| Titel: | Beiträge zur Untersuchung der Lederfette. | 
| Autor: | W. Schmitz-Dumont | 
| Fundstelle: | Band 296, Jahrgang 1895, S. 259 | 
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                        Beiträge zur Untersuchung der
                           								Lederfette.
                        Von Dr. W.
                                 									Schmitz-Dumont.
                        (Schluss der Abhandlung S. 233 d. Bd.)
                        Beiträge zur Untersuchung der Lederfette.
                        
                     
                        
                           Die Wirkung des Thranes auf Haut bezieh. Leder ist eine
                              									doppelte, auf der einen Seite die eines Fettes, auf der anderen die eines
                              									Gerbstoffes. Die gerbenden Eigenschaften sind nach FahrionDeutsche Gerberzeitung, 1892 Nr. 33, Zeitschr. f. angew. Chem., 1891 S.
                                       											172. darauf zurückzuführen, dass bei dem Gerben mit Thran,
                              									dem Sämischgerbeprocess, zunächst eine Oxydation der ungesättigten FettsäurenNach neueren Untersuchungen Fahrion's kommt hier besonders die
                                    											Jecorinsäure, C18H30O2, in Betracht. Chem.-Ztg. 1893 S. 684. zu
                              									Oxyfettsäuren stattfindet und dann diese sich mit der thierischen Faser zu Leder
                              									verbinden. Wesentlich scheint dabei zu sein, dass diese Oxyfettsäuren im status
                              									nascens zur Wirkung auf die thierische Faser kommen, denn mit Degras, d. i. also mit
                              									einem Thranproduct, in welchem die ungesättigten Verbindungen bereits theilweise
                              									oder gänzlich oxydirt sind, konnte Fahrion keine
                              									vortheilhafte Gerbung erzielen. Da nun die Jodzahl ein Maass für den Gehalt an
                              									ungesättigten Säuren und damit für die Oxydationsfähigkeit eines Thranes ist, so
                              									gibt die chemische Analyse in der Jodzahl einen Anhalt zur Beurtheilung des
                              									Gerbevermögens von Thranen. EitnerDer Gerber,
                                       												1893 S. 243 und 255. hat bei Versuchen über das
                              									Gerbevermögen verschiedener Thransorten gefunden, dass Dorschthran sehr gut,
                              									Robbenthran gut, Haifischthran schlecht gerbt. In den Sämischgerbereien setzt man
                              									dem Robbenthran Walthran zu, um die Gerbung zu verlangsamen. Diese Thatsachen
                              									stimmen vollauf zu der Abhängigkeit des Gerbevermögens von der Jodzahl; denn Dorsch-
                              									und Robbenthrane haben Jodzahlen im Allgemeinen zwischen 120 und 160, solche von
                              									Walfisch und Delphinen Jodzahlen unter 100Nach
                                    												Moore, J. Amer. Chem. Soc., 1889 S. 11 und
                                    											155, Benedikt, Analyse der Fette, 1892 S. 367:
                                    											Walthran 80,9, Delphin 76,8 bis 99,5, Kiefernöle von Delphinen 30,9 bis
                                    											49,6. Benedikt gibt nach Mills für Robbenthrane nur 91 bis 95, während
                                    											hier nur einer der untersuchten weniger als 120, nämlich 89,1,
                                    										zeigte.; für Haifischthran fehlen noch Angaben über die
                              									Jodabsorption.
                           Desgleichen hat sich ein Zusammenhang zwischen Jodzahl und dem Ausharzen der Thrane
                              									aus dem Leder gezeigt. Nach Fahrion's Erfahrungen sind
                              									die harzigen Flecken auf dem Leder sehr reich an Oxyfettsäuren, es müssen somit
                              									hauptsächlich die ungesättigten Verbindungen an dieser Erscheinung betheiligt sein,
                              									und dementsprechend fand sich, dass Thrane mit hoher Jodzahl (150 bis 190) weit mehr
                              									ausharzen als solche mit niederer. (Vgl. unten die Notizen über Degras.)
                           Aus Jodzahl, Verseifungszahl, specifischem Gewicht der Thrane oder dem Schmelzpunkte
                              									der Fettsäuren wird sich nur in seltenen Fällen, selbst wenn frische und reine
                              									Producte vorliegen, ein Schluss auf ihre Abstammung ziehen lassen, da diese Factoren
                              									durch die leichte Veränderlichkeit der Thrane, insbesondere durch Oxydation und
                              									Polymerisation der ungesättigten VerbindungenFahrion, Chem.-Ztg., 1893 S. 434. Bei einem
                                    											Thran sank die Jodzahl von 193,7 auf 163;9, während die Dichte von 0,933 auf
                                    											0,943 und der Gehalt an Oxyfettsäuren von 0,6 Proc. auf 4,8 Proc. stieg.
                                    											Vgl. auch Eitner, Der Gerber, 1890 S. 171, 1893
