| Titel: | Neuere Bestrebungen im Dynamomaschinenbau. | 
| Autor: | G. Klingenberg | 
| Fundstelle: | Band 298, Jahrgang 1895, S. 213 | 
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                        Neuere Bestrebungen im
                           								Dynamomaschinenbau.
                        Von G. Klingenberg,
                           								Ingenieur.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 15 d.
                           								Bd.)
                        Neuere Bestrebungen im Dynamomaschinenbau.
                        
                     
                        
                           Wechselstromdynamomaschinen erfordern eine Erregung der Feldmagnete durch
                              									Gleichstrom, man braucht demnach in Wechselstromcentralen Gleichstrommaschinen,
                              									welche den Erregerstrom liefern. Entweder sind diese Erregermaschinen fest mit den
                              									Wechselstrommaschinen gekuppelt (das ist meistens der Fall, wenn auch die
                              									Wechselstrommaschine -mit der Dampfmaschine fest gekuppelt ist), oder dieselbe
                              									erhält von einer Transmission oder durch einen Dampfmotor einen besonderen Antrieb.
                              									Erstere Anordnung ist naturgemäss einfacher und gibt, weil Transmissionsverluste
                              									vermieden sind, einen besseren Wirkungsgrad, dagegen fallen direct gekuppelte
                              									Erregermaschinen wegen der geringen Tourenzahl meistens sehr gross aus und sind
                              									nicht voll ausgenutzt. Sind mehrere Wechselstromdynamos vorhanden, so genügt
                              									meistens eine Gleichstromdynamo, um alle zu speisen. Natürlich kann bei dieser
                              									Anordnung die Dynamo erst dann voll erregt werden, wenn beide normale Tourenzahl
                              									haben; in manchen Fällen, die später näher erörtert werden sollen, ist es jedoch
                              									vortheilhaft, das Feld der Dynamo schon beim Anlaufen in voller Stärke herzustellen.
                              									Dies lässt sich natürlich nur erreichen, wenn für die Erregermaschine eine besondere
                              									Kraftquelle vorhanden ist. Man könnte den erforderlichen Strom auch von einer
                              									kleinen Accumulatorenbatterie nehmen, die später wieder geladen wird, doch sind
                              									derartige Anlagen meines Wissens noch nicht ausgeführt, wahrscheinlich weil sie zu
                              									theuer werden.
                           Dadurch, dass Wechselstromanlagen besondere Erregermaschinen erfordern, erscheinen
                              									diese auf den ersten Blick complicirter als Gleichstromanlagen zu sein; man darf
                              									jedoch nicht vergessen, dass diese Erregermaschinen kaum für Spannungen über 120
                              									Volt ausgeführt werden, während die Wechselstrommaschinen gewöhnlich nur bei
                              									Anwendung höherer Spannung vortheilhaft sind und meistens nur dann mit niederer
                              									Spannung ausgeführt werden, wenn diese durch besondere Transformatoren ohnehin
                              									erhöht werden soll. Für Motorenbetrieb auf kurze Entfernung werden allerdings in
                              									neuerer Zeit vielfach mit Vortheil Drehstromanlagen mit niederer Spannung ausgewählt. Da die Spulen des
                              									Ankers meistens hohe, die Feldmagnete dagegen stets niedrige Spannung führen, trifft
                              									man im Gegensatz zu Gleichstrommaschinen die Anordnung meistens so, dass der Anker
                              									fest steht und das Feld rotirt. Man erreicht dadurch den grossen Vortheil, dass man
                              									den hochgespannten Wechselstrom nicht durch bewegliche Theile zu führen braucht, die
                              									natürlich schwerer zu controliren sind als feststehende; die schwierige Isolation
                              									der anderenfalls erforderlichen Schleifringe und Bürsten, durch die der Wechselstrom
                              									fortgeführt werden müsste, und die eine stete Gefahr für den Wärter bilden würden,
                              									wird dadurch umgangen. Bei modernen Maschinen zieht man es daher in den meisten
                              									Fällen vor, den Erregerstrom durch Schleifringe und Bürsten zuzuführen, wenn man
                              									nicht durch Anwendung feststehender Erregerspulen überhaupt bewegliche stromführende
                              									Theile vermeidet.
