| Titel: | Ueber Neuerungen im Mühlenwesen. | 
| Autor: | Friedr. Kick | 
| Fundstelle: | Band 296, Jahrgang 1895, S. 159 | 
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                        Ueber Neuerungen im Mühlenwesen.
                        Von Prof. Friedr.
                                 								Kick.
                        (Fortsetzung des Berichtes 1891 280 97.)
                        Mit Abbildungen.
                        Ueber Neuerungen im Mühlenwesen.
                        
                     
                        
                           Die Neuerungen im Mühlenwesen, welche in den letzten drei Jahren zur Einführung
                              									gelangten, sind wohl zahlreich, aber nur zum kleinen Theile von grösserer Bedeutung,
                              									epochemachend ist keine.
                           Indem wir dieselben gruppenweise besprechen, beginnen wir naturgemäss mit der
                              									Getreidereinigung.
                           
                        
                           1) Von den Maschinen und Hilfsmitteln der
                              									Getreidereinigung.
                           
                              Von den Reinigungs-, Putz- oder Schälmaschinen und deren
                                 										Nebentheilen.
                              
                           Bei der Getreideschäl- und -Putzmaschine von Louis
                                 										Kolping in Buir, Rheinpreussen (D. R. P. Nr. 53520), rotiren durchlochte Eisenscheiben im zu reinigenden Getreide. Jede Scheibe arbeitet für sich in einer
                              									schmalen Abtheilung der Maschine, welche oben ihren Einlauf, unten ihren Auslauf
                              									hat. Regulirvorrichtungen für Ein- und Auslauf sind vorhanden. Das austretende
                              									Getreide passirt einen Ventilator. Da die Löcher der rotirenden Scheiben gross
                              									gewählt sind, so kann bei entsprechender Tourenzahl eine ausgiebige Reibung der
                              									Körner unter sich und an der Scheibe eintreten. Der Schälstaub wird aber die Spalte
                              									der Körner (Weizen, Roggen) füllen und durch die nachfolgende Wirkung des Windes
                              									sicher nicht genügend ausgeblasen.
                           Die „Getreidereinigungsmaschine mit eingeführten Luftströmungen“ von Wilson Ager in Bloomsburg, Columbia, Pennsylvanien (D.
                              									R. P. Nr. 54640), ist dem „Conus“ oder „Rubber“ ähnlich; die Trommel
                              									ist mit Bürsten besetzt und tangential zu derselben, aber „entgegengesetzt zur
                                 										Drehungsrichtung“, wird Luft eingeblasen, welche eine „Kühlung der
                                 										Reibflächen“ bewirken soll. Es gibt jedoch zahlreiche ähnliche Maschinen;
                              									bei welchen das Kühlen der Reibflächen durch viel einfachere, natürlichere
                              									Luftbewegung erzielt ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 159
                              Schälmaschine von Hahn und Märker.
                              
                           Die Schälmaschine von A. Hahn und H. Märker in Würzen, Sachsen (D. R. P. Nr. 55792),
                              									bewegt das Getreide von unten gegen oben; alle arbeitenden Theile bezieh. alle
                              									Wandungen der Maschine, mit welchen das Getreide vom Einlaufe bis zum Auslaufe in
                              									Berührung ist, desgleichen die zum Heben angewendeten Schrauben sind mit Reibblech
                              										armirt oder aus
                              									solchem hergestellt. Das Getreide ist während seines Weges einem Luftstrome
                              									ausgesetzt, welcher die abgeriebenen Theile abführen soll.
                           Fig. 1 zeigt den
                              									Verticalschnitt dieser Maschine, Fig. 2 den
                              									Horizontalschnitt nach mn. E ist der Einlauf, A der Auslauf, welcher senkrecht versetzt werden kann.
                              									An der senkrechten Achse sitzt der Sauglüfter V, der
                              									Kegel K und der Cylinder C. Die Schrauben S1S2S3 bewirken den Hub des
                              									Getreides. S1 sitzt am
                              									Kegel K, S2S3 liegen seitlich von
                              										C (vgl. Fig. 2).
                           Diese Maschine wird sehr intensiv einwirken, solange die Reibflächen scharf sind,
                              									bedarf aber einer umständlichen Auswechselung derselben. Für die Abfuhr der
                              									abgeriebenen Schalentheilchen kann der Sauglüfter V
                              									deshalb nicht hinreichen, weil seine Tourenzahl gleich jener der Verticalachse ist,
                              									welche nicht hoch getrieben werden kann, soll das Getreide bei noch scharfem
                              									Reibblech nicht arg verletzt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 160
                              Fig. 3.
                              
