| Titel: | Bericht über die Fortschritte auf dem Gebiete der chemischen Technologie der Gespinstfasern während des Jahres 1896. | 
| Autor: | Otto N. Witt , Arthur Buntrock | 
| Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 19 | 
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                        Bericht über die Fortschritte auf dem
                           								Gebiete der chemischen Technologie der Gespinstfasern während des Jahres
                           								1896.
                        Von Otto N. Witt und
                           									Arthur Buntrock.
                        (Letzter Bericht 1896 300 185, 210, 235.)
                        Fortschritte auf dem Gebiete der chemischen Technologie der
                           								Gespinstfasern während des Jahres 1896.
                        
                     
                        
                           Eine interessante Zusammenstellung der Methoden zur qualitativen und quantitativen
                              									Bestimmung der Baumwolle, Wolle und Seide in gemischten Stoffen veröffentlichte W. Gardner (Dyer and Calico Printer, 1895 S. 138). Für
                              									die qualitative Bestimmung ist Folgendes ausschlaggebend:
                           1) Das Aussehen der verschiedenen Fasern unter dem Mikroskop, das wir hier jedoch als
                              									bekannt voraussetzen müssen.
                           2) Baumwolle verbrennt ohne Geruch, Wolle und Seide schrumpfen, in die Flamme
                              									gehalten, zusammen und entwickeln einen Geruch nach verbranntem Hörn.
                           3) Concentrirte Schwefelsäure löst Baumwolle und Seide in der Kälte, dagegen Wolle
                              									nur wenig.
                           4) Kali- oder Natronlauge lösen Seide und Wolle in der Hitze, dagegen Baumwolle nur
                              									wenig.
                           5) Ammoniakalische Kupferlösung löst Baumwolle und Seide, nicht Wolle; aus dieser
                              									Lösung wird die Cellulose durch Gummi, Zucker oder Säuren, das Fibroin nur durch
                              									Säuren gefällt.
                           6) Eine Lösung von basischem Chlorzink löst Seide, nicht Baumwolle und Wolle.
                           7) Eine Lösung von Baum wolle in concentrirter Schwefelsäure gibt mit alkoholischer
                              										α-Naphtollösung eine rothe Färbung (Reaction auf
                              									Zucker), nicht Seide und Wolle.
                           8) Salpetersaure Quecksilberoxyduloxydlösung gibt mit Wolle und Seide eine rothe
                              									Färbung, nicht mit Baumwolle.
                           9) Wolle wird beim Kochen mit verdünnter alkalischer Bleilösung in Folge ihres
                              									Schwefelgehaltes schwarz, Baumwolle und Seide, die schwefelfrei sind, natürlich
                              									nicht.
                           10) Salpetersäure färbt Wolle und Seide gelb, Baumwolle nicht.
                           11) Eine saure Lösung von Indigoextract färbt Wolle und Seide, Baumwolle nicht.
                           Für die quantitative Bestimmung von
                           a) gemischten Geweben aus Baumwolle und Seide oder Wolle werden 5 g genau abgewogen,
                              									bei 100 bis 110° zur Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes getrocknet, dann mit 5 g
                              									Natronlauge, 10procentig, 5 Minuten gekocht. Hierbei gehen Wolle und Seide in
                              									Lösung, die zurückbleibende Baumwolle wird abfiltrirt, mit verdünnter Essigsäure und
                              									schliesslich mit reinem Wasser gewaschen, dann bei 100 bis 110° getrocknet und
                              									gewogen. Das Gewicht der Baumwolle und der Feuchtigkeit von den ursprünglichen 5 g
                              									abgezogen, ergibt die Menge der Wolle oder Seide.
                           b) Gemischte Gewebe aus Wolle und Seide. Es wird ebenfalls wie oben die Feuchtigkeit
                              									bestimmt, dann mit einer genügenden Menge einer Lösung von 400 g Chlorzink, 40 g
                              									Zinkoxyd in 850 cc Wasser kochend die Seide gelöst, die zurückbleibende Wolle
                              									abfiltrirt, mit Wasser, verdünnter Salzsäure und schliesslich wieder mit reinem
                              									Wasser ausgewaschen, getrocknet und gewogen. Aus der Differenz ergibt sich das
                              									Gewicht der Seide; meist fällt es jedoch etwas zu niedrig aus, da die Wolle
                              									hartnäckig Spuren von Zink zurückhält.
                           c) Gemischte Gewebe aus Baumwolle, Seide und Wolle. Zunächst wird die Menge der
                              									Seide nach b) bestimmt, der Rückstand aus Baumwolle und Wolle zur Entfernung der
                              									Wolle nach a) mit Natronlauge gekocht und das übrigbleibende als Baumwolle
                              									gewogen.
                           Zum Animalisiren der Baumwolle hat Knecht (Journal of the Society of Dyers and Colorists, 1896 S.