                           Die Wickelung der Feldmagnete ist gewöhnlich in mehrere Spulen getheilt, die
                              									entsprechend der Polzahl der Feldmagnete entweder direct aufgewickelt oder für sich
                              									hergestellt und später aufgeschoben werden. Eine sehr einfache Construction, die
                              									meines Wissens zuerst in grossem Maasstabe bei der Frankfurt-Lauffener
                              									Kraftübertragung für die Erregung der Drehstromdynamos angewandt wurde, ist die mit
                              									nur einer Erregerspule. Bei diesen Maschinen bestand das Feldmagnetsystem nur aus
                              									vier Theilen: Ein Mittelstück trägt die Erregerspule, die also nicht radial
                              									magnetisirt, sondern in der Richtung der Achse; auf beiden Seiten ist dasselbe von
                              									verzahnten Platten bedeckt, deren Zähne um die Erregerwickelung herumgebogen sind
                              									und mit grossen Luftzwischenräumen in einander greifen, so dass an der äusseren
                              									Peripherie ein Nordpol mit einem Südpol abwechselt. Es genügt demnach die eine
                              									Wickelung, um sämmtliche Pole zu magnetisiren. Die Stromzuführung erfolgt durch
                              									Schleifringe. Ein Nachtheil ist jedoch Maschinen dieser Construction eigen, das ist
                              									eine verhältnissmässig grosse Streuung. Die Pole liegen nahe an einander, ihre
                              									Streuflächen, d.h. diejenigen Flächen, welche den Kraftlinien Gelegenheit zum
                              									Austritt geben, ohne das Ankereisen zu schneiden, sind gross, demnach ist der
                              									Luftwiderstand zwischen den einzelnen Polen verhältnissmässig klein, viele
                              									Kraftlinien werden sich direct schliessen, es ist also ein relativ grosser
                              									Energieaufwand zur Erregung nöthig. Diese Nachtheile haben zur Construction der
                              									Wechselstrommaschinen mit feststehender Erregerwickelung geführt. Will man den
                              									Vortheil obiger einfachen Construction nicht aufgeben, gleichzeitig, aber den
                              									Nachtheil der grossen Streuung vermeiden, so bleibt als einziges Mittel übrig, die
                              									Luftzwischenräume zwischen den Polen zu vergrössern. Das gelingt aber nur, wenn man
                              									die Nordpole und Südpole je in einem Ringe für sich anordnet, wenn man also die
                              									Zähne der beiden Platten obiger Construction gewissermaassen aus einander biegt, so
                              									dass sich auf der einen Seite nur Nordpole, auf der anderen nur Südpole befinden.
                              									Natürlich muss der feststehende Anker jetzt eine entsprechend abgeänderte Form
                              									erhalten, so dass die Kraftlinien ihren Weg durch denselben nehmen. Da die
                              									Erregerspule nur in der Richtung der Achse zu magnetisiren hat, kann dieselbe aber
                              									ebenso gut feststehen als mitrotiren, man kann die Erregerwickelung also fest am
                              									Anker anbringen, da die Zähne der Feldmagnete nicht mehr im Wege stehen. Dadurch ist
                              									der weitere Vortheil erreicht, dass man Schleifringe für den Erregerstrom nicht
                              									mehr nöthig hat; es rotirt jetzt ein Theil, der nur aus Eisen ohne jede
                              									Kupferbewickelung besteht. Dabei ist zu beachten, dass bei dieser Anordnung der
                              									Anker stets nur in einer Richtung magnetisirt wird; während also in anderen
                              									Maschinen die Induction im Anker zwischen + B0 und – B0 wechselt, schwankt dieselbe bei diesen zwischen +
                              										B1 und + B2. Will man also
                              									dieselbe mittlere elektromotorische Kraft in jeder Ankerwindung erhalten wie bei
                              									ersterer, so muss man B1 entsprechend höher als B0 nehmen. Man kann diese Anordnung auch so
                              									auffassen, dass durch die am Anker vorbei bewegten Polstücke jedesmal ein
                              									magnetischer Kreis geschlossen wird, während der Kreis offen bezieh. durch den
                              									Luftwiderstand geschlossen ist, wenn das Schlusstück sich an der betreffenden Stelle
                              									des Ankers vorbei bewegt hat. Danach ist klar, dass sich die Erregerwickelung
                              									keineswegs über diesen Schlusstücken zu befinden
                              									braucht, sondern sie kann auch an anderer Stelle, z.B. seitlich, liegen, wenn nur
                              									beim Passiren der Schlussstücke jedesmal ein geschlossener magnetischer Kreis
                              									gebildet wird. Eine derartige Anordnung ist z.B. bei den Maschinen der kürzlich
                              									installirten Strassburger Anlage getroffen worden. Hier sind die Schlusstücke
                              									seitlich direct am Schwungrad der Betriebsdampfmaschinen angebracht; der Anker hat
                              									im Schnitt die Gestalt eines seitlich aufgebogenen Ringes, in dessen Innerem die
                              									Erregerwickelung liegt, und durch dessen Ausschnitt die magnetischen Schlussstücke
                              									des Schwungrades passiren.