                           Die Reinigungsmaschine von Charles Arthur Lees in
                              									Christchurch und Stephen William Lester in Sydenham,
                              									Australien (D. R. P. Nr. 56588), unterscheidet sich von den gewöhnlichen
                              									kegelförmigen Bürstmaschinen, deren bekannte Form durch Fig. 3 gekennzeichnet ist, dadurch, dass der Bürsten- oder Reibkegel
                              									nicht nur kreist, sondern auch kleine senkrechte Bewegungen ausführt. Der Vortheil
                              									dieser Neuerung ist nicht wohl einzusehen, denn: findet die senkrechte Bewegung sehr
                              									langsam statt, dann arbeitet die Maschine mit veränderlichem Abstand des Kegels vom
                              									Reibblechmantel und die Wirkung wird lediglich darin bestehen, dass dieselbe
                              									periodisch ungleich ausfällt; ist die senkrechte Bewegung sehr rasch, so dass sie
                              									eine einflussreiche Geschwindigkeitscomponente zur Rotationsgeschwindigkeit liefert,
                              									dann wäre ein bedeutender Arbeitsaufwand hierfür nöthig, welcher nicht im
                              									Verhältnisse zur Wirkung stehen kann; findet jedoch die senkrechte Bewegung bei
                              									kleinem Hube mit mittlerer, massiger Geschwindigkeit statt, dann wird die
                              									Getreideschicht zwischen Kegel und Mantel zeitweise stärker, zeitweise schwächer
                              									bearbeitet; dabei dürfte wohl bei Anwendung von Bürsten eine grössere Abnutzung
                              									derselben, bei Anwendung von Reibblech sowohl am Kegel als am Mantel, ein
                              									ungleichmassiger Angriff der Körner und viel Bruch erfolgen. Was sonst als wichtig
                              									betrachtet wird, die genaue Höhenstellung des Kegels für die vortheilhafteste Arbeit
                              									einstellen zu können, ist hier absichtlich verworfen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 160
                              Fig. 4.Peroutka's Reinigungsmaschine.
                              
                           Wenzel Peroutka in Kladno (D. R. P. Nr. 72137) lässt
                              									mehrere feilen artig aufgehauene Walzen w und sogen.
                              									Raspelbleche b auf das im Sinne der Pfeile der Fig. 4 bewegte Getreide einwirken. Abgesehen davon,
                              									dass bei dieser Anordnung nicht für Staubabfuhr durch Ventilation gesorgt ist,
                              									bedarf es der sorgfältigsten Einstellung und Erhaltung der Schärfe der arbeitenden
                              									Theile, wenn ein halbwegs gleichmassiges Ergebniss erlangt werden soll.
                           A. Ehresmann und H.
                                 										Ehresmann aus Kaiserslautern (D. R. P. Nr. 73035) lagern die Schältrommel
                              									excentrisch zur Innenfläche des Mantels. Bei wagerechter Achse hat diese neue
                              									Anordnung einige Berechtigung, denn die arbeitenden Flächen von Trommel und Mantel
                              									sind gerade an jener Seite einander näher gerückt, wo der Hub des Schälgutes
                              									erfolgt, wie dies die Fig. 5 erkennen lässt. Diese
                              									Anordnung aber auch auf senkrechte Disposition auszudehnen, wie Ehresmann dies thut, ist fehlerhaft.
                           Heinrich Führmeyer in Breslau hat mit D. R. P. Nr. 62248
                              									eine Anordnung von Bürstenkörpern patentirt, deren einzelne Bürstenbündel zur
                              									Arbeitsfläche des Gegenkörpers derartig verschiedene Schrägstellungen haben, dass
                              									dieselben den über die Bürstenoberfläche hingleitenden Arbeitsproducten an
                              									verschiedenen Stellen verschieden grosse Widerstände entgegensetzen. Dieser
                              									Erfindungsgedanke erregt das Bedenken, dass auch die Abnutzung der Bürsten in seinen
                              									verschieden gestellten Bündeln eine verschiedene sein
                                 										muss. Daher die sonst übliche Nachstellung, welche bei gleichmassiger
                              									Abnutzung wieder zu guter Wirkung führt, hier kaum mit Erfolg angewendet werden
                              									kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 160
                              Fig. 5.Ehresmann's Schältrommel.
                              
