| Titel: | Neuere Locomotiven. | 
| Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 129 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Neuere Locomotiven.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuere Locomotiven.
                        
                     
                        
                           Von den Mitteln, welche dazu dienen, die Beanspruchung der Gleise durch die
                              									Locomotiven zu verringern bezieh. einen ruhigen Gang der Locomotiven zu sichern
                              									(lange Radstände, Drehgestelle, einstellbare Achsen u.s.w.), wird in der Neuzeit
                              									häufiger Gebrauch gemacht. Daneben ist man bestrebt, die Leistungsfähigkeit der
                              									Locomotiven möglichst zu steigern und an Brennmaterial zu sparen.
                           Ruhiger Gang der Locomotiven ist nach Glaser's Annalen
                              									vom 15. December 1896, S. 215, übrigens keineswegs immer ein Zeichen geringer
                              									Beanspruchung der Gleise; er kann durch zu grosse Trägheitsmomente, also zu geringe
                              									Nachgiebigkeit der Locomotive bisweilen auf Kosten des Oberbaues stattfinden, indem
                              									die Locomotive das Gleis dahin drückt, wohin sie laufen will. Der vielgerühmte
                              									ruhige Gang besonders schwerer Fahrzeuge ist in dieser Beziehung oft verdächtig. Es
                              									muss daher stets die Grösse und Art der zwischen den Rädern und Schienen
                              									stattfindenden Kraft Wirkungen geprüft werden, um über die Beanspruchung der Gleise
                              									ein Urtheil zu gewinnen (1896 301 279).
                           Ueber eine von dem Chefingenieur Wilson Worsdell der North-Eastern Railway construirte
                              									Verbund-Schnellzuglocomotive (Nr. 1619) berichtet Engineering vom 5. Juli 1895, S. 25.
                           Die Maschine wurde zusammen mit 20 gewöhnlichen Locomotiven von gleichen Abmessungen
                              									in den Gateshead Works der North-Eastern Railway
                                 										Company erbaut. Alle diese Maschinen dienen zur Beförderung des
                              									schottischen Expresszuges zwischen York und Edinburgh, dessen Traingewicht incl.
                              									Locomotive und Tender ungefähr 300 t beträgt.
                           Bei den Fahrten zwischen Newcastle und Edinburgh brauchte die Verbundlocomotive Nr.
                              									1619 vom Mai 1893 bis Ende Februar 1895 durchschnittlich 30,38 Pfund Kohle für die
                              									englische Meile gegenüber 33,35 Pfund bei der gewöhnlichen Locomotive bei gleicher
                              									Arbeitsleistung. Diesen Zahlen entspricht eine Ersparniss von 9 Proc. zu Gunsten der
                              									Verbundmaschine.
                           Die etwa 330 km lange Strecke von York nach Edinburgh wird von dem Tagesexpresszug in
                              									4 Stunden 15 Minuten (abzüglich 10 Minuten für Aufenthalte in Newcastle und Berwick)
                              									zurückgelegt; dies ergibt eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 77,65 km in der
                              									Stunde. Zwischen York und Newcastle beträgt die Geschwindigkeit 80,5, zwischen
                              									Newcastle und Berwick 79,68 und zwischen Berwick und Edinburgh, auf welcher Strecke
                              									sich die grössten Steigungen befinden, gegen 72,45 km in der Stunde. Der
                              									Nachtexpresszug legt die Fahrt in derselben Zeit zurück, da er aber in Berwick nicht
                              									anhält, beträgt die wirkliche Fahrzeit 4 Stunden 20 Minuten und die
                              									durchschnittliche Geschwindigkeit 76,07 km in der Stunde. Die Locomotive ist 4fach
                              									gekuppelt und hat ein zweiachsiges Drehgestell. Die Cylindermitten liegen, um den
                              									grossen Niederdruckcylinder noch zwischen die Rahmen bringen zu können, in
                              									verschiedenen Horizontalebenen. Die Schieberkasten treten durch Ausschnitte der
                              									Rahmen. Die hauptsächlichsten Abmessungen der Maschine sind folgende:
                           