                           Trotzdem die Verwendung feststehender Erregerwickelungen ohne Frage besonders in
                              									constructiver Hinsicht viele Vortheile bietet, sind doch die Vortheile, die durch
                              									das Vermeiden von Schleifringen und Bürsten in Bezug auf Betriebssicherheit erreicht
                              									werden, keineswegs so hoch, wie stets von vielen Seiten behauptet wird. Man darf
                              									eben nie vergessen, dass die Erregerwickelung stets nur absolut ungefährliche
                              									niedrige Spannung führt, die Isolation ist also mit einfachsten Mitteln zu
                              									erreichen; es hat sich denn auch gezeigt, dass die Schleifringe nach jahrelangem
                              									Betriebe kaum einmal der Nacharbeitung bedürfen. Im Gegentheil muss man bemerken,
                              									dass durch die räumliche Trennung der Erregerwickelung von der
                              									Hochspannungswickelung des Ankers insofern andererseits eine grössere
                              									Betriebssicherheit erzielt wird, als es völlig ausgeschlossen ist, dass die hohe
                              									Spannung einmal nach der Erregerwickelung durchschlägt und in die
                              									Niederspannungsleitungen der Schalttafel gelangt, und auf diese Weise das
                              									Bedienungspersonal gefährdet. Wäre die Vermeidung von Schleifringen thatsächlich ein
                              									solcher Vortheil, wie vielfach behauptet wird, so dürfte man Gleichstrommaschinen
                              									mit Commutatoren überhaupt nicht bauen.
                           Vorstehende Bemerkungen betreffs der Erregung der Maschinen gelten für jede Gattung
                              									von Wechselstromdynamos; einerlei, ob man Einphasen- oder Mehrphasenstrom erzielen
                              									will, kann man die Erregung auf eine der vorher angegebenen Arten ausführen. Auch
                              									für Motoren lassen sich einige allgemeine Bemerkungen, unabhängig vom System,
                              									vorausschicken.
                           Bei Motoren rotirt im Gegensatz zu den Maschinen meistens der Anker, denn bei diesen
                              									ist es das Feld, dem der Wechselstrom zugeführt wird; bei directer Anwendung von
                              									hoher Spannung muss also auch bei diesen alle Rücksicht auf gute Isolation genommen
                              									werden. Nur bei Synchronmotoren, die man als umgekehrte Generatoren auffassen kann und die
                              									demnach eine Gleichstromerregung erfordern, lässt man in den meisten Fällen aus den
                              									schon bei den Generatoren angeführten Gründen das Feld rotiren; nur in den Fällen,
                              									wo der erforderliche Gleichstrom mittels eines besonderen Commutators vom Motor
                              									selbst erzeugt wird, rotirt auch hier der Anker.
                           Man kann die Wechselstrommotoren unabhängig vom System in synchrone und asynchrone
                              									Motoren eintheilen; synchrone Motoren laufen mit derselben Periodenzahl wie die
                              									Primärmaschinen, ihre Tourenzahl ist also völlig unabhängig von der Belastung. Da
                              									die Pole des Feldes dieser Motoren durch Gleichstrom erregt werden, kann nur dann
                              									eine Anziehung stattfinden, wenn momentan gegenüberstehende Pole des Ankers
                              									ungleichnamig sind; das bedingt, dass der Motor nur mit solcher Geschwindigkeit
                              									laufen kann, bei der dieser Wechsel der Polstellung mit der Periodenzahl des
                              									zugeführten Stromes identisch ist. Daraus resultiren sofort zwei Haupteigen'
                              									Schäften aller Synchronmotoren: 1) Bei Ueberlastung erfolgt Stillstand; 2) zur
                              									Inbetriebsetzung muss derselbe vor Belastung durch äussere Kräfte auf normale
                              									Tourenzahl gebracht werden. Hieraus ergibt sich, dass der Synchronmotor nur in
                              									wenigen Fällen mit Gleichstrommotoren concurriren kann.
