| Titel: | Fahrräder. | 
| Fundstelle: | Band 296, Jahrgang 1895, S. 101 | 
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                        Fahrräder.Ueber
                                 										Fahrräder vgl. D. p. J. 1834 51 154; 1869 194 406
                                 								u.s.f.
                        Mit Abbildungen.
                        Fahrräder.
                        
                     
                        
                           I. Geschichtliche Uebersicht.
                           Das Bestreben, den Wagen durch eine andere Kraft als die irgend eines Zugthieres
                              									fortzubewegen, und zwar durch Vermittelung von Hebeln und Federn durch die Kraft des
                              									Fahrenden, ist ziemlich alt. Der Franzose Francçois de
                                 										Bachaumont spricht schon im Anfang des 18. Jahrhunderts von Mechanikern,
                              									die auf Wagen reisen, welche mittels Federn durch Hände und Füsse des Fahrenden in
                              									Bewegung gesetzt werden; auch findet man in Schriften des 15. und 16. Jahrhunderts
                              									dergleichen Maschinen erwähnt.
                           Trotz mannigfacher Verbesserungen, welche die vierräderigen Velocipede im Laufe der
                              									Zeit erhielten, haben sie sich nicht eingebürgert. Im J. 1649 war in Nürnberg ein
                              									von Hans Hautsch verfertigter Kunstwagen zu sehen, der
                              									in 1 Stunde eine Strecke von 2000 Schritt zurücklegte. Da in diesem Kunstwagen der
                              									Grundgedanke des Fahrrades thatsächlich ausgeführt erscheint, so sind wir
                              									berechtigt, dasselbe als eine deutsche Erfindung anzusprechen. Die französischen
                              									Erfindungsansprüche reichen bis auf das Jahr 1693 zurück. In diesem Jahre beschrieb
                              										Ozanam einen von M.
                                 										Richard, Arzt in La Rochelle, gebauten mechanischen Wagen, der auf vier
                              									Rädern lief und mittels zweier Pedale getrieben wurde. Dieser Wagen war mehrere
                              									Jahre in Paris im Gebrauch. Ein weiterer Versuch dieser Art wurde in Frankreich erst
                              									1779 gemacht, indem Blanchard und Mesurier eine Art Tandem ausführten. Die beiden Fahrer
                              									sassen hinter einander, dem vorderen fiel hauptsächlich die Steuerung, dem anderen
                              									die Erzeugung der Triebkraft zu. Einige Jahre später baute Dreuze eine verbesserte Maschine derselben Art. Auch in Genua, Padua und
                              									Bologna sollen gleichzeitig Wagen dieser Art gebaut worden sein. Die Engländer sehen
                              									in J. Vevers den Erfinder des Fahrrades, von dessen
                              									Reisewagen, der ohne Pferde fortbewegt wird, im London
                                 										Magazine für 1769 eine Beschreibung nebst Abbildung erschien. Diese stellt
                              									eine Art Kutsche vor, der Herr steuert das Gefährt mittels Zügel, die an einer
                              									Lenkstange befestigt sind, während der Diener, der hinten in einem Kasten steht, den
                              									Antriebmechanismus in Bewegung zu setzen hat. Uebrigens war dieser Wagen nichts
                              									anderes als der Richard'sche. Der Gedanke einer
                              									Selbstbewegungsmaschine mit dem Vortheil grösserer Geschwindigkeit war zu
                              									verlockend, als dass man ihn hätte fallen lassen können. So wurden 1819 in England,
                              									nachdem sich unterdessen die zweiräderige Laufmaschine des Freiherrn K. W. Drais, auf welche wir später zurückkommen, bis
                              									dorthin verbreitet hatte, Dreiräder gebaut, die man durch Kurbeln und Hebel mittels
                              									der Füsse forttrieb. Man sagte sich, dass naturgemäss drei Räder weniger Hindernisse
                              									zu überwinden hätten als vier, und da drei Punkte einen Körper stützen können, so
                              									lag die Herstellung eines Dreirades nahe. Indessen vergingen noch Jahrzehnte,
                              									ehe das Fahrradwesen in Fluss kam, denn ihrer Unvollkommenheiten halber waren die
                              									damals gebauten Maschinen nicht geeignet, sich allgemein einzubürgern, und da zudem
                              									viele ungeschickte Erfinder auftraten, so verfiel das Fahrrad auch der
                              									Lächerlichkeit, und es währte länger als drei Jahrzehnte, bis es seine Auferstehung
                              									feierte. Das Jahr 1862 brachte einen neuen Aufschwung für das Bicycle; eine mit dem
                              									Rade verbundene Tretkurbel erwies sich praktischer und wirksamer als alle
                              									complicirten Hebelvorrichtungen und fachte von Neuem das Interesse der Erfinder an.
                              										Michaux in Paris erbaute ein Velociped, dessen Form
                              									an die jetzt gebräuchliche erinnert, und das im Laufe weniger Jahre in Frankreich
                              									sehr populär wurde. Um diese Zeit fingen Amerikaner, Franzosen und Engländer an, in
                              									der Herstellung praktischer Dreiräder zu wetteifern. Wie man im Bauen von Dreirädern
                              									bald auf die richtige Fährte kam, beweist eine Maschine, die in den 60er Jahren in
                              									Paris gebaut wurde und lebhaft an die noch gebräuchlichen Kinderdreiräder erinnert.
                              									Auch Deutschland blieb im allgemeinen Wettbewerb nicht zurück. So baute 1869 F. X. Hannes in Deutenhofen bei München eine Maschine
                              									mit Vordersteuerung, welche mittels Kreuzhebel in Bewegung gesetzt wurde, so dass
                              									sie als Vorläufer des jetzigen Vordersteurers gelten kann.
                           Bei dem Bestreben, etwaigen Terrainschwierigkeiten möglichst wenig Widerstandsfläche
                              									darzubieten, verminderte man die Zahl der Räder auf zwei. Diesen Gedanken
                              									verwirklichte der Forstmann Freiherr K. W. v. Drais,
                              									geb. zu Ansbach 1755, der im J. 1817 mit seiner Maschine – der „Draisine“ –
                              									an die Oeffentlichkeit trat. Es war dies eine höchst einfache Construction (vgl. D. p. J. 1821 5 289 Taf. 7), bestehend aus zwei in
                              									einer Ebene liegenden Rädern ohne Transmission, die durch einen darüber angebrachten
                              									Sitz mit einander verbunden waren. Das vordere Rad, mit einer Lenkstange versehen,
                              									die auch wohl dazu diente, den Reiter zu stützen, war nach rechts und links leicht
                              									zu bewegen und damit die Steuerung hergestellt. Die Füsse des Reiters reichten
                              									beiderseits bis zum Boden und hatten die doppelte Bestimmung, dem Reiter das
                              									nothwendige Gleichgewicht zu bewahren und die ganze Maschine in der Weise vorwärts
                              									zu schieben, dass man mit den Fusspitzen den Boden stiess und so mit grossen
                              									Schritten, ähnlich wie beim Schlittschuhlaufen, ausgriff. Unter diesen Verhältnissen
                              									war es schwer, in 1 Secunde mehr als 12 bis 15 Fuss zurückzulegen, auch gehörte vor
                              									allem ein geeigneter Boden dazu. Erst bei abschüssiger Strasse legte ein geübter
                              									Fahrer stündlich 1 Meile zurück. Wie das Dreirad, so gerieth auch das Zweirad seit
                              									Mitte der 20er Jahre allmählich in Vergessenheit. Erst im J. 1862 versah – wie
                              									erwähnt – Michaux das Vorderrad des Drais'schen Zweirades mit zwei Tretkurbeln, was einen
                              									bedeutend rascheren Gang desselben zur Folge hatte, so dass das Zweirad ziemlich
                              									ausgedehnte Verwendung fand. Im Winter 1867/68 hatte das Zweirad bereits solchen
                              									Anklang gefunden, dass Hunderte von Radfahrern in den Champs-Elysées eine
                              									Vergnügungsfahrt anstellten.
                           Von der grossen Zahl der Fahrräder, welche in den 60er Jahren auftauchten und wieder
                              									verschwanden, erwähnen wir dasjenige Macdonald's in
                              									Amsterdam (Staat New York). Bei diesem bestand der Träger der beiden Räder aus einem
                              									aus Eisenrohr gefertigten Rahmen, dessen hinterer, das Steuerrad umfassende Theil zu einem
                              									wagerechten Kreis ausgebildet war, während sich der vordere, das Laufrad
                              									einschliessende Theil zu einer wagerechten Gabel verengte. In dem Kreisrahmen war
                              									das Hinteroder Steuerrad um seine in Lagerbüchsen, die an gebogenen Stäben
                              									festsassen, laufende Achse drehbar gelagert. Die Biegung der Stäbe entsprach der
                              									inneren Krümmung des Kreisrahmens, an dessen innerer Fläche sie lagen und leicht hin
                              									und her glitten. Die Vorderradachsen lagen in Büchsen, welche mittels Stellschrauben
                              									auf dem Rahmen festgeschraubt werden konnten. Auf diese Weise konnte das Rad je nach
                              									der Grösse des Fahrers vor- oder zurückgestellt werden.
                           Der Turnlehrer Trefz in Stuttgart brachte 1869 einen
                              									Gedanken zur Ausführung, welcher später in England zur Herstellung des sogen.
                              										„Rovers“ verwendet worden ist. Trefz baute
                              									nämlich ein Zweirad, welches sich dadurch auszeichnete, dass anstatt des Vorderrades
                              									das Hinterrad zum Antrieb benutzt wurde, während ersteres zur Steuerung diente.
                              									Später wurden noch verschiedene Ein-, Zwei- und Dreiräder gebaut, welche sich mehr
                              									oder weniger bewährten. So baute der Engländer J. Hobby
                              									ein Einrad von 12 Fuss Höhe, mit welchem er in 1 Stunde 40 km zurücklegte.
                           Der erneute Aufschwung des Fahrradwesens begann – wie erwähnt – mit der Verbreitung
                              									des Michaux'schen Zweirades. Allerdings war dasselbe im
                              									Vergleich zu unserem heutigen zierlichen Fahrrad noch plump genug. Es bestand aus
                              									hölzernen Rädern mit eisernen Reifen, welche beim Fahren starke Erschütterungen des
                              									Fahrers verursachten. Zur Beseitigung derselben baute 1867 Madison ein Rad mit Drahtspeichen, welches allgemeine Verbreitung fand. Im
                              									J. 1868 versah Bradfort in Amerika die hölzerne Felge
                              									zwecks Minderung der Erschütterung und Erzielung eines elastischen und geräuschlosen
                              									Ganges mit einem Gummireifen. Dasselbe Jahr brachte auch anstatt der einfachen
                              									Achsenlager die Rollen- und Kugellager, wodurch die Reibung ausserordentlich
                              									vermindert und ein bedeutend leichterer Gang erzielt wurde. Seit dem Jahre 1871
                              									verwendet man zur Herstellung der Maschinen, einschliesslich der Felgen, anstatt des
                              									Holzes und massiven Eisens einen leichten, widerstandsfähigen Hohlstahl, wodurch die
                              									Fahrräder nicht nur an Festigkeit und Dauerhaftigkeit gewannen, sondern auch ein
                              									zierlicheres Aeussere erhielten. Die wichtigste Neuerung des Jahres 1869 war aber
                              									die Erhöhung des Vorder- und die Verkleinerung des Hinterrades. Ersteres war die
                              									Folge der Erkenntniss, dass es vortheilhafter sei, den Sattel möglichst senkrecht
                              									über der Tretkurbelachse anzubringen. Erfahrungsmässig sind wir nur dann im Stande,
                              									mit den Beinen die grösstmöglichen Leistungen zu vollbringen, wenn wir unserem
                              									Körper eine Stellung und Bewegung geben, an die wir von Jugend auf gewöhnt sind.
                              									Diese Stellung ist bekanntlich die aufrechte. Geben wir sonach beim Sitz auf dem
                              									Fahrrade unseren Beinen diese Lage, so werden wir verhältnissmässig die bedeutendste
                              									Kraft entwickeln können; bei derartiger Anordnung weicht auch die von der
                              									Kurbeldrehung verlangte Bewegung von der des Laufens wenig ab. Es ist daher nicht
                              									gleichgültig, ob unsere Beine die in Fig. 1 durch
                              									gebrochene Linien abc und dec gekennzeichnete Lage oder diejenige einnehmen, welche in Fig. 2 die Linien fgh und
                              										ikh bezeichnen. Da in letzterer sich der Sitz mehr
                              									senkrecht über der Tretkurbelachse befindet, so sind wir in Folge dessen im
                              									Stande, mit grösserem Nachdruck nach unten stossen zu können. Von diesem Standpunkte
                              									ausgehend, verlegte Riviere den Sitz so ziemlich
                              									senkrecht über die Kurbelachse, wodurch die Vergrösserung des Rades sich von selbst
                              									ergab. Immerhin waren die hohen Zweiräder gefährlich, denn der kleinste Zufall
                              									veranlasste einen Kopfsturz, weshalb die Erfinder das sogen. hohe Sicherheitszweirad
                              									bauten, dasselbe hat eine Radhöhe von 50 bis 56 Zoll, eine Höhe, die für kleine und
                              									grosse Personen passt, da die Pedale um etwa 6 cm verstellbar sind. Die Sicherheit
                              									besteht darin; dass die Gabel nach rückwärts geneigt ist, so dass der Fahrer nicht
                              									mehr auf der Höhe der Maschine sitzt, sondern weiter hinten und weiter unten auf dem
                              									Rücken. Es ist somit die Gefahr des Stürzens vermindert.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 102
                              Fig. 1.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 102
                              Fig. 2.
                              