                              									90) die Verwendung eines Gemisches von Formaldehyd und Lanuginsäure vorgeschlagen.
                              									Die Lanuginsäure ist bekanntlich ein Spaltungsproduct der Wolle und wird durch
                              									Auflösen dieser Faser mit Aetzbaryt oder Aetznatron neben einer Reihe verschiedener
                              									anderer organischer Verbindungen und unter Freiwerden von Schwefelwasserstoff und
                              									Ammoniak erhalten. Knecht löst 250 g Wolle in einer
                              									kochenden Lösung von 250 g Aetzbaryt, fällt aus der erhaltenen Auflösung durch
                              									Einleiten von Kohlensäure das Barium aus und verdünnt das Filtrat auf 1 l. Diese die
                              									Lanuginsäure gelöst enthaltende Flüssigkeit wird nun mit 10 Proc. einer käuflichen
                              									Formaldehydlösung (40procentig) versetzt, mit diesem Gemisch Baumwolle geklotzt und
                              									dann getrocknet. Nach dem Trocknen wird noch ½ Stunde bei 15 Pfund Druck gedämpft
                              									und schliesslich mit Wasser gewaschen. Die Lanuginsäure zeigt die Eigenthümlichkeit,
                              									gleichwie verschiedene Protein Verbindungen und Albuminoide, beim Trocknen in
                              									Gegenwart von Formaldehyd unlösliche Verbindungen zu liefern; diese scheiden sich
                              									also bei der obigen Behandlung auf der Baumwollfaser ab und verleihen ihr die
                              									bemerkenswerthe Eigenschaft, sich mit sauren und basischen Farbstoffen ebenso wie
                              									die Wollfaser zu färben. Allerdings sind diese Färbungen nicht so echt, wie die auf
                              									Schafwolle.
                           Nach L, Vignon's Verfahren Baumwolle zu animalisiren
                              									gelang Knecht nicht. Dieses Verfahren besteht
                              									bekanntlich in der Behandlung von Baumwolle mit Ammoniak und Chlorzink unter
                              									Druck.
                           In ähnlicher Weise wie künstliche Seide will A. Millar
                              									(D. R. P. Nr. 88225) aus Gelatine, die mit Kaliumbichromat präparirt ist, und die er
                              									in diesem Zustande durch enge Oeffnungen hindurchpresst, für Textilzwecke brauchbare
                              									Fäden erhalten. Die aus dem im Patente beschriebenen Apparate austretenden Fäden
                              									werden auf einem endlosen Tuche weitergeführt und hierbei der Einwirkung des Lichtes
                              									ausgesetzt. Bekanntlich wird mit Kaliumbichromat behandelte Gelatine beim Belichten
                              									in Wasser unlöslich.
                           Die interessanteste Neuerung des vergangenen Jahres war unzweifelhaft die Erzeugung
                              									von Seidenglanz auf Baumwolle durch Mercerisation dieser Faser in gespanntem
                              									Zustande. Thomas und Prevost (D. R. P. Nr. 85564)
                              									verwenden für die Mercerisation eine Aetznatronlösung von 15 bis 32° Bé., die in
                              									kaltem Zustande keinen schädlichen Einfluss auf die Festigkeit der Baumwolle ausübt,
                              									die Festigkeit vielmehr noch erhöht, oder eine Schwefelsäure von 49,5 bis 55,5° Bé.;
                              									jedoch muss in letzterem Falle vorsichtig verfahren und die Faser nach kurzer Zeit
                              									der Einwirkung sofort wieder gut ausgewaschen werden. J. Mercer fand 1844, dass die Baumwollfaser unter dem Einflüsse concentrirter
                              									Alkalien oder Säuren erheblich einschrumpft, hierbei dicker und mehr oder weniger
                              									vollkommen rund wird und an Festigkeit ganz bedeutend zunimmt. Irgend welcher
                              									seidenartige Glanz tritt aber hierbei nicht auf, dieser entsteht vielmehr erst, wenn
                              									die Baumwolle gemäss dem neuen Verfahren von Thomas und
                                 										Prevost der Einwirkung der genannten Agentien, hauptsächlich wohl
                              									Natronlauge, in gespanntem Zustande unterworfen wird. Baumwollgarn wird vorher gut
                              									entfettet und noch feucht, mittels einer geeigneten Vorrichtung gespannt, in die
                              									Natronlauge eingehängt; halbseidene Gewebe, deren Schuss aus Baumwolle und deren
                              									Kette aus Seide besteht, werden breit gespannt und in diesem Zustande mit der Lauge
                              									begossen. Sobald die Reaction der Natronlauge auf die Baumwolle eingetreten ist, was
                              									sehr schnell geschieht und an dem pergamentartigen Aussehen der Faser erkannt werden
                              									kann, wird das Material so lange mit Wasser überspritzt, bis die beim Behandeln mit
                              									Lauge eingetretene sehr starke Spannung nachgelassen hat, und dann von der Maschine
