| Titel: | Betriebseinrichtung amerikanischer Eisenbahnen. | 
| Fundstelle: | Band 298, Jahrgang 1895, S. 12 | 
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                        Betriebseinrichtung amerikanischer
                           								Eisenbahnen.
                        Mit Abbildungen.
                        Betriebseinrichtung amerikanischer Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           Ueber verschiedene Betriebseinrichtungen der amerikanischen Eisenbahnen enthält The Engineer vom 15. März 1895 S. 215 einen aus der
                              									Feder eines englischen Eisenbahningenieurs stammenden Bericht, welchem wir
                              									Nachstehendes entnehmen:
                           Die Signalmittel, gleichwie die Signalformen, welche auf den Eisenbahnen der Vereinigten Staaten in Verwendung stehen, sind, von der
                              									einfachen Handfahne angefangen, bis zum vollkommensten automatischen Blocksignal
                              									hinauf, äusserst zahlreich und mannigfaltig; auf den meisten Bahnen erfolgt jedoch
                              									die Zugsdeckung noch nach dem Zeitsystem. Die Leitung des Zugsverkehres liegt
                              									ausschliesslich in den Händen der Zugführer und im erweiterten Sinne in jenen der
                              									Betriebsführer (Traindespatcher), und zwar obliegt den ersteren die Sorge für alle
                              									Dienst- und Sicherungsangelegenheiten beim Zuge selbst, während den letzteren die
                              									Verfügung über die gesammten Zugsbewegungen, insbesondere also auch die Feststellung
                              									von Kreuzungen und Vorfahrten innerhalb einer zumeist sehr ausgedehnten Bahnstrecke
                              									zusteht. Der Traindespatcher ertheilt diese Weisungen
                              									von seiner Domicilstation aus mit Hilfe des elektrischen Telegraphen, und dieselben
                              									werden seitens der mit Telegraphen versehenen Bahnstationen, in welchen die Züge
                              									halten, dem Zugführer schriftlich übermittelt, sowie auch dem Locomotivführer
                              									abschriftlich bekannt gegeben. Hat ein Zug einen Signalposten passirt, so zeigt der
                              									Bahnwärter während fünf Minuten oder auf Strecken mit sehr regem Verkehr durch drei
                              									Minuten eine rothe Fahne oder rothes Licht, und nach Ablauf dieser Frist ebenso viele Minuten hindurch
                              									eine grüne Fahne oder grünes Licht in jene Richtung, aus welcher der Zug eingetroffen ist.
                              									Dieses Zugdeckungssystem genügt bekanntlich, so lange keine Irrthümer vorkommen, und
                              									dasselbe darf insbesondere für jene eingleisigen Eisenbahnlinien, welche nur schwach
                              									bewohntes Land durchschneiden und auf welchen die Stationen in beträchtlichen
                              									Entfernungen von einander liegen, als völlig hinreichend gelten. Auf vielen
                              									Hauptstrecken findet übrigens streckenweise auch das Blocksystem Anwendung, wobei
                              									allerdings die verschiedensten Formen vorkommen. So sind beispielsweise für die
                              									ständigen Signale sowohl Wendescheiben als Schilder- oder Flügelsignale gleich
                              									häufig in Benutzung; allem Anscheine steht jedoch den letzteren trotz ihrer
                              									Schattenseite, d.h. trotzdem sie bei Schneewetter durch die Niederschläge stark
                              									belastet oder wohl auch hinsichtlich ihrer Deutlichkeit leicht beeinträchtigt
                              									werden, für künftighin die grösste Verallgemeinerung in Aussicht. In der Regel sind
                              									die Signalflügel zur rechten Seite des Mastes angebracht und an der Vorderfläche roth, an der Rückseite gelb angestrichen. Während der Dunkelheit gilt im Allgemeinen wie überall
                              									das rothe Licht für Gefahr (Halt), grünes Licht für Vorsicht (Langsam) und weisses für Alles in Ordnung (Freie Fahrt); ausserdem wird aber