                           Unter der Bezeichnung: „Maschine zum Schälen von genässtem Getreide mittels
                                 										umlaufender Schmirgelscheiben“ haben sich Hugh James
                                 										Sanderson und Alexander Henry Reed in London
                              									eine Maschine patentiren lassen (D. R. P. Nr. 55786), bei welcher Schmirgelscheiben
                              									in einer langsam kreisenden Trommel mit massiger Geschwindigkeit rotiren und hierbei
                              									auf eine Post Getreide einwirken, welche selbsthätig
                              									entfernt und durch eine neue Post ersetzt wird. Die Einwirkungszeit lässt sich nach
                              									Bedarf durch Wechselräder reguliren.
                           Die Patentbeschreibung ist nach amerikanischem Muster, in mehreren Patentansprüchen
                              									ausklingend, gehalten, die Patentzeichnung ist durch Hunderte von Buchstaben belebt
                              									und der Text erfreut sich der absonderlichsten Wendungen, so ist z.B. im Anspruch 1)
                              									von „der langsam kreisenden, die Schmirgelscheiben bewegenden Trommel D“ die Rede,
                              									während diese Trommel auf die Bewegung der Schmirgelscheiben gar keinen Einfluss
                              									übt, das Wort „bewegenden“ wahrscheinlich durch „umhüllenden“ zu
                              									ersetzen wäre. Die Schälmaschinen mit postenweiser Arbeit sind als Graupengänge
                              									bekannt, arbeiten aber gewöhnlich mit einem Stein grösseren Durchmessers. Die
                              									Anwendung von Schmirgelscheiben zu postenweiser Arbeit ist neu.
                           Zu den Maschinen, welche postenweise reinigen oder
                              									schälen, gehören auch die Maschinen von Anton Wimmer in
                              									Scheibbs, Niederösterreich (D. R. P. Nr. 63429), und Feodor
                                 										Pötzsch in Ostrau i. S. (D. R. P. Nr. 67315). Bei Wimmer ist die Steinachse senkrecht, bei Pötzsch wagerecht disponirt; das Neue bezieht sich nicht auf die
                              									arbeitenden Theile, sondern auf die Bewegung der Organe für den Getreide-Ein- und
                              									-Auslauf.
                           Die neueste Schälmaschine von Anton Wimmer in Scheibbs
                              									ist durch Fig. 6 im Wesentlichen gekennzeichnet.
                              									Diese Maschine arbeitet continuirlich mit den Schmirgelscheiben S1S2, d. i. mit zwei, mit Schmirgel durch Wasserglaskitt
                              									bekleideten gusseisernen Scheiben oder Trommeln. Die Achse a ist in Fusslager f und Halslager h gelagert. E ist der
                              									Getreideeinlauf, s sind Siebe, in dem Gusseisenmantel
                              									eingesetzt. Der Getreideeinlauf befindet sich thatsächlich nicht in derselben Ebene
                              									mit den Ventilationsrohren rr, wie dies die Fig. 6 darstellt, sondern ist gegen vorn gesetzt;
                              									hingegen sind die Ventilationsrohre rr beiderseits
                              									angebracht und führen zu einem oberhalb angebrachten Staubfänger mit
                              									Filterschläuchen. Nach oben bildet der Deckel d den
                              									Abschluss. Die kräftige Ventilation führt alle abgetrennten Kleietheilchen weg.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 161
                              Fig. 6.Schälmaschine von Wimmer.
                              