                                    											S. 257., während der Gewinnung, Verarbeitung (Kochen des Thranes)
                              									und Aufbewahrung stark verändert werden, z.B. nimmt mit fortschreitender Oxydation
                              									bezieh. Polymerisation die Jodzahl ab und die Dichte zu. Noch weniger sind die
                              									vielfach empfohlenen Färbungen der Thrane mit Salpetersäure, Schwefelsäure,
                              									Phosphorsäure, Zinnchlorid u.s.w. geeignet, Aufschluss über die Gattung des Thranes
                              									zu geben, da sie an und für sich schon wenig verschieden durch Cholesterin,
                              									Lippochrome und andere zufällige Beimischungen verursacht werden. Geschmack und
                              									Geruch sind bei einiger Uebung noch am ehesten geeignet, Robben-, Leber- und Fisch
                              									thran unterscheiden zu lassen. Die hier untersuchten Robbenthrane zeigten alle einen
                              									specifischen, unangenehmen Geruch und einen unangenehmen, fast etwas süsslichen
                              									Geschmack. Die Fischthrane besassen schwachen am in artigen Geruch und die
                              									Leberthrane gleichfalls einen specifischen, nicht näher definirbaren Geruch und
                              									Geschmack. Durch Alter und Unreinigkeiten werden jedoch auch diese Merkmale oft
                              									verdeckt.
                           Nur die Fischthrane zeigen sich hier durch höhere Dichte und höheren Schmelzpunkt der
                              									Fettsäuren von den übrigen verschieden. Diese auf dem höheren Gehalt an Stearin und
                              									Palmitin beruhenden Merkmale werden indess bei solchen Fischthranen fehlen, welche
                              									zwecks Gewinnung von Fischtalg durch Kälte und Absetzenlassen möglichst von jenen
                              									beiden festen Fetten befreit worden sind.
                           Für den Gerber ist die Frage nach der Abstammung des Thranes nebensächlich, und die
                              									Untersuchung braucht ihn im Allgemeinen nur aufzuklären über enthaltene
                              									minderwerthige Zusätze und allenfalls noch über Gerbevermögen und Neigung zum
                              									Ausharzen.
                           Zu Verfälschungen kommen wohl ausschliesslich Mineral- und Harzöle in Verwendung, da
                              									Pflanzenöle im Preise höher stehen als die geringeren Thrane. Für den Nachweis der
                              									Mineral- und Harzöle im Thran ist der natürliche Gehalt der Thrane an unverseifbarem
                              									Fett nicht störend, da er nur bei dunklen Thranen 1 Proc. übersteigt. Sehr dunkle
                              									zeigten 2 bis 3 Proc. Zu gleichen Zahlen führten die Bestimmungen von FahrionZeitschr. f. angew. Chem., 1893 S.
                                       											140.; nur bei zwei Haifischthranen fand er einen abnorm
                              									hohen Gehalt von 4;44 und 5,27 Proc. Letzteres sind indessen Ausnahmen, und man wird
                              									bei einem 3 Proc. übersteigenden Gehalt an unverseifbarem Fett eine Fälschung
                              									annehmen dürfen. Uebrigens werden die in betrügerischer Absicht gemachten Zusätze
                              									von Mineralöl kaum weniger als 10 bis 5 Proc. betragen, da sonst der durch die
                              									Fälschung zu erzielende Gewinn illusorisch wird.
                           Die unverseifbare Fettsubstanz besteht meistens nur theilweise aus Cholesterin. Bei
                              									einigen Thranen blieb diese Substanz nach Abdestilliren des Petroläthers hellgelb
                              									bis farblos in blättrig-krystallisirtem Zustande zurück und schmolz erst über 100°;
                              									bei anderen zeigte sie sich manchmal als gelbe, wachsartige, überwiegend aber als
                              									braungelb bis dunkelbraun gefärbte syrupdicke Masse. Wenn auch bei den erstgenannten
                              									Thranen das Aeussere des Unverseiften und der Schmelzpunkt auf Cholesterin deuteten,
                              									so wurde doch bei diesen gleich wie bei den anderen das Unverseifte im Reagenzglase
                              									mit Essigsäureanhydrid acetylirt und aus Alkohol umkrystallisirt. Den geringen
                              									Mengen des Unverseiften entsprechend wurden diese Operationen mit sehr kleinen
                              									Mengen des Anhydrids und Alkohols (0,5 cc etwa) ausgeführt. Nach einmaligem
                              									Umkrystallisiren aus Alkohol wurde, mit Ausnahme von zwei Fällen, eine
                              									flockig-krystalline Substanz erhalten. Dieselbe wurde auf minimalen Filtern (0,5 cm
                              									Radius) gesammelt, mit einigen Tropfen Alkohol gewaschen, mit Aether gelöst, die
                              									Lösung auf einem Uhrglas verdampft und aus dem gegewogenen
                           