                           Einer weit grösseren Verbreitung haben sich die niederen
                              									Sicherheitszweiräder mit hinterem Triebrade zu erfreuen gehabt, welche die Firma Starley und Sutton in Coventry 1885 brachte – die
                              									sogen. Rover-Sicherheitsräder. Dieses Fahrzeug bestand meistens aus zwei 30zölligen
                              									Rädern, deren Hinterrad mittels Kette angetrieben und beliebig hoch übersetzt werden
                              									konnte, während das Vorderrad zum Steuern der Maschine diente. Es hatten also diese
                              									Maschinen dieselben Einrichtungen wie die jetzigen, an denen allerdings in den
                              									letzten Jahren bedeutende Verbesserungen gemacht wurden. Es entwickelte sich die
                              									Industrie bis zu einem Umfange, deren vollster Entwickelung erst dann ein Ziel
                              									gesetzt zu sein scheint, wenn entweder die mit dem Rade erreichte Schnelligkeit
                              									nicht mehr zu übertreffen oder das Rad selbst nicht mehr leichter zu bauen ist.
                              									Vorläufig genügt ein Blick in die Patentlisten, um die unaufhaltsam
                              									weiterschreitende Entwickelung zu beobachten. Fast in allen grösseren Städten
                              									Deutschlands finden wir Fabriken, Tausende von Arbeitern bauen diese leichten
                              									Fahrzeuge und dem Handel ist ein grosses Feld geschaffen. Unsere deutschen Fabrikate
                              									erwerben sich allmählich im Welthandel einen achtunggebietenden Platz. – Immer
                              									allgemeiner und umfangreicher wird die Verwendung des Fahrrades! Bildete es zuerst
                              									ein Fahrzeug, das nur zum Vergnügen geschaffen schien, so sehen wir es jetzt nicht
                              									nur als Transportmittel auf den verschiedensten Gebieten des täglichen Lebens,
                              									sondern auch schon beim Militär sich die Stelle erringen, die ihm wegen seiner
                              									Schnelligkeit und Leistungsfähigkeit zweifellos gebührt.Diese geschichtliche Uebersicht ist unter
                                    											Benutzung der Schriften: Das Velociped, seine
                                       												Geschichte, Construction, Gebrauch und Verbreitung von G. Steinmann, Leipzig 1870; Handbuch des Bicycle-Sport von V. Silberer and G.
                                       												Ernst, Wien und Leipzig 1885, und Fahrrad
                                       												und Badfahrer von W. Wolf, Leipzig
                                    											1890, bearbeitet worden.
                           Wir lassen nun einige neuere Systeme und Einzelheiten folgen.
                           