                           Bei einmaligem Durchgang wird der Weizen gut geputzt, bei mehrmaligem Durchgang (bis
                              									viermal) findet ein sanftes, gutes Schälen statt, soweit dies der Bau des
                              									Getreidekornes gestattet, und die so geschälte Frucht liefert wesentlich grössere
                              									Griesausbeute. Der Kraftverbrauch ist angeblich sehr gering.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 161
                              Fig. 7.Schälmaschine von Kühnemann und Winter.
                              
                           Eine zwar stetig wirkende Schälmaschine, aber bestimmt, Reis,
                                 										Gerste, Erbsen u. dgl. zu schälen, wie dies gewöhnlich Aufgabe der
                              									postenweise arbeitenden Maschinen ist, hat August
                                 										Kühnemann und Jos. Winter in Aschersleben (D.
                              									R. P. Nr. 70681) patentirt. Die Anordnung ist originell und dürfte insbesondere für
                              									das Erbsenschälen Vortheile bieten, wenn auch auf Kosten der Einfachheit. Fig. 7 stellt einen Querschnitt durch diese Maschine
                              									dar, aus welchem die Hauptanordnung ersichtlich ist. Trommeln T aus Stein oder Kunststein, z.B. deren vier, rotiren
                              									in dem durch die Pfeile angegebenen Sinne. Zwischen diesen Trommeln liegt ein festgestelltes Prisma P
                              									aus gelochtem Blech, welches mit einem Ventilator in Verbindung steht. Das Schälgut
                              									gelangt durch ein Einlaufrohr an das eine Ende des Raumes zwischen Walzen und
                              									Blechprisma und wird durch die Wirkung der Walzen um das Blechprisma herumgeführt.
                              									Der allmähliche Vorschub bezieh. die Weiterbewegung des Schälgutes in der Richtung
                              									der Achsen erfolgt nach der Patentbeschreibung durch Einwirkung eines Schiebers,
                              									welcher, unter der Mündung des Einlaufrohres angebracht, durch seine hin und her
                              									gehende Bewegung ein Vorschieben der Schälgutkörnchen bewirken soll. Der Raum
                              									zwischen Prisma und Trommeln ist nach aussen zu durch stellbare Abschlusstücke a begrenzt, natürlich auch sowohl an der Einlauf- wie
                              									Auslaufseite entsprechend abgeschlossen.
                           Eine Netzvorrichtung mit selbsthätiger Einstellung der
                              									Spritzöffnung von Stephan Steinmetz in Leipzig-Gohlis
                              									(D. R. P. Nr. 60839) bezweckt, „die abfliessende Wassermenge entsprechend der vor
                                 										der Spritzöffnung vorbeifallenden Getreidemenge“ zu regeln. Dieser Zweck ist
                              									dadurch erreicht, dass die Achse der Gossenklappe durch ein Hebelwerk mit dem
                              									Kegelventil der Spritzöffnung so in Verbindung steht, dass bei weiterer Oeffnung der
                              									Klappe bezieh. mächtigerem Getreidestrom auch das Ventil weiter geöffnet ist.
                           Zum Schlusse sei noch bemerkt, dass Odeon Horace Titus
                              									in Wilmington, Nordamerika (D. R. P. Nr. 73277), eine gerippte Schälwalze dadurch
                              									bildet, dass er Winkeleisen auf gerippte Scheiben, welche mit der Achse verkeilt
                              									sind, aufschraubt; während Rudolf Müller in Kiew (D. R.
                              									P. Nr. 70817) statt der Raspelbleche Stahldrahtgewebe herstellt, deren Schuss aus
                              									gleichseitig dreieckigem Draht besteht.
                           
