| Titel: | Chemische Untersuchungen.Die Schmierfähigkeit der Schmieröle. | 
| Autor: | E. Weiss | 
| Fundstelle: | Band 309, Jahrgang 1898, S. 77 | 
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                        Chemische Untersuchungen.Die
                           								Schmierfähigkeit der Schmieröle.
                        Von Dr. E. Weiss.
                           							
                        Mit Abbildungen.
                        Die Schmierfähigkeit der Schmieröle.
                        
                     
                        
                           Zur Beurtheilung der Schmieröle in Bezug auf ihre Leistungsfähigkeit als
                              									reibungsvermindernde Medien zieht man bekanntlich die Viscosität derselben heran und
                              									bestimmt die letztere gewöhnlich mittels des Viscosimeters von Engler.
                           Für dasselbe gilt das Poiseuille'sche Gesetz nicht mehr
                              									in aller Strenge, weil die Ausflussröhre zu kurz im Verhältnisse zu ihrem
                              									Durchmesser ist; zur Vergleichung der Oele bietet es aber gute Anhaltspunkte.
                              									Indessen vermag man auf Grund von Viscositätsmessungen allein, selbst wenn man dazu die längsten Capillarröhren verwendete und
                              									somit den Coëfficienten der inneren Reibung mit Genauigkeit feststellte, die
                              									Brauchbarkeit eines Schmieröles nicht zu beurtheilen, weil hierbei noch andere
                              									Verhältnisse in Betracht kommen. Denn wenn man etwa annehmen wollte, ein Schmieröl
                              									sei um so geeigneter, je geringer seine eigene innere
                              									Reibung sei, so würde man dahin gelangen, z.B. dem Erdöle einen mehr als 20fachen
                              									Werth als Schmieröl zuzuerkennen als dem Rüböle, was offenbar der Erfahrung
                              									widerspricht.
                           Mit dem von mir construirten Consistenzmesser vermag man die Beweglichkeit der Flüssigkeiten zu bestimmen; dieselbe steht unzweifelhaft
                              									in Beziehung zu der durch Capillaren gemessenen Viscosität, insofern, als im Allgemeinen ein Oel um so beweglicher sein muss, je
                              									geringer seine Viscosität ist. Eine Proportionalität besteht nun zwar nicht zwischen
                              									beiden, wohl aber hat man in dem Verhältnisse beider
                              									ein Mittel zur Beurtheilung der Oele, da man ohne weiteres voraussetzen kann, dass
                              									von zwei Oelen gleicher Viscosität dasjenige den Vorzug als Schmieröl verdienen
                              									wird, welches leichter beweglich ist.
                           Diese Voraussetzung wird, wie ich nachstehend zeigen werde, durch die Erfahrung
                              									bestätigt.
                           Die Einrichtung des Consistenzmessers kann ich wohl als bekannt voraussetzen. Eine
                              									Scheibe von 10 cm Durchmesser wird mittels eines, durch ein Gewicht getriebenen
                              									Uhrwerkes innerhalb der zu untersuchenden Flüssigkeit in Rotation versetzt. Je zäher
                              									die Flüssigkeit ist, um so weniger Umdrehungen macht die Scheibe. Das Gewicht ist so
                              									bemessen, dass die Scheibe in Wasser von 15° 150 Umdrehungen in der Beobachtungszeit
                              									(30 Secunden) macht, wozu etwa 1147 g Treibgewicht nothwendig sind. Da die Scheibe
                              									sich mit nahezu gleichförmiger Geschwindigkeit bewegt, so halten Treibgewicht und
                              									Widerstand der Flüssigkeit sich das Gleichgewicht. Das Treibgewicht ist an einer
                              									schwebenden Rolle angebracht; die nachstehenden Angaben der Treibgewichte verstehen
                              									sich durchwegs exclusive des Gewichtes dieser Rolle (25,3 g).
                           Beschickt man den Apparat mit einer dicken Flüssigkeit und variirt die
                              									Treibgewichte, so ergibt sich ein sehr einfaches Gesetz: Der Widerstand der
                              									Flüssigkeit ist der Umdrehungsgeschwindigkeit der rotirenden Scheibe proportional.
                              									Es ist
                           P = mu . . . . . .
                              									1)
                           worin P die Triebkraft, u aber die Zahl der Umdrehungen in 30 Secunden
                              									bezeichnet, m ist eine, dem zu untersuchenden Oele
                              									zukommende Constante.
                           So ergab sich z.B. für ein Rüböl von 10° C.:
                           