                              
                                 Durchmesser des Hochdruckcylinders
                                 508
                                 mm
                                 
                              
                                         „              „   Niederdruckcylinders
                                 711
                                 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 660
                                 mm
                                 
                              
                                 Von Mitte zu Mitte Cylinder
                                 610
                                 mm
                                 
                              
                                 Durchmesser der Treib- und Kuppelräder
                                 2,159
                                 m
                                 
                              
                                        „               „   Räder des Drehgestelles
                                 1,092
                                 m
                                 
                              
                                 Radstand des Drehgestelles
                                 1,980
                                 m
                                 
                              
                                 Von Mitte Drehgestell bis Mitte Treibräder
                                 3,352
                                 m
                                 
                              
                                   „      „    Treibräder   „       „     Kuppelräder
                                 2,818
                                 m
                                 
                              
                                 Zwischen den Hauptrahmen
                                 1,219
                                 m
                                 
                              
                                       „          „   Rahmen des Drehgestelles
                                 0,813
                                 m
                                 
                              
                                 Von Mitte Kessel bis Schienenoberkante
                                 2,413
                                 m
                                 
                              
                                 Länge des cylindrischen Kessels
                                 3,505
                                 m
                                 
                              
                                 Aeusserer Durchmesser des Kessels
                                 1,321
                                 m
                                 
                              
                                 Stärke der Kesselbleche
                                 14,3
                                 mm
                                 
                              
                                 Aeussere Länge der Feuerbüchse (Stahl)
                                 2,057
                                 m
                                 
                              
                                       „        Breite    „           „          unten
                                 1,194
                                 m
                                 
                              
                                 Kesselmitte vorn
                                 1,727
                                 m
                                 
                              
                                           „        hinten
                                 1,422
                                 m
                                 
                              
                                 Innere Länge der Kupferbüchse, unten
                                 1,842
                                 m
                                 
                              
                                     „     Breite   „           „                 „
                                 0,984
                                 m
                                 
                              
                                     „     Tiefe    „           „               vorn
                                 1,968
                                 m
                                 
                              
                                     „         „       „          
                                    											„              hinten
                                 1,664
                                 m
                                 
                              
                                 Anzahl der Siederohre
                                 225
                                 
                                 
                              
                                 Länge    „          „
                                 3,610
                                 m
                                 
                              
                                 Aeusserer Durchmesser der Siederohre
                                 44,4
                                 mm
                                 
                              
                           Die Zuführung von Frischdampf in beide Cylinder einer nach Plänen des jetzigen
                              									Chefingenieurs Ivatt der Great
                                 										Northern Railway in England construirten Verbundlocomotive der Great Southern and Western Railway in Irland geschieht
                              									mittels einer Steuerung, deren Einrichtung die The
                                 										Engineer vom 20. November 1896 entnommene Abbildung (Fig. 1) erkennen lässt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 128
                              Fig. 1.Steuerung der Verbundlocomotive von Ivatt.
                              b Zum Schieberkasten des N. C; c
                                 										Ausströmkanal; d Dampf vom Dreiwegehahn.
                              
