| Titel: | Röhren und Röhrenverbindungen. | 
| Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 225 | 
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                        Röhren und Röhrenverbindungen.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 202 d.
                           								Bd.)
                        Röhren und Röhrenverbindungen.
                        
                     
                        
                           Die Aufstellung von Normalien für die Abmessungen von
                              									Hausentwässerungsleitungen und Leitsätzen für die Dichtung derselben ist für
                              									verschiedene Rohrarten bereits mit Erfolg versucht worden. Die gusseisernen und
                              									schmiedeeisernen Röhren z.B. werden schon seit einer Reihe von Jahren nach
                              									feststehenden, von den hervorragendsten Röhrenwerken vereinbarten Abmessungen
                              									geliefert. Nach einem Vortrage von Unna im Architekten-
                              									und Ingenieurverein für Niederrhein und Westfalen sind (nach der Bauzeitung) auch für andere Röhren dergleichen
                              									Normalien aufgestellt worden. Wir geben den bemerkenswerthen Vortrag nachstehend
                              									wieder:
                           
                              I. Thonrohre.
                              Für Hausentwässerungsleitungen werden verwendet: die Lichtweiten 0,10, 0,15,
                                 										0,20, 0,225, 0,25 m. Doch dürfte gleichzeitig auch darauf hinzuwirken sein, dass
                                 										grössere Lichtweiten von 5 zu 5 cm, also von 0,25 auf 0,30, 0,35, 0,40, 0,45
                                 										u.s.w., anstatt der in Berlin üblichen Lichtweiten 0,21, 0,24 u.s.w. mit 3 cm
                                 										Mehrlichtweite fortschreitend, von den Thonrohrfabriken gefertigt werden und
                                 										allgemein für städtische Kanalisationszwecke zur Verwendung gelangen. Ebenso
                                 										dürften Normalien für die Wandstärke, Muffenform, Muffenweite u.s.w.
                                 										aufzustellen sein, da heute fast jedes grössere Thonwerk seine eigenen Modelle
                                 										besitzt, die von den Modellen anderer Werke mehr oder weniger abweichen. Durch
                                 										eine einheitliche Regelung würden sowohl die Behörden wie Private in die Lage
                                 										versetzt sein, stets Normalrohre anfordern zu können, womit der
                                 										Thonwaarenindustrie nur gedient sein kann.
                              Bezüglich der Dichtung der Thonrohre sind folgende Ausführungen üblich:
                              1) Lettendichtung (plastischer Thon). Diese Dichtung empfiehlt sich jedoch wegen
                                 										der geringen Widerstandsfähigkeit gegen äusseren und inneren Druck und der
                                 										Gefahr der Zerstörung durch Pflanzenwurzeln und Würmer, wie dies häufig
                                 										beobachtet ist, trotz der grossen Vortheile der Nachgiebigkeit bei etwaigen
                                 										Setzungen des Bohrstranges nicht.
                              2) Cementdichtung. Diese Dichtung hat den Vortheil der Drucksicherheit, birgt
                                 										jedoch die Gefahr in sich, einmal durch Treiben des Cements die Muffen zu
                                 										sprengen, ferner aber eine vollkommen starre Verbindung herbeizuführen, welche
                                 										leicht zu Brüchen des Rohrstranges bei etwa eintretenden Senkungen des
                                 										Untergrundes führen kann.
                              3) 1 und 2 vereinigt in der Weise, dass eine innere Cementdichtung mit einem
                                 										äusseren Lettenwulst zur Anwendung gelangt oder umgekehrt. Diese Dichtung
                                 										versucht, die Vortheile der Dichtungen unter 1 und 2 zu verbinden und die
                                 										Nachtheile derselben unschädlich zu machen. Dieselbe wird daher in letzter Zeit
                                 										meistens verwandt.
                              4) Asphaltdichtung, welche in neuester Zeit in Anwendung kommt. Diese
                                 										Dichtungsart, welche auf Veranlassung des Stadtbauraths a. D. Lindley schon seit mehreren Jahren in Elberfeld
                                 										durchgeführt wird und mit welcher auch neuerdings Versuche in Berlin und
                                 										Hannover angestellt worden sind, hat auch mich veranlasst, eingehende Versuche,
                                 										welche demnächst zur Veröffentlichung gelangen, mit diesem Material zu machen.