                              
                                 Umdrehungszahlen:
                                 
                              
                                     15,5
                                     17,5
                                     18,8
                                     20,1
                                     25
                                     31,2
                                     38,8
                                     46,6
                                     54,6
                                 
                              
                                 Treibgewicht angewendet in g:
                                 
                              
                                 1000
                                 1100
                                 1200
                                 1300
                                 1600
                                 2000
                                 2500
                                 3000
                                 3500
                                 
                              
                                 Treibgewicht berechnet in g:
                                 
                              
                                   996,2
                                 1124,7
                                 1208,3
                                 1291,8
                                 1606,7
                                 2005,2
                                 2493,6
                                 2995
                                 3509
                                 
                              
                           Man übersieht hier sofort, dass Umdrehungszahlen und Treibgewicht in proportionalem
                              									Verhältnisse stehen. m der Formel 1) hat hier den Werth
                              									64,27. Mittels dieses Werthes wurden die Zahlen der dritten Reihe berechnet.
                           Ein anderes Gesetz gilt für leichter bewegliche Flüssigkeiten.
                           So ergab sich für Wasser von 14,2° C:
                           
                              
                                 Umdrehungszahlen:
                                 
                              
                                   82,4
                                   94,2
                                 115,3
                                   135
                                   179,4
                                   149,3
                                   200,3
                                   217,6
                                   250
                                 
                              
                                 Treibgewicht in g angewendet:
                                 
                              
                                 500
                                 600
                                 800
                                 1000
                                 1500
                                 1147
                                 1765
                                 2000
                                 2500
                                 
                              
                                 Treibgewicht in g berechnet:
                                 
                              
                                 498,7
                                 600
                                 797,2
                                   998
                                 1505,7
                                 1153,6
                                 1768,5
                                 1996,8
                                 2448,9
                                 
                              
                           Bis auf die letzten Zahlen (2500 g Treibgewicht) schliesst sich folgende Formel den
                              									Beobachtungen gut an:
                           P = a + bu3/2 . . . . .
                              									2)
                           worin P und u dieselbe Bedeutung wie in Formel 1) haben, a ist = 43,5 und b =
                              									0,60853, mit welchen Werthen die Zahlen der Reihe 3 berechnet sind.
                           Für Flüssigkeiten, deren Consistenz zwischen der des Wassers und des Rüböles liegen,
                              									z.B. für fette Oele bei höheren Temperaturen, ergibt sich keine so einfache
                              									Gesetzmässigkeit.
                           So wurde für dickes Baumöl gefunden:
                           
                              
                                 Treibgewicht in g
                                 500
                                 1000
                                 1500
                                 2000
                                 
                              
                                 Umdrehungszahlen beiden
                                    											Temperaturen
                                 39°41°50°56°
                                 20,622,528,732,9
                                 41,544,048,553,5
                                 57,060,966,371,8
                                 7173,881,086
                                 
