| Titel: | Elektrolytische Kupferraffinirung in Nordamerika. | 
| Autor: | Leo | 
| Fundstelle: | Band 296, Jahrgang 1895, S. 285 | 
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                        Elektrolytische Kupferraffinirung in
                           									Nordamerika.Aus einem Reisebericht
                                 										von Erik Sederholm (Teknisk
                                          											Tidskrift, Afdelu. för kemisch Metallurgi, 1895
                                    								1.)
                        Elektrolytische Kupferraffinirung in Nordamerika.
                        
                     
                        
                           Zur Zeit der Chicago-Ausstellung gab es in Nordamerika neun grössere
                              									Kupferraffinerien in Betrieb, eine zehnte, bei Salt Lake City, Utah, war im Bau
                              									begriffen; drei der ersteren: Chicago Copper Refining Co.,
                                 										Anaçanda Mining Co., Anaçanda, Mont., und Boston
                                 										and Montana Copper et Silver Mining Co., Great Falls, Mont., hat Sederholm besucht, bei der letzteren sogar 5 Monate
                              									lang als Beamter fungirt.
                           Direct aus Erzen oder aus Rohstein raffinirt man in Nordamerika Kupfer nicht: nur
                              										„Converter Kupfer“ mit 98 bis 99,3 Proc. oder „Blister Kupfer“ mit
                              									99,5 Proc. Kupfer.
                           Man elektrolysirt Kupfer, indem man Anoden aus dem zu behandelnden Kupfer in eine
                              									schwefelsaure Lösung von Kupfervitriol einführt, und Kathoden aus dünnem
                              									Kupferblech. Wird ein elektrischer Strom durch die Lösung geleitet, so spaltet sich
                              									das Kupfersulfat in derselben, es fällt reines Kupfer aus auf der Kathode, während
                              									Schwefelsäure und Sauerstoff bei der Anode frei werden, eine äquivalente Menge
                              									Kupfer daselbst lösen und damit aufs Neue Kupfersulfat nach folgender Gleichung
                              									bilden:
                           1) CuSO4 × H2O = Cu + H2SO4 + O
                           2) Cu + H2SO4 × O = CuSO4.
                           Wenn man somit dafür sorgt, dass, indem man die Lösung der angewendeten Stromdichte
                              									entsprechend sauer hält, die Reaction gleich rasch an Anode und Kathode vor sich
                              									geht (was in der Praxis grosse Aufmerksamkeit bedingt), so hält sich die
                              									Zusammensetzung des Elektrolyts unverändert; Reinheit des Anodenkupfers
                              									vorausgesetzt, kann dasselbe beliebig lange Zeit benutzt werden und würde, weil die
                              									Schlussproducte die gleichen sind wie die anfänglich erzielten, theoretisch auch
                              									kein Stromverbrauch erfordert werden. Die mit dem Kupfer vergesellschafteten fremden
                              									Metalle – Gold, Silber, Arsenik, Antimon, Selen, Tellur, Wismuth, Eisen, Zink und
                              									Nickel – fallen hierbei theils als Schlamm zu Boden, theils gehen sie in die Lösung
                              									über, bei aufmerksamer Leitung der Elektrolyse aber gehen sie nur in Spuren zur
                              									Kathode.
                           Die edlen Metalle – Gold und Silber – finden sich vollständig im Anodenschlamm (nur
                              									bei sehr grosser Stromdichte kann Silber unter bestimmten Umständen in geringer
                              									Menge zur Kathode übergehen) und darauf gerade beruht der ökonomische Fortschritt
                              									der elektrolytischen Raffinirung, dass es keine andere passendere Methode zur
                              									Abscheidung kleiner Mengen von Gold und Silber vom Kupfer gibt.