                           Die grösste Verbreitung haben dagegen die asynchronen Motoren gefunden. Diese kann
                              									man nach den Ankern entweder in solche mit Pol- oder Phasen ankern und ohne
                              									Phasenanker, oder nach den Anlassmethoden in Motoren mit Kurzschlussankern und mit
                              									Ankern, die Schleifringe und Bürsten haben, theilen. Bei Polankern ist die Wickelung
                              									so ausgeführt, dass im Anker Pole entstehen, wenn ein Strom die Windungen
                              									durchfliesst; sind die Windungen direct im Anker kurz geschlossen, so hat man einen
                              									Polanker mit Kurzschluss; sind die Enden der Windungen zu Schleifringen geführt, so
                              									kann man beim Anlassen Widerstände einschalten, deren Zweck später erläutert werden
                              									soll. Beim Betriebe sind jedoch die Windungen auch hier stets kurz geschlossen, nur
                              									dass in letzterem Falle der Kurzschluss ausserhalb des Ankers liegt.
                           Motoren ohne Schleifringe und Bürsten sind also besonders da am Platze, wo durch
                              									zufällig entstehende Funken Explosionen entstehen könnten. Die Verwendung von
                              									Schleifringen und Bürsten bei letzteren kann in allen anderen Fällen aus den schon
                              									oben für die Erregerwickelungen der Dynamos angeführten Gründen nur dort Bedenken
                              									erregen, wo im Anker hochgespannte Ströme vorkommen könnten; man baut dieselben
                              									daher stets so, dass in ihnen hohe Spannungen überhaupt nicht inducirt werden
                              									können. Wie der Name schon andeutet, sind bei Kurzschlussankern sämmtliche Windungen
                              									in sich oder gemeinschaftlich kurz geschlossen; diese Windungen haben den Zweck, den
                              									Strömen innerhalb des Eisens bestimmte Bahnen vorzuschreiben, das Eisen der Anker
                              									muss also ebenso wie bei Gleichstrommaschinen untertheilt sein, um schädliche
                              									Wirbelströme auszuschliessen. Bekanntlich hatte man bei den ersten Drehstrommotoren
                              									die Anordnung so getroffen, dass ein massiver Eisenblock im Drehfelde rotirte; es
                              									zeigte sich aber bald, dass ausser den nützlichen Strömen in der Richtung der Achse
                              									auch Wirbelströme anderer Richtung auftraten, die ihrerseits natürlich wiederum eine
                              									schädliche inducirende Wirkung auf die nützlichen Ströme und auf das Feld
                              									ausübten und einen Energieverlust bedingten, der sich durch über massige Erwärmung
                              									des Ankers zuerst bemerkbar machte. Es kommt also nur darauf an, die Ströme im Eisen
                              									in Bahnen zu zwingen, die parallel zur Achse verlaufen; wie dieselben im Uebrigen
                              									verlaufen, ist ziemlich gleichgültig. Daraus resultirt als einfachste Construction
                              									ein Kurzschlussanker, bei dem die Wickelung aus Stäben oder Drähten besteht, die an
                              									ihren Enden vorn und hinten in einem gemeinschaftlichen Ringe endigen. Damit soll
                              									jedoch nicht gesagt sein, dass für die inducirten Ströme jede beliebige Bahn
                              									parallel der Achse günstig wäre; natürlich kann man die Ströme auch so führen, dass
                              									sie schädlich wirken. Im Allgemeinen geht aber aus dieser Betrachtung hervor, dass
                              									es für den Betrieb ziemlich gleichgültig in Bezug auf den Wirkungsgrad ist, ob man
                              									Anker mit oder ohne Polwickelung verwendet. Für das Anlassen der Motoren bestehen
                              									jedoch charakteristische Unterschiede, die an späterer Stelle erläutert werden
                              									sollen.
