| Titel: | Neuerungen an Kohlenstaubfeuerungen. | 
| Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 272 | 
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                        Neuerungen an Kohlenstaubfeuerungen.
                        (Vorhergehender Bericht 1894 292 * 265.)Ueber
                                 										Kohlenstaubfeuerungen vgl. 1893 287 108, 289 23. 1894 291 * 242,
                                 											292 * 265.
                        Mit Abbildungen.
                        Neuerungen an Kohlenstaubfeuerungen.
                        
                     
                        
                           Eine entschiedene Anerkennung hat sich die KohlenstaubfeuerungWie wir einem
                                    											Vortrage von Dr. Warlich über
                                    											Staubkohlenfeuerung, gehalten im Kasseler Handels- und Gewerbeverein,
                                    											entnehmen, stammt der Grundgedanke zur Staubkohlenfeuerung, die man bisher
                                    											stets englischen Ursprungs hielt, aus Kassel und hat den verflossenen
                                    											Oberbergrath Henschel, den Urgrossvater des
                                    											jetzigen Besitzers der Maschinenfabrik Henschel und
                                       												Sohn, zum Urheber. Henschel hat
                                    											bereits im J. 1831 einen Apparat gebaut, mit Hilfe dessen er fein gemahlenen
                                    											Kohlenstaub, aufs innigste mit Luft gemischt, zur Erzielung höchster
                                    											Temperaturen in einen Feuerraum einblies. Der Chemiker Wöhler, von 1831 bis 1836 Professor am
                                    											ehemaligen Kasseler Polytechnikum, nahm im J. 1835 die Henschel'sche Idee mit nach England, von wo aus
                                    											sie dann ungefähr 40 Jahre später wieder nach Deutschland zurück kam. Im J.
                                    											1873 construirte der englische Ingenieur Crampton den ersten neueren englischen Kohlenstaubfeuerungsapparat
                                    											und im J. 1892 der Berliner Ingenieur Karl
                                       												Wegener den ersten deutschen. auf der Berliner
                              									Gewerbeausstellung errungen. Die Eisenzeitung sagt in
                              									ihrem Berichte:
                           Um den Klagen über das starke Qualmen der vier Schornsteine am Kesselhaus zu
                              									begegnen, hatte der Arbeitsausschuss einige Feuerungssysteme, die Rauchlosigkeit
                              									versprachen, zu Versuchen an einzelnen unter den zwölf Betriebskesseln verstattet.
                              									Darunter erregten zwei Kohlenstaubfeuerungsanlagen die allgemeine Aufmerksamkeit. Es
                              									waren die Schwartzkopff'sche und die Wegener'sche, erstere den Kohlenstaub durch eine
                              									rotirende Stahldrahtbürste in die Feuerung schleudernd, letztere dafür nur den
                              									natürlichen Zug nach dem Schornstein benutzend. Der Gegensatz zwischen den beiden
                              									Systemen konnte kaum weiter gedacht werden, als er sich an den beiden einander
                              									gegenüber liegenden Kesseln zeigte. Beide Feuerungen stimmten jedoch darin überein,
                              									dass sie mit grösserer Leichtigkeit als die früher an diesen Kesseln vorhandenen die
                              									erforderliche Dampfspannung und Verdampfung erreichten, auch sollen sie sparsamer
                              									brennen als die früheren Feuerungen.
                           Leider war nicht zu ermitteln, ob die absolute Rauchlosigkeit, welche von der
                              									Kohlenstaubfeuerung behauptet wird, auch in diesem Fall vorhanden war; denn beide
                              									betreffende Kessel lagen mit je zwei anderen, mit Rostfeuerung versehenen an
                              									demselben Schornstein. Aber eine Verminderung des Rauches war wahrnehmbar und
                              									gewissermaassen polizeilich beglaubigt, da der Vertreter der localen Polizei, der
                              									Treptower Gemeindevorsteher, nachdem er im Anfang der Ausstellung ein Strafmandat
                              									nach dem anderen wegen Qualmens erlassen, später befriedigt war.
                           Es gewinnt demnach den Anschein, als sei die Kohlenstaubfeuerung endlich so weit
                              									entwickelt, um bei den erheblichen Ersparnissen, die sie bringt, und der
                              									Rauchlosigkeit, die sie zur Folge hat, sich allgemein einzuführen. Die Kohlen
                              									Vermahlungsfrage gilt als endgültig gelöst, seitdem es gelungen, den Mahllohn auf 6
                              									bis 8 Pf. für den Centner herabzubringen. Ein grosser Theil des in Treptow
                              									verbrannten Kohlenstaubes wurde auf dem Ausstellungsgelände selbst gemahlen. Kaum
                              									ein Punkt der Ausstellung wurde so vielfach besucht als das Kesselhaus. Die
                              									Meinungen über den Vorzug des einen oder anderen Systems gingen jedoch noch weit aus
                              									einander.
                           Ebenfalls günstig lautete der Bericht, den die Commission zur Prüfung und
                              									Untersuchung von Rauchverbrennungsvorrichtungen„Prüfungscommission der, unter dem Vorsitz des Commissionsrathes
                                       												Dr. Delbrück in Stettin, Versuche
                                       												betreffend Rauchverbrennungsvorrichtungen übertragen
                                       										sind. in ihrer, Ende Februar 1897 in Berlin abgehaltenen Sitzung
                              									über die bisherigen Ergebnisse ihrer Arbeiten erstattete. Während zehn bisher
                              									untersuchte Verfahren, die angeblich eine rauchfreie Verbrennung unter Anwendung der
                              									bisher allgemein üblichen Stückkohlen herbeiführen sollen, als mehr oder minder
                              									mangelhaft befunden worden sind, erwies sich die Verbrennung bei Anwendung von
                              									künstlich zerkleinerter Staubkohle als vollkommen rauchfrei. Ausserdem erhöht sich
                              									der Nutzwerth des Brennstoffes im Vergleich mit der besten Art der
                              									Stückkohlenfeuerung um 14 Proc. Die hohen Kosten der Kohlenzerkleinerung, ferner der
                              									Umstand, dass die Flugasche sich in den Flammenrohren absetzt und diese rasch
                              									undicht macht, sind der Verbreitung der Staubkohlenfeuerung noch immer im Wege.
                           Aber auch letzteres Hinderniss scheint nach den neueren Berichten beseitigt zu sein.
                              									Der Müller berichtet über folgende, mit der
                              									Kohlenstaubmühle von C. Schütze in Berlin erzielte
                              									Ergebnisse.
                           