                           Die amerikanischen Kupfererze sind in der Regel silberund oft auch goldhaltig; der
                              									Gehalt an Silber schwankt zwischen 750 und 4500 g in der Tonne und zuweilen ist er
                              									noch grösser. Durch elektrolytische Raffinirung wird die Qualität des Kupfers eine
                              									um so viel bessere, dass der dafür erzielte höhere Preis die Kosten des Verfahrens
                              									ungefähr mit deckt und das im Schlamm gewonnene Gold und Silber als Gewinn durch
                              									dasselbe zu betrachten ist. Während der letzten Jahre sind die Verhältnisse in Folge
                              									der gemehrten Concurrenz beim Einkaufe des Rohkupfers andere geworden – das darin
                              									enthaltene Gold und Silber muss besonders bezahlt werden.
                           Die chemische Reaction consumirt, wie gesagt, keine Energie; die Energie, welche
                              									verbraucht wird, wird verbraucht bei Ueberwindung des elektrischen
                              									Leitungswiderstandes bei den Leitungen und beim Bad, und ausserdem (bei Anwendung
                              									raffinirten Kupfers zur Anode nur unwesentlich) bei Ueberwindung der
                              									gegenelektromotorischen Kraft einiger das Kupfer verunreinigenden Stoffe.
                           Den aus dem Widerstände des Bades resultirenden Energie Verlust sucht man zu
                              									ermässigen, indem man dem Elektrolyt grösstmögliches Leitungsvermögen gibt und die
                              									Elektroden einander nach Möglichkeit nähert; dadurch erreicht man gleichzeitig eine
                              									Verkleinerung der Lösungsmenge und des Volums der Gefässe; letzteres ist von
                              									Bedeutung wegen des grossen Kapitals, welches in der Kupferlösung und in der
                              									Bleiauskleidung der Gefässe angelegt werden muss. Bei Great Falls hat man damit
                              									recht gute Resultate erreicht.
                           Durch Vergrösserung der Querschnittsfläche der metallischen Leiter und der
                              									Flüssigkeitssäule im Bade, die der Strom durchdringen muss, was gleichbedeutend mit
                              									einer Minderung der Stromdichte wäre, setzt man allerdings den Energieverlust, nach
                              									dem Gewichte des erzeugten Kupfers berechnet, herab, man vergrössert aber
                              									andererseits dadurch das Gewicht des Kupfers in den Leitungen, vermehrt das in
                              									Bearbeitung stehende Kupfer und vergrössert das Volum der Lösung, alles im
                              									Verhältniss zur Menge der Tagesherstellung raffinirten Kupfers. Hierdurch bedingt
                              									sich für ein bestimmtes Werk eine bestimmte Stromdichte allezeit als ökonomisch
                              									vortheilhaftest je nach den Kosten der Elektricität, der Arbeit am Platze und der
                              									Verzinsung des Anlagekapitals. Der Nachtheil aus der Ueberschreitung einer gewissen
                              									Grenze der Strom dichte resultirt aus der Neigung des Arseniks, des Antimons und des Silbers,
                              									bei hoher Stromdichte in zu grosser Menge an die Kathode überzugehen, wodurch das
                              									gefällte Kathodenkupfer leicht spröd und schwammig wird, so dass es aus einander
                              									fällt und die Platten unverpackt nicht zur Versendung kommen können, nachdem sie aus
                              									dem Bade genommen worden, vielmehr vorerst umgeschmolzen oder verpackt werden
                              									müssen, wodurch bei den theuren Löhnen in Amerika die Waare wesentlich vertheuert
                              									wird. Bei hoher Stromdichte entstehen ausserdem leicht Auswachsungen oder
                              									Efflorescenzen auf den Kathodenplatten, die rasch sich vergrössern und bald
                              									Kurzschlüsse bilden, wonach nur erübrigt, die Platten aus dem Bade herauszunehmen
                              									und dieselben abzumeisseln.