                           Tabelle V. Degras.Vgl. „Analysen“ von R. Ruhsam, D. p. J. 1883 285 233.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 296, S. 261
                              Sämischdegras für Ziegenleder;
                                 										gelbbraun; thranig; grieslicher Brei der Thran theilweise aus der Emulsion
                                 										abgeschieden; bräunlichgelb, fest; wenig krystallinisch; Sämischdegras für
                                 										Rossleder; schwach thranig; dickbreiig; flüssig; gelb; fest; nicht
                                 										krystallinisch; Sämischdegras für Oberleder; seimiger Brei; gelb; weich;
                                 										grobkrystallin.; Sämischdegras; schwach thranig; etwas stechend; dünnflüssiger
                                 										Brei; scheidet sich bald in Trhran und gelbweisses festes Fett; Sämischmoellon;
                                 										dunkel gelbbraun; grieselig; etwas seimig; dunkelgelb; fest; sehr wenig
                                 										krystallinisch; Sämischmoellon; dunkel gelbbraun; grieselig; etwas seimig;
                                 										dunkelgelb; fest; sehr wenig krystallinisch; dunkelbraungelb; fest; nicht
                                 										krystallinisch; etwas körniger Brei; Moellon purum; ockergelb; Moellon de
                                 										buffle; schmutziggelb; Prima Moellondegras; dünnflüssig; syrupös; Oxydirter
                                 										Thran; Oxydirtes Emulsionsleder fett; Degras; Degras für Lackleder;
                                 										Degrasmoellon; Moellon de mouton; Fett aus einem alten gekneteten
                                 										Weissgerberdegras; dunkelbraune Flüssigkeit; in welcher ein gelbweisses; sehr
                                 										fein zertheiltes Fett suspendirt; seimig; dickbreiig; zähflüssig; dünnflüssig;
                                 										breiig; dunkelbraun; ranzig; schwach thranig; dickflüssig; mit Fettkrystallen
                                 										durchsetzt; Wollfett vorhanden; wahrscheinlich Wollfett vorhanden; Vgl. Analyses
                                 										von R. Ruhsam, D. p. J. 1883 285 233.
                              