                              „Alle bisher für die Herstellung von Steinkohlenstaub verwendeten
                                 										Mahlvorrichtungen hatten den Fehler, dass sie Siebvorrichtungen erforderten, um
                                 										das Mahlgut in der nöthigen Feinheit zu liefern. Jedes Sieb aber beeinträchtigt
                                 										die Leistung erheblich, sofern nicht trockener Stoff zur Verwendung gelangt. Die
                                 										in den meisten Fällen zur Verfügung stehende feuchte Kleinkohle zu trocknen, ist
                                 										praktisch nicht durchführbar; es musste also, wenn die Sache nicht an dem zu
                                 										theuren Mahlverfahren scheitern sollte, eine Mühle geschaffen werden, welche
                                 										ohne die Beigabe von Sieben auch feuchte Kohlen ohne wesentliche
                                 										Beeinträchtigung der Leistung verarbeiten kann.
                              
                           
                              Diese Aufgabe ist durch die in Fig. 1 und 2 dargestellte
                                 										Exhaustormühle gelöst. Eine derartige Mahlanlage besteht aus der
                                 										eigentlichen Mühle, dem Exhaustor und der Mahlkammer.
                              
                           
                              Die Mühle arbeitet mit vier stählernen Mahlwalzen gegen die innere Fläche eines
                                 										stählernen Mahlringes; sie werden durch die Fliehkraft an diese Fläche gedrückt
                                 										und bewirken dadurch die Zerkleinerung des dazwischen fallenden, durch eine
                                 										Schnecke oder ein Schaufelrad gleichmässig zugeführten Stoffes.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 273
                              Exhaustormühle.
                              