                           Es wird öfter behauptet, dass die Sprödigkeit bei hoher Stromdichte ausgefällten
                              									elektrolytischen Kupfers auf seinen grösseren Gehalt an Arsenik, Antimon und Wismuth
                              									zurückzuführen sei – nach Analysen, welche der Berichterstatter auszuführen
                              									Gelegenheit hatte, trifft dies wenigstens nicht immer zu. Solches Kupfer erwies sich
                              									oftmals als vollkommen rein; seine Sprödigkeit dürfte wohl aus rein physikalischen
                              									Umständen resultiren, unter denen neben Kupfer unter gewissen Bedingungen an der
                              									Kathode Wasserstoffgas sich bildet; diese Bildung tritt natürlich bei hoher
                              									Stromdichte in grösserem Maasse ein, weil die Vitriolschicht zunächst der Kathode
                              									rascher zerlegt wird, als sich neue Lösung dahin diffundiren kann, und bei Mangel an
                              									Kupfersulfat die freie Schwefelsäure schneller sich zerlegt.
                           Die Bedingungen für Erzeugung erstklassiger Waare bei hoher Stromdichte sind:
                           1) Man muss für eine gute Circulation sorgen und so schnell als möglich die
                              									kupferarme Lösung von der Kathode fortschaffen.
                           2) Um den Uebergang von Arsenik, Antimon und Wismuth, die das Leitungsvermögen am
                              									stärksten herabsetzen, zur Kathode möglichst zu beschränken, ist der Elektrolyt
                              									einigermaassen rein davon zu halten; der Eisengehalt des Elektrolyts kann dagegen
                              									ziemlich bedeutend sein.
                           3) Um das Leitungsvermögen der Lösung und die Diffusion möglichst zu begünstigen,
                              									muss dieselbe warm gehalten werden.
                           4) Da die Gegenwart freier Säure dem Uebergange fremder Metalle an die Kathode
                              									entgegenwirkt, so muss eine gewisse Menge derselben jederzeit vorhanden sein, um so
                              									mehr, je höher die Stromdichte. Dieser Gehalt an Säure ist auch nothwendig, weil es
                              									sich ergibt, dass die Menge Säure, welche durch die Reaction frei wird, bei der
                              									Anode nicht schnell genug die ihr äquivalente Menge Kupfer löst; wäre die Lösung
                              									neutral, so würde ihr Kupfergehalt schnell sinken.
                           5) Die Elektroden müssen rein gehalten werden, sie sind deshalb von Zeit zu Zeit
                              									aufzunehmen und der auf ihnen abgesetzte Anodenschlamm ist davon zu entfernen;
                              									hauptsächlich sind Silber und basische Salze von Arsenik, Antimon und Wismuth
                              									abzuspülen, geschieht dies nicht, so gehen sie in zu grosser Menge in die Lösung
                              									über und verunreinigen dieselbe.
                           6) Das Bad muss so angeordnet sein, dass der von den Anoden losgelöste Schlamm
                              									möglichst schnell aus dem Stromkreise entfernt werden kann; ist die Lösung trüb,
                              									so setzen sich die aufgerührten kleinsten Theilchen ganz mechanisch auf der
                              									Kathode fest.
                           
                        
                           Die Anordnung des Bades.
                           Das Bad ist enthalten in parallelepipedischen oder mit halbrunden Böden versehenen
                              									Holzbehältern, die mit Asphaltfirniss, Steinkohlentheer, Paraffin oder ähnlichen
                              									Stoffen gut durchtränkt und gewöhnlich innen mit zusammengelötheten Bleiplatten
                              									ausgekleidet sind. Neuerdings hat man versucht, das theure Bleifutter wegzulassen,
                              									und verwendet bei einigen Werken nur noch mit Theer durchtränkte Holzkästen aus
                              									zusammengespundeten Bohlen. Das zuletzt angelegte und sehr gut ausgerüstete Werk an
                              									den Great Falls benutzt nur bleigefütterte Gefässe, weil nur solche durchaus gegen
                              									Leckage sichern und geringere Reparaturkosten veranlassen; bei Salt Lake City stehen
                              									nur ungefütterte Holzkästen in Gebrauch.