                           
                           Rückstand unter der Annahme, dass er aus
                              									Cholesterylacetat bestehe, der Cholesteringehalt berechnet. Die so gefundenen Zahlen
                              									sind in der Tabelle aufgeführt, sollen indessen nicht den eigentlichen
                              									Cholesteringehalt (vgl. im analytischen Theil über Cholesterinbestimmung) bedeuten,
                              									sondern nur die Anwesenheit dieses Körpers beweisen. Diese acetylirten Substanzen
                              									gaben ausnahmslos schon direct, mit besonderer Schärfe aber nach dem Verseifen mit
                              									alkoholischer Kalilauge die Salkowsky'sche
                              									Cholesterinreaction. Die Verseifung wurde ausgeführt durch Zugabe von etwa 0,5 cc
                              									alkoholischer Kalilauge zu der von der Wägung her auf dem Uhrglase befindlichen
                              									Substanz und Eindampfen auf dem Wasserbade.
                           Die flüssigen Bestandtheile des Unverseifbaren sind jedenfalls Kohlenwasserstoffe,
                              									entstanden durch geringe Zersetzung der Thrane, insbesondere beim Kochen.Vgl. E.
                                       												Dieckhoff,
                                    											„Entstehung von Kohlenwasserstoffen aus ungesättigten Bestandtheilen der
                                       												Thrane“, D. p. J. 1893 287 41. Engler und
                                    												Singer, Ber. d. d. chem. Gesellsch., Bd. 26
                                    											S. 1449.
                           Degras (Tabelle V) ist zur Zeit ein Sammelname für
                              									Lederschmiermittel sehr verschiedener Zusammensetzung, deren gemeinschaftliche Basis
                              									eine Emulsion von oxydirtem Thran und Wasser ist. Der Fabrikation nach lassen sich
                              									drei Arten unterscheiden: Degras nach französischem Verfahren, Weissgerberdegras und
                              										Kunstdegras.Wie schon erwähnt,
                                    											wird in Amerika auch das Wollfett als Degras bezeichnet.
                           Degras nach französischem Verfahren, als Moellon, Sämischmoellon, Moellon pure im
                              									Handel, soll eigentlich nur die wässerige Emulsion des durch den Sämischgerbprocess
                              									oxydirten Thranes sein, wie sie gewonnen wird durch Auspressen der vorher in Wasser
                              									eingelegt gewesenen fertig gegerbten Häute. Dieses Product der einmaligen Pressung,
                              										„premier torse“, zeigt einen besonders hohen Gehalt an Oxyfettsäuren
                              									(Degrasbildnern). Sein eigenthümlicher, manchmal fast aromatisch zu nennender Geruch
                              									erinnert nur noch schwach an den des Thranes. Vielfach wurden die abgepressten
                              									fertigen Leder nochmals mit Thran getränkt und wieder abgepresst, um eine weitere
                              									Menge des werthvollen Degras aus dem Leder zu gewinnen; selbstverständlich war diese
                              									Pressung weniger reich an Oxyfettsäuren. Als nun die im Rückgang befindliche
                              									Sämischgerberei den Bedarf an Degras nicht mehr decken konnte, wurde derselbe in
                              									eigenen Fabriken auf Grund des Sämischprocesses dargestellt, wobei für
                              									Ledererzeugung geringwertige Büffel-, Schaf- und Ziegenfelle immer wieder mit Thran
                              									getränkt und nach genügend vorgeschrittener Oxydation des Thranes abgepresst wurden.
                              									Derartig gewonnener Degras bildet gegenwärtig den Hauptbestand des Handelsartikels.
                              									Seitdem durch die Arbeiten Fahrion'sDeutsche
                                          													Gerberzeitung, 1892 Nr. 33 u. f.: Fahrion erhielt Degras auch bei Anwendung von
                                       												Baumwollentricotstoff an Stelle der thierischen Haut.
                              									klargestellt ist, dass die typischen Bestandtheile des Degras, die Degrasbildner, stickstoffreie, durch Oxydation der
                              									ungesättigten Fettsäuren des Thranes entstandene Oxysäuren sind, und dass die
                              									Bildung derselben nicht auf eine specifische Wirkung der Hautfaser, sondern auf die
                              									der Oxydation durch den Luftsauerstoff günstige, feine Vertheilung des Thranes in
                              									der Haut zurückzuführen ist, hat man versucht, die Oxydation des Thranes auch auf
                              									anderem Wege durchzuführen. Zu diesem Zwecke wird durch den mit oder ohne Wasser
                              									erhitzten Thran Luft hindurchgepresst; bei einem anderen Verfahren wird der
                              									Thran mit erhitzter Luft in Kammern fein zerstäubt; bei den Degras einer Fabrik,
                              									welche Oxyfettsäuren nach patentirtem Verfahren darstellt, lässt sich aus der hohen
                              									Säurezahl vermuthen, dass sie durch Mischen von Thran mit diesen Oxyfettsäuren
                              									erhalten werden. Diese auf anderem Wege als durch Sämischgerbung fabricirten
                              									Lederschmieren kommen als Degras, Kunstdegras, oxydirter Thran, Emulsionslederfett
                              									und unter anderen Bezeichnungen auf den Markt. Analytisch lassen sie sich von den
                              									eigentlichen Degras nicht unterscheiden. Ueber die Verwendbarkeit und die Erfolge
                              									dieser Präparate in der Lederindustrie konnte noch kein maassgebendes Material
                              									gesammelt werden. Nach ihrer chemischen und physikalischen Beschaffenheit ist von
                              									ihnen jedenfalls die gleiche Brauchbarkeit wie von Sämischdegras vorauszusetzen, und
                              									die verschiedentliche Agitation gegen dieselben ist wohl nur als eine geschäftliche
                              									Polemik aufzufassen.
                           Die als Weissgerberdegras bezeichneten Producte unterscheiden sich von den bisher
                              									besprochenen durch höheren Wassergehalt und unverkennbar durch die bedeutende Menge
                              									Asche; daneben weisen sie oft noch beträchtlichen Gehalt an Seifen und Hautresten
                              									auf, so dass die analytische Untersuchung einen Weissgerberdegras direct als solchen
                              									kennzeichnet. Im Weissgerberdegras sind 20 bis 40 Proc. Wasser, etwa 3 Proc. Asche
                              									und etwa ebenso viel Seife und HautresteVgl.
                                    											die Analysen von F. Simand in Der Gerber, 1890 S. 254. vorhanden,
                              									während in den anderen Wasser selten 20 Proc. übersteigt, Asche und Hautreste nur
                              									einige Zehntelprocente betragen und Seife schlechthin fehlt.Spuren von Kalkseifen können allerdings durch
                                    											Einwirkung der Fettsäuren auf geringe in der Haut vom Aeschern her
                                    											zurückgebliebene Kalk mengen sich bilden und mit dem Fett ausgepresst
                                    											werden.
                           Diese unterschiedliche Beschaffenheit des Weissgerberdegras rührt von der anderen
                              									Darstellung her, dem sogen. „deutschen Verfahren“ der Degrasfabrikation.
                              									Hierbei werden die Leder zur Entfernung des Fettüberschusses in lauwarme
                              									Potaschenlösung eingelegt und durch nachfolgendes Ausringen das von der Lauge
                              									emulgirte Fett als Weissbrühe erhalten. Auf Zusatz von
                              									Schwefelsäure scheidet sich eine schmierige Fettschicht aus, welche nach dem Waschen
                              									mit Wasser den Weissgerberdegras darstellt. Die von dem Fett abgeschiedene, noch
                              									geringe Mengen Fett enthaltende Flüssigkeit wird Urläuter genannt. Als Curiosum sei erwähnt, dass ein Gerber auch dieses
                              									Abfallproduct zum Fetten von Leder benutzte. Eine uns von diesem zugesandte Probe
                              									zeigte sich als trübe, hellgraugelbe, dünne Flüssigkeit von fauligem, sehr schwach
                              									thranigem Geruch und alkalischer Reaction. Die Analyse ergab:
                           