                           
                              Der Exhaustor saugt das erzeugte Mehl stetig ab und wirft es in die aus Holz
                                 										hergestellte, im Innern mit Theilwänden versehene, gedichtete Kammer. Die
                                 										Tourenzahl des Exhaustors ist so bemessen, dass die erforderliche Feinheit des
                                 										Staubes erreicht wird; man hat es auf diese Weise in der Hand, feineren oder
                                 										gröberen Staub zu erzeugen. Der Umstand, dass das feine Mehl stetig abgesaugt
                                 										wird, erleichtert den Mahlprocess und erhöht die Leistung. Der feuchte Staub
                                 										wird beim Vermählen bis zu einem gewissen Grade getrocknet und dadurch zur
                                 										Verfeuerung geeigneter gemacht.
                              
                           
                              Die im königl. Feuerwerkslaboratorium zu Spandau durch den Magdeburger Verein für
                                 										Dampfkesselbetrieb mit dieser Mühlenanlage angestellten Mahlversuche lieferten
                                 										die in nachfolgender Tabelle zusammengestellten Ergebnisse.
                              
                           Ergebnisse der angestellten Mahlversuche.
                           
                              
                                 Kohlensorte
                                 Königs-grubeO.-Schl.
                                 ViktorGottersbergN.-Schl.
                                 BorusiaWestf.
                                 v. d. HeydtSaar
                                 Königs-grubeO.-Schl.
                                 LothringenWestf.
                                 v. d. HeydtSaar
                                 Julius-schachtN.-Schl.
                                 
                              
                                 
                                 1*
                                 2*
                                 3*
                                 4**
                                 5***
                                 6***
                                 7**
                                 8**
                                 
                              
                                 Zeitdauer desMahlversuchsin
                                    											Stunden
                                 3
                                 2
                                 2
                                 2
                                 2
                                 2
                                 1,12
                                 2
                                 
                              
                                 GemahleneKohlenmengein k
                                 2775
                                 1753
                                 3225
                                 1875
                                 2307
                                 3975
                                 1650
                                 2625
                                 
                              
                                 Dieselbe perStd./k
                                 925
                                 866,5
                                 1612,5
                                 937,5
                                 1153,5
                                 1987,5
                                 1375
                                 1312,5
                                 
                              
                                 Aufgewendete gebremst
                                 21
                                 17,25
                                 21,3
                                 21,6
                                 20,6
                                 22,1
                                 19,2
                                 19,3
                                 
                              
                           
                              Die Mahlversuche 1 bis 4 beziehen sich auf feuchte Kohle mit 4,5 bis 11 Proc.
                                 										Wassergehalt, die Versuche 5 bis 8 auf grubenfeuchte Kohle, die an der Luft
                                 										oberflächlich abgetrocknet war und 1,5 bis 4 Proc. Wasser enthielt. Wie
                                 										erklärlich, hat neben dem geringeren oder höheren Wassergehalt der Kohlen deren
                                 										Beschaffenheit und Härte einen hervorragenden Einfluss auf das Mahlresultat,
                                 										welches von 866,5 bis 1987,5 k in der Stunde schwanken kann, während die aufgewandte
                                 										Kraft sich in den Grenzen von 17,25 bis 22,1  bewegte.
                              
                           
                              Eine solche Mühle, welche der Erfinder in Hannover aufstellte, verarbeitete
                                 										täglich 20000 k sehr nasse Kohle.“
                              