                              									genommen. Die letzten Spuren des Alkalis werden durch Waschen mit leicht
                              									angesäuertem Wasser entfernt, eine Zusammenziehung der Baumwolle findet jetzt nicht
                              									mehr statt. Die so behandelte Baumwolle hat, da sie ja in gespanntem Zustande
                              									mercerisirt wurde, ihre ursprüngliche Länge beibehalten, sie ist ferner – wenn auch
                              									nicht in so erheblichem Maasse wie die ungespannt mercerisirte Baumwolle – fester
                              									geworden und hat vor allen Dingen einen ganz hervorragenden Glanz angenommen, der
                              									dem der Chappeseide sehr ähnlich ist. Es werden nach diesem Verfahren ganz
                              									ausserordentlich grosse Quantitäten von Baumwolle mit einem Seidenglanze versehen.
                              									Licenzträger in Deutschland sind unter anderen Mommer und
                                 										Co. in Barmen.
                           Salpetersäure wirkt auf Baumwolle, wie E. Knecht
                              									gelegentlich einer Untersuchung über das Nitriren der Cellulose fand (Journal of the Society of Dyers and Colorists, 1896 S.
                              									89), in ähnlicher Weise wie Natronlauge oder Schwefelsäure ein. Wenn er gebleichten
                              									Baumwollstoff ¼ Stunde in Salpetersäure von 40° Bé. einlegte, dann zeigte sich nach
                              									dem Waschen und Trocknen einerseits, dass das Zeug um 24 Proc. eingelaufen war,
                              									andererseits aber auch, dass die Zerreissfestigkeit ganz erheblich zugenommen hatte,
                              									und zwar betrug sie bei den Kettenfäden, die vor dem Behandeln mit Salpetersäure bei
                              									einer Belastung von 180 g zerrissen, nach der Einwirkung dieser Säure 320 g, sie
                              									hatte also um 77 Proc. zugenommen. Rohes Baumwollgarn, das offenbar seiner in ihm
                              									enthaltenen Unreinigkeiten wegen dem Eindringen der Salpetersäure einen gewissen
                              									Widerstand entgegensetzt, hatte nach der Einwirkung der Säure nur um 11,6 Proc.
                              									seiner Länge ab- und nur 10,5 Proc. seiner Zerreissfestigkeit zugenommen. Eine
                              									Salpetersäure von 13° Bé. bewirkt übrigens keine, Salpetersäure von 25° Bé. eine
                              									ganz geringe und Säure von 34° Bé. nur eine 2procentige Fadenverkürzung, wobei
                              									ferner in keinem Fall eine Erhöhung der Zerreissfestigkeit eintritt. Die mit
                              									Salpetersäure von 40° Bé. während einer Stunde behandelte Baumwolle hatte nach einer
                              									Elementaranalyse etwas mehr als 2 Mol. Salpetersäure aufgenommen; die Verwandtschaft
                              									der so nitrirten Baumwolle zu den Substantiven und einigen sauren Farbstoffen ist
                              									ganz bedeutend grösser als die der nicht nitrirten Faser. Basische Farbstoffe
                              									verhalten sich beiden Fasern gegenüber gleich, Oxycellulose ist also bei der
                              									Einwirkung der Salpetersäure nicht entstanden.
                           Der gelbliche Schein der zur Hervorbringung von Seidenglanz gechlorten Wolle (vgl.
                              									den vorhergehenden Bericht) macht sich unangenehm überall dort bemerkbar, wo die
                              									Waare entweder weiss bleiben oder mit ganz hellen Nuancen überfärbt werden
                              									soll, die ebenfalls einen weissen Grund erfordern. Selbst durch stärkstes Schwefeln
                              									ist auf diesem gelben Grunde ein Weiss nicht mehr zu erhalten. Nach Angabe von Clad und Co. (D. R. P. Nr. 87460) ist man nun im
                              									Stande, der gechlorten Wolle unter Wahrung des seidenähnlichen Glanzes und Griffes
                              									den gelben Schein durch Behandlung mit Reductionsmitteln zunehmen. In einem
                              									Beispiele geben Clad und Co. folgende
                              									Mengenverhältnisse für das Chloren und Reduciren an: Die zuvor in üblicher Weise
                              									gewaschene Wolle wird zunächst in ein schwach salzsaures Bad gebracht, dann
                              									herausgenommen und nach dem Abtropfen der Flüssigkeit ungefähr 20 Minuten in einer ½
                              									° Bé. starken Lösung von unterchlorig-saurem Natrium kalt umgezogen. Sodann wird
                              									nochmals in schwach salzsaurem Bade gespült. Die durch diese Operation mit
                              									seidenähnlichem Glanz und Griff versehene Wolle wird nun zur Beseitigung des gelben
                              									Scheines, den sie hierbei angenommen hat, in das Reductionsbad gebracht. Dieses
                              									setzt sich zusammen aus
                           