                              									auch nicht selten bei Blocksignaleinrichtungen das grüne Licht für den Signalbegriff
                              										Freie Fahrt angewendet. Auf den weniger wichtigen
                              									Strecken, insbesondere in den Landdistricten, werden alle diese Signale in der Regel
                              									nur mit der Hand gestellt; in nächst grösseren Städten, auf bedeutenden Bahnhöfen
                              									und verkehrsreichen Knotenpunkten kommen jedoch vielfach elektrische,
                              									pneumatische oder auch elektro-pneumatische Signale vor. Bei den letzteren (vgl. D. p. J. 1893 290 * 278)
                              									liegen längs den Gleisen Rohrleitungen, von welchen zu jedem Signale und zu jeder
                              									Weiche ein engeres Nebenrohr abzweigt, das die von einer Compressionsmaschine
                              									erzeugte Pressluft zu einem Cylinder führt, dessen Kolben mit der Signal- oder
                              									Weichenstange in Verbindung gebracht ist. Der Eintritt der verdichteten Luft in den
                              									Cylinder, sowie das Entweichen derselben aus dem Cylinder bewirkt die verschiedenen
                              									Signal- oder Weichenstellungen und geschieht durch ein besonderes Ventil, welchem
                              									von einem beliebigen Stellorte aus auf elektrischem Wege die erforderliche Lage
                              									ertheilt werden kann. Bei centralisirten Signal- und Weichenanlagen ist die
                              									Einrichtung getroffen, dass die jeweilige Lage jedes Ventils, d.h. die jeweilige
                              									Stellung jedes Signals und jeder Weiche, im Stellwerksthurm controlirt werden kann.
                              									Hier sitzt der dienstthuende Stellwerkswärter in einem Armstuhl vor einem Tische,
                              									auf welchem die sämmtlichen Umschalterhebel und Stromschliesser handlich in
                              									systematischer Reihenfolge angebracht sind, und ihm gegenüber befindet sich an der
                              									Thurmwand eine grosse deutliche Zeichnung der Gleisanlage des Bahnhofes mit
                              									Miniatursignalen und Weichen, deren Lage mit jener der Originale stetig
                              									übereinstimmt, weil die ersteren alle Bewegungen wiederholen, welche der
                              									Stellwerkswärter durch seine Contactgebungen an den Signalen und Weichen
                              									bewerkstelligt. Die verschiedenen Contacte sind unter einander in die angemessene
                              									Abhängigkeit gebracht und können so angeordnet sein, dass eine einzige Umlegung
                              									eines Umschalterhebels genügt, um sämmtliche Signale einer bestimmten Fahrstrasse in
                              									die Fahrtstellung zu bringen, vorausgesetzt, dass die betheiligten Weichen alle
                              									richtig stehen. Der einfahrende Zug deckt sich selbst, indem er die automatische
                              									Rückstellung jedes Einfahrtsignals bewirkt, sobald er dasselbe passirt hat (vgl. D. p. J. 1893 290 * 280 und
                              									1894 294 * 208).
                           Auf dem Bahnhofe nächst der Stewart Avenue in Chicago befindet sich eine elektrisch-pneumatische
                              									Centralsignal- und Weichenstellanlage, welche eine der complicirtesten der Vereinigten Staaten sein dürfte und 37 einfache
                              									Weichen, 22 Doppel weichen, sowie 84 Ein- und Ausfahrtsignale umfasst. Man schätzt,
                              									dass diese mit Hilfe von 84 Contacthebeln von einem Thurme aus gelenkte Anordnung
                              									nach den in England üblichen Systemen mindestens 240 besondere Stellhebel erfordern
                              									würde. Während der Dunkelheit sind die vorgedachten Signale durch elektrische
                              									Glühlampen von je 16 Normalkerzen Lichtstärke erleuchtet.