                           Die Beschaffenheit des Kohlenstaubes ist für die Wirkung der Feuerung von
                              									wesentlichem Einfluss. Das Brennmaterial soll wirklicher Staub sein, nicht etwa zu
                              									feinem Gries gemahlenes Material, welches, wie Lauenstein in der Badischen Gewerbezeitung
                              									sagt, zum Theil verkokt und unverbrannt in die Aschenrückstände mit übergehen würde.
                              									Hierin ist wohl einer der Gründe zu suchen, dass die früheren Kohlenstaubfeuerungen
                              									nicht zufriedenstellend functionirt haben und bald nach ihrem Auftauchen wieder von
                              									der Bildfläche verschwunden sind. So z.B. benutzte Crampton zum Mahlen der Kohle gewöhnliche Mühlsteine und erhielt dadurch
                              									wohl kaum ein genügend zu Staub verarbeitetes Material. Desgleichen lieferten
                              									Kollergänge und gewöhnliche Schleudermühlen keinen hinreichend feinen Kohlenstaub,
                              									arbeiten dabei auch zu unökonomisch wegen des hohen Kraftverbrauches und der starken
                              									Verstaubung. Auch Kugelmühlen haben sich wegen der hohen Anschaffungs- und
                              									Betriebskosten nicht bewährt, obwohl sie, was die Herstellung eines guten Staubes
                              									anbetrifft, den letztgenannten Apparaten immer noch vorzuziehen sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 274
                              Fig. 3.Centrifugalwalzenmahlgang von Propfe.
                              
                           Eine für die Kohlenstaubfeuerung geeignete Kohlenmühle muss, wie Lauenstein a. a. O. sagt, die Kohle einerseits zu ganz
                              									gleichmässigem Staub zermahlen und zugleich schnell und billig ohne
                              									Staubentwickelung nach aussen arbeiten. Diesen Anforderungen scheint der von den Gebrüdern Propfe in Hildesheim erfundene
                              									Centrifugalwalzenmahlgang, Propfe-Mühle genannt, zu genügen.
                           Diese Mühle (Fig. 3) besteht aus einem cylindrischen
                              									gusseisernen Gehäuse, in dessen Mitte sich eine senkrechte Welle dreht, deren
                              									Bewegung auf die Welle durch eine Riemenscheibe oder durch ein Kegelradvorgelege
                              									übertragen wird. Die Walzen sind zwischen zwei Scheiben, die auf der Weile
                              									festgekeilt sind, an Hebeln drehbar gelagert und werden bei dem Umgange der Welle in
                              									besonders eingesetzten äusseren Mahlringen umhergeschoben, wobei durch die
                              									Centrifugalkraft ein kräftiger Walzen druck gegen die Innenwand der Mahlringe
                              									erzeugt wird (Fig. 4). Die Walzenhebel sind federnd
                              									angeordnet, um sowohl Kraft zu sparen beim Aufstossen auf grössere Kohlenstücke als
                              									auch um durch den Rückschlag zerstäubend auf die nachfolgenden Kohlenstücke zu
                              									wirken. Ausserdem wird dadurch die Mühle unempfindlich gegen die in den Kohlen etwa
                              									befindlichen Steine und zufällig hineingerathenen Eisentheile, die bei starr
                              									gelagerten Walzen leicht Zerstörungen bewirken könnten. Bei der Mühle ist eine obere
                              									und eine untere Mahletage angeordnet; zwischen beiden befindet sich, auf der Welle
                              									festgekeilt, das Flügelrad, welches den erzeugten Kohlenstaub durch Siebe treibt,
                              									mit denen die mittleren Durchbrechungen des Gehäuses überspannt sind.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 305, S. 274
                              Fig. 4.Mahlringe der Propfe-Mühle.
                              
                           Bei der Vermahlung in der Propfe-Mühle wird die in den oberen Fülltrichter
                              									geschüttete Kohle von einem Rührfinger durch die Oeffnungen der Einlaufschieber,
                              									oder statt des Fülltrichters durch eine schneckenförmige Speisewalze mit Feder und
                              									Schieber in die Mühle geführt. In derselben fällt die Kohle auf den oberen
                              									Streuteller, der sie gleichmässig an dem Umfange des oberen Mahlringes vertheilt.
                              									Zwischen diesem und den Centrifugalwalzen erfolgt das Vermählen, Kohlenstaub und
                              									Kohlengries sinken zwischen dem Flügelrade und dem Siebmantel hernieder, der
                              									erzeugte Staub wird durch das Sieb getrieben, während der verbleibende Gries
                              									zwischen den unteren Mahlring und seine Walzen fällt, hier vollends in Kohlenstaub
                              									verwandelt, aufgewirbelt und durch das Sieb hindurch in den Aussenmantel befördert
                              									wird. In dem Untersatze der Mühle sammelt sich der fertige Staub an, und ein
                              									einfacher Arm streicht ihn durch die Ausläufe in untergehängte Säcke, oder bei
                              									selbsthätigen Betrieben in die Transportschnecken, Elevatoren u. dgl. Gegen
                              									Verstopfungen ist die Mühle durch eine selbsthätige Ventilklappe geschützt, welche
                              									einen Nothauslauf öffnet, sobald der Mühle zu viel Stoff zugeführt ist. Eine
                              									Selbstentzündung des Kohlenstaubes während des Mahlprocesses, die bei den schnell
                              									laufenden Schleudermühlen zuweilen vorkam, ist bei der Propfe-Mühle vollständig
                              									ausgeschlossen. Der Kohlenstaub verlässt die Mühle schwach warm und kühlt sich bald
                              									vollständig ab.
                           Der durch die Mühle erzeugte Staub ist vollkommen gleichmässig und von solcher
                              									Feinheit, dass auf einem Siebe von 900 Maschen/qc so gut wie kein Rückstand
                              									verbleibt.
                           