                        
                           II. Systeme und Rahmen.
                           Zweirad mit hohem Vorderrade von S. Orbach in
                              									Königinhof, Böhmen (D. R. P. Nr. 69706). Die Tretkurbeln h (Fig. 3) sind hinter die Vorderachse
                              									gelegt und greifen
                              									an Kettenräder i an, deren Achslager l an einem um die Vorderachse drehbaren, das Vorderrad
                              									nach rückwärts umschliessenden Rahmen c verstellbar
                              									sind. Der Rahmen c kann durch Stangen g gehoben oder gesenkt werden. Es soll dadurch ein
                              									möglichst grosses Vorderrad bei verhältnissmässig niedrig liegendem Sitz ermöglicht
                              									werden.
                           Bicyclette Krieger. Wie Fig. 4 ersehen lässt, zeichnet
                              									sich diese Maschine durch Einfachheit aus. Das vordere Rad dient als Triebrad, das
                              									Hinterrad zur Lenkung. Eine Kette besitzt das Bicyclette nicht; sie ist durch eine
                              									wechselbare Uebersetzungsvorrichtung ersetzt. Das Gewicht des Fahrers wirkt
                              									gleichmässig auf die ganze Maschine im Gegensatz zu dem gewöhnlichen Niederrade,
                              									dessen Hinterrad alles Gewicht zu tragen hat. Der Sattel ruht auf einer kräftigen,
                              									elastischen Feder, wodurch das Stossen auf schlechten Wegen verschwindet. (Radfahr-Chronik, 1895 S. 497.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 103
                              Fig. 3.Orbach's Zweirad.
                              
                           Der Grund, warum sich die Vordertreiber nicht einführten, war der, dass man jeden
                              									Tritt auf das Pedal mit den Armen pariren musste, was sich besonders beim
                              									Bergauffahren unangenehm fühlbar machte. Diesem Uebelstande abzuhelfen, baut die
                              									Firma B. S. Roberts und Co. in Birmingham einen Front
                              									Driver, der mit dem Hinterrade gesteuert wird. Um dies zu ermöglichen; laufen von
                              									der Lenkung zur Gabel des Hinterrades zwei dünne Stangen, ähnlich wie bei den
                              									neueren Tandems solche nach vorne gehen. (Radfahr-Chronik, 1895 S. 1153.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 103
                              Fig. 4.Bicyclette Krieger.
                              
                           Zusammenlegbares Fahrradgestell von N. H. Noël in
                              									Braisne, Frankreich (D. R. P. Nr. 75521). In den Gestellstangen sind zwischen
                              									Vorder- und Hinterachse Gelenke angeordnet, durch welche es möglich wird, das
                              									Fahrrad beim Nichtgebrauch zusammenzuklappen. Ausserdem sind in der Lenk- und in der
                              									Sattelstange Gelenke angeordnet, um diese Stangen niederklappen zu können.
                           Das zusammenlegbare Niederrad von Ch. Morel besitzt ein
                              									einziges kräftiges Verbindungsrohr, welches aus einander gezogen und umgeklappt
                              									werden kann, wobei die beiden Räder der Maschine aufeinander zu liegen kommen, so
                              									dass das Rad in der Hand oder auf dem Rücken getragen werden kann. Die Umwandlung
                              									lässt sich in 1 Minute erledigen. Das Hauptrohr ist so solid als das
                              									gewöhnliche Gestell und nützt sich durch das ohne Schlüssel zu bewerkstelligende
                              									Auf- und Zuschrauben nicht ab. (Radfahr-Chronik, 1895
                              									S. 497.)
                           Die Preston Davies Tyre and Valve Co. hat in ihrem
                              									Londoner Depot ein aus Bambusrohr gefertigtes Fahrrad (Fig.
                                 										5) ausgestellt, welches von Radfahrern mit grossem Interesse besichtigt
                              									wird. Diese Maschine wiegt zwischen 11 und 11,5 k, ist mit Preston Davies
                              									Speed-Reifen ausgestattet und wurden mit derselben bereits über Hunderte von Meilen
                              									zurückgelegt. (Radfahr-Chronik.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 103
                              Fig. 5.Bambusrohr-Fahrrad.
                              
                           Dreirad mit durch Tretkurbel bewegtem vorderen Steuerrad von H. Schultze in Zoppot bei Danzig (D. R. P. Nr. 57961). Bei demselben sind
                              									die beiden Hinterräder durch die Achse A (Fig. 6) fest mit einander verbunden und auf der
                              									inneren Seite mit Gleitschienenringen b und C concentrisch zum Umfange versehen. In diesen
                              									Gleitschienenringen laufen die Rollen d1d2, welche an dem
                              									gabelförmig getheilten Sattelbügel D sitzen. Derselbe
                              									geht durch die Büchse T und ist fest verbunden mit der
                              									auf der Lenkstange des Vorderrades E sitzenden Hülse
                              										r. Die Verbindung der Achse A mit dem Steuerradgestell erfolgt durch die Büchse T.
                           Das Eisfahrrad. Auf den gefrorenen Strassen und Flüssen Nordamerikas wurden bereits
                              									im J. 1872 Versuche mit einem Eisfahrrade angestellt, welches am Hinterrade mit
                              									Zähnen versehen war und an Stelle des Vorderrades einen Schlittschuhstahl aufwies.
                              									In Vervollkommnung dieser Idee befestigt M. Scenson in
                              									Concord, New Haven, einen Schlittschuhstahl an die verstärkte Vordergabel eines
                              									Niederradgestelles und bringt an jeder Seite des Hinterrades Stahlschienen an; das
                              									Rad ist rings um die Felge mit Zähnen versehen.
                           D. G. Bolton in Coopers Town, New York, setzt das
                              									Niederradgestell vorn und rückwärts auf Stahlschienen. Die Fortbewegung geschieht
                              									mittels der gewöhnlichen Pedale und der Kette, welche auf ein Spornrad übersetzt
                              									ist, das mit einer endlosen, über Rollen an der hinteren Schlittschuhschiene
                              									laufenden Kette in Verbindung steht. Diese Kette ist mit Zapfen versehen, welche die
                              									Treibkraft aufnehmen. Mittels Hebelvorrichtung kann nach Belieben eine einfache oder
                              									eine doppelte Stahlschiene in Verwendung kommen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 103
                              Fig. 6.Schultze's Dreirad.
                              
