                           Wir sind weit davon entfernt, diese Erscheinung der Zersetzung der Naphtaseifen durch
                              									Wasser als etwas Neues ausgeben zu wollen, das war bekannt in Baku und davon spricht
                              									auch Prof. Engler in der Beschreibung seiner Reise
                              									dahin. Aber gerade in Baku achtet man wenig darauf und arbeitet aus ökonomischen
                              									Gründen mit äusserst verdünnten Alkalien, in der Ueberzeugung, dass diese Zersetzung
                              									nicht eintritt beim Auswaschen mit Alkali von 1 bis 2° Bé. Indessen ist das falsch,
                              									die Hydrolyse tritt auch ein bei Gegenwart äusserst verdünnter Lösungen freien
                              									Alkalis.
                           Um das zu beweisen, führten wir eine ganze Reihe Versuche aus, welche diese Annahme
                              									rechtfertigen. Da der Grad der Zersetzung der Seife durch Wasser abhängen muss 1)
                              									von der Temperatur, 2) von dem Wasserquantum, und 3) davon, ob Säure oder Alkali im
                              									Ueberschuss vorhanden ist, so führten wir unsere Versuche in der Art aus, dass alle
                              									oben angeführten Bedingungen dieselben blieben und nur die Menge des zur neutralen
                              									Seife zugesetzten Alkalis variirt wurde. Die Arbeitsmethode war folgende: 5 cc
                              									vollständig neutraler Seifenlösung mit einem Gehalt von 0,1379 g Seife wurden in
                              									einem Kolben mit 100 cc gereinigtem Solaröl und 1, 2 u.s.w. cc 1/10-Normalnatronlauge vermischt und die Mischung unter sorgfältigem
                              									Durchschütteln fast bis zum Kochen erhitzt. Die 1/10-Normalnatronlauge enthielt in 1 cc
                              									0,0393 g Alkali. Es ist klar, dass, wenn die Zersetzung der Seife unter diesen
                              									Bedingungen stattfindet, sich die Seife aus der sich ausscheidenden Naphtasäure im
                              									Solaröl lösen müsste und durch Titriren quantitativ bestimmt werden könnte. Es wurde
                              									deshalb die heisse Flüssigkeit nach sorgfältigem Umschütteln in einen
                              									Scheidetrichter gegossen, das sich abscheidende Alkali abgelassen, das Naphtasäure
                              									enthaltende Oel durch Watte filtrirt, zu 80 cc desselben 20 cc Spiritus und 3
                              									Tropfen Phenolphtaleїnlösung zugesetzt und mit 1/10-Normalnatronlauge titrirt. Die
                              									Resultate sind folgende:
                           
                           
                              
                                 Seifenlösung
                                 Alkali
                                 Oel
                                 Alkali-verbrauchbeim Titriren
                                 
                              
                                 5 cc = 0,1379 g
                                 –
                                 100 cc
                                 1,3 cc
                                 
                              
                                 5 cc = 0,1379 g
                                 –
                                 100 cc
                                 1,2 cc
                                 
                              
                                 5 cc = 0,1379 g
                                   1,35 cc = 0,0530 g
                                 100 cc
                                   0,75 cc
                                 
                              
                                 5 cc = 0,1379 g
                                   2,75 cc = 0,1081 g
                                 100 cc
                                   0,30 cc
                                 
                              
                                 5 cc = 0,1379 g
                                   5,00 cc = 0,1965 g
                                 100 cc
                                   0,20 cc
                                 
                              
                                 5 cc = 0,1379 g
                                 10,00 cc = 0,399   g
                                 100 cc
                                   0,20 cc
                                 