                              
                                 
                                 Kleines ModellNr. 1
                                 Grosses ModellNr. 2
                                 
                              
                                 Stündliche Leistung in  Steinkohlen
                                 400–600 k
                                 1000–1500 k
                                 
                              
                                 Stündliche Leistung in  Braunkohlen
                                 300–500 k
                                 800–1200 k
                                 
                              
                                 Kraftbedarf in 
                                 5–7 
                                 12–18 
                                 
                              
                                 Stückgrösse des Auf-  schüttgutes
                                 0–30 mm
                                 0–40 mm
                                 
                              
                                 Umdrehungen in der  Minute
                                 400
                                 200
                                 
                              
                           Bei diesen Ergebnissen kann wohl heute schon die Mahlfrage, die für die
                              									Lebensfähigkeit der Kohlenstaubfeuerung besonders maassgebend war, als gelöst betrachtet
                              									werden. Bemerkenswerte Grössen, sowie die Leistungen der Propfe-Mühle sind aus
                              									vorstehender Zusammenstellung zu ersehen.
                           Die Vermahlungskosten sollen sich nach Angabe der Erfinder, mit Einschluss aller
                              									Nebenkosten (und unter Berechnung der Selbstkosten für 1 /Stunde mit 5 bis 6
                              									Pf.) auf nicht höher als 12 bis 15 Pf. für 100 k Kohlen stellen und bei den
                              									ungünstigsten Verhältnissen 20 Pf. nicht übersteigen. Die Vermahlungskosten sind
                              									hiernach nicht so bedeutend, dass daran die allgemeinere Einführung der
                              									Kohlenstaubfeuerungen scheitern könnte, wenn man noch dabei in Betracht zieht, dass
                              									sonst geringwerthiges, grussreiches Kohlenmaterial, dessen Preis im Gegensatz zu
                              									Stückkohlen ein geringer ist, hier mit Nutzen zu verwenden ist.
                           Hatte sich bisher die Staubkohlenfeuerung stets zwischen Erfolgen und Misserfolgen,
                              									zwischen Lobeserhebungen und Angriffen bewegen müssen, so ist es im Interesse der
                              									gesammten Industrie mit Freude zu begrüssen, wenn sich ihre Anerkennung und ihre
                              									Erfolge stets mehren. Eine solche Anerkennung wurde ihr zu Theil bei Gelegenheit
                              									eines Besuches, welcher seitens des österreichischen Ingenieur- und Architekten
                              									Vereins dem Ge werken Victor v. Neuman auf dessen
                              									Einladung gemacht wurde. Diesem Besuche hatten sich etwa 40 Mitglieder der
                              									Fachgruppe der Berg- und Hüttenmänner des genannten Vereins am 8. April 1897 zu
                              									einem Ausfluge nach Marktl und Schrambach behufs Besichtigung der dort eingeführten
                              									Kohlenstaubfeuerung an Glühöfen und zur Heizung von Dampfkesseln angeschlossen.
                           Die Firma Friedr. v. Neuman hat im Frühjahr 1895 mit der
                              									Einführung der Kohlenstaubfeuerung begonnen und war nach Ueberwindung der
                              									Kinderkrankheiten mit den erzielten Resultaten so zufrieden, dass sie in rascher
                              									Aufeinanderfolge alle ihre Oefen umgebaut hat, so dass im J. 1896 nur mehr
                              									Kohlenstaubfeuerungen im Betriebe waren, und sonach alle angegebenen Ziffern auf
                              									einem Jahresdurchschnitt beruhen.