                           George Riexinger in Buffalo benutzt ein Gestell nach dem
                              									Muster der bei den Damenrädern üblichen. Vorn ist eine Stahlschiene befestigt;
                              									während das Hinterrad zwischen einer doppelten Schlittschuhstahlschiene läuft. An
                              									dem Luftreifen befinden sich sechs bis acht mit Klammern befestigte gezahnte
                              									Vorsprünge, welche das Eis zwischen den Stahlschienen berühren. Diese Maschine ist
                              									mit einer Bremse versehen, welche mittels einer Klaue rückwärts in das Eis
                              									eingreift.
                           W. Fahrig von Chicago benutzt ebenfalls ein gewöhnliches
                              									Niederradgestell mit abgenommenem Vorderrade und befestigt an die Gabel Kufen wie
                              									bei Schlitten, während er in gleicher Weise wie die vorgenannten Erfinder an dem
                              									Luftreifen des Hinterrades einen Greifapparat anbringt.
                           Vorrichtung zur Verwandlung von Zweirädern in Eis- und Schneefahrräder von J. M. Ficker in Schwarzenberg i. S. (D. R. P. Nr.
                              									51642). Am Vorder- und Hinterrad sind Kufen angebracht. Ein mit Zähnen versehener
                              									Stahlreifen umschliesst das Hinterrad. Die Bremsvorrichtung besteht aus einem
                              									Spiess, zwei Doppelhebeln, einer Zugstange und einem Bügel. Die Kufe des Vorderrades
                              									ist durch Nieten mit einem Bolzen verbunden und mittels zweier zwischen einem Bund
                              									und einer Mutter befindlichen Unterlegescheiben an der Lenkstangengabel
                              									festgeschraubt und durch an die Kufe angenietete Knaggen und Schrauben mit dem
                              									Vorderradreifen fest verschraubt. Um die Kufe leichter auf das Rad auflegen zu
                              									können, besteht dieselbe aus zwei Theilen, welche durch ein Scharnier mit einander
                              									verbunden sind. Zu beiden Seiten der Kufe zwischen den Knaggen sind kleine
                              									Stahlplättchen angenietet, welche etwas nach unten über die Kufe vorstehen und in
                              									die Laufbahn einschneiden, damit der Schlitten beim Lenken auch die entsprechende
                              									Richtung annimmt. Die Kufen des Hinterrades bestehen aus Winkeleisen, welche nach
                              									vorn zusammenlaufen und mit einander verschweisst sind, während dieselben am
                              									hinteren Ende durch einen Bügel mit einander verbunden sind. Diese Kufen können
                              									höher und tiefer gestellt werden.
                           Fahrradschlitten mit selbsthätig beweglichen Gleitfüssen und federnder Lagerung des
                              									Treibrades von C. Bütow in Nürnberg (D. R. P. Nr.
                              									73252). Die vordere Kufe besteht aus einem biegsamen schneeschuhartigen Gleitschuh,
                              									welcher mit der Steuerstange gelenkartig verbunden ist. Federnde Anschläge
                              									verhindern ein zu weites Drehen des Steuerfusses um das Gelenk. Das Hinterrad ist
                              									federnd auf zwei Gleitschuhen gelagert, welche durch Drähte mit dem Steuerfusse
                              									verbunden sind. Hierdurch soll es ermöglicht sein, dass sich die drei Gleitschuhe
                              									den Unebenheiten der Fahrbahn anpassen. Das Hinterrad hängt nebst Radgabel an
                              									Federn, die mittels Schraubenstützen verstellbar mit den hinteren Gleitfüssen
                              									verbunden sind.
                           Das Dorsett-Combination-Bicycle (Fig. 7) besitzt die
                              									gewöhnliche Form des Niederrades und hat den Vorzug, dass nach Wegnahme des
                              									Hebels – die Lenkstange beim Steuerrohr wieder eingesetzt und – dasselbe auch als
                              									gewöhnliches Niederrad gefahren werden kann. Bei Benutzung des Hebelapparates ist
                              									die Bewegung des Fahrers ähnlich der beim Rudern. Die Hebel Vorrichtung ist derartig
                              									construirt, dass sich die angewendete Kraft auf das Kettenrad überträgt. Die
                              									Steuerung wird durch zwei dünne Stangen, welche nach der Gabelschulter laufen,
                              									vermittelt und durch Drehung der Lenkstange bewirkt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 104
                              Fig. 7.Dorsett-Combination-Bicycle.
                              
                           Das Fahrrad Valère mit Hand- und Fussbetrieb hat auf jeder Seite eine Zugstange mit
                              									Armangriffshebeln, deren unterster Theil durch Hebel gelenkig mit dem Kettenrade,
                              									welches die Pedale trägt und mittels Kette die Bewegung auf die Hinterradachse
                              									überträgt, verbunden ist.
                           Das Wasserfahrrad der Beach and Harris Engineering and Cycle
                                 										Co. in London hat die Gestalt eines gewöhnlichen Niederrades, an welches
                              									links und rechts zwei lange, mit Luft gefüllte Behälter angebracht sind, zwischen
                              									welchen der Fahrer sitzt und die Pedale wie auf dem Lande in Bewegung bringt, wobei
                              									jedoch das Hinterrad theilweise unter Wasser kommt, während das Vorderrad über
                              									demselben bleibt.
                           Capitän Dalton in London hat ein Wasserfahrrad erfunden,
                              									auf welchem er Versuche machte, den Kanal zu durchfahren. Obwohl diese Probefahrten
                              									nicht günstig ausfielen, will er dennoch bald eine Wiederholung dieses Wagestückes
                              									unternehmen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 104
                              Humber-Rahmen.
                              
                           Im Allgemeinen besteht das Gestell des hohen Zweirades aus Vorderrad- und
                              									Hinterradgabel nebst Rücken. Erstere sind aufrecht stehende Scheiden, zwischen denen
                              									das Rad läuft und durch welche dasselbe an das äussere Ende des Rückgrates der
                              									Maschine befestigt wird. Sie waren früher aus massivem Eisen geschmiedet, etwa 5 cm
                              									breit und gegenwärtig verwendet man nur solche von Hohlstahl. Die Hinterradgabel ist der des
                              									Vorderrades ähnlich und dient zur Verbindung des Hinterrades mit dem Rücken; wird
                              									dieselbe nicht massiv hergestellt, so hat sie eine gepresste halbrunde oder
                              									elliptische Form. Der Rücken ist das Verbindungsstück des Vorderrades mit dem
                              									Hinterrade und besteht ebenfalls aus Hohlstahl. Dem Gestelle des hohen Zweirades in
                              									seinen Grundlinien ähnlich ist dasjenige des niederen Zweirades (Rover). Auf dem
                              									Rücken erhebt sich die Sitzstange.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 105
                              Fig. 11.Humber-Tandem-Rahmen.
                              
                           Um das Stossen, welches ein unebener Boden verursacht, zu verhindern, hat man viele
                              									Vorschläge gemacht, deren wir einige besprechen wollen.
                           Der sogen. Humber-Rahmen (Fig.
                                 										8 bis 10)
                              									wird in neuester Zeit von fast allen Fabrikanten angenommen und wird wohl als der
                              									solideste betrachtet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 105
                              Fig. 12.Robert's Stossverminderung.
                              