                              
                           Hier passt weder Formel 1) noch 2).
                           Nachstehend (Fig. 1) sind die entsprechenden Curven
                              									gezeichnet. Für geringe Treibkräfte (etwa bis 1000 g) sind die Zunahmen von
                              									Umdrehungszahlen und Widerständen einander ziemlich proportional; der weitere
                              									Verlauf der Curven zeigt aber, dass dann die Widerstände schneller wachsen als die
                              									Umdrehungszahlen.
                           Die der Scheibe unmittelbar anliegenden Flüssigkeitsschichten machen die Umdrehungen
                              									der ersteren ganz mit, während die anderen eine Verzögerung erleiden, welche um so
                              									grösser ist, je weiter sie von der Scheibe entfernt sind. Am Deckel und Boden des
                              									Aufnahmegefässes befinden sich Kreuze, um die Bewegung zu hemmen; ganz vernichtet
                              									wird letztere hierdurch aber nicht.
                           Es ist nun nicht möglich, die Vorgänge bei der Bewegung der Flüssigkeit im
                              									Aufnahmegefässe rechnerischgenau zu verfolgen, weil man nicht weiss, nach welchem Gesetze die
                              									Geschwindigkeit abnimmt. Macht man die Voraussetzung, dass sämmtliche
                              									Flüssigkeitstheilchen um die Drehungsachse Kreise beschreiben, und dass alle
                              									diejenigen Flüssigkeitstheilchen, welche sich in einer und derselben, zur Scheibe
                              									parallelen Ebene befinden, die gleiche Umdrehungsgeschwindigkeit besitzen, so kann
                              									man sich die Flüssigkeit oberhalb und unterhalb der Metallscheibe in unendlich dünne
                              									Scheiben zerlegt denken.
                           Man kann dann folgende Betrachtung anstellen:
                           Ein ringförmiges Stück einer dieser Parallelscheiben, welche die
                              									Umdrehungsgeschwindigkeit v besitze, sei von der
                              									Drehungsachse um r entfernt. Ist seine Breite dann dr, so ist sein Flächeninhalt 2π
                                 									
                              									r . dr; während
                              									jeder Punkt des Ringes sich mit der Geschwindigkeit 2πrν bewegt.
                           Ein entsprechendes ringförmiges Stück der unmittelbar darüber liegenden
                              									Parallelscheibe hat den gleichen Flächeninhalt, die Geschwindigkeit jedes Punktes
                              									desselben hat aber den Werth 2π
                                 									
                              									r . (ν – dν), demnach ist, wenn μ den Reibungscoefficienten für die Flüssigkeit vorstellt, die Reibung der
                              									beiden Ringe μ4π
                              									2
                              									r2dr . dν und das Drehungsmoment derselben μ . 4
                              									π
                              									2
                              									r3dr . dν.
                           Da auf den beiden Scheiben, der Voraussetzung nach, die Geschwindigkeiten constant
                              									sind, so ist das Drehungsmoment der Gesammtreibung der beiden Scheiben μπ
                              									2
                              									R4dν, wenn R den Radius der Metallscheibe bezeichnet.
                              									Die Summe der Reibungsmomente sämmtlicher Parallelscheiben oberhalb der
                              									Metallscheibe ist demnach μπ
                              									2
                              									R
                              									4(ν0 – νn
                                 									), wobei v0 die
                              									Umdrehungsgeschwindigkeit an der Metallscheibe, νn
                                 									 aber die an der Oberfläche bezeichnet.
                           Das Reibungsmoment sämmtlicher Parallelscheiben unterhalb der Metallscheibe ist genau
                              									ebenso gross, weil diese sich in der Mitte zwischen Deckel und Boden befindet und es
                              									ist der Werth der Gesammtreibung daher 2μ
                                 									
                              									π2R4(ν0 – νn
                                 									).
                           Soll nun die Umdrehungsgeschwindigkeit aller Scheiben auf constanter Höhe erhalten
                              									werden, so muss das Treibgewicht P einen, dem vorigen
                              									Ausdrucke proportionalen Werth besitzen, d.h. es muss sein:
                           P = Aμ (ν0 – νn
                                 									),
                           wobei A eine Constante
                              									bezeichnet, welche nur von den Dimensionen des Apparates abhängt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 309, S. 77
                              Fig. 1.Dickes Baumöl bei verschiedenen Treibgewichten und
                                 										Temperaturen.
                              