                              
                                 ½
                                 k
                                 Zinnsalz,
                                 
                              
                                 4
                                 l
                                 Salzsäure, 30procentig,
                                 
                              
                                 800
                                 l
                                 Wasser
                                 
                              
                           und hat eine Temperatur von 40 bis 50°. Ein mit den
                              									aufgeführten Mengen angesetztes Bad ist ausreichend für die Reduction von 25 k
                              									Wolle. Hierauf wird die Wolle nochmals in dem Salzsäurebade gespült; sie hat nunmehr
                              									nahezu die ursprüngliche Farbe der Rohwolle wieder gewonnen, ohne ihren
                              									seidenähnlichen Glanz und Griff verloren zu haben. So behandelte Wolle kann mit
                              									allen Farben in beliebigen Schattirungen gefärbt oder für reines Weiss in üblicher
                              									Weise geschwefelt werden.
                           Die Creponartikel werden bekanntlich in der Weise hergestellt, dass man
                              									beispielsweise gemischte Gewebe, deren Schuss und Kette abwechselnd aus Baumwolle
                              									und Wolle oder Seide besteht, durch Natronlauge zieht, oder reines Baumwollzeug mit
                              									Natronlauge bedruckt oder mit einer Reserve, wie Albumin, bedruckt und dann
                              									ebenfalls durch Natronlauge zieht. Die von der Natronlauge durchtränkten
                              									Baumwollfasern ziehen sich hierbei zusammen und die übrigen Theile des Gewebes
                              									kräuseln sich in Folge dessen. Eine Zusammenziehung der Seidenfaser für die
                              									Erzeugung ähnlicher Effecte auf seidenen bezieh. wollenen und seidenen Geweben mit
                              									Hilfe chemischer Agentien herbeizuführen, ist bisher nicht gelungen. M. Depouilly nun hat gefunden (L'Industrie textile, 11 S. 119 u. 343), dass man mit gewissen Säuren von
                              									bestimmter Concentration und Temperatur und bei Innehaltung einer bestimmten Dauer
                              									der Einwirkung sehr wohl eine Verkürzung der Seidenfaser eintreten lassen kann; und
                              									zwar sind dies: Schwefelsäure von 1,375 bis 1,4 spec. Gew. bei 15 bis 37° während 5
                              									bis 15 Minuten, Salzsäure von 1,13 bis 1,145 spec. Gew. bei 5 bis 35° während 1 bis
                              									15 Minuten, Salpetersäure von 1,27 bis 1,33 spec. Gew. bei 5 bis 45° während ½ bis
                              									15 Minuten und Orthophosphorsäure von 1,45 bis 1,5 spec. Gew. bei 25 bis 45° während
                              									2 bis 15 Minuten. Die Erzeugung von Creponeffecten auf Seide gestaltet sich demnach
                              									folgendermaassen: Ganzseidene Gewebe werden entweder vorher mit einer Reserve, die
                              									das Eindringen der Säuren verhindert, wie Albumin, Gummi u.s.w., bedruckt und dann
                              									der Einwirkung einer der obengenannten Säuren von angegebener Concentration und
                              									Temperatur so lange ausgesetzt, bis der gewünschte Grad der Kräuselung erzielt ist, oder man druckt
                              									die Säuren, passend verdickt, auf die linke Seite des Gewebes an den Stellen auf,
                              									die verkürzt werden sollen, und erwärmt nach dem Drucke auf die entsprechende
                              									Temperatur. Gemischte Gewebe aus Seide und Wolle werden in ähnlicher Weise wie die
                              									baumwollenen gemischten Stoffe mit Natronlauge, hier mit den obigen Säuren
                              									durchtränkt.
                           Auf die Anwendung der Milchsäure als Hilfsbeize beim Chromsud kommt E. Hoffmann (Färber-Zeitung, 1895/96 S. 217) nochmals
                              									zurück (vgl. diese Berichte in D. p. J. 1896 300 186). Er wiederholt, dass die mit Kaliumbichromat und
                              									Milchsäure gebeizte Faser beim Färben mit Beizenfarbstoffen unter gleichen
                              									Bedingungen dunklere Färbungen liefert als die unter Zuhilfenahme von Weinstein oder
                              									Oxalsäure gebeizte Wolle, und zwar soll die Verwendung von Milchsäure eine
                              									Ersparniss von 10 bis 12 Proc. Farbstoff herbeiführen. Die Walkechtheit der unter
                              									Zusatz von Milchsäure chromirten und dann gefärbten Waare, von der man bisher
                              									annahm, dass sie geringer sei als die Walkechtheit der auf gewöhnlichem Wege
                              									erzielten Färbungen, ist nach dem genannten Autor ebenso gut, eher noch besser als
                              									bei Anwendung von Oxalsäure und Weinstein. Dasselbe gilt von der Lichtechtheit. Auch
                              									auf das Ansehen, das Gefühl und die Haltbarkeit, ferner auf die Spinnfähigkeit und
                              									Walkfähigkeit der Wolle soll das Beizen mit Milchsäure irgend welchen nachtheiligen
                              									Einfluss nicht ausüben.
                           Nach neueren Untersuchungen von C. Dreher
                                 										(Färber-Zeitung, 1895/96 S. 477) ist die Milchsäure ein ausgezeichnetes
                              									Reductionsmittel für die Chromsäure, wenn die letztere als freie Säure zur
                              									Einwirkung kommt, d.h. wenn man dem Beizbade so viel Schwefelsäure zusetzt, als
                              									erforderlich ist, um die Chromsäure aus Kaliumbichromat in Freiheit zu setzen. Gut
                              									gewaschene und gespülte Wolle, Garne und gewöhnliche, nicht dichte Stoffe werden
                              									zunächst 20 Minuten bei etwa 75° in einem Bade behandelt, dem nach und nach
                              									zugesetzt wurden:
                           
                              
                                 1,5
                                 Proc.
                                 Kaliumbichromat, in Wasser gelöst,
                                 
                              
                                 1,5
                                 „
                                 Schwefelsäure, concentrirt,
                                 
                              
                                 3,0
                                 „
                                 Milchsäure, 50procentig;
                                 