                        
                           2) Zerkleinerungsmaschinen.
                           
                              Weizenschneidmaschinen, Walzenstühle, Mahlgänge,
                                 										Speisevorrichtungen.
                              
                           Getreidequerschneidmaschine. Unter der unrichtigen
                              									Benennung „Getreidespaltmaschine“ haben A.
                                 										Kühnemann und Joseph Winter in Aschersleben
                              									(D. R. P. Nr. 61939) eine Getreideschneidmaschine patentirt, welche für die
                              									Erzeugung der sogen. Perlgraupen vorarbeiten, d.h. die Gerstenkörner in zwei oder
                              									mehrere kürzere Stücke theilen soll.
                           Das Princip der Maschine ist folgendes: Das Getreide (Gerste o. dgl.) wird durch ein
                              									Zuführungsrohr centrisch auf eine mit etwa 200 minutlichen Umdrehungen laufende
                              									Scheibe gebracht. Diese Scheibe besitzt auf der oberen Fläche gegen den Aussenrand
                              									radiale Rillen, welche so bemessen sind, dass sich die Körner nur in ihrer
                              									Längsrichtung einlegen können. Damit die Bewegung der Körner nur längs der Rillen
                              									erfolgen kann, verhindert ein fixer, darüber befindlicher Bürstenring das Ausfliegen
                              									über die Rillenseitenwände.
                           Indem nun die Körner gezwungen sind, in den radialen Rillen sich nach auswärts zu
                              									schieben, werden sie schliesslich mit einem Theile ihrer Länge noch in der Rille
                              									liegen, mit dem restlichen Theile aber über die Scheibe vorragen, um endlich
                              									auszufliegen. Bevor das Ausfliegen der ganzen Körner erfolgen kann, stossen sie an
                              									Messer, welche das Querschneiden bewirken.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 161
                              Fig. 8.Weizenspaltmaschine von Kraus.
                              
                           Die Messer sind in einen die Scheibe umschliessenden Ring eingesetzt und durch einen
                              									Deckring gehalten. Ihr Abstand von der rotirenden Scheibe lässt sich nach der
                              									beabsichtigten Grösse der Theilstücke verändern.
                           Eine Weizenspaltmaschine, mit Walzen arbeitend,
                              									bestimmt, der Länge der Falte oder des Einschnittes nach zu spalten, stammt aus der
                              									Maschinenfabrik von Ferdinand Kraus in Neuss a. Rh. (D.
                              									R. P. Nr. 60148). Fig. 8 zeigt die Anordnung. A und B sind geriffelte
                              									Hartgusswalzen, C und D sind Walzen aus
                              									elastischem Material (Kautschuk, Tuch o. dgl.), bestimmt, die Körner in die Riffel
                              									zu streifen, so dass sie der Länge nach in denselben liegen und darüber etwas
                              									vorragen; die rascher bewegte Walze A kann sie spalten
                              									(der Länge nach theilen).
                           Die interessanteste Neuerung in der Gruppe der Zerkleinerungsmaschinen für
                              									Müllereizwecke ist der Walzenstuhl mit nachgiebig mit
                              									einander verbundenen Lagerarmen von Jos. Lewis Willford
                              									in Minneapolis, Minnesota (D. R. P. Nr. 55463). Der Erfinder bezweckt mit seiner
                              									Neuerung eine genauere Einstellung der Walzen, unter Beseitigung jener
                              									Ungenauigkeiten der Einstellung, welche von dem Spiele in den Achsenlagern der die
                              									beweglich gelagerte Walze tragenden Hebel herrühren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 162
                              Walzenstuhl von Willford.
                              