                           Vom Führerstande aus wird mittels Hebel und Stange ein Dreiwegehahn so gestellt, dass
                              									frischer Dampf auf den Kolben einer Spindel a wirkt und
                              									denselben, wie auch den dahinter liegenden Kolben eines Luftbuffers entsprechend
                              									bewegt.
                           Soll die Locomotive behufs Ausübung grösserer Zugkraft mit Hochdruckdampf in beiden
                              									Cylindern arbeiten, so wird in Folge Bewegung des vorgenannten Kolbens nach links mittels Schieber
                              									eine Verbindung des dem Hochdruckcylinder entströmenden Dampfes mit einem
                              									besonderen, den unteren Theil des Hochdruckcylinders umgebenden Auspuffkanal
                              									hergestellt und gleichzeitig, wie ebenfalls die Abbildung erkennen lässt, durch ein
                              									Ventil die Verbindung zwischen Hoch- und Niederdruckcylinder bezieh. deren
                              									Schieberkasten unterbrochen, dagegen eine solche für Frischdampf aus der
                              									Dampfleitung nach dem Schieberkasten des Niederdruckcylinders hergestellt. Mittels
                              									dieser Hilfseinströmung lässt sich ein Druck bis ungefähr 5,27 k auf den Kolben des
                              									Niederdruckcylinders ausüben; bei Ueberschreitung desselben blasen am
                              									Niederdruckcylinder und zugehörigen Schieberkasten angebrachte Sicherheitsventile
                              									ab.
                           Für gewöhnlich arbeitet die Locomotive mit Verbundwirkung und es erfolgt das Anfahren
                              									ohne irgend welche Störungen. Um aber auf grösseren Steigungen voll belastete Züge
                              									gleichmässig und sicher anziehen, wie auch schneller befördern zu können, wird je
                              									nach dem Dafürhalten des Führers frischer Dampf mittels der beschriebenen
                              									Wechselvorrichtung längere oder kürzere Zeit auch in den Niederdruckcylinder
                              									geleitet, so dass dann die Maschine als gewöhnliche Zwillingsmaschine arbeitet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 129
                              Fig. 2.Anfahrvorrichtung der Normalschnellzug-Verbundlocomotive von
                                 										Maffei.
                              A Steuerhebel; B Winkelhebel für
                                 										Rückwärtsanfahren; B1 Winkelhebel für Vorwärtsanfahren; C Zugstange; D
                                 										Umschaltekolbenschieber; E Dampfeinströmrohr; F Umschaltegehäuse; G
                                 										Verbinderrohr; H Sicherheitsventil; J Hochdruckauspuffrohr, nur für Anfahren; J1
                                 										Niederdruckausströmrohr; K Hilfsdampfventil.
                              
