| Titel: | Ueber die Ursachen, welche bei wärmerer Jahreszeit die Harzleimung des Papiers erschweren. | 
| Autor: | E. Muth | 
| Fundstelle: | Band 290, Jahrgang 1893, S. 262 | 
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                        Ueber die Ursachen, welche bei wärmerer
                           								Jahreszeit die Harzleimung des Papiers erschweren.
                        Von Dr. E. Muth.
                        Ueber die Ursachen, welche bei wärmerer Jahreszeit die Harzleimung
                           								des Papiers erschweren.
                        
                     
                        
                           Es ist vielfach beobachtet worden, dass im Sommer bei heisser Temperatur das Papier
                              									nicht im Leim halten will, während alle Betriebsmanipulationen, alle Zuthaten die
                              									gleichen wie vorher sind. Mehr Harzleim zu nehmen, ist nutzlos, da jeder Ueberschuss
                              									an Harzleim auf die Leimfestigkeit ohne Einfluss ist, ja er benachtheiligt die Farbe
                              									des Papiers, die grauer wird. Auch beim Verarbeiten des Stoffes auf der
                              									Papiermaschine zeigen sich Schwierigkeiten, indem die feuchte Papierbahn an den
                              									Pressen kleben bleibt. Da Halbstoff, Leim, Wasser u.s.w. die gleichen geblieben sind
                              									wie bei dem Papier, das leimfest war, so fragt es sich, welche dieser Stoffe
                              									veränderungsfähig sind, sodann, wodurch und wie wird die Aenderung bedingt.
                           Wasser und Halbstoff können Zusätze bekommen, welche die Leimfestigkeit des Papiers
                              									beeinflussen, diese Aenderungen können das ganze Jahr hindurch vorkommen, es ist
                              									dieses eine Sache für sich, sie müssen für den vorliegenden Fall unbeachtet bleiben.
                              									Es handelt sich also nur noch um Harzleim, schwefelsaure Thonerde oder Alaun bezieh.
                              									deren Lösungen, sowie um die Lösung des aufgekochten Stärkemehls. Letztere verändert
                              									sich leicht bei wärmerer Jahreszeit, d.h. die etwas dickflüssige Flüssigkeit reagirt
                              									sauer, wird dünnflüssig und verliert dadurch die ihr hauptsächlich zukommende
                              									Eigenschaft, das fein ausgeschiedene Harz, Thonerdehydrat in der Flüssigkeit
                              									vertheilt zu halten. In der dickeren Flüssigkeit ist dieses weit besser der
                              									Fall; mit dem Siebwasser der Maschine gehen weit weniger leimende Stoffe verloren,
                              									dieselben bleiben im Papier und machen dasselbe leimfest. Da aber eine Menge
                              									Fabriken ohne Stärkemehl leimfestes Papier machen, so müsste in dem vorliegenden
                              									Falle eine Kleinigkeit Harzleim mehr genügen, um dem Papier die Leimfestigkeit zu
                              									geben, was jedoch nicht der Fall ist; kein noch so grosser Ueberschuss an Harzleim
                              									macht das Papier leimfest.