                              
                           es wird dann zum Kochen erhitzt und ½ Stunde bei dieser
                              									Temperatur gehalten. Die Wolle hat dann eine rein grüne Farbe angenommen und die
                              									Beizflotte ist wasserhell. Bei Anwendung von stark kalkhaltigem oder vom
                              									Wasserreinigungsprocess her alkalischem Wasser, sowie bei Anwendung von stark
                              									alkalischen Wollen, die eben aus der Wäsche kommen, sollen, um Klarwerden der Flotte
                              									und um vollkommenes Beizen zu erzielen, beim Kochen noch ½ bis 1 Proc. Schwefelsäure
                              									zugesetzt oder von vornherein mehr genommen werden. Dichte Stückwaare, Militärtuche,
                              									Hutfilze u.s.w. werden ½ Stunde kochend mit Kaliumbichromat und Schwefelsäure allein
                              									behandelt, dann wird nach Abstellen des Dampfes die Milchsäure zugegeben, ½ Stunde
                              									laufen gelassen und nochmals 30 Minuten gekocht. Für Kammzug und Bobinen wird die
                              									Beize in zwei Portionen zugegeben und vor dem Zusatz, nach etwa 20 Minuten, die
                              									Waare bei 75° einmal gewendet. Nach Calculationen von Dreher stellt sich das Verfahren des Beizens mit Kaliumbichromat unter
                              									Zuhilfenahme von Milchsäure billiger als bei Anwendung der Hilfsbeizen Weinstein
                              									oder Oxalsäure. Das Verfahren ist zum Patent angemeldet.
                           Nach einem französischen Patent von C. H. Boehringer
                                 										Sohn hat mit milchsaurem Zink gebeizte Baumwolle die Eigenschaft, sich mit
                              									basischen Farbstoffen zu färben. Die Fixirung soll zwar nicht so gut sein wie auf
                              									Tannin-Antimonbeize, aber immerhin für manche Zwecke genügen. Echte Färbungen werden
                              									erhalten, wenn die mit milchsaurem Zink präparirte Baumwolle nochmals mit Tannin
                              									gebeizt wird, wobei dann nur eine dem Zink äquivalente Menge Tannin absorbirt werden
                              									soll. Wahrscheinlich werden die so erhaltenen Färbungen denselben Uebelstand zeigen,
                              									wie die auf Tannin-Zinkacetat erhaltenen, nämlich weniger echt zu sein, als die auf
                              									Tannin-Antimon erzeugten Färbungen.
                           Die Anwendung der Titanoxydsalze zum Beizen der Wolle hat neuerdings wieder J. Barnes (Dyer and Calico Printer, 1896 S. 98)
                              									vorgeschlagen. Er verfuhr in der Weise, dass er 20 g wasserfreies Chlortitan mit 80
                              									g Weinstein und 50 g Wasser auf dem Wasserbade so weit eindampfte, bis noch etwa 113
                              									g vorhanden waren, und nun von dieser Masse zum Beizen von 100 g Wolle jedesmal 20
                              									bis 25 g nahm; der Farbstofflösung wurde auf je 1 l 3 cc Essigsäure zugesetzt.
                              									Alizarin liefert zunächst ein feuriges, jedoch säureunechtes Roth, das aber später
                              									in ein säure- und seifenechtes tiefes Marron übergeht. Coerulein färbt auf
                              									Titanbeize ein tiefes Grün, Alizarinblau ein röthliches Blau, Campecheholz ein
                              									Tiefschwarz, Gerbsäure ein Gelb, Salicylsäure ein Schwefelgelb. Auch diese Färbungen
                              									sind seifen- und säureecht; die Lichtechtheit ist die der entsprechenden auf
                              									Thonerdebeize erzeugten Töne. Da die sogen. seltenen Erden heute nicht gerade mehr
                              									zu den schwer zugänglichen Chemikalien gehören, dürfte diesem Verfahren wohl nicht
                              									jeder praktische Werth ohne weiteres abgesprochen werden.
                           Anstatt Wolle für den Druck zu chloren, bedienen sich die Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer und Co. (D. R. P. Nr. 89198) der bromsauren
                              									Salze, indem sie entweder die zu bedruckende Waare vorher mit einem 1,5- bis
                              									2procentigen Bade von Kalium-, Natrium- oder Ammoniumbromat und Salzsäure behandeln
                              									oder das bromsaure Salz der Druckfarbe mit oder ohne Zusatz von Zersetzungsmitteln,
                              									wie Vanadiumchlorür u.s.w., zusetzen. Die Wolle behält so ihre Walkfähigkeit und
                              									ihren weichen Griff, und die erzielten Töne sind klar auf rein weissem Grunde.
                           Für die Erzeugung von Paranitranilinroth auf Garn gibt W.
                                 										Römer (Färber-Zeitung, 1895/96 S. 425)
                              									praktische Vorschriften. In einem ungefähr 45 l fassenden, mit Blei ausgeschlagenen
                              									Holzgefäss werden 30 l Wasser und 1 k Natronlauge von 40° Bé. mittels eines
                              									Dampfrohres aus Blei zum Kochen erhitzt, dann 1200 g β-Naphtol und, sobald dieses gelöst, 4,5 k Türkischrothöl (50procentig)
                              									zugegeben; hierauf wird der Dampf abgestellt und mit kaltem Wasser auf 40 l
                              									verdünnt. Das β-Naphtol wird vor dem Zugeben mit wenig
                              									heissem Wasser zu einem Brei angerührt. Nach dem Erkalten der β-Naphtollösung wird mit ihr das ausgekochte und wieder
                              									getrocknete Garn pfundweise auf einer Oelbeizmaschine, genau so wie die für die
                              									Türkischrothfärberei bestimmten Garne geölt werden, imprägnirt. Die Haken der
                              									Maschine werden mit Blei umkleidet und die Pfannen mit demselben Metalle
                              									ausgeschlagen. Nach der Grundirung mit β-Naphtol wird
                              									das Garn centrifugirt, wobei man die ablaufende Brühe zu der Naphtollösung
                              									zurückgibt, und endlich auf einer rotirenden Garntrockenmaschine bei 60° getrocknet.