                                 										Dieselben haben ergeben, dass der Asphalt bedeutend besser am Steingut haftet
                                 										als Cement und dass derselbe ausserdem die erwünschte Elasticität besitzt, die
                                 										der Cementdichtung abzusprechen ist. Bei diesen Versuchen ist jedoch
                                 										festgestellt worden, dass die billigen, von Fabriken angepriesenen
                                 										Asphaltsurrogate, welche zum grossen Theil aus Steinkohlenpech bestehen, sich
                                 										hierfür nicht eignen. Dagegen haben Mischungen aus 1 Th. Vorwohler Mastix und 1
                                 										Th. Goudron vorzügliche Ergebnisse geliefert, während sich die von Lindley vorgeschlagene Mischung von 1 Th. Mastix
                                 										und 2 Th. Goudron als zu weich herausgestellt hat.
                              
                           
                              II. Eisenrohre.
                              Von Eisenrohren kommen zur Verwendung:
                              A. Gussrohre, und zwar: 1) die sogen. „schottischen Rohre“, 2) die sogen.
                                 											„Lauchhammer“ auch „deutsche Rohre“ genannt, 3) die sogen.
                                 											„schweren Rohre“ nach den für Druckrohre aufgestellten Normalien des
                                 										Vereins deutscher Ingenieure, 4) verschiedene Dimensionirungen, aufgestellt von
                                 										den Stadtbauämtern Frankfurt a. M., München u.s.w.
                              B. Schmiedeeiserne Rohre, und zwar: 1) verzinkte Eisenrohre, 2)
                                 										Mannesmann-Rohre.
                              Wie die in der Sitzung ausgestellten schottischen und deutschen Rohre zeigen und
                                 										wie wohl allgemein anerkannt wird, genügen dieselben für Hausentwässerungszwecke
                                 										keineswegs. Nicht nur, dass die Wandstärken viel zu gering bemessen sind und ein
                                 										Bruch oder eine Verletzung derselben sehr leicht herbeigeführt werden kann,
                                 										lassen die Muffenabmessungen eine ordnungsmässige Bleiverstemmung nicht zu. Die
                                 										Folgen dieser Undichtigkeiten sind die Versäuchung des Untergrundes unter
                                 										unseren Wohnräumen und das Eindringen der Kanalluft in dieselben, welchen
                                 										Gefahren mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln entgegen zu arbeiten ist.
                                 										Andererseits dürfte zugegeben werden, dass die für Wasserleitungszwecke auf
                                 										hohen Druck geprüften Rohre nach den Normen des Vereins deutscher Ingenieure für
                                 										Hausentwässerungszwecke zu starke Abmessungen besitzen. Wenn auch unter
                                 										Kellersohle und an den Stellen, wo eine Zugänglichkeit und Ueberwachung der
                                 										Rohre nicht möglich ist, dieselben am Platze sein dürften, so würden für Rohre,
                                 										welche zugänglich verlegt sind, Abmessungen genügen, welche zwischen denen der
                                 										schweren – und denen der deutschen – Rohre liegen. Es würde auf diese Weise auch
                                 										darauf hingewirkt werden, dass alle Leitungen möglichst zugänglich verlegt
                                 										werden, was wiederum für die Unterhaltung und Ueberwachung der Leitungen von
                                 										grossem Werthe ist. Für die gängigen Rohrabmessungen dürften folgende
                                 										Wandstärken in Vorschlag zu bringen sein:
                              
                                 
                                    Durchmesser:
                                    50
                                    65
                                    80
                                    100
                                    120
                                    150
                                    200
                                    mm
                                    
                                 
                                    Wandstärken:
                                    5
                                    5
                                    5
                                    6
                                    7
                                    8
                                    9
                                    mm
                                    
                                 
                              und eine dementsprechende Muffenwandstärke.
                              Schmiedeeiserne Rohre werden nur in seltenen Fällen für Hausentwässerungen
                                 										verwandt, da der Preis sich zu hoch stellt, zumal da eine Verzinkung der Innen-
                                 										und Aussenwandung stattfinden muss. Die Mannesmann-Rohre, welche sich ebenfalls
                                 										sehr gut für diesen Zweck eignen, da die Rostbildung eine bedeutend geringere
                                 										ist als bei Gussrohren, haben wegen des hohen Preises noch wenig Verwendung
                                 										gefunden.