                           Die Gefässe sind am Boden mit durch Hahn verschlossenen Ablaufrohren versehen zum
                              									Ablassen des Schlammes; an einem Ende derselben ist ausserdem ein Ueberlaufrohr
                              									angebracht zum Abzapfen der erschöpften Lösung in einen für alle Gefässe gemeinsamen
                              									Behälter. Neue Lösung wird von oben durch ein anderes Rohr am anderen Ende
                              									zugeführt. Die untere Kante der Elektrodenplatten liegt 30 bis 60 cm über dem Boden
                              									des Gefässes, so dass genügender Raum für den Anodenschlamm vorhanden ist und
                              									dasselbe nicht zu oft geräumt werden muss. Man wendet bei den besuchten Werken das
                              									Multipelsystem bei der Anordnung der Elektroden an, dasselbe, wenn auch in den
                              									Details in etwa verändert, welches Marchesi
                              									ursprünglich anwendete.
                           Alle Anoden und Kathoden in einem Bade sind unter einander parallel geschaltet und
                              									hängen senkrecht ins Bad hinab; die Bäder dagegen sind seriengeschaltet, so dass der
                              									Strom von den Kathoden des einen Bades zu der Anode des nächsten geleitet wird
                              									u.s.f. Längs des Bades Langseiten liegen zwei Stück Kupferschienen mit rectangulärem
                              									Querschnitt, eine auf jeder Seite des Bades; auf diesen Kupfer schienen ruhen die
                              									Elektroden. Die Anoden sind zu diesem Zweck mit einem Ausbug versehen. Die Kathoden
                              									bestehen aus dünnen Blechen aus elektrolytischem Kupfer, die um runde Kupferstangen
                              									gebogen sind und von diesen getragen werden. Auf des Bades einer Seite ruht die
                              									Anode direct auf der Kupferschiene, auf der anderen ist ein Holzklotz als Unterlage
                              									auf der Schiene angebracht und isolirt dieselbe davon; die Kathode dagegen ist von
                              									der Schiene durch einen Holzklotz ganz isolirt, mit der die Anode in Contact steht,
                              									und ruht direct auf der anderen.
                           Für die Bäder ist eine schematische Anordnung zweckmässig, welche gestattet, alle
                              									Theile leicht zu erreichen. Längs der Gefässe laufen Metallschienen, welche als
                              									Stromleiter dienen; dieselben sind bei jedem zweiten Gefässe unterbrochen und es
                              									hängt auf ihnen eine Anzahl Kathoden und Anoden (von jeder Sorte etwa 20 für das
                              									einzelne Gefäss). Neue Lösung wird den Gefässen aus einem gemeinsamen Reservoir
                              									zugeführt durch ein Rohr für je vier Gefässe. Am entgegengesetzten Ende des Gefässes
                              									ist ein Ueberlaufrohr angebracht, durch welches die erschöpfte Lösung nach einer im
                              									Fussboden angebrachten Rinne und ans dieser in ein gemeinschaftliches Reservoir
                              									abläuft, um in diesem aufs Neue ihren nöthigen Gehalt an Schwefelsäure und Vitriol zugesetzt zu
                              									erhalten. Stand dieselbe schon zu lange Zeit in Benutzung und steigerte sich während
                              									dem ihr Gehalt an Eisen, Wismuth und Antimon zu sehr, so wird aus ihr das Kupfer in
                              									besonderen Behältern elektrolytisch gefällt oder mit Eisen, und das alsdann sehr
                              									unreine Kupfer wird auf trockenem Wege raffinirt und zu Anodenplatten vergossen.
                           Die Chicago Copper Refining Co. verarbeitet die
                              									Abfallauge durch Eindunstung zu Kupfervitriol – Kupfersulfat und arsenige Säure
                              									krystallisiren dabei gleichzeitig aus, letztere in Form von gelbrothen Krystallen;
                              									die Krystallmasse wird sodann mit warmem Wasser behandelt, worin das Sulfat sich
                              									löst, die arsenige Säure aber ungelöst bleibt und so in den Handel gebracht wird.