                              									Inzwischen wird das Entwickelungsbad in folgender Weise hergerichtet: Für 50 k Garn
                              									werden 2070 g p-Nitranilin in einem etwa 12 l fassenden Holzgefäss mit 1,75 l
                              									kochendem Wasser zu gleichförmigem Brei verrührt und bei fortgesetztem Rühren mit
                              									3900 g Salzsäure von 20° Bé. und hierauf mit 3,75 l kochendem Wasser vermischt. Es
                              									tritt bald Lösung ein, und diese lässt man dann sofort in dünnem Strahl, am besten
                              									mittels Glasheber, in 350 l Wasser von mindestens 12° unter gutem Umrühren
                              									einlaufen. Das salzsaure. p-Nitranilin scheidet sich hierbei theilweise als gelber
                              									Niederschlag aus, jedoch so fein flockig, dass sich das p-Nitranilin auch in dieser
                              									ungelösten Form glatt diazotiren lässt. Es werden nun 1080 g Nitrit in 10 l Wasser
                              									gelöst, abgekühlt und auf einmal unter lebhaftem Umrühren in das Gefäss gegossen,
                              									welches das ausgeschiedene p-Nitranilin enthält. Das Umrühren ist so lange
                              									fortzusetzen, bis das p-Nitranilin klar gelöst ist. Die Diazolösung ist dann zum
                              									Entwickeln fertig und das grundirte und getrocknete Garn wird wiederum pfundweise
                              									auf einer Oelbeizmaschine, deren metallische Theile, soweit sie mit dem Garn oder
                              									der Diazolösung in Berührung kommen, ebenfalls mit Blei bekleidet sind, entwickelt.
                              									Zu diesem Zwecke wird die Pfanne der Maschine mit 5,5 l der Diazolösung, 3 l kaltem
                              									Wasser und 400 cc Natriumacetatlösung (1 : 10) gefüllt, das erste Pfund Garn
                              									eingelegt und so lange umgezogen, bis es gleichmässig roth angefärbt erscheint, was
                              									nach wenigen Minuten der Fall ist. Dann wird das Garn abgelegt, die Flotte
                              									abgelassen und aufbewahrt. Hierauf wird das zweite Pfund in gleicher Weise
                              									entwickelt; zu der hierbei übrig bleibenden Flotte fügt man diejenige der ersten
                              									Partie und entwickelt hierin das dritte Pfund Garn ohne weiteren Zusatz. Die jetzt
                              									zurückbleibende Flotte wird als erschöpft fortgelassen. So wird weiter gearbeitet,
                              									bis sämmtliche 100 Partien entwickelt sind. Dann wird kochend heiss geseift,
                              									gespült, mit wenig Schwefelsäure gesäuert, nochmals gespült und getrocknet.
                           Römer hat auch die Anwendung der Lauber- und Caberti'schen Präparation für die
                              										β-Naphtolgrundirung (vgl. den vorhergehenden
                              									Bericht in D. p. J. 1895 295
                              									258 und 1896 300 191) geprüft und sie durchaus brauchbar
                              									gefunden. So imprägnirte Strähne bräunten sich auch nach 14tägigem Hängen nicht, und
                              									das darauf entwickelte Roth ist ebenso frisch wie auf direct grundirten
                              									Strähnen.
                           Betreffs der Echtheit des Paranitranilinroths bemerkt W.
                                 										Römer (a. a. O.) noch, dass eine 17wöchentliche Belichtung auf echt
                              									türkischroth gefärbtem Stoffe kaum von Einfluss war; erst nach längerer Zeit wird
                              									die Farbe blauer und damit scheinbar dunkler; diese Veränderung ist aber insofern
                              									günstig, als die Nuance immer als Türkischroth erkennbar bleibt. Mit
                              									Paranitranilinroth gefärbte Waare dagegen beginnt schon nach 10 Wochen heller zu
                              									werden und schlägt nach 17 Wochen in ein schmutziges bräunliches Gelb um. Ohne
                              									Beihilfe von Antimonoxyd hergestellte Färbungen sind noch lichtunechter. Die
                              									Alkaliechtheit des Paranitranilinroths ist der des Türkischroths fast gleich; die
                              									Reibechtheit und die Säureechtheit, die letztere nur bei den mit Antimonoxyd
                              									hergestellten Färbungen, ist bei beiden Roths gleich. Die Chlorechtheit des
                              									Paranitranilinroths ist erheblich grösser; in einem Chlorbad von 4° Bé. blieb
                              									paranitranilinroth gefärbtes Garn selbst bei längerem Liegen vollkommen unverändert,
                              									während türkischroth gefärbtes Garn entfärbt wurde. Als weitere Vortheile des
                              									Paranitranilinroths gegenüber dem Türkischroth führt Römer folgende an: Die stärksten Strickgarne und die am schärfsten
                              									gedrehten Zwirne werden von Paranitranilinroth bedeutend besser durchgefärbt, es
                              									lassen sich leichter fadengleiche Färbungen erzielen, ferner bleibt die natürliche
                              									Structur der Faser völlig gewahrt, während bei der Türkischrothfärberei die
                              									Oberfläche des Fadens durch den Niederschlag von ricinusölsaurer Thonerde etwas
                              									verkleistert wird. Es wird dies namentlich beim Rauhen von türkischroth gefärbten
                              									Geweben übel empfunden, jedoch muss auch Paranitranilinroth für solche Gewebe, die
                              									ebenfalls gerauht werden sollen, ohne Zusatz von Türkischrothöl zum Grundirungsbade
                              									gefärbt werden. Endlich ist die Paranitranilinrothfärberei einfacher und sicherer
                              									als die Türkischrothfärberei.
                           An Nachtheilen gegenüber dem Türkischroth nennt Römer
                              									ausser der geringeren Lichtechtheit vor allem die gelbere, „schreiende“
                              									Nuance des Paranitranilinroths. Der Vorschlag der Farbwerke
                                 										vorm. Meister, Lucius und Brüning, zur Erzeugung eines blaustichigeren