                           Auf dem Buffalo-Bahnhofe werden die Ein- und
                              									Ausfahrtsignale ohne Beihilfe von Elektricität lediglich durch comprimirte Luft
                              									gestellt und controlirt. Im Centralstellwerke sind daselbst anstatt der Contacthebel
                              									Ventilhähne vorhanden, mit deren Hilfe Luft von 10 at Druck zur Umstellung der
                              									Signale und Weichen entsendet werden kann.
                           Viele Bahnen Amerikas benutzen rein elektrische Signale, darunter z.B. die Illinois-Centraleisenbahn auf den von Chicago
                              									ausgehenden Strecken das bekannte Hall'sche
                              									automatische Blocksignal (vgl. D. p. J. 1891 281 * 86). Als Signalmittel dienen auf Säulen
                              									angebrachte, auf der dem Zuge entgegengerichteten Wand scheibenförmig
                              									ausgeschnittene, flache Blechtrommeln (Fig. 1), in
                              									welchen sich der elektrische Apparat befindet, der den verglasten Ausschnitt roth abblendet
                              									oder frei lässt. Die zum Abblenden dienenden, im Gehäuseinneren befindlichen
                              									Scheiben sind kleiner als die Fensteröffnung, so dass bei vorgeschobener Scheibe
                              									sich um dieselbe ein ringförmiger Rand zeigt, der die Scheibe selber um so
                              									deutlicher sichtbar macht. An dem mit jedem Blocksignal (Homesignal) verbundenen
                              									Vorsignal (Distanzsignal) ist die rothe Blendscheibe durch eine grüne Scheibe mit
                              									weissem Kreuz ersetzt. Die Hall'schen Scheibensignale
                              									sind allerdings weitaus nicht so deutlich, als Flügelsignale, sie haben aber
                              									unleugbar das Gute, dass sie vor äusseren Beschädigungen und dem üblen Einflüsse des
                              									Schnees besser geschützt sind, als die letztgenannten Signalvorrichtungen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 298, S. 13
                              Fig. 1.Signale der Illinois-Centraleisenbahn.
                              
                           Mitunter sind Flügelsignale in Verwendung, bei welchen die Zeichengebung bei Tag und
                              									Nacht gleich bleibt, indem der mit Spiegelrippen versehene Signalarm bei Nacht durch
                              									eine Laterne so beleuchtet wird, dass seine Lage ebenso deutlich wahrnehmbar ist,
                              									wie bei Tag (vgl. D. p. J. 1892 287 * 130). Sehr häufig befindet sich an den Stationseinfahrten nur ein
                              									einflügeliges Signal, mit dem also lediglich Frei oder
                              										Halt gegeben werden kann; die Fahrstrasse aber,
                              									welche dem Zuge freigemacht wurde, wird dem letzteren durch eine hochgezogene
                              									Scheibe bekannt gegeben, auf welcher die betreffende Gleisnummer angeschrieben
                              									steht.
                           Als besondere Neuigkeit darf die auf der elektrischen Ausstellung in Chicago zuerst ausgeführte Blocksignaleinrichtung der
                              										Rowell-Potter Safety Stop Company (vgl. D. p. J. 1894 292 * 62)
                              									gelten, welche, so lange als eine Blockstrecke besetzt ist und das Flügelsignal auf
                              										Halt steht, in entsprechender Entfernung vom
                              									letzteren eine Hemmschiene aufs Gleis legt und einen Hebel verschiebt, wodurch ein
                              									sich der besetzten Strecke nähernder Zug automatisch angehalten und die
                              									Pressluftbremse desselben in Thätigkeit versetzt wird.
                           Die Handlaternen für die Zugspersonale sind in der Regel kugelförmig und mit einer so
                              									weiten Tragöse versehen, dass der Besitzer seinen Arm durchschieben kann.