                              Bezüglich der Dichtung der Gusseisenrohre ist leider die Cementdichtung und sogar
                                 										Kalkmörteldichtung sehr verbreitet, obgleich dieselbe durchaus ungenügend ist,
                                 										zumal für Sohlenleitungen. Schon bei geringem Ueberdruck findet ein Schweissen
                                 										der Muffen statt. Ebenso erscheint die Mennigdichtung mit Hanfeinlage als
                                 										ungenügend, da
                                 										dieselbe für liegende Leitungen keine Sicherheit gegen Druck bietet und für
                                 										stehende Leitungen an der der Wand zugekehrten Seite des Rohres sehr schwer
                                 										ausführbar ist. Es dürfte daher überall eine Bleidichtung vorzuschreiben sein,
                                 										indem nach Einbringen einer Hanfverstemmung ein Vergiessen mit Blei stattfindet,
                                 										welches dann in ordnungsmässiger Weise zu verstemmen ist. Nur auf diese Weise
                                 										ist eine genügende Sicherheit gegen das Eindringen von schädlicher Kanalluft in
                                 										die Wohnräume gewährleistet. Vielleicht dürfte für senkrechte Rohrleitungen eine
                                 										Asphaltdichtung in Erwägung zu ziehen sein.
                              
                           
                              III. Bleirohre.
                              Wie bekannt, ist das Bleirohr in Folge der Weichheit des Materials sehr leicht
                                 										Formänderungen ausgesetzt, welche bei nicht sachgemässer Verlegung, besonders
                                 										durch die Befestigung derselben auf unebenem Mauerwerk durch Eisenklammern
                                 										anstatt durch verlöthete Messingbänder auf Holzunterlage entstehen. Ausserdem
                                 										aber werden bei der Verwendung dünnwandiger Bleirohre durch Senkungen in Folge
                                 										des eigenen Gewichtes häufig Ausbauchungen in den Röhren verursacht, welche zu
                                 										Schlammablagerungen und Verstopfungen Veranlassung geben. Um diese Ausbauchungen
                                 										zu verhindern, werden die Bleirohre häufig fest eingemauert. Es wird jedoch auf
                                 										diese Weise nicht nur die Ueberwachung der Leitung unmöglich gemacht, sondern
                                 										dem Feind der Bleirohre, Kalk und Cement, Gelegenheit gegeben, zersetzend auf
                                 										das Material einzuwirken. Diesem Mangel kann nun entgegen gewirkt werden durch
                                 										stärkere Abmessungen und durch sachgemässe Verlegung auf Holzunterlagen. Die
                                 										bisher üblichen Wandstärken für Bleirohre von 25, 40 und 50 mm Durchmesser
                                 										betragen nur 2 bis 3 mm, während Stärken von 4 mm für 25 mm Durchmesser, 4,5 mm
                                 										für 40 mm Durchmesser und 5 mm für 50 mm Durchmesser zu fordern sein
                                 										dürften.
                              Aber nicht nur für die engeren Entwässerungsrohre, sondern auch für die
                                 										secundären Entlüftungsrohre dürften an Stelle der bisher üblichen Zinkrohre nur
                                 										Bleirohre zur Verwendung kommen, da bei Zinkrohren eine dichte Verlöthung an den
                                 										der Wand zugekehrten Stellen der Rohre nur sehr schwer ausführbar ist und eine
                                 										Dichtung mit Mennige und Hanf keine genügende Sicherheit gegen das Durchdringen
                                 										der Kanalluft bietet. Für diese Rohre dürfte jedoch bei sauberer Verlegung eine
                                 										Wandstärke von 2 bis 3 mm genügen.
                              Was nun die Dichtung derselben anbetrifft, so ist bei der Verbindung von
                                 										Bleirohren unter einander hier im Allgemeinen die Kelchnaht üblich, welche
                                 										jedoch, wenn dieselbe nicht ganz sauber ausgeführt, ihre grossen Nachtheile hat.
                                 										In England wird allgemein und mit Recht für Entwässerungsrohre die Plombennaht
                                 										angewandt, dagegen die Kelchnaht und sogen. glatte Naht nur für Luftrohre
                                 										zugelassen. Die englischen Verbindungsstücke, welche der Vortragende durch
                                 										Vermittelung eines englischen Collegen, Liberty,
                                 										erhalten hat, zeigen die Vortheile dieser Verbindungsweise in anschaulicher
                                 										Weise. Die häufig vorkommende Verbindung von Bleirohr mit Eisenrohr, welche sich
                                 										durch Bleidichtung nicht unmittelbar herstellen lässt, wird hier im Allgemeinen
                                 										durch Dichtung mit Hanf und Mennige hergestellt, welche Dichtung jedoch den zu
                                 										stellenden Anforderungen, wie bereits oben erwähnt, nicht genügt. In England
                                 										wird diese Verbindung gewöhnlich durch Einschaltung eines
                                 										Messingzwischenrohres erzielt, welches mit dem Eisenrohre durch Bleidichtung,
                                 										mit dem Bleirohre durch eine Plombennaht verbunden ist. Diese Verbindung kann
                                 										aber auch durch eine Flanschenverbindung, wie dieselbe von Lindley in Elberfeld, Mannheim u.s.w. angewandt
                                 										wird, in befriedigender Weise erzielt werden. Die Verbindung von Bleirohren mit
                                 										Zinkrohren lässt sich durch Verlöthung herstellen, während für die Verbindung
                                 										zwischen Bleirohren und Steingut oder Porzellan die Gummidichtung zu empfehlen
                                 										ist, und zwar in besonderen hierfür hergestellten Modellausführungen.
