| Titel: | Selbsthätiger Flossenmotor. | 
| Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 12 | 
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                        Selbsthätiger Flossenmotor.
                        Mit Abbildung.
                        Selbsthätiger Flossenmotor.
                        
                     
                        
                           Von H. Linden in Neapel ist unter Anwendung der
                              									Schwimmbewegungen, besonders des Schwanzschlages, der Fische, Delphine u.s.w., ein
                              									Flossenmotor zur Fortbewegung von Seefahrzeugen erbaut worden. An dem in der
                              									Zeichnung veranschaulichten Boote (4 × 0,95 × 0,50 m) sind vorn und hinten unter der
                              									Wasserlinie nach rückwärts gerichtete, gegen die freien Enden zu allmählich dünner
                              									werdende Flossen aus Stahlblech wagerecht angebracht, deren Oberfläche etwa 1 qm
                              									beträgt.
                           Der Wellengang verursacht durch das Stampfen des Boots und den senkrechten Druck des
                              									Wassers gegen die flachen Seiten der Flossen, dass die letzteren fortgesetzt
                              									abwechselnd nach unten und oben gebogen werden. Diese Biegungen der Flossen und ihr
                              									Zurückschnellen in die Ruhestellung treiben das Wasser nach rückwärts, das Boot also
                              									nach vorwärts und zwar um so lebhafter, je stärker die Wellen sind; die Schwankungen
                              									des Boots werden dabei wesentlich verringert.
                           Das Boot bewegt sich entgegengesetzt zur Richtung der Flossen voran, es kann ihm
                              									durch das Steuer oder auch durch Schrägstellung der Flossen jede beliebige Richtung
                              									gegeben werden. Stellt man die Flossen mit dem dünnen Ende nach vorwärts, so bewegt
                              									sich das Boot nach rückwärts; richtet man die eine Hälfte der Flossen nach
                              									rückwärts, die andere nach vorwärts, so hebt sich ihre Wirkung auf und das Boot
                              									steht still. Das Einsetzen der Flossen oder ihr Abnehmen vom Boote kann in wenigen
                              									Minuten bewerkstelligt werden.
                           Gegen durch Südwind stark bewegte See wurde mit dem für den Zweck recht kleinen Boote
                              									die Schnelligkeit von stündlich 5 km erzielt.
                           Der Flossenmotor ist bis jetzt an Booten von höchstens 5,5 m Länge erprobt worden,
                              									die Versuche an Modellen und Booten aber ergeben, dass mit der Grösse des Boots auch
                              									die Schnelligkeit wächst, ohne dass damit die Grösse der Flossenoberfläche gleichen
                              									Schritt zu halten braucht. Erst die Zukunft kann entscheiden, ob der Motor auch für
                              									grössere Fahrzeuge Werth haben wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 12
                              Selbsthätiger Flossenmotor.
                              
                           Seine nächste praktische Verwendung wird der Flossenmotor finden in Gestalt von 1 bis
                              									2 m langen öltragenden Modellen zur Glättung der Brechseen, durch deren Gewalt
                              									alljährlich, namentlich in den nordischen Meeren, zahlreiche Fischerboote zu Grunde
                              									gehen. Es ist bekannt, dass Oel und Thran Wellen, die sich überstürzen, glätten;
                              									dieses Wellenberuhigungsmittel ist aber in der Regel für Fahrzeuge nur dann von
                              									Nutzen, wenn sie vor den Wellen treiben, denn das in
                              									die See geschüttete Oel wird vom Winde schnell vertrieben und die bedrohte Seite des
                              									Fahrzeuges bleibt unbeschützt. Nun hat der deutsche Seefischereiverein angeregt,
                              									kleine Flossenmotorboote mit Oelsäcken auszurüsten und sie gegen die Wellen
                              									anzuschicken, damit durch das den Säcken allmählich entfliessende Oel eine
                              									geschützte Zone in der See erzeugt werde, in deren Bereich Fischerfahrzeuge u.s.w.
                              									ohne Gefahr weiter arbeiten können. Linden hat diesen
                              									Gedanken in einfacher Weise ausgeführt, indem er solide Holzmodelle construirte,
                              									welche in einem Säckchen eine hinreichende Menge Oel mit sich tragen, das durch eine
                              									Oeffnung allmählich ausfliesst. Diese Modelle kann man an einer Leine auslaufen
                              									lassen, weil es in einfacher Weise möglich ist, ihnen eine bestimmte Richtung
                              									vorzuschreiben. Bei normaler – gerader – Einstellung der Flossen bewegt sich das
                              									Modell nämlich selbsthätig gegen Wind und Wellen. Stellt man die hintere Flosse
                              									etwas schräg, so wirkt sie wie ein Steuer und das Modell fährt schräg gegen den
                              									Wind. Die schräge Fahrtrichtung kann man auch durch eine unsymmetrische Belastung
                              									des Modells erreichen: neigt es zur Linken, so fährt es schräg nach links und
                              									umgekehrt nach rechts. Ferner können kleine steife Fähnchen zur Steuerung benutzt
                              									werden; stellt man diese schräg zur Längsrichtung des Modelles ein, so drängt der
                              									Druck des Windes auf die Fähnchen das Modell um den entsprechenden Winkel von der
                              									normalen Bewegungsrichtung nach rechts oder links ab. So kann man das Modell bei
                              									bewegter See und heftigem Winde sowohl gegen und quer als auch mit Wind und
                              									Wellen laufen lassen. Stellt man schliesslich die Hinterflosse recht schräg, etwa im
                              									Winkel von 50° ein, so beschreibt das Modell einen Kreis.
                           
                           Modelle des Flossenmotors, der unter dem Namen „Autonaut“ als
                              									Gebrauchsmuster in Deutschland und durch Patente im Ausland geschützt ist, liefert
                              										S. Reitzenbaum, Wallstr. 70 Berlin C, zum Preise
                              									von 5 bis 20 M.