                           Für die Randreibung kann man keine Rechnung aufstellen, weil dazu die Kenntniss
                              									des Gesetzes, nach welchem die Umdrehungsgeschwindigkeit nach Höhe und Entfernung
                              									von der Drehungsachse sich ändert, gehören würde. Die Randreibung ist aber, da die
                              									Höhe des Aufnahmegefässes im Verhältniss zu seinem Durchmesser nur klein ist, nur
                              									ein Bruchtheil der Gesammtreibung. Man kann die vorstehende Formel daher immerhin
                              									als Annäherung betrachten.
                           Macht man ferner die Voraussetzung
                           νn
                                 									 = αν0
                           so gelangt man zu der Gleichung
                           P = Aμν0(1 – α) . . . . .
                              									3)
                           d.h. Treibgewicht und Umdrehungsgeschwindigkeit stehen zu
                              									einander in constantem Verhältnisse, was nach den früheren Auseinandersetzungen für
                              									schwer bewegliche Flüssigkeiten thatsächlich der Fall ist. Für diese scheinen
                              									demnach die gemachten Voraussetzungen zuzutreffen.
                           Für den Engler'schen Viscosimeter gilt (soweit derselbe
                              									dem Poiseuille'schen Gesetze folgt)
                           T = Bμ . . . . . 4)
                           wobei T die Auslaufszeit
                              									bezeichnet, B aber einen, dem verwendeten Apparate
                              									entsprechenden Werth besitzt.
                           Durch Combination von 3) und 4) gelangt man zu
                           T_{v_0}=\frac{P\,.\,B}{A}\,.\,\frac{1}{1-\alpha} . . . . . .
                              									5)
                           Verwendet man also zur Untersuchung der Oele stets dieselben Viscosimeter und
                              									Consistenzmesser, sowie für letzteren das gleiche Treibgewicht, so hat
                              										\frac{P\,.\,B}{A} stets denselben Werth und es muss das
                              									Product aus der Umdrehungszahl des Consistenzmessers und der Auslaufszeit des
                              									Viscosimeters proportional einer Constanten \frac{1}{1-\alpha}
                              									sein, welche um so grösser ist, je grösseren Werth α
                              									besitzt. Da α angibt, welchen Bruchtheil die
                              									Umdrehungsgeschwindigkeit an der Oberfläche der Flüssigkeit von der
                              									Umdrehungsgeschwindigkeit der Metallscheibe ausmacht, so bildet α und somit auch Tν0 ein Maass
                              									für die Beweglichkeit der Flüssigkeit, denn je beweglicher eine Flüssigkeit ist, um
                              									so geringere Unterschiede werden die Umdrehungsgeschwindigkeiten an verschiedenen
                              									Stellen des Gefässes aufweisen. Das Product Tν0 werde ich
                              									daher im Folgenden als Beweglichkeit bezeichnen.
                           Wenn die Beweglichkeit einer Flüssigkeit von dem Reibungscoëfficienten derselben
                              									allein abhinge, so müssten alle Flüssigkeiten, welche die gleiche Ausflusszeit aus
                              									dem Viscosimeter zeigen, auch die gleiche Umlaufs zeit im Consistenzmesser ergeben.
                              									Dies ist aber, wie ich im Nachstehenden zeigen werde, nicht der Fall, vielmehr zeigt
                              									sich, entsprechend den obigen Betrachtungen, dass Tν0 um so
                              									kleiner ist, je geringer die Beweglichkeit bezw. die die Reibung vermindernde Kraft
                              									der betreffenden Flüssigkeit ist.
                           Sehen wir nun zunächst zu, wie bei einigen Flüssigkeiten Viscosität und Consistenz
                              									für verschiedene Temperaturen sich ändern.
                           Es ist nun sehr schwer, Viscosität und Consistenz stets bei den gleichen Temperaturen
                              									zu messen; eine Vergleichung wird aber ermöglicht, wenn man für jede Art von
                              									Messungen Reihenbeobachtungen anstellt, für diese die Curven zeichnet und dann die
                              									Werthe gleicherTemperaturen zusammenstellt. Mittels der also gefundenen correspondirenden
                              									Werthe kann man dann die Beziehungscurve von Viscosität und Consistenz
                              									construiren.
                           So erhielt ich für Rüböl:
                           