                           Auf der vorjährigen bayerischen Landesausstellung in Nürnberg hatte die
                              									Generaldirection der bayerischen Staatsbahnen im Vereine mit den bayerischen
                              									Locomotivbauanstalten Maffei und Krauss in München eine Anzahl Locomotiven mit
                              									beachtenswerthen Neuerungen ausgestellt, über welche das Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, Ergänzungsheft 1896 S. 251
                              									u. ff., ausführlicher berichtet. Die von Maffei
                              									gelieferte Schnellzug-Verbundlocomotive mit zwei gekuppelten Treibachsen und
                              									vorderem, zweiachsigem Drehgestell mit seitlicher Verschiebung entspricht der
                              									Grundform der Schnellzuglocomotiven der bayerischen Staatsbahnen, von welchen in den
                              									letzten Jahren, einschliesslich der in Lieferung gegebenen, bereits 117 Stück,
                              									darunter 39 Zwillings- und 78 Verbundlocomotiven beschafft wurden. Die Fig. 2 ersichtliche Anfahrvorrichtung besitzt einen
                              									Umschalterundschieber D, welcher selbsthätig beim
                              									Verlegen der Steuerung über 75 Proc. Füllung hinaus durch einen am Steuerhebel A angebrachten Mitnehmer verstellt wird, die Verbindung
                              									zwischen Hoch- und Niederdruckcylinder aufhebt und ersteren mit der Ausströmung
                              									verbindet, während der Eintritt frischen Kesseldampfes in den Verbinder durch das
                              									gleichzeitige Oeffnen des Ventils K bewirkt wird.
                           Die Wiederherstellung der Verbundwirkung wird durch Schraubenfedern erzielt. Der
                              									am Hebel A sitzende Mitnehmer wirkt je nach der
                              									Fahrrichtung auf einen der beiden Winkelhebel B und B1, welche unter sich
                              									gekuppelt und an dem verlängerten Ende von B1 mit dem Gestänge des Umschalteschiebers verbunden
                              									sind. Am Verbinder ist noch das Sicherheitsventil H
                              									angebracht, welches bei 6 at Ueberdruck abbläst. Die Cylinder, deren
                              									Querschnittsverhältniss 1 : 2,17 beträgt, sind mit entlasteten Schiebern der American Balance Slide Valve Co. versehen. Die
                              									Anordnung dieser Entlastungsvorrichtung zeigt Fig. 3.
                              									Die Abdichtung wird durch einen elastischen gusseisernen Ring C bewirkt, welcher nach oben an die mit dem
                              									Schieberkastendeckel verbundene Dichtungsfläche D, nach
                              									unten an den auf dem Schieberrücken liegenden Mitnehmerring B dampfdicht angepresst wird. Letzterer ist mit einem Schutzrande E versehen, um bei etwaigem Bruche des Ringes C das Herabfallen der Bruchstücke zu verhüten. Durch
                              									die Bohrung A steht der vom Dichtungsringe
                              									abgeschlossene Raum mit der Schiebermuschel in Verbindung, wodurch kleinere
                              									Undichtigkeiten in der Entlastung unschädlich gemacht und grössere durch den in die
                              									Ausströmung entweichenden Dampf angezeigt werden. Beim Leerlaufe öffnet sich der
                              									nicht mehr unter Druck stehende Entlastungsring ein wenig und gestattet den Eintritt
                              									der Luft in die Dampfkammer. In Folge der günstigen Erfahrungen, welche mit der
                              									vorgenannten Schieberentlastung erzielt wurden, werden sämmtliche neueren
                              									Hauptbahnlocomotiven der bayerischen Staatsbahn damit ausgerüstet. Um bei längerer
                              									Thalfahrt ein unnöthiges Anfachen des Feuers durch die aus dem Blasrohre strömende
                              									Luft zu verhüten, kann die Ausströmung vom Niederdruckcylinder gegen das Blasrohr
                              									abgesperrt und die. Luft unmittelbar ins Freie geleitet werden. Dies wird durch
                              									einen unterhalb der Rauchkammer angebrachten Drehschieber bewirkt, welcher vom
                              									Führerstande aus verstellt wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 129
                              Fig. 3.Dampfschieberentlastung der Normalschnellzug-Verbundlocomotive von
                                 										Maffei.
                              A Dampfvertheilungsschieber; B
                                 										Mitnehmerplatte sammt Ringfinger E; C Federnder Entlastungsring; D
                                 										Entlastungsplatte.
                              
                           Die Locomotive ist mit Heusinger-Steuerung, Dampfsandstreugebläse, Patent Steinle und Hartung,
                              									Westinghouse-Triebrad und -Tenderbremse, Geschwindigkeitsmesser, Körting'schen Strahlpumpen, de Limon-Schmierung für die
                              									Dampfschieber u.s.w. versehen.
                           Neben dieser Normal-Schnellzuglocomotive hatte die Firma Maffei eine für die Beförderung schwerer Züge von 300 t Wagengewicht
                              									bestimmte Viercylinder-Verbundschnellzuglocomotive mit drei gekuppelten Achsen und
                              									vorderem, zweiachsigem Drehgestell ausgestellt.
                           