                           Für die verschiedenen Wechselstromsysteme wird gewöhnlich folgende Eintheilung
                              									gemacht: 1) Einphasenstrom, 2) Zweiphasenstrom, 3) Dreiphasen- oder Drehstrom, dazu
                              									ist als 4) in neuester Zeit das sogen. monocyclische System hinzugetreten. Es gibt
                              									zwar noch andere Systeme, dieselben sollen hier aber, weil sie bis jetzt noch keinen
                              									Eingang in die Praxis gefunden haben, übergangen werden. Es erübrigt noch, die
                              									charakteristischen Eigenschaften jedes dieser Systeme hervorzuheben.
                           Bei allen Anlagen für reine Beleuchtung verdient das Einphasensystem vor allen
                              									anderen wegen seiner Einfachheit unbedingt den Vorzug. Wie schon aus dem Namen
                              									hervorgeht, ist bei diesem System nur ein einfacher Stromkreis mit nur einer Phase
                              									des Stromes vorhanden, d.h. der Strom steigt bis zu einem Maximum, nimmt wieder ab,
                              									wird negativ (wechselt seine Richtung) und erreicht nach einem negativen Maximum
                              									seinen früheren Werth wieder. Für sämmtliche Anschlüsse von Lampen u.s.w. sind also
                              									nur zwei Leiter erforderlich, was wegen der leichteren Isolation der Leitungen sehr
                              									vortheilhaft ist. Die Spannung lässt sich in einfachster Weise durch Transformatoren
                              									auf jeden beliebigen Werth reduciren, alle verwandten Apparate und Einrichtungen
                              									sind einfach und können sehr betriebssicher hergestellt werden; das ist auch der
                              									Grund, weshalb in England reine Wechselstrom anlagen einen derartig grossen Eingang
                              									gefunden haben. Grösse Nachtheile sind aber vorhanden, sobald gleichzeitig Motoren
                              									angeschlossen werden sollen. Es gibt bis jetzt noch keinen Motor für reinen
                              									Wechselstrom, der im Betriebe einem Gleichstrommotor gleichkäme, und zwar liegt der
                              									grosse Nachtheil in der Schwierigkeit ihres Anlassens. Es lässt sich durch
                              									Einphasenwechselstrom in einfacher Weise nur ein schwingendes Feld, das nach
                              									denselben Gesetzen wie der Strom selbst ab- und zunimmt, erzeugen; es kann also auf
                              									den Anker kein Drehmoment ausgeübt werden, so lange derselbe noch steht, da der im
                              									Anker inducirte Strom stets in gleicher Phase mit dem Felde ist; erst wenn der Anker
                              									durch irgend eine äussere mechanische Kraft in Rotation versetzt ist, kann ein
                              									Drehmoment auftreten, und zwar muss die Wechselzahl des Motors mit der des
                              									Generators bei Synchronmotoren genau, bei asynchronen Motoren wenigstens annähernd
                              									übereinstimmen. Es ist also der grosse Nachtheil mit in Kauf zu nehmen, dass der
                              									Wechselstrommotor zuerst auf eine hohe Tourenzahl gebracht werden muss, ehe
                              									er überhaupt Arbeit verrichten kann; dadurch ist derselbe natürlich für die meisten
                              									Betriebe überhaupt ungeeignet, da bei grösseren Motoren zum Anlassen ein Hilfsmotor
                              									erforderlich wird. In einigen besonderen Fällen können jedoch Synchronmotoren ganz
                              									vortheilhaft verwandt werden, und zwar erstens in denen, bei welchen absolut
                              									constante Tourenzahl Bedingung ist, und zweitens zur Ladung von
                              									Accumulatorenunterstationen. Bei letzteren ist der Wechselstrommotor direct mit
                              									einem Gleichstromgenerator gekuppelt, welcher zur Ladung von Accumulatoren dient.