                              
                                 Tempe-raturen
                                 Ausflusszeit beimViscosimeter
                                 Tempe-raturen
                                 Umdrehun-gen imConsistenz-messer
                                 Tempe-raturen
                                 Umdrehun-gen imConsistenz-messer
                                 
                              
                                   6,7°
                                    22 Min. 6 Sec.
                                   7,0°
                                  16,66
                                 28,3°
                                 39,0
                                 
                              
                                   9,0°
                                    19   „   45   „
                                   8,1°
                                 17,1
                                 32,0°
                                 44,0
                                 
                              
                                 13,8°
                                    15   „   51   „
                                 13,0°
                                 21,2
                                 34,5°
                                 46,8
                                 
                              
                                 19,1°
                                    12   „     4   „
                                 14,8°
                                 23,0
                                 37,2°
                                 50,0
                                 
                              
                                 21,2°
                                    11   „     1   „
                                 15,6°
                                 23,6
                                 43,0°
                                 55,0
                                 
                              
                                 26,4°
                                      8   „   42   „
                                 17,6°
                                 25,5
                                 45,7°
                                 56,6
                                 
                              
                                 29,7°
                                      7   „   40   „
                                 20,3°
                                 28,8
                                 49,0°
                                 58,8
                                 
                              
                                 34,8°
                                      6   „   21   „
                                 23,3°
                                 32,9
                                 
                                 
                                 
                              
                                 40,0°
                                      5   „   17   „
                                 25,2°
                                 35,4
                                 
                                 
                                 
                              
                                 45,0°
                                      4   „   29   „
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           In Fig. 2 sind die, den vorstehenden Zahlen
                              									entsprechenden Curven gezeichnet. Die Abscissen entsprechen den Temperaturen, die
                              									Ordinaten dagegen für die Consistenzmessungen den Umdrehungszahlen, für die
                              									Viscositätsmessungen aber den Auslaufszeiten in halben Minuten.
                           Die Curve für die Umdrehungen hat eine S-förmige Gestalt;
                              									sie besitzt zwei Wendepunkte, ist also wahrscheinlich dritten Grades, während die
                              									Viscositätscurve eine Hyperbel zu sein scheint.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 309, S. 78
                              Fig. 2.Rüböl bei verschiedenen Temperaturen.
                              
                           Durch Vergleichung entsprechender Werthe gleicher Temperaturen
                              									gelangt man zu folgenden Zahlen:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 309, S. 78
                              Zahl der Umdrehungen im
                                 										Consistenzmesser; Minuten der Ausflusszeit; Viscosimeter; Minuten der
                                 										Ausflusszeit berechnet
                              
                           Man ersieht hieraus, dass die Beweglichkeit stetig abnimmt, langsam bis etwa 30
                              									Umdrehungen, sodann in immer rascherem Tempo, entsprechend der Thatsache, dass von
                              									etwa 30 Umdrehungen an Rüböl seinen öligen Charakter mehr und mehr einbüsst.
                           Die Beziehungen zwischen den Umdrehungszahlen (U) und
                              									den Auslaufszeiten (V) im Viscosimeter werden ziemlich
                              									genau wiedergegeben durch die Formel
                           (V + 1,92) (U – 0,08) = 387,54.
                           Nach dieser Formel sind die Zahlen der vierten Reihe
                              									berechnet.
                           In derselben Weise kann man auch bei anderen Flüssigkeiten verfahren. So wurde für
                              									ein Glycerin, welches bei 20° ein specifisches Gewicht von 1,233 hatte, die
                              									Beziehungscurve gezeichnet und in Fig. 3 neben die
                              									Rübölcurve gesetzt. Beide Curven laufen einander ziemlich parallel, doch liegt die
                              									erstere merklich unter der letzteren, so dass in allen Fällen derselben Consistenz bei Glycerin eine merkfar kleinere
                              									Ausflusszeit zukommt als bei Rüböl.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 309, S. 78
                              Fig. 3.Beziehungscurven zwischen Consistenz und Viscosität für Rüböl und
                                 										Glycerin.
                              