                              
                           
                              IV. Zinkrohre.
                              Dieselben werden für Regen abfallrohre und für Luftrohre in Verlängerung der
                                 										Fallrohre verwandt. Hierfür sind jedoch auch papierähnliche Wandstärken in
                                 										Gebrauch, welche als durchaus ungenügend zu bezeichnen sind. Es dürfte hierfür
                                 										kein schwächeres Zinkblech als Nr. 12 (0,66 mm stark) zur Verwendung kommen. Die
                                 										Verbindung derselben müsste, falls die Rohre mit der Kanalluft in unmittelbarer
                                 										Verbindung stehen, durch vollständige Verlöthung der Quer- und Längsnähte
                                 										erfolgen.
                              
                           
                              V. Sonstige
                                    										Materialien.
                              Als sonstige Materialien für Rohre sind noch Messing- und Kupferrohre zu
                                 										erwähnen. Dieselben werden jedoch ausschliesslich für Bade-, Closet- und
                                 										Pissoireinrichtungen verwandt, falls es beabsichtigt wird, denselben ein
                                 										vornehmes Aussehen zu verleihen, und es kann daher von einer Normirung der
                                 										Abmessungen für diese Rohre Abstand genommen werden.
                              Nachdem durch vorstehende Ausführungen in kurzen Umrissen versucht war, die
                                 										Nothwendigkeit einer Klärung und Regelung dieser Angelegenheit nachzuweisen,
                                 										wies der Vortragende darauf hin, dass die Hausentwässerungsanlagen in
                                 										hygienischer Beziehung zu den wichtigsten Factoren bei der Ausführung von
                                 										Gebäuden gezählt werden müssen und dass dies auch von den Verwaltungsorganen der
                                 										meisten grösseren deutschen Städte, welche eine Kanalisationsanlage besitzen,
                                 										dadurch anerkannt worden sei, dass die Herbeiführung eines gesundheitstechnisch
                                 										guten Zustandes der Hausentwässerungsanlagen durch ortspolizeiliche Bestimmungen
                                 										geregelt ist. Diese ortspolizeilichen Bestimmungen fordern jedoch nur das
                                 										geringste Maass dessen, was aus gesundheitstechnischen Gründen gefordert werden
                                 										muss, und es schliesst sich die Ausführung der Anlagen leider möglichst eng an
                                 										dieses häufig zu niedrig bemessene Minimum an. Wie oben erwähnt, wird in
                                 										Deutschland sowohl auf Ausführung als auf Unterhaltung und Ueberwachung der
                                 										Hausentwässerungsanlagen bis jetzt ein viel zu geringer Werth gelegt, der sich
                                 										am deutlichsten in den in generellen Kostenanschlägen für Wohngebäude üblichen
                                 										Anschlagssummen zeigt. Während hier im Allgemeinen 1 Proc. der Bausumme für Ent-
                                 										und Bewässerung der Gebäude als ausreichend angegeben wird, und zwar auf jedes
                                 										etwa ½ Proc., wird in England allgemein 4 Proc., und zwar 1 Proc. für
                                 										Bewässerung und 3 Proc. für Entwässerung angesetzt. Nur die Festsetzung von
                                 										Normalien und eine Einwirkung auf die Behörden, die ausführenden Architekten und
                                 										das bauende Publicum, höhere Normalien für die Ausführungen vorzuschreiben, kann
                                 										diesem Treiben entgegen wirken. Damit würde nicht nur diesen, sondern ebenso der
                                 										Industrie ein grosser Dienst erwiesen werden.
                              
                           
                        
                           
                           Allgemeines über Dampfleitungen.