                              									Dreifarbige Lampen, wie sie in England verwendet werden, scheinen in Amerika
                              									äusserst selten oder gar nie vorzukommen. Die Verschiebsignale werden bei Nacht
                              									lediglich mit gewöhnlichen weiss leuchtenden Handlaternen ertheilt, und zwar
                              									bedeutet beispielsweise das quergeschwungene Licht Halt, während das senkrecht auf und nieder bewegte Licht das Signal Vorwärts ausdrückt. Zur Bezeichnung der Bestimmung der
                              									Züge dienen verschiedenfarbige Fahnen oder bei Nacht ebensolche Laternen, welche
                              									seitlich an der Locomotive angebracht werden, und in ähnlicher Weise ist am letzten
                              									Wagen das Zugschlussignal dargestellt. Zur Deckung der
                              									auf Haltepunkten oder zufolge aussergewohnlicher Ereignisse auf offener Strecke
                              									stehenbleibender Züge gegen nachfahrende Züge werden in entsprechender Entfernung
                              									Knallkapseln an den Bahnschienen befestigt oder Fusees
                              									gelegt. Letztere sind den sogen. Leuchtkerzen ähnliche
                              									Feuerwerkskörper, welche mit Hilfe eines daran befestigten Stabes in den Bahnkörper
                              									eingesteckt und sodann angezündet werden; sie brennen einige Minuten lang mit
                              									intensivem Lichte auch bei Regen, Schnee und Sturmwind.
                           Bei der New Yorker Hochbahn geschieht die Bezeichnung
                              									der Bestimmungsstationen (Richtung) der Züge durch die Farbe einer Scheibe, welche
                              									auf dem Dache des Führerstandes der Zugslocomotive ausgesteckt ist, und in jeder
                              									Station befindet sich zur Belehrung der Reisenden eine Aufschrifttafel, welche die
                              									den verschiedenen Zugsrichtungen entsprechenden Farben bekannt gibt.
                           Als ein besonders wichtiges, mannigfach und häufig benutztes Signalmittel tritt in
                              									den Vereinigten Staaten die Dampfpfeife und die Locomotivglocke auf, sei
                              									es als Abfahrts- oder als Annäherungssignal, sei es als Warnungssignal bei Strassen-
                              									und Bahnübersetzungen oder als Hilfesignal im Zuge für die Reisenden wie für das
                              									Zugspersonal. Auch ist es allgemeiner Gebrauch, dass auf Doppelbahnen die Züge das
                              									rechtsseitige Gleis befahren und nach links ausweichen. Um den Bremsern, welche sich
                              									bei Güterzügen zur Handhabung der Bremsen auf den Wagendächern aufhalten müssen, die
                              									Annäherung an gefährliche Bahnobjecte – z.B. an eine Ueberbrückung oder an einen
                              									Tunnel – anzuzeigen, hängt in angemessener Entfernung davor, quer über die Bahn, ein
                              									an zwei hohen Stangen befestigtes Seil oder Draht, an dem ziemlich dicht neben
                              									einander, wie die Zähne eines Kammes, starke Schnüre senkrecht herabhängen, die beim
                              									Vorbeifahren der Züge an die Zugbegleiter schlagen und dieselben auf diese Weise vor
                              									der nahen Gefahr warnen.
                           Auf den einspurigen Strecken der Pennsylvania-Bahn sowie
                              									vieler anderer Bahnen sind zur Erleichterung der Durchführungen von Zugskreuzungen
                              									und Vorfahrten an einzelnen Gleispunkten zwischen den Stationen Ausweichen
                              									eingeschaltet, wie es Fig.
                                 										2 zeigt, und ähnliche unterlegte Ausweichen nach der in Fig. 3 ersichtlich
                              									gemachten Anordnung finden sich zur Bewerkstelligung des Verfahrens auch auf den
                              									doppelgleisigen Strecken.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 298, S. 13
                              Fig. 2. Zugskreuzungen der Pennsylvania-Bahn.Fig. 3. Signalbude.
                              a
                                 										Seitengleis für die Züge aus A. b Seitengleis für
                                 										die Züge aus B.