                           Die beiden Hochdruckcylinder liegen innerhalb der 30 mm starken Rahmen über dem
                              									Drehgestelle und wirken auf die vordere, gekröpfte Treibachse, während die Kolben
                              									der aussen liegenden Niederdruckcylinder an der mittleren Treibachse angreifen. Das
                              									Hochdruckcylinderpaar ist mit seinen Dampfkammern in einem Stücke gegossen und
                              									bildet so eine feste Verbindung des vorderen Rahmenendes; es trägt zugleich die
                              									Rauchkammer.
                           Die gekröpfte Vorderachse ist aus bestem Krupp'schen
                              									Nickelstahl hergestellt und hat einen Schenkeldurchmesser von 210 mm. Die Kurbeln
                              									der Hochdruckmaschine sind gegenüber jenen der Niederdruckmaschine auf jeder
                              									Maschinenseite um 180° versetzt, um eine gegenseitige Ausgleichung der schwingenden
                              									Massen zu erzielen.
                           Der für 13 at Ueberdruck gebaute Kessel hat 194 Heizrohre von 47,5/52 mm Durchmesser
                              									mit einer feuerberührten Heizfläche von 118,7 qm. Die Gesammtheizfläche beträgt
                              									128,4 qm.
                           Behufs leichteren Anfahrens ist an der Hochdruckleitung in der Längsachse ein
                              									Dampfhahn angebracht, dessen Hebel zwangläufig mit der Steuerung verbunden ist, so
                              									dass bei ausgelegter Steuerung, von 65 Proc. Cylinderfüllung an, frischer Dampf
                              									durch seitliche Rohrleitungen nach den Verbindungsrohren strömt. An letzteren sitzt
                              									je ein Sicherheitsventil für 6 at Ueberdruck. Sämmtliche Schieber sind mit der
                              									vorgenannten Entlastungsvorrichtung versehen.
                           Die Locomotive hat Heusinger-Steuerung mit Excenterantrieb für die Hochdruckmaschine
                              									von der Kurbelachse aus. Die Steuerungen der Hoch- und Niederdruckmaschine sind mit
                              									einander verbunden. Im Uebrigen sind die gleichen Einrichtungen wie bei der
                              									Normal-Schnellzuglocomotive angebracht.
                           Eine von Krams und Co. in Nürnberg ausgestellte
                              									ungekuppelte Schnellzuglocomotive mit Vorspannachse findet sich in Glaser's Annalen vom 15. December 1896, S. 221.
                           Die Bauart bezweckt, die Vortheile einer ungekuppelten Locomotive hinsichtlich des
                              									leichten und ruhigen Laufes und der besseren Ausnutzung der Dampfkraft mit der
                              									grösseren Zugkraft der gekuppelten zu vereinigen (1896 301 * 277). Zu dem Zwecke sind zwei gesonderte Treibachsen angebracht,
                              									deren jede durch ein besonderes Cylinderpaar angetrieben wird.
                           Die Haupttriebachse mit 1860 mm Raddurchmesser wird durch die beiden obenliegenden
                              									Cylinder der Verbundmaschine mit Heusinger-Steuerung angetrieben, die Vorspannachse
                              									jedoch durch die beiden unteren Cylinder der Zwillingsmaschine mit
                              									Stephenson-Steuerung. Beide Maschinenarten sind völlig unabhängig von einander, um
                              									nach Bedarf nur die Haupttriebachse, oder neben ihr auch noch die Vorspannachse
                              									arbeiten lassen zu können. Letzteres ist bei den gewöhnlichen Zugbelastungen von 150
                              									bis 180 t Wagengewicht nur beim Anfahren und in Steigungen von 10 ‰ aufwärts
                              									erforderlich. Auf den günstigeren Strecken unter 10 ‰ Steigung wird der Regler der
                              									Zwillingsmaschine geschlossen und die Vorspannachse durch eine Federanordnung von
                              									den Schienen vollständig abgehoben, so dass sich diese im Ruhezustande befindet.
                           Diese Abhebevorrichtung veranschaulicht Fig. 4. Das
                              									Abheben erfolgt mittels einer entsprechenden Hebelverbindung mit den vorderen
                              									Spannschrauben der Haupttriebachstragfedern selbsthätig; zum Herunterlassen und
                              									Niederdrücken der Vorspannachse auf die Schienen dient ein über der Mitte der
                              									Achse angebrachter Dampfkolben, dessen Querschnitt so gross gewählt ist, dass ein
                              									Schienendruck von 14 t erzielt wird. Damit das Einschalten der Vorspannachse während
                              									der Fahrt ohne Stoss erfolgt, ist die Einrichtung so getroffen, dass die
                              									Vorspannmaschine zunächst durch theilweises Oeffnen des Reglers mit einer
                              									Umdrehungszahl in Leerlauf versetzt wird, die einer Fahrgeschwindigkeit von 40 bis
                              									45 km in der Stunde entspricht, hierauf das Füllen des Belastungscylinders durch
                              									eine enge Leitung erfolgt – die Achse also allmählich angedrückt wird – und dann
                              									erst der Regler der Vorspannmaschine vollständig geöffnet wird. Die richtige
                              									Handhabung wird mittels zweier am Steuerungsbock angebrachter Hebel erzielt, von
                              									welchen der Reglerhebel auf der ersten Hälfte seines Hubes den Leerlauf, der zweite
                              									Hebel die Belastung der Vorspannachse bewirkt. Beide Hebel sind derart von einander
                              									abhängig, dass der Regler erst nach erfolgter Belastung der Achse ganz geöffnet und
                              									umgekehrt die Belastung erst nach theilweiser Schliessung des Reglers aufgehoben
                              									werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 130
                              Fig. 4.Abhebevorrichtung.
                              