                           Fig. 8 zeigt einen
                              									solchen, welchen die Pfälzische Nähmaschinen- und
                                 										Fahrradfabrik vorm. Gebr. Kayser in Kaiserslautern zu ihren leichten
                              									Tourenmaschinen von etwa 15 k verwendet. Fig. 9 ist ein doppelter
                              									Bau, deshalb bedeutend stabiler und wird zu etwas schwereren Tourenmaschinen
                              									verwendet. Fig. 10 ist
                              									ein Rahmen, der meistens zu Rennmaschinen verwendet wird; es soll dadurch, dass das
                              									obere Rohr fast wagerecht liegt – und somit der Fahrer höher sitzt –, eine grössere
                              									Steifheit der Maschine erzielt werden.
                           Aus Fig. 11 ist ein Tandem der Firma Perri and Co., Ltd., zu ersehen, welches wohl keiner
                              									weiteren Beschreibung bedarf.
                           Einrichtung an Fahrrädern zur Verminderung der Stosswirkungen von W. E. Roberts in Bristol (D. R. P. Nr. 58445). Das
                              									Achsenlager A (Fig. 12)
                              									der Tretkurbel ist mit vier radialen Armen versehen, von denen zwei die Achse des
                              									Hinterrades bezieh. der Hinterräder halten, während die beiden anderen durch eine
                              									oder mehrere Federn R
                              									vom Gestell S getragen werden. Das Lager A ist von einem Gehäuse F
                              									umgeben, welches mit der Sattelsäule Q fest verbunden
                              									ist und diese nebst Sattel und Radfahrer trägt und deren Gewicht durch Vermittelung
                              									des Lagers A und zweier Arme des Achslagers A auf die Feder R
                              									überträgt, so dass das Gehäuse F bei jedem das
                              									Vorderrad treffenden Stoss um das Lager A schwingt,
                              									während letzteres bei jedem das Hinterrad treffenden Stoss innerhalb des Gehäuses
                              										F schwingt, so dass alle das Fahrrad treffenden
                              									Stösse von der Spiralfeder aufgenommen werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 105
                              Fig. 13.Grosz' federndes Fahrrad.
                              
                           Fahrrad von F. Grosz in Hamburg, lässt den Sattel auf
                              									mit der Achse verbundenen C-Federn ruhen (D. R. P. Nr. 53079), Fig. 13. Durch diese Einrichtung wird eine federnde
                              									Verbindung des Sattels mit der Achse des Hinterrades unter Erhaltung eines
                              									unveränderlichen Abstandes zwischen dem Sattel und der Tretkurbelachse hergestellt
                              									und zwar dadurch, dass das aus den Theilen f, F, g, G
                              									und n bestehende Gestell mit der Achse des Hinterrades
                              									durch Vermittelung der auf der Achse angebrachten C-Federn p in der Weise verbunden ist, dass an dem oberen Ende dieser Federn die
                              									Zweige des Gabelstückes n und am Ende ihres unteren
                              									wagerechten Theiles, der die Tretkurbelachse mit den Vorrichtungen zur Uebertragung
                              									der Bewegung auf das Hinterrad aufnehmende Rahmen F
                              									befestigt ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 105
                              Fig. 14.Semet's Gestell für Zwei- oder Dreiräder.
                              
                           Gestell für Zwei- oder Dreiräder von V. Semet in Brüssel
                              									(D. R. P. Nr. 72169). Die Hinterradachse wird mit der Lenkstange durch zwei Paar
                              									gerade Stangen ab verbunden (Fig. 14). Diese sind so angebracht, dass sie an zwei Punkten der
                              									Hinterradachse und an zwei Punkten der Sattelstange c
                              									angreifen, und zwar so, dass jeder der beiden Punkte der Sattelstange mit beiden
                              									Punkten der Hinterradachse verbunden ist. Die Sattelstange c ist dicht hinter der Lenkstange g und mit
                              									derselben verbunden.
                           
                           Das Gestell soll grosse Starrheit bei geringem Gewicht erlangen.
                           Vorrichtung zur Verkürzung oder Verlängerung des Nackens an hohen Zweirädern zur
                              									Verhütung von Kopfstürzen und zum Erleichtern des Bergfahrens von E. Cammerer in Naumburg a. d. Saale (D. R. P. Nr.
                              									68892). Der Nacken des Fahrrades besteht aus zwei in einander verschiebbaren Hülsen
                              										A und D (Fig. 15 bis 17), die durch Ziehen an
                              									den Schnüren i und h vom
                              									Fahrer nach der einen oder anderen Richtung verschoben werden können. Zwischen
                              									beiden Hülsen sitzt die Feder k, die die Hülsen aus
                              									einander zu schieben sucht. Die Hülsen werden in ihrem verschiedenen Lager
                              									festgehalten durch zwei drehbare Dreieckspaare c und
                              										e, welche unter Druck der Feder a und b und der im Riegel
                              										F liegenden Feder f
                              									stehen. Unter dem Druck dieser Federn legen sich die Dreiecke nach Anzug der
                              									entsprechenden Schnur um und treten in die Schlitze der Hülsen und tragen diese.
                              										Fig. 15 zeigt die
                              									Einrichtung verkürzt, Fig.
                                 										16 in der Zwischenlage und Fig. 17 verlängert
                              									eingestellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 106
                              Cammerer's regulirbarer Nacken.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 106
                              Fig. 18.Easthope's elastische Gestellverbindung.
                              
                           A. Easthope in Wolverhampton schlägt ein Fahrrad vor,
                              									dessen drei Gestelltheile elastisch mit einander verbunden sind (D. R. P. Nr.
                              									53206). Der erste und mittlere steife Theil des Fahrrades besteht aus vier Röhren
                              										HLMN, von welchen M
                              										(Fig. 18) den Sattel F und H die Lenkstangenhülse G unmittelbar unterstützen. Den zweiten Theil des
                              									Fahrrades bildet die das Steuerrad tragende Gabel BA, welche mit dem mittleren Gestelltheil durch die von der Feder O, gegebenenfalls auch von der Gegenfeder P beeinflusste Stange K
                              									drehbar verbunden ist. Den dritten Theil bildet der das Hinterrad und die
                              									Tretkurbelachse tragende, aus drei bezieh. vier Röhren zusammengesetzte Rahmen DQR, dessen Scheitel mit dem Rahmen HLMN entweder unmittelbar oder mittels der Stange h verschiebbar verbunden ist. Zur Regelung der
                              									gegenseitigen Bewegung der zuletzt genannten Gestelltheile dient die Feder I, welche aber in Wegfall kommt, sobald die
                              									Verlängerung des Gestelltheiles D mit der Stange K bezieh. der Lenkstangenhülse G durch eine Stange gelenkig verbunden wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 106
                              Fig. 19.Casse's federndes Gestell.
                              
                           Ein federndes Gestell von H. La Casse in Rochester, New
                              									York, Nordamerika (D. R. P. Nr. 57892). Der Sattelträger K (Fig. 19) ist mit mehreren Stützpunkten
                              										A für eine Feder I
                              									versehen und mit seinem unteren Ende durch drehbare Glieder BCD mit dem Lager der Tretkurbelachse und dem Gestell verbunden. Das Lager
                              									der Tretkurbelachse schwingt um einen in der Nähe der Hinterradachse liegenden
                              									Bolzen E. Durch diese Anordnung schwingen Sattelträger
                              									und Tretkurbelachse bei auftretenden Stössen gemeinsam. Der Sattelträger K greift an einem Hebel R
                              									an, welcher durch Stangen PO mit der Lenkstange N verbunden ist, so dass auch Lenkstange und
                              									Sattelträger gemeinsam Schwingungen ausführen müssen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 106
                              Fahrradgestell aus Bandeisen von Aufderheide.
                              