                              
                                 Wasser
                                 96,63
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                                 Fett
                                 1,29
                                 „
                                 dunkelbraun, dickflüssig
                                 
                              
                                 Fettsäuren als Seife    gebunden
                                 1,44
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Asche
                                 0,60
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 99,96
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                           Die Asche enthielt abzüglich der CO2:
                           
                              
                                 SO3
                                 4,06
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Cl
                                 Spur
                                 
                              
                                 CaO
                                 13,25
                                 Proc.
                                 
                              
                                 MgO
                                 1,52
                                 „
                                 
                              
                                 Na2O
                                 81,17
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 Proc.
                                 
                              
                           
                           Als gleichartiges, werthloses Product erwies sich ein Weissgerberdegras aus
                              									einer Gerberei in Mauter, Steiermark. Diese trübe, gelbbräunliche, moderig
                              									riechende, alkalische Flüssigkeit setzte sich zusammen aus:
                           
                              
                                 Wasser
                                 95,62
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                                 Fett
                                 1,82
                                 „
                                 dunkelbraun, zäh-schmierig
                                 
                              
                                 Fettsäuren als Seife    gebunden
                                 2,14
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Asche
                                 0,41
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 99,99
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                           Die Asche enthielt abzüglich der CO2:
                           
                              
                                 SiO2
                                 0,60
                                 Proc.
                                 (Sand)
                                 