                           Um die Anwendbarkeit der Kohlenstaubfeuerung für alle Kohlensorten zu zeigen, waren
                              									15 verschiedene Brennmaterialien sowohl im rohen als auch im gemahlenen Zustande in
                              									grösseren Mengen vorbereitet, und wurde die Mehrzahl dieser Sorten auch thatsächlich
                              									verfeuert.
                           Sägespäne, Torf, Erdwachsrückstände, vier Sorten böhmischer und steirischer
                              									Braunkohle, böhmische Steinkohle, Schrambacher und Ostrauer Steinkohle, zwei Sorten
                              									oberschlesischer Steinkohle, Anthracit, Koks und Holzkohle waren zu
                              									Feuerungsversuchen in Bereitschaft gestellt. Die ersten drei Sorten eignen sich
                              									natürlich nur zur Kesselfeuerung oder für Wärmöfen, in denen keine hohe Temperatur
                              									erfordert wird; Torf wurde im Schrottofen verfeuert und eine schöne Hellrothglut
                              									erzielt.
                           Ein Schweissofen wurde dann mit verschiedenen Sorten Braunkohle, der andere
                              									Schweissofen mit Anthracit und Holzkohlenstaub weiter betrieben; der Wechsel von
                              									einem Brennstoff auf den anderen vollzog sich ohne merklichen Uebergang; eine
                              									Drehung an der Stellschraube, eine kleine Verschiebung an der Luftregulirklappe und
                              									die Feuerung war auf den neuen Brennstoff eingestellt und arbeitete ruhig
                              									weiter.
                           Die Bedienung der Feuerung beschränkt sich eigentlich auf das Nachfüllen von
                              									Kohlenstaub, es gibt kein Schüren und kein Rostputzen, die Arbeiter haben von der
                              									Hitze nicht zu leiden, sind also in der Arbeit wesentlich entlastet, und so musste
                              									man den Eindruck gewinnen, dass die Leute das Einstellen der Feuerung mit voller
                              									Sicherheit beherrschen, dass die Feuerung also über das Versuchsstadium längst
                              									hinaus ist und dass man da eine bereits erprobte Sache in glattem, sicherem Betriebe
                              									vor sich habe.
                           In einem Nebengebäude des Hüttenwerkes befindet sich ein mit Kohlenstaubfeuerung
                              									ausgerüsteter Versuchsofen kleinster Dimension, welcher Schmiedezwecken dient und
                              									der mit Essenzug oder Gebläseluft arbeiten kann. In demselben werden die
                              									Feuerungsversuche und Studien mit allen Brennmaterialsorten vorgenommen; sein
                              									Betrieb kann mit einem Brennstoffaufwande von 5 bis 10 k in der Stunde aufrecht
                              									erhalten werden.
                           Auf dem festlich geschmückten Hüttenhof waren die Stückzeichnungen der
                              									Kohlenstaubfeuerungsapparate, eine grosse Anzahl zum Theil ausgeführter, zum Theil
                              									in Ausführung begriffener Pläne über die Ausrüstung von Oefen und Dampfkessel
                              									verschiedenster Systeme mit der Schwartzkopff'schen
                              									Kohlenstaubfeuerung, und ein completer Feuerungsapparat zur Besichtigung und
                              									Erklärung bereit gestellt. Der Feuerungsapparat macht einen einfachen und
                              									betriebssicheren Eindruck und lässt es als durchaus glaubwürdig erscheinen, dass er
                              									niemals zu Betriebsstörungen Anlass gibt. Der Abnutzung unterliegen nur die
                              									Schlagnase des Rüttelbleches und die Bürstenwelle. Erstere muss alle 6 bis 8 Wochen
                              									ausgewechselt werden; sie besteht aus einem kleinen vierkantigen Stück Eisen mit
                              									Gewindeansatz, ist also in wenigen Minuten herausgeschraubt und durch eine neue