                           Der Erfinder bezeichnet das erwähnte Spiel in den Hebelachsenlagern als „verlorene
                                 										Bewegung“, eine etwas sonderbare, irreführende Benennung.
                           Aus Fig. 9 bis 12 ist zu ersehen, dass
                              									die Walzen I II in den Armen A1 und A2 ruhen, welche mit einander durch eine federnde,
                              									kräftige Schiene s verbunden sind. Dieselbe Anordnung
                              									ist natürlich auch auf der Rückseite zu denken, so dass I und II je in zwei Armen A1A1 und A2A2 ruhen. Diese Arme
                              									sind in verschiedener Weise gestützt. Der Arm A1 liegt mit einer kurzen Rippe in entsprechender
                              									Nuth der Stütze a und unten mit der Schiene s auf dem Blocke b; der
                              									Arm A2 ruht gleichfalls
                              									mit s auf dem Blocke b,
                              									liegt aber andererseits oben mittels eines verstellbaren cylindrischen Stückes c an dem Excenter e an
                              										(Fig. 10).
                           Beide durch die Federschiene s verbundenen Arme sind
                              									durch s und die Schraube x
                              									mit dem Blocke b verbunden und zugleich der Wirkung der
                              									Feder F ausgesetzt, durch welche die Arme gegen ihre
                              									Stützen a, b und e
                              									gedrückt werden.
                           Bei dieser Stützung ist die Walze II, bezieh. ihre
                              									beiden Arme A2, als festgestellt (unbeweglich) zu betrachten; während
                              									die Walze I und ihre Arme A1 insofern beweglich ist bezieh. sind,
                              									als bei einem sehr bedeutenden Walzendrucke A1 sich um die Stütze a
                              									etwas drehen kann, bei welcher Drehung das untere Ende von A1 aufsteigt, hierbei den Federdruck von
                              										s und F
                              									überwindend.
                           Zum Zwecke des Wagerechtstellens der Walzen ist der Block b mittels Schrauben, welche an dem Fortsatze des Gestelles g ihre Stütze finden, etwas verschiebbar. Um diese
                              									Verschiebbarkeit zu ermöglichen, passirt die Schraube x
                              									in g ein Langloch, wie dies auch in Fig. 9 angedeutet
                              									ist.
                           Wird der Block b gegen links geschoben, so muss A1 an a aufsteigen, zugleich A2 an e etwas
                              									sinken, hierdurch steigt Walze I und sinkt II, und zwar auf der vorderen Seite des Walzenstuhles.
                              									Durch Verschieben des auf der Rückseite des Walzenstuhles befindlichen gleichen
                              									Blockes gegen rechts sinkt Walze I und steigt Walze II auf der Rückseite. Durch entsprechende Verschiebung
                              									der Blöcke b auf beiden Maschinenseiten ist daher
                              									Wagerechtstellung leicht möglich.
                           Durch Drehung der Achse des Excenters e werden Arm A2 und Walze II gegen Walze I genähert
                              									oder entfernt, je nach der Drehungsrichtung. Aber auch durch Drehen des Handrades
                              										B kann auf die Stellung der Walzen eingewirkt
                              									werden, denn die frei durch den Kopf des Armes A1 gehende Stange Z
                              									trägt am Ende ein Gewinde, mit welchem sie sich in ein Muttergewinde des Kopfes von
                              										A2 einschraubt und
                              									hierbei das Stück c verstellt, wie dies durch Fig. 10 noch deutlicher
                              									wird. Die beigegebenen Detailfiguren (Fig. 10 bis 12), deren Theile mit
                              									denselben Buchstaben bezeichnet sind, welche früher für die gleichen Theile benutzt
                              									wurden, dürften das Verständniss erleichtern, wenn sie auch gleich den Zeichnungen
                              									der Patentbeschreibung einiges zu wünschen übrig lassen.
                           Es lässt sich nicht verkennen, dass die vorliegende Erfindung Vortheile bietet. Als
                              									ein constructiver Uebelstand muss jedoch hervorgehoben werden, dass die Federschiene
                              										s durchlocht ist, um der Schraube x den Durchgang zu gestatten. Es brechen Federn
                              									erfahrungsgemäss an solchen Stellen sehr leicht, und wäre daher eine solche
                              									Gestaltsänderung der Schraube x angezeigt, dass sie die
                              									Federschiene beiderseits umgreift, statt durchdringt.
                           Das in Fig. 10
                              									gezeichnete Excenter e ist ein Doppelexcenter, da der
                              									Walzenstuhl als zweipaariger gedacht ist.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 162
                              Walzenstuhl von Häffner.
                              