                              
                                 SO3
                                 7,96
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 CaO
                                 10,50
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 MgO
                                 0,45
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Na2O
                                 80,49
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                           Die eigene Wirkung des Degras auf die damit behandelten Leder ist in der Hauptsache
                              									zurückzuführen auf drei Factoren:
                           1) Die vorzügliche Emulgirung des Fettes mit dem Wasser, welche das Eindringen des
                              									äusserst fein vertheilten Fettes in das nasse Leder bedeutend befördert. Die gute
                              									Emulgirung ist bedingt durch die Gegenwart der Oxyfettsäuren.Oxyfettsäuren besitzen die Fähigkeit, mit
                                    											Wasser dauernde Emulsionen zu bilden, in ganz hervorragendem
                                    										Maasse.
                           2) Auf eine durch einen Gehalt an weder oxydirten noch polymerisirten
                              									Thranbestandtheilen bewirkte Nachgerbung des Leders, welche das Leder geschmeidig
                              									macht.
                           3) Auf die Wirkung der oxydirten Fettbestandtheile (Oxyfettsäuren bezieh. deren
                              									Verbindungen), welche, nur mechanisch von dem Leder aufgenommen, demselben den
                              									milden vollen Griff geben.
                           Dieser von Fahrion auf die unvortheilhafte Verwendung
                              									von Degras zur Sämischgerbung gegründeten Ansicht von der rein mechanischen
                              										WirkungZeitschrift für angewandte Chemie, 1891, und
                                    												Deutsche Gerberzeitung, 1892.
                              									der Degrasbildner steht eine andere gegenüber, welche gerade diesen Degrasbildnern
                              									einen nachgerbenden Einfluss zuspricht. Als Stütze dieser Vermuthung konnte in der
                              									vorhandenen Litteratur nur eine Beobachtung von F.
                                 											SimandDer Gerber, 1890 S. 266.
                              									aufgefunden werden.
                           Simand behandelte Lederstücke mit Moellon, dessen Gehalt
                              									an Oxyfettsäuren festgestellt war; nach 6 Wochen wurde das nicht gebundene Fett mit
                              									Petroläther extrahirt und aus seiner Menge und den darin enthaltenen Oxyfettsäuren
                              									die Menge der vom Leder gebundenen Fettbestandtheile berechnet. Es fand sich so,
                              									dass 66,76 Proc. des vom Leder zurückgehaltenen Fettes aus Oxyfettsäuren bestanden.
                              									Hieraus indess den Schluss zu ziehen, dass ganz besonders die Degrasbildner des
                              									angewandten Moellons von der Hautfaser gebunden worden seien, ist nicht zulässig, da
                              									während der 6 Wochen, welche zwischen dem Schmieren des Leders und der Extraction
                              									liegen, höchst wahrscheinlich noch Oxydationsvorgänge des Moellons stattfinden,
                              									durch welche obige rechnerische Beziehung des extrahirten Fettes auf das
                              									ursprünglich verwandte sehr fraglich wird. Jedenfalls hat zur Zeit die Ansicht Fahrion's die meiste Wahrscheinlichkeit für sich.
                           Als Kennzeichen eines guten Degras galt früher nur der Gehalt desselben an
                              									Oxyfettsäuren. Im Anschluss an die Zusammensetzung des nach dem Pressverfahren aus
                              									Sämischleder gewonnenen Abfallfettes, des eigentlichen Naturdegras, wurde von
                              									einem guten Degras bei 20 Proc. Wassergehalt ein Minimum von 12 Proc. Oxyfettsäuren
                              									gefordert.
                           Fahrion hat nun noch auf einige andere für die
                              									Beurtheilung eines Degras wesentliche Punkte hingewiesen: Der Gehalt an
                              									Oxyfettsäuren nimmt zu mit der Berührungsdauer zwischen Thran und Leder;
                              									gleichzeitig reichert sich indessen auch der Gehalt an stickstoffhaltigen
                              									Bestandtheilen, aus dem Leder stammend, im Thran an, wodurch der Degras eine
                              									syrupöse oder gelatinöse Beschaffenheit annimmt und weniger leicht in das Leder
                              									eindringt. Dieser die Güte des Degras herabsetzende Factor ist also zu
