| Titel: | Neue selbsthätige Titrirmaschine für Trame (Seide) von Wegmann und Co., Baden (Schweiz). | 
| Autor: | E. Pfyffer | 
| Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 14 | 
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                        Neue selbsthätige Titrirmaschine für Trame
                           								(Seide) von Wegmann und Co., Baden (Schweiz).
                        Bericht von E. Pfyffer,
                           								Spinnerei-Ingenieur.
                        Mit Abbildung.
                        Neue selbsthätige Titrirmaschine für Trame (Seide) von Wegmann und
                           								Co.
                        
                     
                        
                           Diese Titrirmaschine, eine der bemerkenswerthesten Erscheinungen unter den
                              									Erfindungen auf dem Gebiete der Textilindustrie, besteht im Wesentlichen aus einer,
                              									den verschiedenen Titres der zu titrirenden Trame entsprechenden Anzahl Wagen. Die
                              									einzelne Wage besteht aus dem Wagbalken, der auf Stahlschneiden ruht, einerseits mit
                              									Regulirvorrichtung und einem Schlitz zur Aufnahme des entsprechenden Deniergewichtes
                              									versehen, und aus einer, auf Stahlachse ruhenden drehbaren Wagschale andererseits
                              									zum Aufhängen der Strähne. Den Wagen gegenüber ist ein Transporteur angebracht, der
                              									zweierlei Bewegungen auszuführen hat; erstens eine Auf- und Niederbewegung der
                              									Gabeln in den Schlitzführungen zum Aufheben und Ablegen der Strähne; zweitens eine
                              									Hin- und Herbewegung zum Transport der Strähne von einer Wage zur anderen. Ueber der
                              									hinteren Hälfte der Wagebalken liegt der Länge nach ein Lineal, das durch seine Auf-
                              									und Niederbewegung die Wagen abwechselnd frei macht oder in Ruhe hält. Unter den
                              									Wageschalen, die mit einem Schenkel nach unten ausbalancirt sind, liegt eine Welle
                              									mit Ausrückgabeln. Diese Welle macht im gegebenen Moment eine Viertelsdrehung,
                              									wodurch sich die Ausrückgabeln nach rückwärts bewegen und die Schenkel derjenigen
                              									Wageschalen mit sich ziehen, die in das Bereich ihrer Bewegung kommen. Unter der
                              									Bank, worauf die Wagen montirt sind, und unter der Ausrückswelle befindet sich ein
                              									Lineal mit Zungen, das, sich wagerecht vorwärts bewegend, unter jede Wage eine Zunge
                              									schiebt, um die fallenden Strähne aufzufangen.
                           Unter diesen Zungen endlich sind Gabeln angebracht zur Aufnahme der Strähne, welche
                              									die Zungen bei ihrer Rückwärtsbewegung sich durch einen, der Länge nach gespannten
                              									Draht abstreifen lassen.
                           Alle Bewegungen werden durch Excenter, welche möglichst gedrängt zwischen den beiden
                              									ersten Schilden angeordnet sind, bewirkt, so dass der ganze übrige Theil der
                              									Maschine unterhalb der Wagen bezieh. Transporteur und Zungen frei ist.
                           Nehmen wir nun an, eine halbe Trame von 30/74 Denier von 2 zu 2 D. zu titriren, so
                              									bedarf es einer Maschine mit 24 Wagen. An der ersten Wage, gegenüber dem Antrieb,
                              									hängt man das Gewicht 73 D. in dem hierfür bestimmten Schlitze auf, an der zweiten
                              									71 D. und so fort bis an der 23. Wage das Gewicht 29 D. Der 24. Wage gibt man nur
                              									leichtes Gewicht, damit dort unbedingt alle Strähne fallen, die leichter sind als 29
                              									D. bezieh. 30 D.
                           Vor der ersten Wage ist eine blinde Wage, d.h. eine feste Wageschale, angebracht, auf
                              									welche die Arbeiterin bei jeder Tour der Maschine einen Strähn auflegt. Nun kommen
                              									die Transportgabeln von unten nach oben; die erste Gabel hebt den Strähn so
                              									weit von der Wageschale weg, dass er passiren kann, und hält ihn oben; der
                              									Transporteur macht seine Bewegung von links nach rechts um eine Wageintheilung und
                              									bleibt einen Augenblick stehen, in welcher Zeit die Gabeln die Abwärtsbewegung
                              									machen, und der Strähn kommt auf die erste Wage 74 D. zu liegen. Nun kommt die Zeit
                              									des Wiegens. Die Arbeiterin und der Transporteur benutzen diese Zeit, erstere um
                              									einen weiteren Strähn auf die blinde Wage zu legen, letzterer um seine
                              									Rückwärtsbewegung mit gesenkten Gabeln zu machen.
                           Das Wiegen selbst geschieht so:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 13
                              Selbsthätige Titrirmaschine für Trame (Seide) von Wegmann und Co.
                              
                           Das Lineal, das auf der hinteren Hälfte der Wagebalken ruht, hebt sich, die Wagen
                              									sind frei. Hat der aufgelegte Strähn etwas mehr als 73 D., so senkt sich die Wage;
                              									der nach unten zugespitzte Schenkel der Wageschale kommt in das Bereich der Bewegung
                              									der Ausrückgabeln; die Wageschale neigt sich nach vorn, der Strähn fällt auf die
                              									mittlerweile unter die Wage geschobene Zunge; diese geht zurück und streift den
                              									Strähn ab, wonach derselbe in den Haken fällt, der Nr. 74 trägt. Das oben erwähnte
                              									Lineal setzt sich wieder auf die Wagebalken, worauf die Transportgabeln mit ihrer
                              									Arbeit von Neuem beginnen.
                           Hat der Strähn keine 73 D., so bleibt er auf der Wage ruhig liegen und wird bei der
                              									nächsten Tour auf die nächste Wage, 71 D., transportirt, währenddem der frisch
                              									aufgelegte Strähn gleichzeitig auf die erste Wage, 73 D., zu liegen kommt, und so
                              									geht es fort von einer Wage zur anderen, bis jeder der einzelnen Strähne sein
                              									Gegengewicht gefunden hat und fällt.
                           Durch Anhängen der entsprechenden Deniergewichte können beliebige Serien Trame fein
                              									und grob titrirt werden und kann das Auswechseln der Gewichte leicht bewerkstelligt werden.
                           Die Maschine arbeitet mit 16 bis 18 Touren in der Minute; eine geübte Arbeiterin kann
                              									also in der Minute 16 bis 18 Strähne auflegen bezieh. titriren und leistet somit
                              									mehr als zwei sehr gute Arbeiterinnen an der gewöhnlichen Titrirwage.
                           Ausserdem liefert die Maschine correcte Arbeit, indem Verwechselungen, wie sie bei
                              									Handarbeit durch Aufhängen an unrichtige Nägel und flüchtiges Ablesen des Titres
                              									sehr oft vorkommen, ausgeschlossen sind.
                           Die Maschine ist äusserst sorgfältig construirt und ausgeführt und wurde auf der
                              									Ausstellung in Lyon 1894 mit der goldenen, in der Schweizer Landesausstellung in
                              									Genf 1896 mit der silbernen Medaille bedacht.