                              
                           Bekannt ist es, dass das Rangiren der Züge auf den amerikanischen Bahnen fast
                              									ausschliesslich unter Anwendung von sogen. Verschubstangen geschieht; um diese Stangen aufzunehmen, sind die
                              									Güterwagen an ihren Ecken gewöhnlich schon mit eigenen Haken versehen. Beim
                              									Verschieben bewegt sich die Locomotive auf einem freien Gleise, neben demjenigen,
                              									auf welchem sich die zu verschiebenden Wagen befinden, und die erstere wirkt auf die
                              									letzteren lediglich durch Vermittelung der Verschubstange ein, welche von dem
                              									zwischen den beiden Gleisen laufenden Verschieber gehalten wird. Eine andere Art des
                              									Verschiebens, welche einem englischen Beobachter gleichfalls gewagt erscheint, steht
                              									auf den grossen Bahnhöfen der Ausgangsstationen im Gebrauche, wo die leeren Züge von einer
                              									Nachschubmaschine zum Perron gestellt werden, indem die Locomotive die Wagen einfach
                              									abstösst und die letzteren allein in das betreffende Gleis auf ihren Standort
                              									rollen, während die erstere hinterher in ein Seitengleis abfährt.
                           Ueber die in Amerika übliche Behandlung des Reisegepäckes ist bereits so oft
                              									berichtet worden, dass hier nur mehr erübrigt, hinsichtlich der Fahrbilletbehandlung
                              									auf ein paar Eigenthümlichkeiten von besonderer Bequemlichkeit und Einfachheit
                              									zurückzukommen. Die Fahrbillets der Reisenden werden erst während der Fahrt
                              									nachgesehen und abgenommen, und jeder Passagier, der seine Karte richtig abgegeben
                              									hat, wird dafür vom Conducteur mit einem bunten Pappstreifen – gewöhnlich am
                              									Hutbande – gekennzeichnet. Auf den Stadtbahnen, wo das Fahrgeld in der Regel für
                              									jede Fahrt ohne Unterschied 5 Cents (18,5 Pfg.)
                              									beträgt, wird das Billet, gleich nachdem es gelöst ist, von dem Reisenden in einen
                              									Glaskasten geworfen und dort automatisch entwerthet.
                           Der Bahnkörper der laufenden Strecke kann zumeist als
                              									recht dürftig, und jener der südlichen und westlichen Bahnen geradezu als schlecht
                              									bezeichnet werden, was hier jedoch weniger Belang hat, als anderweitig, weil die
                              									Construction der Fahrzeuge, nämlich die Anwendung weit von einander angebrachter,
                              									sehr elastischer Drehgestelle, es zulässt, dass sich dieselben dem Schienenwege
                              									gewissermaassen anpassen, demzufolge die Wagen selbst auf mangelhaften Gleisen
                              									ziemlich sanft laufen. Die Schienen sind stets breitbasig (Breitfuss- oder
                              									Vignoles-Schienen) und auf hölzernen Querschwellen festgenagelt; Stuhlschienen
                              									werden nirgends verwendet. Die Weichen sind fast überall einfach aus zugerichteten
                              									Schienenstücken hergestellt und können kaum als vollkommen angenommen werden, allein
                              									sie haben den Vortheil, nicht so leicht von Schnee und Eis verlegt zu werden, wie
                              									vollkommenere Systeme. In Betreff des Oberbaues sind jedoch die östlichen Bahnen,
                              									und darunter an erster Stelle die Pennsylvania-Eisenbahn, wesentlich besser eingerichtet, da dieselben 60
                              									Fuss (18,3 m) lange, 37,32 k per Meter schwere Stahlschienen anwenden und die
                              									Schwellen in ein gutes, gleichmässig hergestelltes Kiesbett verlegen. Den normalen
                              									Querschnitt des Schienenbettes der New Yorker
                                 										Centraleisenbahn zeigt die nebenstehende Fig.
                                 										4.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 298, S. 14
                              Fig. 4.Schienenbett der New Yorker Centraleisenbahn.