                           Anstatt durch Wärme kann man auch durch Verdünnung sowohl Viscosität wie Consistenz
                              									variiren und wird auch hier zu ganz ähnlichen Beziehungen zwischen beiden gelangen.
                              									Die so erhaltene Verdünnungscurve läuft der Erwärmungscurve ganz parallel;
                              									Verdünnung und Erwärmung bewirken daher bei Viscosität und Consistenz genau
                              									dieselben Aenderungen.
                           Nachstehend sind für eine ganze Reihe von Flüssigkeiten die Reihenbeobachtungen
                              									zusammengestellt. – Bei Schmierölen, Glycerin und Perubalsam sind die Temperaturen,
                              									dagegen bei Zuckerlösungen die Concentrationen variirt.
                           
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 309, S. 79
                              Umdrehungen im Cons.-Messer;
                                 										Viscosimet. in Minut.; Spec. Gewicht bei 20°; Beweglichkeit; Temperatur;
                                 										Zuckerlösungen verschied. Concentrationen bei 20°; Glycerin spec. Gew. 1,233,
                                 										bei 20°; Perubalsam; Rüböl; Rüböl und Colophonium 10 : 1; Provenceröl; Flüssiges
                                 										Paraffin; Mineralöl; Heller Leberthran; Ricinusöl
                              
                           
                              
                              Einzelbeobachtungen:
                              
                           
                              
                                 
                                 Umdrehungenim Con-sistenzmesser
                                 Viscosimeterin Minuten
                                 Beweglichkeit
                                 
                              
                                 Geschmolzenes    Schweinefett:
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 bei 41,2°
                                       52
                                        4,8
                                 249,6
                                 
                              
                                   „   43,8°
                                       54
                                        4,35
                                 234,9
                                 
                              
                                   „   47,2°
                                       56
                                        3,9
                                 218,4
                                 
                              
                                 Schmierseife in Was-    ser und Spiritus    gelöst,
                                    											bei ver-    schiedenen Ver-    dünnungen:
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 a
                                       22,1
                                      12,8
                                 282,9
                                 
                              
                                 b
                                       24,1
                                      10,15
                                 244,6
                                 
                              
                                 c
                                       61,4
                                        2,5
                                 153,5
                                 
                              
                                 Lösungen von Gum-    miarabicum
                                    											in    Wasser:
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 a
                                       13,65
                                      19,9
                                 291,6
                                 
                              
                                 b
                                       31,8
                                        8,6
                                 273,5
                                 
                              
                                 c
                                       39,6
                                        6,4
                                 253,4
                                 
                              
                                 Wasserglas
                                       35,5
                                        5,6
                                 198,8
                                 