                           Die Dampfleitungen werden häufig Veränderungen unterworfen. Der Fabrikant ist jedoch
                              									nicht immer in der Lage, einen Fachingenieur dabei zu Rathe zu ziehen, obschon durch
                              									verfehlte Anordnung Veranlassung zu Rohrbrüchen gegeben werden kann, die ausser dem
                              									verursachten materiellen Schaden auch das Leben der Arbeiter gefährden. Gesteigert
                              									wird diese Gefahr durch die immer mehr in Anwendung kommende Verwendung
                              									hochgespannten und auch überhitzten Dampfes, welcher den Vortheil bietet, den durch
                              									Condensation entstehenden Kraftverlust möglichst einzuschränken. Die Anforderungen
                              									an die Festigkeit der Leitungen werden hierdurch wesentlich gesteigert, und nur
                              									durch geeignete Wahl des Materials und richtige Anordnung aller Theile kann man sich
                              									vor Schaden bewahren. Beachtenswerth sind die Ausführungen eines auf diesem Gebiete
                              									hervorragenden Fachmannes, des Geh. Admiralitätsrathes a. D. Gurlt.
                           Bei Betrachtung der Mängel, welche zu Brüchen von Dampfleitungen führen können,
                              									finden wir zunächst eine solche Anordnung der Rohre, dass sie Wassersäcke bilden.
                              									Unter gewöhnlichen Verhältnissen müssen sich diese immer vermeiden lassen. Sind sie
                              									jedoch einmal vorhanden, sei es in Folge verfehlter Anlage oder unvermeidlicher
                              									kurzer Biegungen, so muss für ausreichende Entwässerung an richtiger Stelle gesorgt
                              									werden. Als Regel soll gelten, dass die Dampfleitung von den Kesseln ohne Steigung,
                              									womöglich sogar mit etwas Fall, bis zum Hauptwassersammler vor den Kochern,
                              									Trockencylindern, Dampfmaschinen u.s.w. geführt wird. Das in die Leitung gelangte
                              									Wasser sucht dann nicht dem Dampfstrom entgegen zu fliessen, sondern wird von
                              									demselben ohne Widerstand in den Wassersammler mitgeführt. Aus letzterem ist das
                              									Dampfrohr unmittelbar zum Verbrauchsort zu leiten und zwar mit ununterbrochener
                              									Steigung, wenn es nach oben geführt werden muss, damit das sich condensirende Wasser
                              									ungehindert in den Wassersammler zurückfliessen kann. Der Wassersammler selbst muss
                              									reichlich gross bemessen sein, damit er auch bei stärkerem Ueberkochen, was bei
                              									angestrengtem Betrieb oft vorkommt, alles Wasser aus den Dampfrohren aufnehmen kann.
                              									Man muss ihn stets rechtzeitig entleeren und daher mit Wasserstandglas versehen. Um
                              									übermässiger Bildung von Condenswasser vorzubeugen, müssen alle dampfführenden
                              									Theile, auch Ventile und sonstige Gehäuse, mit Ausnahme der Flanschen und
                              									Stopfbüchsen, gut und wirksam bekleidet sein. Dadurch wird nicht nur die
                              									Betriebssicherheit der Rohrleitung erhöht, sondern man spart auch Kohle und
                              									verhindert lästige Erwärmung der Räume, durch welche die Dampfleitung geführt
                              									wird.
                           Bei langen Leitungen sind Expansionsvorrichtungen nothwendig, welche die durch die
                              									Temperaturunterschiede hervorgerufene Ausdehnung und Verkürzung der Leitung
                              									aufnehmen, ohne dass das Metall der Leitung durch Zug oder Druck beansprucht wird.
                              									Zu diesem Zweck sind die sogen. Expansionslinsen ebenso wenig zu empfehlen, wie die
                              									trompetenförmigen Erweiterungen, die zuweilen zu diesem Behuf in die Leitung
                              									eingeschaltet werden. Denn diese müssten wegen ihres grösseren Durchmessers grössere
                              									Wandstärke haben als die Rohrleitung selbst und könnten deshalb nicht mehr genügend
                              									federn. Aus demselben Grund lassen sich auch Rohrkniee nicht vortheilhaft verwenden,
                              									da auch diese mit Rücksicht auf die Schwächung ihrer convexen Seite aus
                              									dickerem Material hergestellt werden müssen als die geraden Theile und deshalb die
                              									für Expansionsvorrichtungen nöthige Schmiegsamkeit nicht besitzen. Vielmehr würden
                              									in diesen starke Materialspannungen entstehen, die, in Verbindung mit der
                              									Beanspruchung durch den Dampfdruck, ihnen selbst, insbesondere aber ihren Flanschen
                              									verbin düngen mit den anschliessenden Rohrtheilen gefährlich werden müssten.