                              a 15,2
                                 										cm grober Steinwurf; b 30,4 cm Kiesschotter
                              
                           Bei der Pennsylvania-Eisenbahn steht zu dem Zwecke, um
                              									auf der offenen Strecke während der Fahrt Schienen abladen zu können, eine äusserst
                              									einfache Vorrichtung im Gebrauche. Drei ungleich lange, eiserne Bügel a, b und c (Fig. 5) werden am Rande der Seitenwand des
                              									betreffenden Schienenwagens eingehängt; sodann werden die Schienen durch Arbeiter
                              									einzelweise vom Wagen gehoben und auf die drei Bügel gelegt, welche eine Art schiefe
                              									Ebene bilden, auf der die Schiene zur Erde gleitet. Das Niedergleiten wird noch
                              									dadurch erleichtert, dass an den beiden tieferliegenden Bügeln b und c jener Arm, auf den
                              									die Schiene zu liegen kommt, als Rolle angeordnet ist. Eiserner Oberbau kommt in Amerika augenscheinlich deshalb nirgends vor,
                              									weil noch Ueberfluss an Holz vorhanden und letzteres also verhältnissmässig billig
                              									ist. Zum Verführen von Kies zur Streckenbeschotterung dienen in der Regel
                              									Trichterwagen, deren Abfallöffnungen sich leicht und genau nach dem örtlichen
                              									Bedarfe reguliren lassen. Das Ausschütten des Schotters geschieht natürlich während
                              									der Fahrt, und häufig ist am Gestelle des letzten Wagens des Kieszuges ein nach
                              									abwärts reichender Pflug angebracht, welcher das von den vorausgehenden Wagen
                              									hinterlegte Beschotterungsmaterial gleich vertheilt und ebnet. Die höhere oder
                              									niedrigere Lage dieses Pfluges, durch welche die Höhe der Beschotterung bestimmt
                              									wird, kann mit Hilfe einer Schraubenspindel geregelt werden, deren Kurbel vom
                              									Plateau des Wagens aus zu handhaben ist. Eine andere gebräuchliche Art der
                              									Kiesabladung besteht darin, dass der Schotter auf ganz flachen, wandlosen Wagen
                              									verladen ist; am Entladungsorte wird mittels eines Drahtseiles und einer Winde ein
                              									breiter, hölzerner Pflug in der Richtung der Längsachse des Wagens am Wagenboden von
                              									einer Stirnkante zur anderen gezogen und hierdurch der Schotter vom Wagen
                              									heruntergeschoben, wobei ein gewisser Theil rechts und links auf die Strecke
                              									gelangt, während die Hauptmasse zwischen den beiden Schienensträngen
                              									niederfällt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 298, S. 14
                              Fig. 5.Schienenabladevorrichtung der Pennsylvania-Eisenbahn.
                              
                           Sehr wenig kann von dem Aeusseren und der Ausstattung der gewöhnlichen, im offenen
                              									Lande vorhandenen Eisenbahnstationen berichtet werden. Eine hölzerne Hütte als
                              									Unterkunft für die Reisenden und zur Aufbewahrung der Frachten ist in der Regel
                              									alles, was sich an Baulichkeiten vorfindet. Selbst auf grösseren solchen Bahnhöfen
                              									ist für beide Zugsrichtungen lediglich ein einziger in der Schienenhöhe angebrachter
                              									hölzerner Bahnsteig vorhanden, und sind die Stationsgebäude von ausgesuchtester
                              									Einfachheit und Unzulänglichkeit. Ganz ausserordentlich grossartig erweisen sich
                              									dagegen zumeist die Hauptstationen bedeutender Städte. Eine der bemerkenswerthesten
                              									Anlagen dieser Art ist beispielsweise die Station Broad
                                 										street der Pennsylvania-Eisenbahn in Philadelphia mit einer Bahnsteighalle von 182,87 m Länge und 91,44 m
                              									Spannweite, in welcher 16 Gleise neben einander liegen. Als ein anderes Beispiel,
                              									das sich überdem durch die besondere Pracht seines Aeusseren auszeichnet, kann auch
                              									der in der soeben genannten Stadt befindliche Bahnhof Readings-Market bezeichnet werden; derselbe besitzt eine Bahnsteighalle
                              									von 198,72 m Länge und von 76,80 m Spannweite. Eine der längsten Bahnsteighallen
                              									dürfte die Station Grand Centraldepot in New York aufweisen, welche 12 Abgangs- und 7
                              									Ankunftsgleise überspannt und ungefähr 300 Züge täglich aufnimmt.