                           Da die Lösung der Thonerdesalze bei noch so langem Stehen auch bei höherer Temperatur
                              									keine Aenderung erfährt, so kann es nur noch der Harzleim bezieh. dessen Lösung
                              									sein, die veränderungsfähig ist und den plötzlichen Rückgang der Leimfestigkeit des
                              									Papiers verursacht. Die im Harze enthaltenen Farbstoffe lassen sich beim Kochen des
                              									Harzleimes entfernen, indem der entstandene Harzleim in der concentrirten Lösung von
                              									doppeltkohlensaurem Natron, welche auch den Farbstoff gelöst enthält, unlöslich oder
                              									wenigstens sehr schwer löslich ist, so dass die Lauge von dem Leim abgeschöpft
                              									werden kann. Der so hergestellte Harzleim hat in Consistenz mit sogen. Schäl- oder
                              									Schmierseife sehr grosse Aehnlichkeit, ist nur weit heller und weisser als diese und
                              									besteht nach neueren Untersuchungen aus einer Mischung von Harznatron und Harz, in
                              									welchem das letztere in möglichst feiner Vertheilung, wie die Leimung des Papiers es
                              									erfordert, enthalten ist, während die Menge des gelöst enthaltenen Harzes abhängig
                              									ist von der Art und Weise, wie der Harzleim gekocht wird. Dass der Harzleim auf
                              									besagte Art zusammengesetzt ist, sieht man am besten, wenn davon etwas in kaltem
                              									Wasser gelöst wird; es entsteht eine weisse, milchig getrübte Flüssigkeit, die um so
                              									getrübter ist, je mehr fein vertheiltes Harz das Harznatron enthält. Richtig
                              									hergestellt, muss diese Flüssigkeit längere Zeit stehen bleiben können, ohne dass
                              									sich nur der geringste Bodensatz oder ausgeschiedenes Harz bemerkbar macht.
                           Die bisher gemachten Angaben sind allgemeiner Art; um jedoch den beim Leimen des
                              									Papiers stattfindenden Vorgang verständlicher zu machen, mussten dieselben hier zur
                              									Sprache kommen. Die Leimung des Papiers mit Harz im Holländer beruht nun darauf,
                              									dass die vorhandenen Fasern mit Harzthonerde, Harz, Thonerdehydrat überzogen werden,
                              									die durch Umsetzen des Harzleimes mit gelöster Thonerde entstehen, während die in
                              									der Papierbahn vorhandenen Zwischenräume durch die in der Flüssigkeit enthaltenen
                              									Leimstoffe u.s.w. ausgefüllt werden. Da die vorhandenen Zwischenräume verschiedene
                              									Grösse haben, so ist es auch nöthig, dass die Stoffe, welche bestimmt sind, diese
                              									Zwischenräume auszufüllen und dicht zu schliessen, verschiedene Grösse haben müssen.
                              									Die grösseren verstopfen die Zwischenräume zuerst, während die feineren
                              									Ausscheidungen sie dichten und auf diese Art das Papier für Tinte undurchdringlich
                              									machen, d.h. das Papier wird leimfest. Die beschriebene Harzlösung hat nun, wenn sie
                              									mit Wasser verdünnt wird, das Harz in feinster Vertheilung und zwar um so feiner,
                              									mit je mehr Wasser sie verdünnt wird. Wird diese Flüssigkeit für sich allein zum
                              									Leimen des Papiers genommen, so hat man niemals auf leimfestes Papier zu rechnen,
                              									denn wenn auch die Fasern mit dem aufs feinste vertheilten Harz überzogen werden,
                              									würde das aufs feinste vertheilte Harz durch die im Papier enthaltenen
                              									Zwischenräume mit dem Siebwasser ablaufen, während das gelöste Harznatron ebenfalls
                              									mit dem Wasser verloren geht. Um nun Abscheidungen in verschiedener Grösse zu
                              									erhalten, wird die Harzlösung mit schwefelsaurer Thonerde oder Alaun versetzt, auch
                              									Säure ist hierzu geeignet und jetzt scheiden sich in Wasser unlösliche Verbindungen
                              									und Körper aus, die in ihrer Grösse auch abhängig sind von der Concentration der
                              									Thonerdelösung, d.h. die zuerst ausgeschiedenen sind grossflockig und erst später
                              									fallen sie in kleinerer Form aus, wovon man sich am deutlichsten überzeugen kann,
                              									wenn man den in einem Glase erzeugten Niederschlag ruhig stehen lässt, bis die
                              									Flüssigkeit hell ist. Auf diese Art wird es möglich; ohne Anwendung von grösserer
                              									Menge Harzleimflüssigkeit leimfestes Papier zu erhalten. Die aus Harznatron
                              									abgeschiedenen grossen Flocken verstopfen zuerst die im Papier vorhandenen
                              									Zwischenräume, die feineren Abscheidungen füllen die Löcher aus, und die feinsten
                              									Harztheilchen, welche zuerst mit dem Siebwasser abliefen, werden nun mit dem
                              									ablaufenden Wasser ins Innere der Papierbahn gesaugt, so dass auch dort leimende
                              									Stoffe enthalten sind, wodurch das Papier durch und durch geleimt wird.