                           Als Expansionsvorrichtungen bleiben somit nur die Stopfbüchsen übrig, deren Anordnung
                              									in den einzelnen Theilen der Dampfleitung mit grosser Sorgfalt getroffen werden
                              									muss, da sie nicht nur die durch die Temperaturveränderung verursachte Bewegung der
                              									Rohre gestatten, sondern auch alle Erschütterungen aufnehmen müssen, welche durch
                              									die elastische Bewegung der Kessel, der Kocher, der Dampfmaschine verursacht werden.
                              									Mit Rücksicht auf diese Erschütterungen sind lange, sich frei tragende Rohrstränge
                              									ungünstig, da diese eine durch ihr Eigengewicht verstärkte schleudernde Bewegung
                              									erleiden, welche die Festigkeit der Rohre beeinträchtigt und die Flanschendichtungen
                              									zu lockern bestrebt ist; sie müssen daher an den Wänden aufgehängt werden. Ferner
                              									hat man dafür zu sorgen, dass die Rohre nicht durch den Dampfdruck aus den
                              									Expansionsstopfbüchsen herausgedrängt werden können. Wenn eine ganz gerade
                              									Rohrleitung die Kessel mit der Maschine oder den Kochern verbindet, so ist hierfür
                              									keine besondere Einrichtung nöthig, da die Kessel einerseits, die Maschine oder die
                              									Kocher andererseits den durch den Dampfdruck verursachten Längsschub des
                              									Rohrstranges aufnehmen. Wo jedoch Krümmer vorhanden sind, ist eine besondere
                              									Verankerung nöthig. Hierbei sind jedoch die Krümmer möglichst geringen
                              									Biegungsursachen auszusetzen und namentlich alle Hebelwirkungen zu vermeiden, durch
                              									welche die Rohrflanschen der Krümmer sowohl, als auch die mit ihnen verschraubten
                              									Theile gebrochen werden könnten.
                           Ueberhaupt ist nach Möglichkeit zu erstreben, dass die Rohrflanschen und ihre
                              									Schrauben nur diejenige Beanspruchung erfahren, welche zum Dichthalten der
                              									Flanschenverbindung erforderlich ist, und nicht ausserdem noch weiteren Zug- oder
                              									Biegungsursachen ausgesetzt werden. Bei einem geraden Rohrstrang, dem die nöthige
                              									Längsbeweglichkeit zwischen seinen äusserlich verankerten oder sonstwie festgelegten
                              									Enden gesichert ist, fallen Nebenbeanspruchungen jener Art fort. Rohrkniee dagegen,
                              									bei denen der eine Schenkel fest angeschraubt, der andere in einer Stopfbüchse frei
                              									beweglich ist, verlangen für ihre Sicherung gegen Bruch besondere Sorgfalt. Man soll
                              									also bei Knierohren die Verankerung stets derart anbringen, dass der fest
                              									angeschraubte Rohrschenkel unwandelbar in seiner Lage festgehalten wird, der andere
                              									Schenkel aber in einer Stopfbüchse frei beweglich bleibt.
                           Um das Herausfliegen von Flanschenpackungen zu verhindern, lasse man den einen
                              									Flansch über den Umfang des anderen concentrisch übergreifen; hierdurch wird
                              									zugleich auch von den Flanschenschrauben eine etwaige Beanspruchung auf Abscherung
                              									fortgenommen. Bei allen bereits vorhandenen Rohrflanschen kann derselbe Zweck
                              									nachträglich leicht dadurch erreicht werden, dass ein Ziehband fest um die
                              									Peripherie beider Flanschen gelegt wird, welches die Dichtungsfuge deckt.
                           
                           Die geeignetsten Metalle für Dampfleitungen sind Eisen und Kupfer. In Zellstoff-
                              									und Papierfabriken verdienen die Kupferrohre den Vorzug, weil das Kupfer eine viel
                              									höhere Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einwirkungen besitzt, und dabei
                              									genügende Festigkeit hat, um bei geringen Wandstärken noch hohem Druck zu
                              									widerstehen. Hierzu kommt noch beim Kupfer der Vorzug, dass man an beliebige Stellen
                              									leicht seitliche Verbindungen durch Löthen, oder Nieten und Löthen herstellen kann,
                              									ohne wie beim Eisen jedesmal besonderer Formgusstücke zu benöthigen.