                              
                           Der zu dem titrirten Oel zugesetzte Alkohol war nicht absolut neutral und 20 cc
                              									desselben brauchten zur Neutralisation 0,07 cc 1/10-Normalnatronlauge, was von den
                              									Ziffern der letzten Reihe abzuziehen ist.
                           Aber wir glauben, dass auch nach dieser Correction die Zahlen den Coefficienten der
                              									Hydrolyse nicht ganz genau angeben. Durch die Bedingungen, unter denen der Versuch
                              									angestellt wurde, kann man von der Vollständigkeit der Hydrolyse nicht überzeugt
                              									sein, da sich ein Theil der Säure beim Abstehenlassen im Scheidetrichter mit dem
                              									Alkali wieder verbinden konnte. Wir glauben jedoch, dass diese Versuche
                              									unzweifelhaft beweisen, dass eine Zersetzung der Seife auch bei Gegenwart von
                              									überschüssigem Alkali eintritt, um so mehr als Versuche mit einer anderen
                              									Seifenlösung zu denselben Resultaten führten. Wir beschreiben hier diese Versuche
                              									nicht und wollen nur bemerken, dass aus ihnen, ebenso wie aus den angeführten, klar
                              									hervorgeht, dass in demselben Maasse, wie man die Menge des freien Alkalis in der
                              									reagirenden Flüssigkeit vergrössert, sich der Coefficient der Hydrolyse immer mehr
                              									verkleinert und vermuthlich gleich Null wird, wenn der Alkaligehalt der Flüssigkeit
                              									8 bis 10 Proc. erreicht. Trotz der Wichtigkeit einer Bestimmung der Concentration
                              									der Alkalilösung, bei der die Hydrolyse ganz aufhört, konnten wir diesen Versuch
                              									nicht machen und begnügen uns mit dem Hinweise auf das angegebene Factum. Wir
                              									glauben, dass man nach der Reinigung der Naphtaproducte mit schwachem Alkali, bevor
                              									man mit Wasser auswäscht, dieselben mit concentrirterem Alkali (8 bis 10 Proc.)
                              									bearbeiten muss, weil die in ihnen zurückbleibenden Naphtasäuren und auch ein
                              									gewisser Theil der Seife durch Wasser nicht ausgewaschen werden.
                           Beim Zusammenfassen der Erscheinungen, welche bei der alkalischen Probe der
                              									Naphtaproducte und beim Reinigungsprocess mit Alkali auftreten, drängt sich die
                              									Frage auf, ob sich die trockenen und neutralen Seifen in den Naphtaproducten lösen
                              									und ob nicht die Anwesenheit von freier Säure dafür Hauptbedingung ist. Die Versuche
                              									des Herrn Doroschenko zeigen, dass die Na-, Ca- und
                              									Mg-Seifen, falls sie vollkommen neutral sind, in den naphtahaltigen Flüssigkeiten,
                              									falls letztere vollkommen trocken sind, nur aufquellen und zergehen, nicht aber sich
                              									lösen. Unsere Versuche mit trockenen, neutralen Natron- und Kalksalzen bestätigen
                              									das vollkommen. Die Natronseife wurde dargestellt durch unmittelbare Neutralisation
                              									der Naphtasäure und Abdampfen der Flüssigkeit. Um die Kalkseife zu erhalten, wurde
                              									die alkoholische Lösung der Naphtasäure mit kaustischem Kalk gesättigt, der
                              									Ueberschuss durch einen CO2-Strom entfernt, und dann
                              									zur Trockne verdampft. Zur endgültigen Entfernung des Wassers in beiden Proben
                              									wurden sie in Alkohol nach einander 3-, 4 mal gelöst und dann bei 105° getrocknet.
                              									Das Naphtaproduct, in welchem die Lösung vor sich ging, wurde durch CaCl2 getrocknet.
                           Indem wir in dieser Art arbeiteten, kamen wir zum Schluss, dass sich die neutralen
                              									Naphtaseifen in Kerosin und in Solaröl so gut wie gar nicht lösen. Andererseits
                              									lösen sie sich leicht, wenn die Flüssigkeit, wenn auch nur minimale Quantitäten von
                              									Naphtasäuren enthält.
                           Trockene Seife kann im Kerosin zergehen und befindet sich dann in Suspension, nach
                              									dem Filtriren kann jedoch im Filtrat weder durch die alkalische Probe, noch auch
                              									durch eine Aschenbestimmung die Anwesenheit von Seife nachgewiesen werden. Auf Grund
                              									all dieses nehmen wir an, 1) dass die alkalische Probe mit schwachen und starken
                              									Alkalien ihren Grund hat in der Neutralisation der Naphtasäure, deren Anwesenheit
                              									allein die Löslichkeit der Seife im Kerosin bezieh. Schmieröl ermöglicht; 2) dass in
                              									Folge dieser Neutralisation sich die Seife an der Oberfläche des Alkalis (bei der
                              									Probe mit concentrirtem Alkali) abscheidet oder sich darin löst (bei verdünntem
                              									Alkali); 3) dass die Naphtaproducte, die in Folge ungenügender Reinigung mit Alkali
                              									Seife in Lösung enthalten; vollständig gereinigt werden können durch Behandlung mit
                              									concentrirtem Alkali. In Baku treffen nicht alle diese Schlussfolgerungen zu,