                           Die Steuerungen der Haupt- und Vorspannmaschine werden von einer gemeinschaftlichen
                              									Steuerungswelle aus mit einander bewegt, wobei die Todtpunkte der Schwingen etwas
                              									gegen einander versetzt sind, um für beide Maschinen günstige Füllungsgrade zu
                              									erhalten. Als Anfahrvorrichtung für die Hauptmaschine ist der Lindner'sche Anfahrhahn (1893 287 * 29) unter Anwendung von Entlastungskanälen im Hochdruckschieber
                              									vorgesehen. Die Cylinderabmessungen wurden derart gewählt, dass beim
                              									Zusammenarbeiten beider Maschinen für jede eine Zugkraft von 2800 k, entsprechend
                              									einem Schienenreibungswerthe von 0,2, erzielt wird. Für das Allein arbeiten der
                              									Haupttreibachse wurde eine etwas höhere Cylinderkraft vorgesehen, entsprechend einer
                              									grössten Zugkraft von 3200 k und einem Reibungswerthe von 0,222.
                           Die zweite von der Locomotivbauanstalt Krauss gelieferte
                              									Ausstellungslocomotive ist eine vierfach gekuppelte Güterzuglocomotive, bezeichnet
                              									als Doppelcylinder-Verbundlocomotive mit vorderer Laufachse. Sie hat die 1896 299 77 erwähnte Krauss'sche
                              									Drehgestellanordnung, wobei die Einstellung der Laufachse in Krümmungen mittels
                              									eines doppelarmigen Hebels durch die seitliche Verschiebung der vordersten
                              									Treibachse bewirkt wird. Von den für die bayerischen Staatsbahnen beschafften 14
                              									Locomotiven dieser Gattung sind 12 Stück als Zwillingsmaschinen mit 540 mm
                              									Cylinderdurchmesser, die übrigen zwei, darunter die ausgestellte, als viercylindrige
                              									Verbundlocomotiven ausgeführt. Die Construction der nach Tandembauart angeordneten
                              									Cylinder dieser Maschine von 370, 400 und 710 mm Durchmesser ist Fig. 5 ersichtlich.
                           Der für einen Ueberdruck von 13,5 at erbaute Kessel von 1582 mm Durchmesser hat 160
                              									qm Gesammtheizfläche.
                           Die Locomotive hat Heusinger-Steuerung, Westinghouse-Triebrad- und -Tenderbremse,
                              									Wasserschmierung für die Schienen, Geschwindigkeitsmesser, de Limon-Schmierung für
                              									die Dampfschieber.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 131
                              Fig. 5.Cylinder der Locomotive von Krauss.
                              