                           Aus Bandeisen oder Bandstahl hergestelltes kreuzförmiges Fahrradgestell mit sichel-
                              									oder trogförmigem Querschnitt von H. Aufderheide sen.
                              									in Kaiserslautern (D. R. P. Nr. 63508). Rücken- und Hintergabel werden aus einem
                              									Stück gebildet, welches mit der Vordergabel und mit dem Sattelrohr verbunden ist.
                              									Zum Zweck der Verbindung des Sattelrohres G (Fig. 21) mit der
                              									Hintergabel erhalten beide Theile an der Kreuzungsstelle halbrunde Kröpfungen,
                              									welche durch Einschieben eines Stehbolzens x
                              									festgehalten werden. Die Schenkel der Vordergabel (Fig. 20) werden durch
                              									Nietzapfen verbunden, welche gleichzeitig dem Nackenzapfen als Lager dienen. Die Verbindung des
                              									Nackenzapfens v mit dem Rücken b geschieht dadurch, dass der vordere Theil des Rückens bandförmig um den
                              									Nackenzapfen v gelegt wird und mittels eines Bügels q und eines Futterstückes n festgeklemmt wird.
                           Das federnde Gestell für Fahrräder von Jos. Weikert in
                              									Lodz, Russland (D. R. P. Nr. 56005) besteht aus paarweise angeordneten federnden
                              									Stahlstangen ff1
                              									bezieh. f2f3 (Fig. 22), welche die Radachsen mit den Querstücken b und c des Steuerkopfes
                              									verbinden und durch Querstücke d gegen einander
                              									abgesteift sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 107
                              Fig. 22.Weikert's federndes Gestell.
                              
                           Eine Verbindung der Theile von Fahrradgestellen durch nicht festzulöthende Hülsen
                              									sucht R. E. Papendick in Offenbach a. M. durch sein D.
                              									R. P. Nr. 54135 zu erreichen, indem er die in einander zu steckenden Rohrtheile
                              									mittels Keile oder Schrauben gegen die inneren Wandflächen der Gestellrohre presst
                              									und durch Niete oder Stifte in ihrer Lage festzuhaltende Hülsen verbindet (Fig. 23 bis 25). Von den drei
                              									Ausführungsformen besteht die erste in einer excentrisch gebohrteten, auf ihrer
                              									stärkeren Seite mit einem keilförmigen Schlitz versehenen Stahlhülse C (Fig. 23), die mittels
                              									des Keiles D gegen die Innenseite der Rohre B und A gepresst wird. Bei
                              									der zweiten Ausführungsform (Fig. 24) gelangen zwei gegen einander zu treibende halbrunde Hülsen H und H1 zur Anwendung, die an ihren Berührungsflächen
                              									keilförmig gestaltet sind. Bei der dritten Ausführungsform (Fig. 25) kommen zwei
                              									durch eine Schraube M aus einander zu treibende
                              									Cylinderabschnitte von hülsenförmiger Gestalt L und L1 zur Verwendung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 107
                              Papendick's Röhrenverbindung.
                              
                           Die Versteifung der Gestellrohre wird in Amerika dadurch zu erreichen gesucht, dass
                              									in die Rohre oder Gabelscheiden eine Wand aus Stahlblech (Fig. 26) eingelöthet
                              									wird. Ein anderes Verfahren besteht darin, in das Rohr ein zweites von
                              									dreieckigem Querschnitt (Fig.
                                 										27) oder Zwischenwände in Kreuzform (Fig. 28)
                              									einzulöthen.
                           Als weitere Verbesserungen und zwar in Bezug auf die Stabilität des Rahmenbaues
                              									dürfen auch die Rohrverbindungsstücke (Fig. 29 bis 31) der F. F. Ide Mfg. Co. bezeichnet werden, welche bei
                              									grosser Leichtigkeit die Löth- oder Endstellen der Rohre bedeutend verstärken. (Radfahr-Chronik, 1895 S. 1001 und 1033.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 107
                              Fig. 26 bis 28 Gestellrohrversteifung.Fig. 29 bis 31. Röhrenverbindung
                                 										der Ide Mfg. Co.
                              
                           Die Verbindung der Felgen mit der Nabe wird durch Speichen bewirkt, die Befestigung
                              									derselben ist sehr verschieden. Die directen Speichen werden durch die Felge
                              									gesteckt; sie haben oben einen Kopf und unten ein Gewinde, mit dem sie in die Nabe
                              									eingeschraubt sind. Zu diesen gehören die Dickendspeichen, welche an der Nabe zwei-
                              									bis dreimal stärker sind als an den übrigen Theilen; sie sind deshalb weniger dem
                              									Zerreissen an der Nabe ausgesetzt als directe Speichen.
                           Eine neuere und bessere Art sind die Tangentspeichen; dieselben wirken unmittelbar
                              									auf die Felge, während die vorerwähnten mittelbar wirken. Durch die Anspannung der
                              									Tangentspeichen wird das Rad vollkommen steif. Früher wurden alle Speichen gehärtet,
                              									was oft Brüche zur Folge hatte. In letzter Zeit benutzt man ausschliesslich Speichen
                              									aus weichem Material.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 107
                              Fig. 32.Reynolds' Speichenverbindung.
                              
                           J.
                                    											Reynolds in Maidenhead, England
                              										(D. R. P. Nr. 52066 vom 25. September 1889).
                              									Verbindung sich kreuzender Speichen von Tangentialrädern durch Verflechtung, um eine
                              									sichere Versteifung des ganzen Speichensystems zu erzielen. Dieses kann geschehen
                              									entweder durch eine einfache halbe Verschlingung, wie Fig.
                                 										32 bei d zeigt, oder durch eine vollständige,
                              									wie bei h, aber auch durch mehrere ganze oder halbe.
                              									Erfinder gibt den letzteren oder einer ungeraden Zahl den Vorzug, so dass die
                              									Speichen, anstatt ihre Richtung geradlinig fortzusetzen, wie bei hh, nach ihrer gegenseitigen Verschlingung die Längsrichtung wechseln und
                              									also beide Speichen, wie bei k gezeigt, in der
                              									fortlaufenden Richtung wechseln.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 108
                              Hildebrand und Wolfmüller's Motorzweirad.
                              