                           Man könnte wegen der grösseren Festigkeit von Eisen und Stahl dazu bestimmt werden,
                              									Krümmer, welche besonders starker Beanspruchung ausgesetzt sind, aus diesen Metallen
                              									herzustellen und in die kupferne Leitung einzuschalten. Das geht jedoch nicht an,
                              									weil diese Theile unfehlbar durch galvanische Einwirkung zerstört würden. Letztere
                              									muss bei allen dampfführenden Theilen sorgfältig vermieden werden, da die
                              									galvanische Zersetzung sich jeder Berechnung entzieht, und ihre Wirkung in den
                              									meisten Fällen auch nicht beobachtet werden kann. In kupfernen Dampfleitungen ist.
                              									daher zu Flanschen nur Bronze und ähnliches dem Kupfer verwandtes Metall anzuwenden,
                              									da die galvanische Wirkung um so stärker ist, je weiter die zwei neben einander
                              									verwendeten Metalle in der elektrischen Spannungsreihe von einander entfernt sind.
                              									Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nur Legirungen aus möglichst chemisch reinen
                              									Stoffen (reines Zinn, elektrolytisch gefälltes Kupfer) genommen werden dürfen, da
                              									die kleinsten Verunreinigungen die galvanische Zersetzung ungemein befördern.
                           Das einfach aus Kupferblech zusammengelöthete Dampfrohr ist am meisten verbreitet.
                              									Wenn ein Bedenken gegen Verwendung dieses Metalles erhoben werden kann, so richtet
                              									sich dieses nicht gegen die Haltbarkeit einer gut ausgeführten Löthung, sondern
                              									gegen die sehr schädliche Wirkung, welche das Gefüge des Kupfers neben der Löthung
                              									durch die Löthhitze erfährt, namentlich wenn die Löthtemperatur überschritten wird,
                              									was selbst bei sorgfältiger Arbeit leicht vorkommt. Hierdurch erfolgt eine
                              									bedeutende Abnahme der Festigkeit und der Dehnbarkeit des Kupfers. Die meisten
                              									Sprünge entstehen neben der Längsnaht und verlaufen parallel zu ihr. Hierzu kommen
                              									die chemischen Wirkungen der Säure beim Löthen. Probestreifen aus solchen Rohren
                              									ergaben an Theilen, welche nicht gerissen waren, jedoch in der Nähe der Löthnaht
                              									parallel derselben entnommen wurden, eine um 13 Proc. geringere Festigkeit und um 70
                              									Proc. geringere Dehnung, als das übrige Metall des Rohres. Durch solche Erfahrungen
                              									entstand nach und nach die Ueberzeugung, dass gelöthete Kupferrohre für
                              									hochgespannte Dampfleitungen keine hinreichende Sicherheit gewähren.
                           Was nun das aus Kupferblech gebogene und zusammengenietete Dampfrohr anbelangt, so
                              									erfährt dasselbe durch die Nietarbeit eine Einbusse von 30 bis 40 Proc. an
                              									Festigkeit. Ausserdem müssen die Nietnähte, da sie in Folge der Weichheit der
                              									Kupfernieten gegen hohen Dampfdruck für sich nicht dicht halten, noch mit Zinn
                              									verlöthet werden. Hierbei kann aber auch wieder leicht ein Ueberschreiten der
                              									zulässigen Temperatur vorkommen.
                           Dieselbe Gefahr der Ueberhitzung besteht auch bei gezogenen Kupferrohren, die aus
                              									einem Kupfergusscylinder hergestellt werden, da ja die Flanschen auch auf diese
                              									aufgelöthet werden müssen. Ferner entstehen durch das Ziehen öfter Längsrisse, die,
                              									anfangs kaum sichtbar, im Betriebe sich verbreitern können. Kupferrohre, nach dem
                              										„Mannesmann“-Verfahren hergestellt, würden grosse Sicherheit gegen
                              									Metallfehler bieten.
                           Besondere Beachtung verdient das neue von Elmore
                              									eingeführte Verfahren, Rohre durch galvanischen Niederschlag unter gleichzeitiger
                              									Pressung herzustellen. Obgleich dasselbe kürzlich auch in Deutschland eingeführt
                              									wurde, scheint es noch wenig bekannt zu sein. Eine kurze Schilderung des Verfahrens
                              									findet sich 1888 269 388 und 1890 277 484.