                              									Eine solche Anordnung des Bades hat bei Great Falls statt. Bei einem anderen Werke
                              									ist dasselbe in zwei parallelen Keinen angeordnet mit Ablaufvorrichtung für die
                              									erschöpfte Lösung bei jedem Behälter. Bei einem dritten Werke passirt die Lösung
                              									durch drei Behälter, bevor sie nach dem Reinigungsraume gelangt; dabei stehen die
                              									Gefässe ungleich hoch und sind mit Siphons versehen, so dass die Lösung durch
                              									eigenen Druck von einem zum anderen rinnt, wobei ein Höhenunterschied von 2 bis 4 cm
                              									zur Unterhaltung der Circulation genügt. Vom letzten Behälter gelangt sie endlich
                              									auf vorher beschriebene Weise nach dem Reinigungsraume. Von da aus wird die Lösung
                              									auf die eine oder andere Weise nach erfolgter Reinigung in ein unter dem Dache
                              									stehendes Reservoir gepumpt, um aufs Neue den Lauf durch die Behälter anzutreten und
                              									ihres Kupfers auf elektrolytischem Wege entledigt zu werden. Ersichtlich ist es am
                              									besten, frische Lösung in jedes Bad laufen zu lassen, im anderen Falle wird
                              									natürlich die Zusammensetzung im ersten und letzten Behälter stets eine verschiedene
                              									sein und ungleichmässigeres Product liefern.
                           Die zur Erzeugung der Elektricität angewendeten Dynamos zeigen keine besonderen
                              									Eigenthümlichkeiten; es sind die gewöhnlich für Beleuchtung angewendeten und alle
                              									möglichen Typen darunter vertreten. Bei grösseren Anlagen wendet man meist einen
                              										„Special-Exciter“ an, einen besonderen kleinen Motor zur Magnetisirung
                              									der Elektromagnete, man erhält dadurch einen constanteren Strom. Die anzuwendende
                              									Spannung hängt selbstverständlich davon ab, wie viele Bäder man in einer Reihe
                              									aufstellt; bei den neueren Anlagen hat man die Anzahl derselben in einer Reihe immer
                              									mehr vergrössert, um die relative Kupfermenge in den Leitungen zu mindern. Die
                              									älteren Anlagen führen Maschinen für Spannungen von 6 bis 30, die neueren für solche
                              									von 100 bis 200 Volt. Bei Great Falls z.B. sind vier vierpolige Maschinen (System
                              										Thomson-Houston) vorhanden, jede für 1000 Ampère
                              									und 200 Volt, daneben zwei kleine Dynamo zur Magnetisirung; die Anzahl der Bäder ist
                              									288. Die Spannung im Bade kann durch Aenderung der Totalspannung bei der Maschine
                              									geändert werden, aber auch für das einzelne Bad durch Näherung bezieh. Entfernung
                              									der Elektroden unter sich, dies erfolgt bei der beschriebenen Anordnung mit
                              									Kupferschienen längs des Bades sehr bequem. Bei reiner Lösung kann man die Spannung
                              									im Bade und die Stromdichte hoch halten und doch ein erstklassiges Product erzeugen;
                              									bei unreiner Lösung dagegen muss die Stromdichte vermindert werden, damit mit dem
                              									Kupfer zusammen nicht fremde Metalle gefällt werden.
                           Die amerikanischen Werke wenden in der Regel höhere Stromdichte an, als in der
                              									Litteratur angegeben wird, dieselbe mag zwischen 70 und 150 Ampère wechseln.
                           Ausser dem eben beschriebenen Multipelsysteme werden in Amerika noch drei andere
                              									Systeme angewendet: das von Stalmann, Smith und Hayden, von denen jedoch der Berichterstatter keines
                              									sah, wo es in Verwendung stand.