                              									Roths β-Naphtol R an Stelle des gewöhnlichen β-Naphtols, und der Vorschlag von L. Cassella und Co., das mit diesem identische
                              									Nuancirsalz (2,7 Naphtolsulfosäure) als Zusatz zum β-Naphtol zu verwenden, sind auch nicht immer durchführbar, da bei Anwendung
                              									dieser Substitute die Alkaliechtheit der Färbungen wesentlich geringer wird. Ferner
                              									ist die Deckkraft des Paranitranilinroths derart gering, dass zur Erzielung eines
                              									lebhaften Roths auf nur schwach gelblichem Garn vor oder nach dem Färben gebleicht
                              									werden muss, während man die bräunlichsten Makogarne ungebleicht türkischroth färben
                              									kann, ohne dass der Grund die Lebhaftigkeit beeinträchtigt.
                           Paranitranilinroth auf anilinschwarzem Grunde wird nach Textile Manufacturer in der Weise erzeugt, dass man eine Mischung des
                              									Nitrosaminsalzes von p-Nitranilin (Badische Anilin- und
                                 										Sodafabrik) mit β-Naphtol und Zinkoxyd
                              									aufdruckt und mit Anilinschwarz überfärbt. An den bedruckten Stellen entwickelt sich
                              									kein Anilinschwarz, wohl aber in Folge der sauren Beschaffenheit des
                              									Anilinschwarzbades das Paranitranilinroth. Ein Zusatz von Salpeter zur Druckfarbe
                              									soll die Umwandlung des Nitrosamins in die Diazoverbindung begünstigen und
                              									leuchtendere rothe Nuancen entstehen lassen.
                           Um die Diazotirungen von p-Nitranilin, Dianisidin, α-Naphtylamin und anderen Basen haltbarer zu machen, empfehlen A. Smirnoff und B. Rosenthal
                                 										(Färber-Zeitung, 1895/96 S. 442) den Zusatz einer Chlorzinklösung zu der
                              									fertigen Diazolösung. Es bildet sich hierbei ein Doppelsalz, das ungleich
                              									beständiger ist als die freie Diazoverbindung.
                           Die Einwirkung des Kupfervitriols auf Paranitranilinroth, wobei bekanntlich ein
                              									ziemlich echtes Braunroth entsteht, lässt M. Goldovsky
                                 										(Färber-Zeitung, 1895/96 S. 284) in der Weise vor sich gehen, dass er der
                              										β-Naphtollösung Kupfersalzlösung zusetzt, die
                              									Baumwolle mit diesem Gemische grundirt und nun mit diazotirtem p-Nitranilin
                              									entwickelt. Je nachdem der Grundirung mehr oder weniger Kupfersalz zugemischt wird,
                              									erhält er braunrothe bis rein braune Nuancen. Zur Zerstellung der Grundirung wird
                              										β-Naphtol in Natronlauge gelöst, mit der nöthigen
                              									Menge Wasser und der Lösung von Kupfervitriol in Ammoniak versetzt und der
                              									entstehende Niederschlag von Kupferoxydhydrat durch Zugabe der erforderlichen Menge
                              									Türkischrothöl wieder in Lösung gebracht.
                           M. Goldovsky erhält goldgelbe bis braune Färbungen mit
                              									diazotirtem p-Nitranilin in der Weise (Färber-Zeitung,
                              									1895/96 S. 284), dass er die Baumwolle nicht wie bei der Erzeugung der unlöslichen
                              									Azofarbstoffe auf der Faser mit β-Naphtol grundirt,
                              									sondern mit Tannin und Brechweinstein. Wird die tannirte Faser in eine kalte Lösung
                              									von diazotirtem p-Nitranilin gebracht, so entstehen gelbe Nuancen, deren Tiefe mit
                              									der Menge des Tannins und der Dauer der Einwirkung der Diazolösung zunimmt; braune
                              									Färbungen entstehen beim Entwickeln in einem 60° warmen Diazobade. Aetzt man
                              									tannirte Gewebe mit Natronlauge und entwickelt dann kalt mit diazotirtem
                              									p-Nitranilin, so erhält man weisse Muster auf gelbem Grunde; setzt man der Aetze
                              									noch β-Naphtol zu, dann resultiren rothe Muster auf
                              									gelbem Grunde. Der Diazolösung können ferner noch als Nuancirmittel basische
                              									Farbstoffe zugesetzt werden.
                           Wir möchten bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass Kalle und Co. in ihrem D. R. P. Nr. 55837 bereits die Erzeugung von gelben
                              									bis braunen Färbungen auf tannirter Baumwolle mittels diazotirter aromatischer Amine
                              									beschrieben haben. Das Verfahren hat aber irgend welchen nennenswerthen Eingang in
                              									die Praxis nicht gefunden, da die erzeugten Färbungen matt und natürlich zu
                              									lichtunecht sind. Was die von Goldovsky vorgeschlagene
                              									Methode des Entwickelns in der 60° heissen Diazolösung anbetrifft, eine Methode, die
                              									auch die Verwerthung der bei der Paranitranilinrothfärberei abfallenden Rückstände
                              									gestatten soll, so glauben wir nicht, dass man in diesem Falle noch von
                              									kunstgerechtem Färben sprechen kann.
                           Ein etwas abgeändertes Verfahren zur Erzeugung von Dianisidinnaphtolblau haben die
                              										Farbwerke vorm. Meister Lucius und Brüning in ihrem
                              									D. R. P. Nr. 85019 vorgeschlagen. Sie grundiren die Baumwolle mit einer Lösung aus
                              										β-Naphtol, Natronlauge, ricinusölsaurem Ammonium
                              									und Natriumnitrit, trocknen und bedrucken mit einer Druckmasse aus Dianisidinsalz,
                              									Essigsäure, Weinsäure und Kupferchlorid. Dann wird langsam getrocknet, gewaschen und
                              									geseift. Die Vorschrift der genannten Farbwerke lautet für die Grundirung:
                           