                           Das Motorzweirad der Firma Hildebrand und Wolfmüller in
                              									München (D. R. P. Nr. 78553), Fig. 33 bis 41, ist als Niederrad gebaut; das Vorderrad A dient als Steuerrad, das Hinterrad B als
                              									Antriebsrad. Das Vorderrad des Motorzweirades ist dem üblichen Vorderrade gleich,
                              									jedoch trägt der rechte Theil der Lenkstange ausser dem Bremshebel noch die
                              									Regulirvorrichtung für die Geschwindigkeit des Motorzweirades. Das Antriebsrad ist
                              									ein Scheibenrad mit 2¼zölligem Pneumatikreifen und hat 22 Zoll Durchmesser. Dasselbe
                              									trägt auf beiden Seiten seiner Achse gleichgerichtete Kurbeln g und g1; von diesen gehen die schräg gestellten
                              									Treibstangen l und l1 zu den Kolben, in welchen sie sich mittels
                              									Kugelzapfens bewegen. Ober- und unterhalb des Cylinders ist je ein Hohlraum d vorhanden (Fig. 33 und 40), welcher mit einem
                              									Wasserbehälter G behufs Kühlung in Verbindung steht.
                              									Dieser Wasserbehälter vertritt gleichzeitig den an Damenrädern üblichen Schutzkasten
                              									über der oberen Hälfte des Hinterrades; letzteres wirkt durch seine Drehung als eine
                              									Art Ventilator auf die inneren Flächen dieses wasserhaltenden Schutzkastens, und
                              									zwar in derartigem Umfange, dass ein Ersatz des Wassers nur äusserst selten erfolgen
                              									muss (Fig. 2). Die Leitung des Wassers aus dem
                              									Behälter G nach den Räumen dd1 erfolgt durch die Gestellröhren 3 und 4. Der Rahmen des
                              									Motorzweirades besteht aus acht nahtlosen Stahlröhren 1
                              									bis 8, von denen vier den wagerechten Theil und
                              									vier den aufsteigenden Theil bilden und so dem Gestelle eine den Damenniederrädern
                              									ähnliche Form geben; die acht Rohre sind durch drei kurze Rohre verbunden. Die
                              									Anordnung von acht Rohren gibt dem Rahmenbau Stabilität und gewährt dem Motor den
                              									nöthigen Schutz. Im wagerechten Theil des Rahmens ist der Zwillingsmotor gelagert
                              									und derart geschützt, dass selbst im Falle eines Sturzes diese Theile nicht zu
                              									Schaden kommen, Die Umsteuerung der Auspuff- und Zünderventile erfolgt mittels einer
                              									einzigen, durch einen halbkreisförmigen Nocken e (Fig. 33 und 34) des Treibrades B bewegten Steuerstange m
                              										(Fig. 33, 40, 41); diese letztere ist
                              									an einen doppelarmigen Hebel f gekuppelt. Der
                              									Doppelhebelarm f ist um den Zapfen o drehbar gelagert und wird hierdurch bei Rückbewegung
                              									der Stange m der Hakenhebel t in entgegengesetzter Richtung bewegt. Dieser Hakenhebel trägt auf der
                              									Mitte seiner Länge ein um den Bolzen i drehbares
                              									Herzstück n, welches durch Feder p fest auf den Hakenhebel t niedergepresst wird. Dieses Andrücken hat den Zweck, der Verdrehung des
                              									Herzstückes einen gewissen Widerstand entgegenzusetzen. Wenn z.B. beim Zurückdrücken
                              									der Stange m bezieh. Vorziehen des Hakenhebels t der Theil s des
                              									Herzstückes n sich gegen den Anschlag q bewegt, so bleibt der Theil s am Anschlag q hängen und es muss sich dann
                              									das ganze Herzstück n um seinen Bolzen i drehen, wodurch wieder der Theil u des Herzstückes eine Bewegung gegen die Feder S ausführt und diese zusammenpresst. Wird dann der
                              									Hakenhebel t zurückbewegt, so kommt s mit q ausser Berührung,
                              									und da das Herzstück n sich schwerer drehen lässt, als
                              									die Feder S Widerstand leistet, so bleibt das
                              									Herzstück in Bezug auf den Hakenhebel in derselben Lage, jedoch wird der ganze
                              									Hakenhebel mit seinem Herzstück durch die Feder S auf
                              									die andere Seite hinübergeworfen. Bewegt sich nun der Hakenhebel zum zweiten Mal
                              									zurück, so wiederholt sich dasselbe Spiel auf der anderen Seite bei s1, q1 und S1. Der Hakenhebel t ergreift in seinem Spiel abwechselnd die Winkelhebel
                              										W und W1, welche die Auspuffventile V3 und V4 sowie auch die Präzisionszündungsventile V5V6 bethätigen. Weil bei
                              									dem Rückzuge der Kolben eines Zwillingsmotors einer derselben die Verbrennungsgase
                              									austreibt, während der andere das Gemisch comprimirt, liessen sich die verschiedenen
                              									Functionen des Auspuffventils des einen Cylinders und des Präzisionsventils des
                              									anderen Cylinders verbinden. Das Zünderventil muss nämlich, um Frühzündung zu
                              									vermeiden, während der Compressionsperiode geschlossen sein und öffnet sich im
                              									Todtpunkt der inneren Kolbenstellung, während das Auspuffventil des anderen
                              									Cylinders sich schliesst. Die Zünderventile sind doppelsitzig und sind, um sicheren
                              									Schluss nach beiden Ventilsitzen zu erzielen, federnd mit den Winkelhebeln W und W1 durch Drähte z und
                              										z1 verbunden. Die
                              									Auspuffventile werden durch diese Anordnung in keiner Weise in ihrer Function
                              									behindert. V1 und V2 sind selbsthätig
                              									arbeitende Gemischeinsaugeventile, wie sie bei anderen Gasmotoren üblich sind. Wie
                              									aus Fig. 40 und 41 ersichtlich, ist die
                              									Zündung eine Glührohrzündung. Die Glühröhrchen E und
                              										E1 werden durch
                              									eine Benzinblaslampe erhitzt, welche folgende Construction aufweist: Die Zünderlampe
                              									steht in dichter Verbindung mit dem Ventilkasten, der Zu- und Abgang der Luft
                              									erfolgt so, dass die Sturmsicherheit der Zünderlampe gewährleistet ist. Die Speisung
                              									wird durch eine Rohrleitung direct aus dem Vorrathskessel K (Fig. 33
                              									und 40) dem
                              									Dochtbehälter d der Lampe zugeführt. Der in diesem sich
                              									entwickelnde Dampf strömt durch die Mündung I in den
                              									Bunsen-Brenner L, um dort zu verbrennen. An der
                              									Brennermündung ist, um ein Verstopfen derselben zu vermeiden, eine verstellbare
                              									konische Nadel x0
                              									angeordnet. Es entsteht so an der Mündung eine ringförmige Oeffnung, welche sich
                              									erfahrungsmässig nicht verstopfen kann. Durch Kapsel M
                              									und das Gestellrohr 7 wird der Lampe mittels eines
                              									kurzen Verbindungsrohres α, das sich vom
                              									Luftzuführungs- und Gestellrohr 7 abzweigt, die nöthige
                              									Luft zugeführt. Wie aus Fig.
                                 										40 und 41
                              									ersichtlich, strömen die Verbrennungsgase aus dem Bunsen-Brenner L in den mit Chamotte Y
                              									ausgefütterten Zündröhrchenraum nach dem Schornsteine N, welcher durch Rohr 8 bis zur Kapsel M fortgeführt ist (Fig. 36); in diese
                              									münden sowohl Luftzufuhr- als Luftabzugsrohr. Um ein gutes Brennen der Lampe zu
                              									erreichen, musste ein verhältnissmässig langer Schornstein S angeordnet werden. Weil ferner das Fahrrad während der Fahrt senkrechte
                              									Schwingungen macht, musste, um trotzdem ein ruhiges Brennen der Lampe zu erzielen,
                              									die Luft in den Röhren gezwungen werden, diese Bewegungen vollständig mitzumachen.
                              									Dieses wurde erreicht durch die Entnahme der Zufuhrluft aus gleicher Höhe mit der
                              									Schornsteinmündung; es entstanden zwei gleich hohe Luftsäulen, wodurch eine
                              									ungleichförmige Bewegung der Verbrennungsluft während der Fahrt ausgeschlossen
                              									ist. Wegen der wirbelnden Bewegung der Windstösse wurden die Ein- und
                              									Ausmündungen dicht an einander gelegt, was durch die Kapsel M dadurch erreicht ist, dass sich die Ausströmöffnungen j1 rings um die Kapsel
                              									herum neben den Einströmöffnungen j befinden (Fig. 35). Aus dem Kessel
                              										K wird durch ein Mischventil f0, das mittels
                              									Kettenzuges e1 und
                              									einer an der Lenkstange angebrachten Regulirvorrichtung (Fig. 33, 35, 37, 38 und 39) bethätigt wird, das
                              									Gemisch zum Ventilkasten geleitet. Diese Regulirvorrichtung besteht aus einer
                              									Schraube s0 (Fig. 37 und 38), welche in einer an
                              									der Lenkstange befestigten Rohrschelle s2 verschiebbar gelagert ist. An letzterer ist ein
                              									Druckhebel e0 beweglich
                              									gelagert, welcher mit einem halben Muttergewinde versehen ist und durch eine Feder
                              									an die Schraube s0
                              									angedrückt wird und diese so festhält. Das eine Ende dieser letzteren ist mit dem
                              									von Federn beeinflussten Gemischventil f0 durch eine Kette verbunden, welche auf die
                              									Schraube einen beständigen Druck ausübt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 109
                              Hildebrand und Wolfmüller's Motorzweirad.
                              