                           Während beim Multipelsysteme die Anoden innerhalb desselben Bades parallel angeordnet
                              									sind, stehen sie bei den übrigen Systemen in Reihen, so dass die Pole der Dynamo nur
                              									mit der ersten und letzten Platte in jedem Bade in metallischem Contact sich
                              									befinden, während die übrigen zugleich als Anoden und Kathoden dienen. Die Platten
                              									werden aus demselben Kupfer hergestellt, welches raffinirt werden soll; die
                              									Kathodseite wird mit Graphit überzogen oder es wird nach Stalmann eine Anodplatte mit einer Platte aus bereits elektrisch
                              									raffinirtem Kupfer zusammengenietet. Wenn der Strom das Bad passirt, wird auf der
                              									Kathodseite aus der Lösung reines Kupfer ausgefällt, während auf der Anodseite eine
                              									äquivalente Menge Kupfer gelöst wird. Unter einander unterscheiden sich diese
                              									Systeme dadurch, dass bei dem von Hayden und Stalmann die Platten senkrecht hängen, während sie beim
                              										Smith'schen wagerecht angeordnet sind mit
                              									Diaphragmen zum Auffangen des Schlammes. Hayden's und
                              										Stalmann's Systeme unterscheiden sich darin, dass
                              									ersterer auf einer Seite graphitirte Platten anwendet, der letztere Platten aus
                              									Anodkupfer, zusammengenietet mit dünnen Kathodplatten aus elektrolytisch raffinirtem
                              									Kupfer, die in derselben Art hergestellt sind wie die nachher zu beschreibenden des
                              									Multipelsystems. Hayden giesst ausserdem seine Anoden
                              									nicht, sondern walzt sie aus raffinirtem Kupfer, er erhält sie dadurch dünner – etwa
                              									8 mm dick –, auch wird das gewalzte Kupfer gleichmässiger zerfressen, so dass man
                              									die unter Arbeit stehende Kupfermenge bedeutend verkleinern kann.
                           Smith's System dürfte nur allein bei seinem eigenen
                              									Werke in Ansonia, Con., in Anwendung stehen, Hayden's
                              									dagegen wird recht vielfach angewendet, unter anderen bei den grossen Raffinerien in
                              									Baltimore und Bridgeport.
                           
                        
                           Die Herstellung der Elektroden.
                           Die beim Multipelsystem verwendeten Anoden sind 2,5 bis 3 mm dick und werden vom
                              									Raffinirofen oder auch vom Converter aus direct gegossen. In letzterem Falle
                              									verfährt man nach Thoferus und legt die Formen in eine
                              									Reihe auf Wagen, die nach einander unter den Converter geschoben werden. Man erspart
                              									allerdings dabei an Arbeit, indem man den Raffinirprocess umgeht, andererseits aber
                              									verliert man durch das Giessen der Anoden vom Converter aus dadurch, dass dieselben
                              									spröder und wesentlich ungleicher ausfallen, beim Elektrolysiren ungleich
                              									angegriffen werden, so dass grosse Kupferstücke abfallen, in den Schlamm gerathen,
                              									den Gang der Elektrolyse verschlechtern und unreineres Kupfer liefern. Dabei wird
                              									auch die Production, auf die Pferdekraft berechnet, geringer, der Elektrolyt wird
                              									schneller verunreinigt und muss in kürzerer Zeit erneuert werden, so dass jene
                              									Ersparung an Arbeit ziemlich imaginär wird.
                           Die Kathoden werden aus Blech von reinem Kupfer gefertigt. Gewalzte Bleche wurden bei
                              									keiner der besuchten Raffinerien dazu verwendet; man verfuhr bei der Herstellung der
                              									Kathodenbleche vielmehr wie folgt: Eine Kupferplatte wurde mit Paraffin überzogen
                              									und die Paraffinhaut mit Graphit überstrichen, so dass ein leitender Ueberzug
                              									entstand. Man setzte dieselbe alsdann in ein Bad von besonderer Zusammensetzung ein
                              									und verband sie mit dem negativen Pole; beim Durchgange des Stromes wird auf dem
                              									Graphitüberzuge eine Kupferhaut ausgefüllt. Ist die Kupferschicht dick genug
                              									geworden, so schält man sie ab, biegt sie um die früher erwähnte Kupferstange und
                              									hängt sie als Kathode in das Bad.
                           Die Stromdichte soll bei der Herstellung dieser Bleche nicht zu gross sein, wenn
                              									doch, so wird das Kupfer spröd und krystallinisch; bei gut geleiteter Herstellung
                              									sind die Bleche weich, zäh und biegbar, nahezu blank, mit etwas matter Oberfläche,
                              									und das Kupfer schlägt sich auf denselben gleichmässiger nieder als auf den
                              									gewalzten Platten.