                              									weshalb die dortige technische Gesellschaft eine Commission ernannte zur Lösung
                              									dieser Frage. Wir hoffen, dass sie zu denselben Schlüssen gelangen wird, wie wir sie
                              									oben angaben.
                           Uebereinstimmend mit unseren Folgerungen kann man die Prüfung des Kerosins nach dem
                              									Vorschlage des Herrn Doroschenko mit 1/10-Normalalkali
                              									vornehmen, es erfordert jedoch das Titriren ohne Alkoholzusatz ein äusserst
                              									langwieriges Schütteln, um jeden Tropfen Alkali mit der ganzen Flüssigkeitsmenge in
                              									Berührung zu bringen, das kann aber wieder eine Oxydation des Kerosins nach sich
                              									ziehen und die Bildung einer, wenn auch minimalen Menge eines sauren Körpers, die
                              									genügt, einen Tropfen des mit Phenolphtaleїn gefärbten 1/10-Normalalkalis zu entfärben (siehe Schestopal, Chem.-Zeitung, 1891 Bd. 15 S. 352).
                           Zur Entdeckung der Säuren proponirt Holdy (Chem.-Zeitung, 1892 Nr. 10), das Kerosin mit einer
                              									alkoholischen, mit Phenolphtaleїn gefärbten Natronlauge, enthaltend 0,9 g
                              									kaustisches Natron im Liter, zu schütteln. Wir führten diesen Versuch in der Art
                              									aus, dass wir zu 100 cc des zu untersuchenden Kerosins 5 cc 1/100-Normalphenolphtaleїnalkali zusetzten und schüttelten; Kerosin der Gesellschaft Nobel entfärbt unter diesen Bedingungen
                              									nicht das Alkali, wohl aber, wenn man eine schwächere Lösung von etwa 0,1 g im Liter
                              									anwendet. Nimmt man jedoch voraus mit concentrirtem Alkali gereinigtes und darauf
                              									mit Wasser gewaschenes Kerosin von derselben Firma, so entfärbt es selbst ein so
                              									verdünntes Alkali nicht, d.h. mit einem Gehalt von nicht mehr als 0,0005 g in 5
                              									cc.
                           Wir müssen bemerken, dass die Gegenwart von Säure keinen Grund abgibt zum Brakiren
                              									des Kerosins, dasselbe kann Spuren von Säure enthalten, jedoch keine Seife, die eben
                              									seine Güte beeinträchtigt. Von der Anwesenheit von Seife überzeugt man sich in Baku
                              									noch durch die Menge der Asche, deren Bestimmung eine weitläufige und nicht ganz
                              									genaue Operation ist.Bei der
                                    											Aschenbestimmung wurde das Glühen des Rückstandes stets auf dem Gebläse
                                    											vorgenommen, wobei sich ein Theil der alkalischen Salze verflüchtigen
                                    											konnte. Man sagt, das hätte keine Bedeutung, da der Güte eines Kerosins am
                                    											meisten die Kalk- und Magnesiumsalze schaden. Das mag richtig sein, doch ist
                                    											immerhin diese Bestimmung der Seifenmenge in den Naphtaproducten, welche von
                                    											dem Einen von uns eingeführt wurde, nicht genau. Vielleicht
                              									könnte man zu
                              									diesem Zweck die Hydrolyse der Seife anwenden, wie oben angegeben: Schütteln
                              									des Kerosins mit Wasser, das einige Tropfen einer alkoholischen Phenolphtaleїnlösung
                              									enthält; dieser Versuch bedarf jedoch noch der Ausarbeitung, wozu wir bis jetzt noch
                              									nicht gekommen sind.
                           Erst in letzter Zeit hatte der Eine von uns (Stepanow)
                              									Gelegenheit, diese Methode anzuwenden, und zwar im folgenden Fall: Auf einer
                              									Messingblechfabrik dienten Naphtarückstände („Masut“) als Heizmaterial, in
                              									ihnen vermuthete man kleine Mengen von Schwefel in Form schwefelsaurer Salze. Der
                              									Einwirkung dieser Salze schrieb die Fabrikverwaltung das Factum zu, dass die Bleche
                              									beim Abbrennen auf diesem Masut Flecke erhielten. Ferner bemerkte man, dass
                              									letzteres viel Meerwasser enthielt, von dem es sich sehr schlecht trennen liess.
                              									Dadurch entstand die Vermuthung, ob nicht zufällig in dasselbe Alkaliabfälle
                              									gekommen seien, welche das Absetzen des Wassers verhinderten. In Folge dessen liess
                              									man im Laboratorium einen Theil dieses Wassers sich absetzen, vermischte es mit 5
                              									Tropfen Phenolphtaleїn und schüttelte es mit 100 cc reinem Solaröl, wobei sich die
                              									Flüssigkeit deutlich rosa färbte. Auf diese Art wurde die Anwesenheit von
                              									alkalischen Abfällen in diesem Masut sehr wahrscheinlich, was noch dadurch
                              									bekräftigt wurde, dass das untersuchte Wasser sich vollkommen neutral gegen Lackmus
                              									verhielt und weder auf Phenolphtaleїn, noch auch auf Methylorange einwirkte; beim
                              									Titriren mit HCl (die 20,6235 g HCl im Liter enthielt) unter Zusatz von Methylorange
                              									färbte es sich in einem Fall erst nach Zusatz von 3,8 cc, im anderen von 4,8 cc
                              									Säure auf je 100 cc.