                           Die Kunst, ganze Eisenbahnzüge mit möglichst geringen Verzögerungen und ohne
                              									Umständlichkeiten über brückenlose Gewässer zu leiten, ist in Amerika
                              									hochentwickelt, und eines der hervorragendsten Beispiele dafür bietet die im Zuge
                              									der Baltimore- und Ohio-Eisenbahn liegende Dampffähre
                              									nächst Baltimore.Diese
                                    											Dampffähre hat ihre seinerzeitige Wichtigkeit eingebüsst, seit im heurigen
                                    											Frühjahre die Baltimore- und Ohio-Eisenbahn
                                    											eine neue Strecke eröffnet hat, welche zwei Meilen westlich vor Baltimore abzweigt, den nördlichen Theil dieser
                                    											Stadt unterfährt und in der Station Camden
                                    											wieder in die Hauptbahn einlenkt. Die letztere kommt von dem im Süden von
                                    												Baltimore liegenden Hauptbahnhofe, welcher
                                    											früher nur durch Vermittelung der obengenannten Fähre erreicht werden
                                    											konnte. Besonders interessant ist die neue Verbindungslinie bekanntlich
                                    											durch den Umstand, dass daselbst der Eisenbahnbetrieb allerdings im
                                    											Allgemeinen mittels Dampflocomotiven abgewickelt wird, während in einer 2,54
                                    											km langen Theilstrecke davon, nämlich in dem sogen. Howard-Tunnel, die Personenzüge ausschliesslich durch elektrische
                                    											Locomotiven, und die Güterzüge zugleich durch elektrische und
                                    											Dampflocomotiven befördert werden. An der Spitze dieser Güterzüge befindet
                                    											sich zwar eine Dampflocomotive, allein dieselbe bleibt unthätig, und den
                                    											grössten Theil der Tunnelstrecke geschieht die Bewegung des Zuges lediglich
                                    											durch eine elektrische Nachschiebemaschine;
                                    											erst kurz vor der gegen Camden liegenden
                                    											Tunnelmündung erhöhl sich die bis dahin bestandene Steigung von 8‰ auf 14‰
                                    											und von da an hat auch die Dampflocomotive in Thätigkeit zu treten, so dass
                                    											also über die grosse Steigung weg der Zug durch Dampf gezogen und durch
                                    											Elektricität geschoben wird. Das Schiff, welches hier die
                              									Eisenbahnzüge über den 1,2 km breiten Patopsco-Fluss
                              									bringt, hat doppelte Steuer und auf Deck, der ganzen Länge nach, vier
                              									Eisenbahngleise, auf welche die zu überführenden Locomotiven und Wagen vertheilt
                              									werden. Damit beim Landen der Fähre die Schiffsgleise mit den Gleisen des Ufers,
                              									welche die Fortsetzungen der ersteren bilden sollen, in gleiche Linie gelangen, wird
                              									das Schiff beim Anlaufen in eine aus starken Bäumen hergestellte, mit Ketten am Ufer
                              									befestigte, gabelförmige, schwimmende Führung eingelenkt und auf diese Art
                              									zwangsweise genau in die passende Lage gebracht. Um das Anprallen zu sänftigen und
                              									die am Schiffe befindlichen Eisenbahnfahrzeuge vor gefährlichen Erschütterungen zu
                              									schützen, sind an jedem Schienenstrange des Schiffes sehr wirksame hydraulische
                              									Puffer angebracht, die sich heben und senken lassen.