                              									Zum Anlassen des Wechselstrommotors lässt man den Gleichstromgenerator einfach als
                              									Motor laufen und entnimmt den erforderlichen Strom aus der Accumulatorenbatterie,
                              									welche gleichzeitig den Erregerstrom für den Synchronmotor liefert. Man vereinigt
                              									auf diese Weise die Vortheile des Wechselstroms: billige Fernleitung, leichte
                              									Transformation, mit denen des Gleichstroms: Möglichkeit der Aufspeicherung,
                              									Anschluss von Motoren, und kann auf diese Weise eine gute Ausnutzung einer fern
                              									gelegenen Kraftquelle bei günstigem Wirkungsgrade erreichen. Dieses Princip ist für
                              									Zweiphasenstrom in Budapest, für Drehstrom in Leipzig, für Einphasenstrom in Cassel
                              									in grösserem Maasstabe durchgeführt. Natürlich hat man vielfach versucht, auch für
                              									reinen Wechselstrom selbst anlaufende Motoren zu bauen; diese Bemühungen haben zur
                              									Construction der asynchronen Motoren geführt; es wird bei diesen ein Drehmoment
                              									dadurch erzeugt, dass der Einphasenstrom in Zwei- oder Dreiphasenstrom zum Zweck des
                              									Anlassens umgewandelt wird; solche Motoren laufen wohl an, jedoch nicht unter voller
                              									Belastung; diese darf erst gegeben werden, wenn der Motor normale Tourenzahl erlangt
                              									hat und auf Einphasenstrom umgeschaltet ist. Alle Einphasenmotoren besitzen die
                              									Eigenthümlichkeit, dass momentane Ueberlastung die Motoren, z.B. durch auftretende
                              									Stösse, sofort zum Stehen bringt; es sind Fälle denkbar, bei welchen dieses
                              									Verhalten von grossem Vortheil sein kann; in den meisten Fällen ist es jedoch nicht
                              									erwünscht; bis zu einem gewissen Grade gewähren nur grosse Schwungmassen Sicherheit
                              									hiergegen. Die Schwierigkeit des Anlassens von Einphasenmotoren und ihr Verhalten
                              									bei Ueberlastung haben zur Anwendung der Mehrphasenstromsysteme geführt. Zuerst
                              									tauchte bei der Projectirung der Frankfurter Centrale diese Frage auf und führte zur
                              									Einführung des Dreiphasen- oder Drehstromes. Der Drehstrom besteht ebenso wie alle
                              									Mehrphasenströme in einer Combination mehrerer Wechselströme und hat den Zweck, ein
                              									rotirendes Feld (Drehfeld) zu erzeugen. Der Name Drehstrom für Dreiphasenstrom
                              									speciell ist recht unglücklich gewählt, da die Anzahl der Phasen keineswegs bei der
                              									Erzeugung eines Drehfeldes eine Rolle spielt; ein Drehfeld zu erzeugen, ist eben der
                              									Zweck aller Mehrphasenströme. Demnach besteht der Dreiphasenstrom aus drei
                              									Wechselströmen, deren Phase um 120° gegen einander verschoben ist, d.h. betrachtet
                              									man den Anker eines Generators oder Motors und setzt die Zeit einer Umdrehung = 1,
                              									so wird in den drei Leitungen der Maximalwerth des Stromes nach ⅓, ⅔ und 3/3 der Einheit
                              									erreicht, das ist auf die Stellung des Ankers bezogen nach 120°, 240° und 360°; bei
                              									mehrpoligen Maschinen ist für diese Betrachtung der Umfang des Ankers durch die Zahl
                              									der Polpaare zu theilen. Die Magnetisirung verläuft in gleicher Phase mit dem
                              									Strome; trägt man die Momentanwerthe ein, so erhält man bei sinusartigem
                              									Verlauf derselben ein Feld, das sich annähernd ebenso verhält, als wenn ein
                              									constantes Feld mit der Geschwindigkeit des Ankers rotirte. Wird nun in ein solches
                              									Feld eine Eisenmasse gebracht, so werden in derselben Ströme inducirt, die das Eisen
                              									so magnetisiren, dass ein Drehmoment entsteht; weshalb es vortheilhaft ist, diesen
                              									Strömen bestimmte Bahnen zu geben, ist schon früher erläutert worden. Aus dieser
                              									Betrachtung geht auch die Erzeugungsweise des Drehstromes hervor: man lässt ein
                              									constantes Feld, das natürlich nur durch Gleichstrom erregt werden kann, rotiren und
                              									nimmt die Ströme an drei Stellen des Ankers ab, die gleichmässig zwischen den
                              									gleichnamigen Polen vertheilt sind; man erhält also drei Leiter, welche drei Ströme
                              									führen, deren Phase um 120° verschoben ist. Auf dieselbe Weise kann man natürlich
                              									auch Mehrphasenströme erzeugen, doch hat nur noch der Zweiphasenstrom eine
                              									ausgedehnte Anwendung gefunden.