                           Sobald das niederfallende Kupfer die Dicke der Kathoden auf 8 bis 12 mm gebracht hat,
                              									werden dieselben gegen neue ausgewechselt.
                           Die Anoden werden nur im Nothfalle ausgewechselt; bei solchen aus Converterkupfer
                              									kann man zuweilen nur die Hälfte des Niederschlages ablösen; man läuft sonst Gefahr,
                              									grosse Stücke loszubrechen, welche gegen die Kathoden fallen und Kurzschlüsse
                              									veranlassen können. Bei nach Hayden aus gewalztem
                              									Raffinadkupfer gefertigten Kathoden kann man nahezu den gesammten Niederschlag
                              									ablösen.
                           
                        
                           Die Lösung.
                           Der Elektrolyt besteht aus Kupfersulfat und freier Schwefelsäure in ziemlich
                              									wechselnden Verhältnissen nebst einigen anderen Zusätzen, welche jedes Werk geheim
                              									zu halten sucht. Die Verhältnisse sind etwa 150 bis 200 g krystallisirtes
                              									Kupfervitriol und 50 g freie Schwefelsäure per Liter, bei hoher Stromdichte von
                              									beiden mehr. Wie bereits gesagt, ist es von grösstem Gewicht, die Lösung in der
                              									einmal als gut befundenen Zusammensetzung genau zu erhalten; man muss durch oft
                              									wiederholte Analysen sich überzeugen, dass sie keine Veränderung erlitt. Im Uebrigen
                              									geht die Elektrolyse leicht von statten und verursacht wenig Arbeit. Jeden zweiten
                              									Tag werden Anoden und Kathoden herausgenommen; die Anoden werden auf einer unter dem
                              									Dache hängenden Schiene zu einem Bassin geschoben, wo sie abgespült und von
                              									anhängendem Schlamm gereinigt werden, der den Widerstand vergrössert und bei
                              									allmählicher Ablösung die Lösung verunreinigen würde. Die Kathoden werden
                              									nötigenfalls von vorstehenden Kanten befreit, die abgemeisselt werden, und alsdann
                              									ins Bad zurückgebracht. Wenn die Anoden soweit zerfressen sind, dass man Anstand
                              									nimmt, sie ins Bad zurückzubringen, kommen dieselben zum Umschmelzen.
                           
                        
                           Die Bearbeitung des Anodenschlammes.
                           Der bei der Elektrolyse gefallene Anodenschlamm enthält alle edlen Metalle; dieselben
                              									auf billigste Weise zu gute zu machen, sind eine Menge von Verfahren vorgeschlagen
                              									und experimentell versucht worden. Der Schlamm enthält: Gold (Platina und
                              									Platinametalle), Silber, Arsenik, Antimon (Zinn hat dagegen im amerikanischen
                              									Anodenschlamm noch nicht nachgewiesen werden können), Wismuth, Kupfer, Blei,
                              									Schwefel, Selen und Tellur.
                           Die grösseren Werke haben eine ganze Menge von Auslaugungsmethoden versucht, die bei
                              									Erzen angewendet werden: Auslaugung mit Hyposulfit, Cyanid u. dgl. m., alle mit
                              									wenig Erfolg. Wo man auslaugt, behandelt man den Schlamm mit concentrirter
                              									Schwefelsäure in der Wärme und fällt das Silber aus der Lösung, indem man dieselbe
                              									durch granulirtes Kupfer rinnen lässt, worauf die Umsetzung entsprechend der Formel
                              										AgSO4 + Cu = CuSO4 + Ag vor sich geht.