                           Ein Beweis dafür, dass die verschiedenartige Grösse der im Papier enthaltenen Stoffe
                              									von Einfluss auf die Leimung ist, zeigt sich am deutlichsten daran, dass ein nur aus
                              									leinenen Lumpen gefertigtes Papier bei wärmerer Temperatur nicht im Leim halten
                              									wollte, selbst als etwas mehr Harzleim zugesetzt wurde, wie sonst. Als aber in den
                              									Bottich, welcher den nicht im Leim haltenden Stoff enthielt, eine Leere Strohstoff
                              									nachgelassen wurde, hielt das Papier ausgezeichnet im Leim, ohne dass auch nur die
                              									geringste Menge Harzleim mehr dazu kam. Hierfür ist die Erklärung darin zu finden,
                              									dass der sehr glasig gemahlene Strohstoff die in der Papierbahn enthaltenen
                              									grösseren Zwischenräume verstopft hat, wodurch die zuerst ablaufenden feinen
                              									Harztheilchen zurückgehalten wurden und das Papier leimfest war.
                           Soweit der Gang der Harzleimung unter gewöhnlichen Umständen. Wenn nun während der
                              									wärmeren Jahreszeit die Leimung mit Harz im Holländer Schwierigkeiten macht, so muss
                              									zunächst die im Holländer vorhandene Temperatur des Wassers in Betracht gezogen
                              									werden, die in sehr vielen Fällen bis zu 25° C. gemessen wurde. Wird nun das beim
                              									Verdünnen mit mehr Wasser sich ausscheidende feinste Harz bei der angegebenen
                              									Temperatur geschüttelt und geschlagen, so ist es nicht zu vermeiden, dass die
                              									feinsten Theilchen sich an einander ballen, da die vorhandene Temperatur ausreicht,
                              									das aufs feinste vertheilte Harz zu erweichen und in klebenden Zustand zu bringen.
                              									In diesem Zustande werden nicht nur die Fasern weniger dicht mit den leimenden
                              									Stoffen überzogen, auch die Zwischenräume können durch die etwas grösseren
                              									Harztheilchen nicht absolut dicht geschlossen werden; es finden sich Stellen, in
                              									welche die Tinte eindringen kann. Da die Temperatur des Holländers nicht viel
                              									geändert werden kann – derselbe muss mahlen, so lange bis der Stoff kurz genug und
                              									knotenfrei ist –, so ist der einzige Behelf in dem vorkommenden Falle der, dass man
                              									die aufs Mischen und Abscheiden des Leims bemessene Zeit so viel als möglich
                              									einschränkt. Während sonst hierfür ¾ bis 1 Stunde verwendet wurde, reichten hierfür
                              									bei der wärmeren Jahreszeit 15 bis 20 Minuten aus, und das Ergebniss war ein
                              									zufriedenstellendes, das Papier zeigte etwas mehr Leimfestigkeit, als wenn der Stoff
                              									nach der Leimung noch ¾ bis 1 Stunde im Holländer blieb; jedenfalls wurde in
                              									Verbindung mit der Behandlung auf der Papiermaschine leimfesteres Papier erhalten
                              									wie zuvor. Dass die gleiche Beobachtung des Rückganges der Leimfestigkeit des
                              									Papiers nicht gemacht wird, wenn der Stoff, wie in manchen Fällen es zutrifft, im
                              									Vertheilungskasten vorgewärmt wird, die Temperatur der Flüssigkeit also ebenso hoch,
                              									wie angegeben, steigt, erklärt sich dadurch, dass hier die schlagende Bewegung
                              									fehlt, erst wenn diese vorhanden, ballen sich die feinsten Theilchen zusammen,
                              									während bei ruhigem Fliessen dieselben ihre Feinheit behalten. Die Beobachtung, dass
                              									die Leimfestigkeit des Papiers durch die wärmere Jahreszeit beeinflusst werde,
                              									zeigte sich bei den mir bekannten Fällen immer da, wo der Harzleim sehr viel