                              									berücksichtigen, ehe auf Grund eines hohen Gehaltes an Oxysäuren die Qualität als
                              									vorzüglich anerkannt wird.
                           Ferner soll ein guter Degras nicht mehr als 25 Proc. als Oelsäure berechnete freie
                              									Fettsäuren in der wasserfreien Substanz enthalten, weil nach Fahrion's Erfahrungen bei höherem Gehalt ein grosser Theil der festen
                              									Fettsäuren nicht in das Leder eindringt und verloren geht.
                           Da die Neigung zum Ausharzen bei Degras ebenso wie bei Thran durch die Menge der
                              									ungesättigten Verbindungen gesteigert wird, so ist für einen guten Degras nur ein
                              									gewisses Maximum derselben, gemessen durch die Jodzahl, zulässig; Fahrion hat diesbezüglich nach seinen Versuchen für die
                              									Jodzahl des wasserfreien Degras als oberste Grenze 100 festgesetzt.
                           In der Praxis wird der reine, nur aus oxydirtem Thran und Wasser bestehende Degras
                              									meist noch mit Talg versetzt. Mit Rücksicht hierauf werden bereits talghaltige
                              									Degras von vielen Fabriken in den Handel gebracht. Durch diesen Zusatz werden die
                              									Interessen des Käufers nicht geschädigt, vorausgesetzt, dass nicht durch schlechte
                              									Arbeit während des Mischens der Talg im fertigen Product sich in Knöllchenform
                              									ausgeschieden hat. Fahrion hat darauf aufmerksam
                              									gemacht, dass in diesem Falle der Talg beim Schmieren auf der Oberfläche des Leders
                              									zurückbleibt.
                           Durch Zusatz des billigen Mineralöls und Wollfettes wird indess der Geldwerth des
                              									Degras herabgesetzt, und da diese Werthverminderung wohl nie durch entsprechende
                              									Aenderung des Verkaufspreises ausgeglichen wird, so ist der Consument derartiger
                              									Degras geschädigt. Eitner hat öfter darauf hingewiesen,
                              									dass gerade die so beliebten und als bestes Product bevorzugten französischen Degras
                              									mit Mineralöl und Wollfett versetzt werden. Auch die hier untersuchten Producte
                              									französischer Abstammung enthielten mit Ausnahme eines einzigen Mineralöl und zum
                              									Theil auch Wollfett.Geringe Mengen
                                    											Wollfett können auf natürlichem Wege in den Degras gelangen durch Verwendung
                                    											sehr fetthaltiger Schaffelle bei der Fabrikation.
                           Auffallend sind die Degras Nr. 1, 2, 3, 6, 7 durch ihre ungemein hohe Säurezahl;
                              									sämmtliche entstammen derselben Fabrik. Gegenüber der Forderung Fahrion's von weniger als 25 Proc. freien Fettsäuren
                              									(als Oelsäure berechnet) für einen guten Degras wäre es von ganz besonderem
                              									Interesse gewesen, etwas über die Wirkung dieser 52,38 bis 59,82 Proc. freie Säuren
                              									haltenden Producte auf das Leder zu erfahren; leider fehlte es auch hier an
                              									Beobachtungen aus der Praxis.
                           Von Zeit zu Zeit tauchen, zumeist unter sehr volltönenden Namen, Präparate auf,
                              									welche durch die Reclame als billige und überlegene Ersatzmittel für Degras
                              									angepriesen werden,
                              									bei chemischer Untersuchung sich indess als werthlose, oft auch als schädliche
                              									Producte herausstellen. Es sei hier nur auf den „consistenten Thran“, ein
                              									Gemisch von Vaselinöl mit einem durch Kalk verseiften Thran, und auf das
                              										„Corroϊne“Der Gerber, 1895 S. 85., ein mit
                              									Wasser emulgirtes Gemisch von Vaselinöl und Wollfett, hingewiesen.
                           Im Anschluss mögen noch die gegenwärtigen Preisnotirungen einer Anzahl Lederfette
                              									gegeben sein. Wenn auch dieselben, besonders für Thran, beträchtlichen Schwankungen
                              									unterliegen, so erlauben doch die hier angeführten immerhin einen Einblick in das
                              									gegenseitige Werthverhältniss der Fette.
                           Die folgenden Preise gelten für 100 k verzollte Waare franco Station Dresden:
                           