                           Das auf diese Weise erlangte Cementsilber ist sehr rein; man brennt es in Tiegeln
                              									fein und giesst es in Zaine; es hält 995 ‰ fein Silber. Aber es wird nicht alles
                              									Silber von der Schwefelsäure gelöst, ein Theil desselben – in Form von selensauren
                              									und antimonsauren Salzen – bleibt mit dem Golde ungelöst und muss besonders
                              									behandelt werden. Uebrigens stellt sich diese Methode ziemlich theuer in Folge des
                              									grossen Säureverbrauches, wenn der Schlamm viel Kupfer enthält, wie bei den Anoden
                              									aus Converterkupfer. Nach einem Verfahren von T. Ulke
                              									extrahirt man das Kupfer aus dem Schlamme, indem man denselben nicht direct mit
                              									concentrirter Schwefelsäure, sondern zuerst mit verdünnter warmer Lösung behandelt
                              									und dabei Luft durch die Lösung führt. Das Kupfer löst sich dabei vor dem Silber
                              									entsprechend der Formel
                           Cu + H2SO4 + O = CuSO4 + H2O.
                           Das Kupfer kann auf diese Weise vollständig abgetrennt werden, so, dass der
                              									verbleibende Schlammrest bei 90 Proc. Silber hält. Die Kupferlösung erhält man
                              									nahezu so rein, dass dieselbe als Elektrolyt beim Raffiniren verwendbar ist.
                           Gewöhnlich begnügt man sich bei den Kupferwerken mit Niederschmelzen des Schlammes,
                              									wobei das Kupfer grösstentheils in die Schlacke übergeht, die bei der Beschickung
                              									der Schachtöfen verwendet wird; das dabei fallende Metall hält 60 bis 90 Proc.
                              									Silber und wird in Zaine gegossen, die an die Silberwerke übergehen und mit Blei
                              									abgetrieben werden. Das beim Abtreiben resultirende goldhaltige Silber – „Doré
                                 										bouillon“ – wird mit concentrirter Schwefelsäure behandelt, wobei das Silber
                              									in Lösung geht, das Gold aber ungelöst bleibt. In letzter Zeit hat man angefangen,
                              									dasselbe elektrolytisch zu raffiniren; ein paar grosse Werke – St. Louis Smelting and Refining Co. und ein Werk bei
                              									Pittsburg – wenden das von Moebius erfundene Verfahren
                              									an. Das Silber wird zu Anodplatten vergossen, die ½ Zoll dick sind; dieselben werden
                              									auf Aluminiumdrähten in einem Wasserbade aufgehängt, welches mit 1/10 Proc.
                              									Salpetersäure angesäuert wird; man sagt, dass die Aluminiumdrähte bei der
                              									Elektrolyse nicht im mindesten angegriffen werden. Als Kathode wird zu Blech
                              									ausgewalztes Feinsilber angewendet. Das Silber fällt nicht compact, sondern in
                              									grossen Krystallen, welche Kurzschlüsse veranlassen würden, wenn sie nicht durch ein
                              									automatisches Rührwerk aus Holz abgebrochen werden und zu Boden fallen. Um den
                              									Anodenschlamm aufzusammeln, sind die Anoden mit Leinensäcken umgeben. Das Silber
                              									fällt in einen Holzkasten unter den Elektroden, der mit einem Leinenfilter und
                              									doppeltem Boden versehen ist. Das so erhaltene Silber ist frei von allen Metallen
                              									mit Ausnahme von Kupfer; die Verunreinigung damit ist meist unschädlich, weil das
                              									Silber meist doch damit legirt wird.
                           Der gesammelte Anodenschlamm wird durch Kochen mit Salpetersäure entsilbert und mit
                              									Borax oder Glas niedergeschmolzen, wobei reines Gold resultirt.
                           
                           Mit einer Stromstärke von 180 Ampère, einer Polspannung von 100 Volt und 70
                              									Behältern in einer Reihe werden in 24 Stunden 14 k Silber in jedem Behälter
                              									ausgefällt oder zusammen 980 k. Die Stromdichte ist etwa 300 Ampère auf 1 qm.
                           Das elektrolytische Raffiniren hat neben dem geringen Verbrauch an Chemikalien noch
                              									den Vortheil vor den gewöhnlichen Reinigungsverfahren, dass keinerlei lästige Gase
                              									entwickelt werden, dass es schneller vor sich geht und dass Silberverluste dabei
                              									nicht erlitten werden.
                           Dr. Leo.