                              									ersetzt. Die Bürstenwelle läuft in Stahllagern mit Ringschmierung, besteht aus einem
                              									Stück Rundstahl und muss alle 6 bis 8 Monate ausgewechselt werden. Die Bürste selbst
                              									unterliegt gar keiner Abnutzung; wenn durch das Hineinkommen von Fremdkörpern in den
                              									Feuerungsapparat einzelne Drahtborsten verbogen oder gebrochen werden, so lassen
                              									sich neue Stahldrahtborsten leicht einziehen.
                           Die Herstellung des Kohlenstaubes erfolgt auf einer kleinen Schlagmühle, welche
                              									nunmehr schon über 2 Jahre Tag und Nacht in Betrieb ist und welche, ursprünglich für
                              									eine Stundenleistung von 250 k Kohlenstaub gebaut, nahezu das Doppelte, nämlich 450
                              									bis 500 k in der Stunde, liefern muss. Die Mühle wurde aus einander genommen und an
                              									derselben die der Abnutzung unterliegenden Theile – Schlagnasen und Rostsiebe – und
                              									das leichte Auswechseln dieser Theile gezeigt. Die Bedienung der Mühle ist überaus
                              									einfach; sie besteht in dem Aufwerfen der Rohkohle und in dem Wegheben der gefüllten
                              									Säcke und wird von einem Tagelöhner besorgt; es wird durchaus mit offenem Lichte
                              									hantirt, eine Explosionsgefahr besteht also nicht, trotz Vermahlung von Kohle aus
                              									einer Schlagwettergrube.
                           Die Gesammtkosten der Vermahlung stellen sich bei dieser kleinen Mühle auf etwa 6 kr.
                              									für 100 k. Die Mühle muss die drei Oefen des Hüttenwerkes und einen Stahlglühofen in
                              									einem benachbarten Werke bedienen und ausserdem Kohlenstaub für den Verkauf an
                              									Giessereien liefern; sie ist also angestrengt beschäftigt, und können weitere
                              									Kohlenstaubfeuerungen erst in Betrieb gesetzt werden, wenn im Hüttenwerke oder bei
                              									dem benachbarten Schrambacher Steinkohlenbergbaue eine grössere Mahlanlage
                              									aufgestellt sein
                              									wird, was schon in allernächster Zeit geschehen soll.
                           Die Verbrennungskammer in den Schweissöfen ist mit Chamotteziegeln erster Güte
                              									ausgekleidet, welche dem heftigen Angriff der Flugasche und der hohen Temperatur
                              									sehr gut Widerstand leisten.
                           Der Ausflug erstreckte sich sodann über Lilienfeld zu dem Kohlenbergbau nach
                              									Schrambach zur Besichtigung der Kohlenstaubfeuerung bei der Dampfkesselheizung. Zum
                              									Zwecke der Vorführung einer Kohlenstaubfeuerung bei einem Dampfkesselbetrieb war ein
                              									kleiner Reservekessel vorübergehend angeheizt worden. Es ist dies ein
                              									Steinmüller-Röhrenkessel von 32 qm Heizfläche und 8 at Betriebsdruck. Der Kessel hat
                              									behufs Gewinnung der erforderlichen Verbrennungskammer einen kleinen Vorbau
                              									erhalten, der Antrieb des Apparates erfolgt durch eine kleine oscillirende
                              									Dampfmaschine, und konnte in diesem Kesselbetriebe beobachtet werden, dass der
                              									Feuerungsapparat ebenso ruhig und bedienungslos läuft wie bei den Oefen und dass
                              									auch hier dem Kamin nicht das leichteste Rauchwölkchen entsteigt.
                           Im J. 1895, als in der Hütte in Marktl erst ein Schweissofen mit Kohlenstaubfeuerung
                              									ausgerüstet war, ist derselbe Kessel durch 6 Monate mit dieser Feuerung in Betrieb
                              									gestanden, und hat sich der Apparat trotz grösster Anstrengung vollkommen
                              									bewährt.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)