                           Löst man die Schraube durch mehr oder weniger rasches
                              									Niederdrücken des Hebels e0 aus oder zieht dieselbe hierbei schneller oder langsamer zurück, so wird
                              									durch Vermittelung der Kette und Einwirkung der Ventilfedern das Gemischventil mehr
                              									oder weniger schnell geöffnet oder geschlossen, demzufolge der Gang des Motors ein
                              									schnellerer oder langsamerer wird. Um die Regulirung nach ganz bestimmten Graden
                              									vornehmen zu können, ist die Schraube s0 mit einer auf der Rohrschelle geführten Theilung
                              										s3 (Fig. 37 bis 39) und die Rohrschelle
                              									mit einer Marke e2
                              									versehen, mit deren Hilfe die Schraube und demzufolge das Mischventil t0 eingestellt werden
                              									kann. Durch die blosse Bewegung eines Fingers kann die Regulirvorrichtung bethätigt
                              									werden. Ausserdem kann durch einen Druck auf einen Abstellknopf die Function der
                              									Maschine sofort abgestellt werden.
                           Die Rohre 5 und 6 bilden
                              									die Oelbehälter für die selbsthätige Schmierung der Cylinder. Zur Dämpfung des
                              									Auspuffgeräusches ist ein Schalltrichter verwendet. Um eine grössere Arbeitsleistung
                              									des Motors auf das Treibrad übertragen zu können, ist eine Rückzugvorrichtung in
                              									Form einer Spiralfeder x (Fig. 33) nebst Schnur u.
                              									dgl. eingeschaltet. Die Kurbeln wirken daher sowohl beim Vor- als auch beim Rückgang
                              									der Kolben treibend. Die Zugstärke der Schraubenfeder x
                              									lässt sich durch Schraubenspindeln z2 und daran befindliche Handrädchen β verstellen. Der Sitz ist verstellbar wie bei jedem
                              									Zweirad und so niedrig angeordnet, dass die Beine des Fahrers bei gestreckter
                              									Stellung auf dem Boden aufstehen. Während der Fahrt finden die Beine auf
                              									verstellbaren Fussruhen Stützpunkte. Die Bremsvorrichtungen sind folgende: Am
                              									Vorderrad wirkt die gewöhnliche Druckbremse. Unter dem Zwillingscylinder ist eine
                              									neuartige Bodenbremse angebracht, welche mittels der Füsse in Wirkung gesetzt wird.
                              									Diese Bremse greift direct am Boden in der Spur der beiden Räder an. Bei Bethätigung
                              									der Bremse wird der Betrieb des Motors auch dadurch eingestellt, dass die Kolben in
                              									Folge der Luftcompression als pneumatische Bremse auf das Triebrad wirken. Es ist
                              									also dreifache Bremssicherheit geboten. Das Maximaltempo dürfte erfahrungsmässig für
                              									die Landstrasse zwischen 30 und 40 km in der Stunde liegen; für Versuche auf
                              									Rennbahnen dagegen lässt sich die Geschwindigkeit bis zu 90 km in der Stunde
                              									steigern. Der Motor entwickelt nämlich bei ausnahmsweise hohen Fahrgeschwindigkeiten
                              									bis zu 2,5 . Diese ausserordentliche Kraftentfaltung liegt in dem Wesen der
                              									Gas- bezieh. Erdölmotoren. Man dürfte bei Nennung solcher Zahlen denken, dass die
                              									Kraft dieses Motors für ein Zweirad unnütz hochgegriffen sei; jedoch war dieses
                              									geboten, um bei der einfachen Anordnung des Motors, ohne irgend welche Uebersetzung,
                              									alle Steigungen auf Verkehrsstrassen (bis zu 10 Proc.) mit Sicherheit zu nehmen. Der
                              									Fahrer auf dem Motorzweirade ist im Stande, bergauf mit der gleichen Geschwindigkeit
                              									zu fahren, mit welcher der mittlere Tourenfahrer heute auf der Ebene dahinfährt.
                              									Durch die vorerwähnten Bremsvorrichtungen können Bergabfahrten ganz nach Willkür des
                              									Fahrers, also auch im Schritt unternommen werden. Der Motor ist hierbei eingestellt
                              									und wirkt mit als Bremse. Eine Eigenthümlichkeit des Motorzweirades besteht in dem
                              									Aufhören des Functionirens des Motors bei Entlastung des Fahrzeuges. Sollte daher
                              									der Fahrer mit der Maschine zu Fall kommen, so ist obige Eigenschaft sehr erwünscht.
                              									Durch die Antriebsanordnung und durch die Gewichtsvertheilung hat sich bei
                              									Probefahrten ausserdem der Vorzug ergeben, dass das Motorzweirad auf Schnee, Eis,
                              									nasser Strasse oder schlüpfrigem Pflaster weit weniger dem seitlichen Rutschen
                              									unterworfen ist, als das moderne Niederrad. Der Bedarf an Betriebsmaterial beziffert
                              									sich auf nicht über ¾ Pfg. auf das Kilometer.
                           Der ohne besonderen Reservebehälter mitgeführte Vorrath an Betriebsmaterial reicht
                              									für eine Strecke von 200 km.
                           Als weiteres Fabrikat dieser Firma sei noch das Dampftricycle erwähnt, bei welchem
                              									der Mechanismus einfachst gehalten ist. Bei demselben dient das Hinterrad zur
                              									Steuerung, während die beiden Vorderräder zum Antrieb dienen. Der Motor besteht
                              									ebenfalls aus zwei Cylindern, welche auf die beiden Antriebsräder wirken. Der
                              									Kessel, welcher hinter dem Motor angebracht ist, ist vollständig mit Asbest
                              									ausgelegt. Um den Motor in Thätigkeit zu setzen, muss etwa 15 Minuten geheizt
                              									werden. Der Motor beansprucht einen Druck von 60 Pfund, der aber bis zu 180
                              									gesteigert werden kann. (Nach Scientific American vom
                              									23. März 1895.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 110
                              Fig. 42.Motorzweirad der Motor Cycle Co.
                              
                           Das Motorrad der Firma Motor Cycle Co. in Cleveland,
                              									ausgestellt in der Ausstellung zu Chicago, wird mit Erdöl betrieben. Wie Fig. 42 zeigt, sind bei diesem Rade auch Tretkurbeln
                              									angebracht, so dass es dem Fahrer frei steht, seine eigene Kraft anzuwenden. Auf der
                              									oberen Stange des Gestelles ist ein Behälter befestigt zur Aufnahme des Erdöls,
                              									dieses wird durch einen elektrischen Funken entzündet, welcher durch eine kleine
                              									Batterie erzeugt wird, die unterhalb des Reservoirs angebracht ist. Die
                              									Fahrgeschwindigkeit wird durch Elektricität geregelt, wozu an der Lenkstange ein
                              									Drücker angebracht ist. Dieses Fahrrad hat einen 2--Motor, ist mit 4zölligen
                              									Pneumatikreifen montirt und bedarf ungefähr 4,5 l Erdöl auf 200 engl. Meilen (etwa
                              									322 km).
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)