                           Die von Maffei zur Ausstellung gebrachte
                              									Güterzuglocomotive war eine Doppel-Verbundlocomotive der bekannten Bauart Hallet (1891 282 * 27) mit
                              									paarweise gekuppelten Treibachsen. Die beiden Niederdruckcylinder sind an den
                              									vorderen, die zwei Hochdruckcylinder an den hinteren Gestellrahmen angebracht.
                           Der hintere Hauptrahmen, welcher den Langkessel und die Steuerungswelle für die
                              									Niederdruckmaschine trägt, ist nach vorn verlängert und überragt den Vorderrahmen,
                              									etwa in der Mitte des letzteren mittels stählerner Reibplatten. Beide Rahmen sind,
                              									um die erforderliche Beweglichkeit in Krümmungen zu erzielen, durch ein lothrechtes
                              									Doppelgelenk mit einander verbunden.
                           Der auf 14 at Ueberdruck gebaute Kessel hat 123 qm Gesammtheizfläche.
                           Eine neue, zweifach gekuppelte Schnellzuglocomotive der dänischen Staatsbahnen mit
                              									zweiachsigem Drehgestell ist in dem Organ für die
                                 										Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1896 S. 231, beschrieben und
                              									abgebildet.
                           Die Hauptabmessungen und Verhältnisse sind die folgenden:
                           
                              
                                 Schienendruck,
                                 1.
                                 Achse
                                 8000
                                 k
                                 
                              
                                 „
                                 2.
                                 „
                                 8000
                                 k
                                 
                              
                                 „
                                 3.
                                 „
                                 13000
                                 k
                                 
                              
                                 „
                                 4.
                                 „
                                 13000
                                 k
                                 
                              
                                 Reibungsgewicht
                                 26000
                                 k
                                 
                              
                                 Gesammtgewicht, mit Wasser
                                 42000
                                 k
                                 
                              
                                            „                 leer
                                 39000
                                 k
                                 
                              
                                 Rostfläche, gesammte
                                 1,77
                                 qm
                                 
                              
                                         „         freie
                                 0,382
                                 qm
                                 
                              
                                 Anzahl der Siederohre
                                 172
                                 
                                 
                              
                                 Länge    „          „
                                 3430
                                 mm
                                 
                              
                                 Durchmesser der Siederohre
                                 48/42,5
                                 mm
                                 
                              
                                 Innere Fläche  „          „
                                 78,76
                                 qm
                                 
                              
                                     „     Heizfläche des Feuerkastens
                                 9,25
                                 qm
                                 
                              
                           
                              
                                 Gesammte innere Heizfläche
                                 88,01
                                 qm
                                 
                              
                                 Dampfüberdruck
                                 12
                                 at
                                 
                              
                                 Treibraddurchmesser
                                 1846
                                 mm
                                 
                              
                                 Laufraddurchmesser
                                 914
                                 mm
                                 
                              
                                 Cylinderdurchmesser
                                 430
                                 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 610
                                 mm
                                 
                              
                                 Gewicht des Tenders, betriebsfähig
                                 27300
                                 k
                                 
                              
                                       „         „         „       leer
                                 13800
                                 k
                                 
                              
                                 Wasserinhalt
                                 10,0
                                 cbm
                                 
                              
                                 Kohlenlast
                                 3,5
                                 cbm
                                 