                           Walzenstuhl mit Ventilation. Jacob Häffner in Hof i. B.
                              									(D. R. P. Nr. 69526) setzt in das Innere des Walzenstuhles ein mit Filtertuch F überspanntes Gerippe G
                              										(Fig. 13 und 14), welches in langsame
                              									Drehung versetzt wird. In das Filtergerippe G sind zwei
                              									festliegende Rohre RR1
                              									gelegt, in welchen die mit Lüftungsschrauben armirte Achse A kreist. Bei x befindet sich ein Abklopfer.
                              									Der Patentanspruch betrifft die symmetrisch zur Mittelachse angeordneten
                              									Lüftungsschrauben.
                           Joh. Gottlieb Zeidler in Görlitz patentirte unter D. R.
                              									P. Nr. 73265 Mahlscheiben mit aus Schneidschienen
                                 										hergestellter Mahlbahn. Die Schneidschienen sind aus Stahlblech, hochkantig
                              										neben einander
                              									in den Mahlkranz der oberen und unteren Scheibe eingesetzt, und zwar Schiene an
                              									Schiene. Dieselben sind verschieden hoch, so dass die Mahlbahn Stufen aufweist,
                              									deren rechtwinkelige Kanten schneidend auf das Mahlgut wirken. Entsprechende
                              									Krümmung der Schienen befördert das Ausstreifen des Mahlgutes.
                           Speisevorrichtungen. Die vorliegenden,
                              									Speisevorrichtungen betreffenden Patente sind zwar mit Rücksicht auf Bekanntes von
                              									keinem besonderen Belang, aber immerhin erwähnenswerth.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 163
                              Fig. 15.
                              
                           K. J. Neuenfeld in Landsberg a. d. W. (D. R. P. Nr.
                              									55794) hat sich die Aufgabe gestellt, für Windmühlen eine Speisevorrichtung zu
                              									construiren, welche bei plötzlichem bedeutendem Nachlassen des Windes die Speisung
                              									ganz einstellt. Er treibt zu diesem Zwecke die Speisewalze durch die
                              									Frictionsscheiben ff1
                              										(Fig. 16) an, macht die Stellung der
                              									Frictionsscheibe f von einem Schwungkugelregler R abhängig und schrägt die Scheibe f1 so ab, dass, wenn
                              									bei sinkender Geschwindigkeit die Regulatorkugeln und dadurch f sinkt, keine Berührung zwischen f und f1 stattfindet, daher auch die an der Achse von f1 sitzende Speisewalze
                              										w ausser Wirkung tritt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 163
                              Fig. 16.Neuenfeld's Speisevorrichtung.
                              
                           Die Firma Adolf Bühler, Maschinenfabrik in Uzwil,
                              									Schweiz (D. R. P. Nr. 64048), und Schmid und Weyermann
                              									in Barcelona (D. R. P. Nr. 67692) liessen sich Speisevorrichtungen patentiren,
                              									welche die Speisung erhöhen, wenn mehr Mahlgut in der Gosse sich befindet, dieselbe
                              									vermindern, wenn weniger Mahlgut vorhanden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 163
                              Fig. 17.Speisevorrichtung von Bühler.
                              