                           Bei diesem sind die Stromwellen um je 90° verschoben, man erhält demnach vier Leiter
                              									und zwei von einander unabhängige Stromkreise; deshalb
                              									lässt sich ein Leiter doppelt benutzen, so dass man die Zahl derselben auf drei
                              									reduciren kann. Während man also beim Drehstrom drei gleich starke Leiter hat, sind
                              									beim Zweiphasenstrom drei Leiter vorhanden, von denen zwei gleich stark, der dritte
                              									aber stärker ist, und zwar ist derselbe, wie sich leicht überschauen lässt, √2mal so
                              									stark als der andere. Die Leitungsausnutzung ist etwas schlechter als beim
                              									Dreiphasenstrom, doch hat man den Vortheil, dass man ähnlich wie beim
                              									Gleichstrom-Dreileitersystem die vorhandenen Lampen in zwei Gruppen anschliessen und
                              									dadurch eine gleichmässigere Belastung jeder Phase erzielen kann, während beim
                              									Dreiphasenstrom die Lichtbelastung in drei Gruppen getheilt werden muss. In Folge
                              									dessen lässt sich eine gleichmässige Belastung aller Zweige bei letzterem
                              									schwieriger erreichen, die am stärksten belasteten haben demgemäss einen grösseren
                              									Spannungsabfall als die anderen; man kann dies vermeiden, indem man künstliche
                              									Belastung durch Widerstände in den minderbelasteten Zweigen anbringt, die natürlich
                              									desto mehr Energie verzehren, je ungleichmässiger die Belastung ist. Bei beiden
                              									Systemen kann man diesen Nachtheil jedoch umgehen, indem man das Licht
                              									ausschliesslich zwischen zwei Leitern brennt, bei Zweiphasenstrom natürlich zwischen
                              									zwei gegenüberliegenden, die Motoren liegen dann allein zwischen den drei Leitern.
                              									Man regulirt die Spannung so, dass das Licht richtig brennt, und kümmert sich gar
                              									nicht um die Spannung der anderen Leiter, da die Spannungsschwankungen für Motoren
                              									von geringem Einfluss sind. Dies System ist für Drehstrom in grösserem Maasstabe für
                              									die Kraftversorgung und Beleuchtung der Dresdener Bahnhöfe durchgeführt. Hier ist
                              									die Einrichtung sogar so getroffen, dass die Energie für Licht und Motoren von
                              									verschiedenen Primärmaschinen geliefert wird; nimmt man nämlich von einer
                              									Drehstromprimärmaschine den einen Leiter einfach fort, so arbeitet sie als
                              									Einphasenwechselstrommaschine, die in diesem Falle an die beiden Leitungen
                              									angeschlossen ist, zwischen denen ausschliesslich Licht liegt. Die Motoren beziehen
                              									ihre Energie aber aus allen drei Leitern gleichmässig; auf der Centrale kann
                              									demgemäss nur diejenige Maschine Energie hierfür liefern, die an alle drei Leiter
                              									angeschlossen ist; dadurch ist aber die Regulirbarkeit des ganzen Systems in
                              									weitestem Maasse gesichert.
                           Aus diesen Erwägungen geht hervor, dass die Nachtheile des Drehstromes dem
                              									Zweiphasenstrom ebenfalls eigenthümlich sind; ersterer hat aber den Vortheil einer
                              									besseren Leitungsausnutzung und verdient deshalb den Vorzug. In Deutschland hat man
                              									dieses längst eingesehen und es hat hier deshalb grosses Erstaunen hervorgerufen,
                              									als für die riesige Niagarakraftübertragung das Zweiphasensystem gewählt wurde; es
                              									ist längst erwiesen, dass für diese Anlage das Dreiphasensystem den Vorzug verdient
                              									hätte.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)