                              
                           Das Drehgestell hat seitliche Verschiebung und Pendelaufhängung.
                           Der Kessel hat eine tiefe Feuerkiste und wagerechten Rost. Die Cylinder haben
                              									aussenliegende Schieberkasten und schräg liegende Dampfschieber.
                           Die Mutter der Umsteuerungsschraube ist zum Nachstellen eingerichtet, so dass kein
                              									Klopfen derselben auf der Schraube entstehen kann.
                           Die Locomotive ist mit einer selbsthätigen Saugbremse mit dem Doppelstrahlbläser
                              									ausgerüstet, der seinen Abdampf durch ein Rohr im Kessel nach der Rauchkammer
                              									schickt. Alle Bremsgestänge sind mit Ausgleichhebeln versehen, um gleichen Druck auf
                              									alle Bremsklötze zu bringen, die wegen des seltenen Bremsens nur einseitig an den
                              									Treibrädern angeordnet sind.
                           Der Tenderkasten hat einen muldenförmigen Boden, welcher die Kohlen nach dem Fülloche
                              									heruntergleiten lässt; an der einen Seite ist ein kleiner Raum abgesondert, welcher
                              									für rauchlose Kohlen bestimmt ist, die für das Anheizen und in den städtischen
                              									Bahnhöfen gebraucht werden.
                           Die vierachsige, zweifach gekuppelte Tender-Personenzuglocomotive der dänischen
                              									Staatsbahnen für Vorortverkehr hat wegen der andauernden Fahrt in Gleiskrümmungen
                              									bei 6630 mm gesammtem nur 2430 mm festen Abstand. Die vordere Laufachse hinter den
                              									Cylindern wie auch die hintere, unter dem Tender liegende Laufachse sind beide um
                              									einen belasteten, festen Mittelzapfen drehbar und seitlich verschiebbar, indem die
                              									Zapfenstützen der Querfedern mit schräg nach aussen gerichteten Hängependeln an den
                              									Lagern aufgehängt sind, welche in der Geraden die Mittelstellung herstellen. Die
                              									Drehung wird durch die Seitenverschiebung mittels zweier schräger Lenkstangen
                              									geregelt, welche in der Geraden auch in dieser Beziehung die Mittelstellung wahren
                              									und wegen der wechselnden Fahrrichtung vorn nach vorn, hinten nach hinten gerichtet
                              									sind, so dass die voran fahrenden stets auf Zug wirken. Die Einzeltheile der
                              									Locomotive sind möglichst in Uebereinstimmung mit der vorgenannten
                              									Schnellzuglocomotive gehalten, nur sind die Bremsklötze hier zu beiden Seiten jedes
                              									der beiden Treibräder angebracht.
                           Die Hauptabmessungen und Verhältnisse der Locomotive sind die folgenden:
                           
                              
                                 Schienendruck
                                 der
                                 vorderen Laufachse
                                 13000
                                 k
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 Treibachse
                                 13000
                                 k
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 Kuppelachse
                                 13500
                                 k
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 hinteren Laufachse
                                 12500
                                 k
                                 
                              
                                 Reibungsnutzgewicht
                                 26500
                                 k
                                 
                              
                                 Gesammtgewicht mit Wasser
                                 52000
                                 k
                                 
                              
                                            „                leer
                                 41200
                                 k
                                 
                              
                                 Rostfläche, gesammte
                                 1,305
                                 qm
                                 
                              
                                 Siederohre, Anzahl
                                 140
                                 
                                 
                              
                                        „          Länge
                                 3445
                                 mm
                                 
                              
                                        „          Durchmesser
                                 48/42,5
                                 mm
                                 
                              
                                 Heizfläche in den Siederohren
                                 64,42
                                 qm
                                 
                              
                                        „          „  der Feuerkiste
                                 8,05
                                 qm
                                 
                              
                                        „         gesammte
                                 72,47
                                 qm
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Dampfüberdruck
                                 10
                                 at
                                 
                              
                                 Treibraddurchmesser
                                 1710
                                 mm
                                 
                              
                                 Laufraddurchmesser
                                 1100
                                 mm
                                 
                              
                                 Cylinderdurchmesser
                                 430
                                 mm
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 610
                                 mm
                                 
                              
                                 Zugkraft bei 60 Proc. Nutzdruck
                                 3960
                                 k
                                 
                              
                                 Wasservorrath
                                 6
                                 cbm
                                 
                              
                                 Kohlenvorrath
                                 2
                                 t
                                 
                              
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)