                              									feinvertheiltes Harz gelöst enthielt, d.h. der Harzleim eine stark weisse milchig
                              									getrübte Flüssigkeit gab, als er mit Wasser verdünnt wurde. Da nun in anderen
                              									bekannten Fabriken, welche nur mit Harzleim leimten, die Temperatur im Holländer
                              									auch auf 25° C. stieg, dieser Missstand aber nicht eingetreten ist, weil die
                              									Harzleimlösung weniger milchig getrübt, sondern etwas gelblich war, was den Grund
                              									darin hatte, dass in derselben mehr Harznatron und weniger feinstes Harz gelöst
                              									enthalten war, wäre es vielleicht angezeigt, für die wenigen heissen Tage im Kochen
                              									des Leimes eine Aenderung zu treffen. Wer jedoch die Schwierigkeiten kennt, welche
                              									die Beschaffung eines für den grössten Theil des Jahres sicheren Leimverfahrens
                              									macht, der wird sich hüten, sich auf Neuerungen und Verbesserungen einzulassen; die
                              									Mittheilung soll nur zur Complettirung des Ganzen dienen. Dem Misstand lässt sich
                              									abhelfen, wenn das eine oder andere des hier Mitgetheilten den örtlichen
                              									Verhältnissen angepasst wird.
                           Von nicht weniger Werth als die Behandlung des Stoffes im Holländer ist die
                              									Behandlung auf der Papiermaschine. Hier ist die Trocknung eine gänzlich verschiedene
                              									von derjenigen des mit Lederleim auf der Oberfläche geleimten Papiers. Bei diesem
                              									ist das Papier fertig, wenn die Feuchtigkeit des Papiers verdunstet ist und sich
                              									eine pergamentartige Haut auf der Oberfläche des Papiers gebildet hat. Bei der
                              									Harzleimung dagegen muss neben der Trocknung auch das fein vertheilte Harz zum
                              									Erweichen gebracht werden und das Papier so lange noch heiss einer Pressung
                              									unterworfen werden. Erst hierdurch entsteht eine dicht geschlossene Masse, die nach
                              									dem Erkalten erhärtet und eine für Tinte undurchdringliche Masse gibt. Damit das im
                              									Papier befindliche Harz nicht nur auf der Oberfläche des Papiers erweicht, sondern
                              									auch im Inneren, ist es nöthig, dass die Trocknung des Papiers nicht von Anfang zu
                              									sehr forcirt wird, denn wenn es schon schwer fällt, das feine Harz, wie es unter
                              									gewöhnlichen Umständen im leimfesten Papier enthalten ist, zum Erweichen zu bringen,
                              									so gilt dies noch mehr das zusammengeballte Harz, welches sich bei der wärmeren
                              									Jahreszeit durch Schlagen im Holländer bildet, und noch weit schwerer zum Erweichen
                              									zu bringen ist. Wird das feuchte Papier zu rasch erhitzt, so dass die Oberfläche
                              									trocknet, während das Innere noch feucht ist, so gibt die äussere Schicht, welche
                              									trocken ist, einen schlechten Wärmeleiter, der die Hitze des Trockencylinders nicht
                              									ins Innere des Papiers gelangen lässt; dort bleiben die Harztheilchen nur lose neben einander
                              									liegen, ohne zu erweichen, beim späteren Pressen bildet das Papier keine dicht
                              									geschlossene Masse, und alle Bemühungen, leimfestes Papier zu erhalten, sind
                              									vergebens. Wird bei der Trocknung des Papiers darauf geachtet, dass das im Inneren
                              									des Papiers enthaltene Harz erweicht, so ist es auch möglich, dass in den Fällen
                              									leimfestes Papier erhalten wird, wo bisher die wärmere Jahreszeit nachtheilig
                              									gewirkt hat.