                           Innerhalb gewisser, bescheidener Grenzen mag eine solche Regelung ohne ungünstige
                              									Beeinflussung des Productes wohl möglich sein; für richtig geführte Hochmüllerei mit
                              									genügender Aufsicht halten wir sie weder für erforderlich, noch für empfehlenswerth;
                              									anders stellt sich die Sache allerdings bei der sogen. automatischen Müllerei, bei
                              									welcher die Aufsicht auf ein Minimum beschränkt ist und die Qualität der Producte
                              									gegen Quantität und Billigkeit mehr zurücktritt.
                           Bei der Speisevorrichtung von Bühler hängt ein
                              									Gefäss A (Fig. 17) an
                              									den kurzen Armen zweier Hebel H, getragen durch
                              									Gegengewichte G. Nimmt die Füllung zu, so sinkt A und die Mahlgutbewegung im Sinne des Pfeiles wächst.
                              										A erhält von der Excenterwelle e Schwingungen, welche den Auslauf des Mahlgutes
                              									veranlassen. Damit die Bewegung von A langsam erfolge,
                              									ist mit dem Hebel H eine Flüssigkeitsbremse B verbunden.
                           Bei der Construction von Schmid und Weyermann ist eine
                              									Klappe mit einem Gewichtshebel so verbunden, dass bei stärkerer Füllung diese Klappe
                              									etwas weiter von der schiefen Ebene eines Rüttelschuhes abgehoben wird, wodurch mehr
                              									Mahlgut austritt.
                           Bei der Speisevorrichtung von Friedr. Sperling in Berlin
                              									(D. R. P. Nr. 65636) stösst der Rüttelschuh mittels Federdruck gegen einen Zwei-
                              									oder Vielschlag. Die Feder, eine Schraubenfeder, ist auf einen Bolzen gesteckt,
                              									welcher, wenn zurückgeschoben, die Feder mit verschiebt, sie ausser Spannung setzt
                              									und zugleich den Rüttelschuh vom Vielschlag zurückdrückt, so dass ersterer keine
                              									Stösse mehr empfängt. Bei abgestellter Speisung ist daher die Feder ausser Spannung.
                              									Diese Abstellung erfolgt selbsthätig dadurch, dass, wenn kein Mahlgut die Gosse
                              									füllt, eine Klappe durch Wirkung eines Gewichtes sich in gehobener Lage befindet.
                              									Die Hebung der Klappe bezieh. die Drehung der Klappenachse vermittelt die
                              									Verschiebung des vorerwähnten, die Ausrückung des Schuhes bewirkenden Bolzens.
                           Um das Verlegen der Speisevorrichtung, welches bei blätterigem, feuchtem Mahlgute
                              									leicht eintritt, zu verhindern, führt Aug. Mebert und
                              										Bernh. Gerber in Augsburg (D. R. P. Nr. 69298)
                              									zwischen Speisewalze und Schuber einen „Räumer“ (ein abgebogenes
                              									Blechstreifchen) hin und her. Diese Hin- und Herbewegung des Räumers wird durch eine
                              									Schraube mit rechtem und linkem Gewinde (ähnlich der Bewegung von Schleifscheiben
                              									bei den Krempelschleifvorrichtungen) erzielt.
                           Zum Schlusse dieses Theiles sei auf eine grössere, sehr sachgemässe Abhandlung über
                              										Eigenschaften der Walzenstühle hingewiesen, welche
                              									Ingenieur A. RoederIngenieur der Firma Gebr. Böhmer in
                                       												Magdeburg. in der Zeitschrift Der Müller, Berlin, 1893 Nr. 14 bis 20, veröffentlichte und in welcher er
                              									insbesondere über Walzenstellung, Speisung, Abstellung und Ausrückung sehr
                              									beachtenswerthe Mittheilungen macht.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)