                              
                                 30
                                 g
                                 β-Naphtol,
                                 
                              
                                 50
                                 cc
                                 Natronlauge von 22° Bé.,
                                 
                              
                                 120
                                 g
                                 ricinusölsaurem Ammonium,
                                 
                              
                                 100
                                 cc
                                 Nitritlösung, 145 : 1000,
                                 
                              
                                 
                                 
                                 (verdünnt auf 1 l);
                                 
                              
                           für die Druckfarbe:
                           
                              
                                 16,6
                                 g
                                 Dianisidinsalz,
                                 
                              
                                 400
                                 cc
                                 Wasser,
                                 
                              
                                 60
                                 g
                                 Essigsäure von 8° Bé.,
                                 
                              
                                 5
                                 g
                                 Weinsäure,
                                 
                              
                                 500
                                 g
                                 essigsaure Verdickung (2100 g Weizenmehl, 4500 ccWasser, 3000 g
                                    											Traganthschleim 60 : 1000, 450 gEssigsäure von 8° Bé., auf 10 k
                                    											gestellt),
                                 
                              
                                 36
                                 cc
                                 Kupferchloridlösung von 40° Bé.
                                 
                              
                           Die beim Aufdrucken der Druckfarbe auf die Grundirung frei
                              									werdende salpetrige Säure diazotirt das Dianisidin, und die entstehende
                              									Diazoverbindung kuppelt sofort mit dem vorhandenen β-Naphtol. Dass die Diazotirung des Dianisidins in dieser Weise glatt vor sich
                              									geht, ist wohl nicht anzunehmen, sonst würde das Verfahren sicherlich Bedeutung
                              									erlangen, da es ohne die leicht zersetzlichen Diazoverbindungen, die im Vorrath
                              									gehalten werden müssen, arbeitet.
                           Ein ziemlich grünstichiges und schweissechtes Dianisidinnaphtolblau wird nach
                              									Angabe der Farbwerke vorm. Meister, Lucius und Brüning
                              									durch Zusatz von Chromsäure neben Kupferchlorid zum Entwickelungsbade erhalten. Auch
                              									kurzes Dämpfen nach Erzeugung des blauen Farbstoffes auf der Faser erhöht den
                              									Grünstich.
                           Zum Aetzen des Dianisidinnaphtolblaus bedrucken die Farbwerke
                                 										vorm. Meister, Lucius und Brüning die blau gefärbten Gewebe mit einer
                              									Weissätze aus verdickter Essigsäure und Weinsäure und passiren dann durch eine
                              									Chlornatronlösung. Die Weissätze wird erhalten aus 850 g saurer Stärkeverdickung
                              									(2400 g Weizenstärke, 6600 cc Wasser und 2000 g Essigsäure von 8° Bé.) und 150 g
                              									Weinsäure. Nach dem Aufdrucken wird sorgfältig getrocknet und hierauf 1 bis 1¼
                              									Minute auf der Rollenküpe durch die Chlornatronlösung:
                           
                              
                                 10
                                 l
                                 Chlorkalklösung von 15° Bé.,
                                 
                              
                                 5
                                 l
                                 Wasser und
                                 
                              
                                 1,5
                                 k
                                 Soda,
                                 
                              
                                 
                                 
                                            (filtrirt),
                                 
                              
                           gezogen, ausgequetscht, mit heissem Wasser gespült und
                              									geseift.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)