                              
                                 Australischer Schaftalg
                                 55
                                 bis
                                 57
                                 M.
                                 
                              
                                 Prima-Rindstalg
                                 56
                                 „
                                 65
                                 „
                                 
                              
                                 Secunda-Rindstalg
                                 52
                                 „
                                 58
                                 „
                                 
                              
                                 Geringe hellfarbige Schweinefette
                                 
                                 
                                 51
                                 „
                                 
                              
                                 Cochin-Cocusöl
                                 
                                 
                                 57
                                 „
                                 
                              
                                 Ceylon       „
                                 
                                 
                                 52,5
                                 „
                                 
                              
                                 Hamburger Cocusöl
                                 
                                 
                                 48
                                 „
                                 
                              
                                 Palmkernöl
                                 
                                 
                                 44,5
                                 „
                                 
                              
                                 Palmöl, Prima-Lagos
                                 
                                 
                                 48,5
                                 „
                                 
                              
                                      „      Popotogo
                                 
                                 
                                 46,5
                                 „
                                 
                              
                                 Cottonöl
                                 41,5
                                 „
                                 47
                                 „
                                 
                              
                                 Leinöl
                                 52
                                 „
                                 64
                                 „
                                 
                              
                                 Mineralöl
                                 
                                 
                                 16,5
                                 „
                                 
                              
                                 Russisches Lederöl
                                 39
                                 „
                                 42
                                 „
                                 
                              
                                 Prima-Vaselinöl
                                 48
                                 „
                                 50
                                 „
                                 
                              
                                 Vaselinelederfett
                                 50
                                 „
                                 54
                                 „
                                 
                              
                                 Robbenthran, abgeklärt gelbblank
                                 
                                 
                                 44
                                 „
                                 
                              
                                         „             braunblank
                                 
                                 
                                 44
                                 „
                                 
                              
                                         „             hell
                                 
                                 
                                 45
                                 „
                                 
                              
                                 Dreikronenthran
                                 
                                 
                                 43,5
                                 „
                                 
                              
                                 Leberthran, braun
                                 
                                 
                                 44,5
                                 „
                                 
                              
                                 Dorschthran, gelbblank medicinal-    artig
                                 
                                 
                                 57
                                 „
                                 
                              
                                 Dorschthran, braunblank
                                 
                                 
                                 51
                                 „
                                 
                              
                                 Neufundlandthran, weiss
                                 
                                 
                                 61
                                 „
                                 
                              
                                            „                  sehr hell,
                                    											fast    geruchlos
                                 
                                 
                                 48
                                 „
                                 
                              
                                 Japan-Fischthran, röthlichtrüb
                                 
                                 
                                 29
                                 „
                                 
                              
                                 Ostsee-Fischthran, hell
                                 
                                 
                                 43
                                 „
                                 
                              
                                       „          „          braun
                                 
                                 
                                 36
                                 „
                                 
                              
                                 Walthran, braun
                                 
                                 
                                 27
                                 „
                                 
                              
                                        „       röthlich
                                 
                                 
                                 32
                                 „
                                 
                              
                                 Degras, je nach Güte des verwandten    Thranes und
                                    											Talges
                                 56
                                 „
                                 66
                                 „
                                 
                              
                                 Oxydirter Thran
                                 
                                 
                                 55
                                 „
                                 
                              
                                 Oxydirtes Emulsionslederfett
                                 
                                 
                                 60
                                 „
                                 
                              
                           Chemisches Laboratorium der Forstakademie Tharand.