| Titel: | Elektromotorläutewerke. | 
| Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 39 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Elektromotorläutewerke.
                        Mit Abbildungen.
                        Elektromotorläutewerke.
                        
                     
                        
                           Seitdem sich die elektrischen Beleuchtungs- und Kraftanlagen so sehr verallgemeinern
                              									und für derartige Zwecke geeignete Ströme so ziemlich schon in jeder grösseren
                              									Industrieanlage, in allen grossen Werkstätten und vielerorts überhaupt in jedem
                              									Geschäftshause verfügbar sind, hat man nicht versäumt, die verschiedenen
                              									Vorrichtungen, welche an solchen Orten vorkommen und bisher nur auf mechanischem
                              									Wege betrieben wurden, für den Betrieb mit Elektromotoren zurecht zu machen. Es gilt
                              									dies auch bezüglich der vielverwendeten Läutewerke, welche sowohl in Bergwerken, auf
                              									Schiffswerften, in Werkstätten und in Fabriken aller Art zur Ankündigung des
                              									Beginnes oder Ablaufes der Arbeitsschichten, als auf Thürmen oder in
                              									Feuerwehrlocalen, auf Eisenbahnen, auf Schiffen und in Nebelstationen zu
                              									Signalzwecken dienen u.s.w. Bei diesen Vorrichtungen wurde es ohnehin stets als ein
                              									arger Uebelstand empfunden, dass den als Selbstunterbrecher oder Selbstausschalter
                              									angeordneten elektrischen Läutewerken nur eine geringe Grösse gegeben werden konnte,
                              									während die grösseren Läutewerke ein mechanisches Laufwerk zu ihrem Antriebe
                              									benöthigten, das lästiger Weise innerhalb bestimmter Zeiträume immer wieder
                              									pünktlich aufgezogen werden muss. Diesen Schwierigkeiten wird sofort begegnet, wenn
                              									man die Arbeit des Glockenklöppels direct einem Elektromotor überantwortet, ein
                              									Umstand, der nicht übersehen worden ist, sondern schon seit Jahren zu mannigfachen
                              									einschlägigen Constructionen geführt hat. In Deutschland scheinen Fricke's bei C. Th. Wagner
                              									in Wiesbaden für Eisenbahnsignalzwecke ausgeführte Motorläutewerke (vgl. D. p. J. 1892 285 167 und
                              									238) die ersten dieser Art gewesen zu sein, doch waren die betreffenden Motoren
                              									vorwiegend nur für gewöhnliche Batterieströme (Telegraphirströme) bemessen. Eines
                              									der ersten, ausdrücklich für den Betrieb mit Beleuchtungsströmen angeordneten
                              									Motorläutewerke ging aus den C. und E. Fein'schen
                              									Werkstätten in Stuttgart hervor (vgl. D. p. J. 1892 285 237).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 39
                              Fig. 1.Motorläutewerk der General Electric Company.
                              
                           Das zweite Octoberheft des vorjährigen The Electrician
                              									bringt eine kurze Darstellung eines Motorläutewerkes, das die Londoner General Electric Company ausführt und unter dem Namen
                              										Torret in den Handel bringt. Der Klöppel dieses
                              									Läutewerkes ist zweiarmig angeordnet und sitzt, wie es die vorstehende Fig. 1 ersehen lässt, unmittelbar auf der Motorachse,
                              									die ihn wie eine Speiche einfach im Kreise dreht. An dem eigentlichen Klöppelarm,
                              									der eine grössere Länge besitzt als der nur als Gegengewicht dienende zweite Arm,
                              									ist der Klöppelkopf mittels eines stählernen Gelenkes angebracht. Der Ton dieser
                              									Glocken erweist sich als sehr kräftig und gleichmässig. Der vorzüglich gearbeitete,
                              									durchaus verlässliche Motor befindet sich in einem gusseisernen Gehäuse, das ihn
                              									vollständig abschliesst, und ist mit Selbstschmierern versehen. Die Weite der Glocke
                              									beträgt 26 cm und zum Betriebe des Läutewerkes bedarf es eines Stromes von 2 Ampère
                              									bei 4½ Volt Spannung. Uebrigens werden auch noch drei andere Typen dieses
                              									Läutewerkes ausgeführt, welche sich für Spannungen von 60, 100 oder 110 Volt eignen.
                              									In England werden derartige Glocken, abgesehen von ihrer gewöhnlichen
                              									Verwendungsweise, vielfach auch als Diebs-, Feuer- oder überhaupt Alarmglocken an
                              									Landhäusern angebracht und erhalten dann eine angemessene architektonische
                              									Anordnung; selbst auf den Thürmen von Kapellen und Kirchen haben diese Läutewerke
                              									bereits Eingang gefunden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 40
                              Fig. 2.Motorläutewerk von Heller.
                              
                           Bei dem in Fig. 2 dargestellten Motorläutewerk, das
                              									von der Firma Friedrich Heller in Nürnberg ausgeführt
                              									wird und bereits unlängst an dieser Stelle kurz erwähnt worden ist, bildet der
                              									Klöppelstiel die Fortsetzung der Motorachse. An Stelle eines Klöppelkopfes sind zwei
                              									Arme vorhanden, an welchen mit kurzen Kettchen befestigte Kugeln hängen. Beim
                              									Anlassen des Motors dreht sich sonach die Klöppelstange wie ein Kreisel und
                              									schleudert die Kugeln vermöge der Centrifugalkraft gegen den Glockenrand. Damit aber
                              									hierbei regelrechte Schläge hervorgerufen werden, steht der Klöppelstiel nicht in
                              									der Mittellinie des Glockeninneren, sondern angemessen excentrisch, nämlich nach
                              									vorwärts aus dem Mittel gerückt. Der in Fig. 2
                              									sichtbare Motor befindet sich während des Betriebes unter einem dicht
                              									abschliessenden Schutzkasten aus lackirtem Zinkblech. Das Läutewerk braucht bei 110
                              									Volt 1½ bis 2 Ampère. Für die Praxis werden in der Regel nur zwei Typen angefertigt,
                              									die ebenso wohl durch Kraft- oder Lichtstromzweige als durch galvanische
                              									Batterieströme, am zweckmässigsten jedoch mittels Accumulatoren betrieben werden
                              									können; die erstere Gattung hat 14 cm hohe, 17 cm weite, und die zweite 21 cm hohe,
                              									27 cm weite Glocken. Der Läutewerkmotor wird übrigens jeder beliebigen Anlage von
                              									Gleich-, Wechsel- oder Mehrphasenströmen leicht angepasst.