                           Gehen wir von der Betrachtung des Metalls zu den schädlichen Wirkungen über, welche
                              									in den Dampfrohren durch den Betrieb veranlasst werden, so unterscheiden wir
                              									Vorgänge, die sich entweder selbsthätig oder mit Hinzuthun des Wartungspersonals
                              									vollziehen. Zu den ersteren gehört die Zerstörung durch die normale Dampfarbeit. Wie
                              									der Tropfen den Stein aushöhlt, so schleifen die vom Dampf mitgeführten
                              									Wassertheilchen die verhältnissmässig weichen Metalle aus, welche die Dampfleitung
                              									bilden. Diese Wirkung ist um so stärker, als meist gesättigter Dampf verwendet wird,
                              									der fortwährend viel Condenswasser bildet, und auch die Geschwindigkeit namentlich
                              									beim Ingangsetzen der grossen Zellstoffkocher wegen der bedeutenden Dampfentnahme
                              									sehr gross ist. Diese ausschleifende Wirkung macht sich erst nach längerem Betrieb
                              									bemerkbar, ist aber ungleichmässig und führt leicht örtliche Schwächungen herbei.
                              									Der gefährlichste Feind ist jedoch das Condenswasser und das aus dem Dampfkessel
                              									mitgerissene Wasser. Hierbei werden die vorher beschriebenen constructiven Fehler,
                              									namentlich die Bildung von Wassersäcken, verhängnissvoll. Wenn z.B. das
                              									Condenswasser ein Knierohr ganz oder theilweise ausfüllt, und dieser Wasserpfropf
                              									von einem zweiten, ihm nachfolgenden getroffen wird, so pflanzt das unelastische
                              									Wasser den empfangenen Stoss auf alle von ihm berührten Theile des Rohres fort. Wenn
                              									sich solche Rammstösse wiederholen und eine schon geschwächte Stelle des Rohres
                              									treffen, so ist es nur eine Frage der Zeit, dass diese durchbrochen wird, und
                              									plötzlich das benachbarte Metall von der Gewalt des mit ungeheurer Geschwindigkeit
                              									ausströmenden Dampfes durchrissen wird.
                           Aehnliche Schäden können auch durch unzweckmässiges Oeffnen der Dampfeinlassventile
                              									entstehen. Ein schnelles Oeffnen derselben, ohne dass man vorher die ganze
                              									Rohrleitung allmählich vorwärmt, ist sehr schädlich, und die Gefährlichkeit dieser
                              									Arbeit wird durch etwa vorhandene Wassersäcke noch erhöht. Es sind in Wilhelmshafen
                              									Versuche angestellt worden, wobei man diese Verhältnisse absichtlich herbeiführte.
                              									Dabei ergab sich, dass in solchen Rohren bei Anwendung von Dampf von 5 at Spannung
                              									in einem theilweise mit Wasser gefüllten Rohr örtliche Drucke bis über 150 at
                              									auftraten. Um bei Rohrleitungen, die nicht hinreichend stark oder unzweckmässig
                              									gebaut sind, verhängnissvolle Rohrbrüche zu vermeiden, ist es am zweckmässigsten,
                              									die gefährdeten Stellen mit Kupferdraht von genügender Stärke fest und dicht zu
                              									umwickeln.
                           Wenn trotz aller Vorsichtsmaassregeln dennoch ein Rohrbruch in der Hauptdampfleitung
                              									erfolgt, so ist es sehr schwer, zu dem im Kocher- oder Maschinenraum befindlichen
                              									Absperrventil zu gelangen, um es zu schliessen. Denn der Dampf strömt mit
                              									solcher Heftigkeit aus, und die Temperatur des Raumes steigt in so kurzer Zeit auf
                              									nahezu 100°, dass es ohne Lebensgefahr nicht möglich ist, in das betreffende Local
                              									zu gelangen. In den meisten Fällen wird es allerdings möglich sein, das im
                              									Kesselhause befindliche Absperrventil der betreffenden Dampfleitung zu schliessen
                              									und so eine etwaige Kesselexplosion zu verhindern. Falls jedoch das geborstene
                              									Dampfrohr beispielsweise zu einem in Betrieb befindlichen Zellstoffkocher führt, und
                              									das Leck derart in der Nähe des Kochventils ist, dass man nicht zu dem Ventil
                              									gelangen kann, so wird durch die stets sich erweiternde offene Rohrstelle der ganze
                              									flüssige, und wenn die Kochung nahezu beendet ist, auch der feste Theil des
                              									Kocherinhalts, in kürzester Zeit ausgeblasen. Dies würde nicht nur einen
                              									beträchtlichen Geldverlust verursachen, sondern auch die im Raum befindlichen
                              									Arbeiter gefährden. Es ist deshalb anzuempfehlen, ausserhalb des Kochergebäudes eine
                              									Vorrichtung anzubringen, durch welche das unmittelbar am Kocher befindliche
                              									Dampfeinlassventil im Nothfall abgesperrt werden kann.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)