                              
                           Aus dieser Zusammenstellung ersieht man, dass für alle Flüssigkeiten die
                              									Beweglichkeit (Tν0) mit der Verflüssigung abnimmt, in geringerem
                              									Grade bis zu einer Consistenz von etwa 30 bis 36 Umdrehungen, erheblich mehr darüber
                              									hinaus. Bei dieser Grenze hören im Allgemeinen wohl alle Flüssigkeiten auf, dem
                              									durch Formel 1) ausgedrückten Gesetze zu folgen, dieselben verlieren dann ihren
                              									zähflüssigen Charakter.
                           Vergleicht man in der Tabelle die, gleicher Consistenz entsprechende Beweglichkeit
                              									der verschiedenen Flüssigkeiten, so sieht man, dass sich die letzteren in folgender
                              									aufsteigender Reihe ordnen. Wasserglas, Perubalsam, Zuckerlösungen, Glycerin,
                              									Schmierseifelösungen, Gummilösung, fette Oele.
                           Die letzteren unterscheiden sich von ersteren ganz wesentlich, und zwar um so mehr,
                              									bei je grösserer Dünnflüssigkeit man sie vergleicht. Da nun Wasserglas, Zuckerlösung
                              									und Glycerin unzweifelhaft schlechte Schmiermittel sind, für dieselben aber das
                              									Product Tr0
                              									relativ sehr gering ist, so hat man in diesem Producte einen Maasstab für die
                              									Eignung einer Flüssigkeit als Schmiermittel.
                           Vergleicht man ferner die Schmieröle unter sich, so steht als bestes Rüböl obenan,
                              									was ja auch mit der Erfahrung übereinstimmt; sodann folgt eine Lösung von
                              									Colophonium in Rüböl, dann Provenceröl, Mineralöl II, flüssiges Paraffin, sowie
                              									Ricinusöl (welch letzteres die Eigenthümlichkeit zeigt, dass seine Beweglichkeit mit
                              									der Verflüssigung zunimmt), sodann Leberthran und endlich Mineralöl I. – Für
                              									geschmolzenes Schweinefett wurden einige Beobachtungen gemacht; dasselbe rangirt vor
                              									dem Provenceröl.
                           Das Product Tν0 habe ich als Beweglichkeit bezeichnet, dasselbe
                              									hängt, wie früher gesagt, von einer Constanten α ab,
                              									welche angibt, welchen Bruchtheil die Umdrehungsgeschwindigkeit der Flüssigkeit an
                              									der Oberfläche des Aufnahmegefässes von der an der Metallscheibe ausmacht.
                           Vergleicht man bei verschiedenen Oelen die Ausflusszeiten, welche gleicher
                              									Umdrehungszahl entsprechen, soerhält man ein Maass für die Schmierfähigkeit der
                              									Oele und man kann sagen, ein Oel sei um so schmierfähiger, je zähflüssiger dasselbe
                              									bei gleicher Consistenz ist.
                           Was nun die zur Untersuchung nothwendigen Instrumente betrifft, so muss jeder
                              									Consistenzmesser die gleichen Werthe ergeben, da man denselben durch Gewichte
                              									jederzeit so einstellen kann, dass die Scheibe bei Umdrehung in Wasser von 15° 150
                              									Umdrehungen macht. – Nicht so beim Engler'schen
                              									Viscosimeter, da aus der dem Apparate beigegebenen Druckschrift hervorgeht, dass die
                              									Ausflusszeit für 200 ec Wasser von 20° zwischen 51 und 53 Secunden schwankt.
                           Will man nun vergleichbare Zahlen haben, so muss man ein Viscosimeter als
                              									Normalinstrument betrachten und darauf alle anderen beziehen. Gesetzt, man nehme das
                              									von mir benutzte als Normalviscosimeter, so wird man bei einem anderen Instrumente
                              									dieser Gattung die Beziehung zwischen Consistenzzahl und Ausflusszeit entweder für
                              									Zuckerlösungen verschiedener Concentrationen oder für Glycerin von 1,233 spec. Gew.
                              									(bei 20°) bei mehreren Temperaturen bestimmen.
                           Mein Normalviscosimeter ergibt für Zuckerlösung von 22 Umdrehungen 10 Minuten 30
                              									Secunden Auslaufszeit, also als Product 231; für ein anderes Viscosimeter habe man
                              									bei gleicher Consistenz nur 10 Minuten Auslaufszeit beobachtet, also das Product 220
                              									erhalten, so sind sämmtliche mit letzterem gefundenen Auslaufszeiten mit
                              										\frac{231}{220}=1,05 zu multipliciren, um zu den von mir
                              									gefundenen Zahlen zu gelangen.
                           Mit demselben Viscosimeter würde man für Glycerin der angegebenen Concentration bei
                              									26° zu dem Producte 246,9 gelangen. Da mein Normalinstrument 259,2 ergibt, so
                              									gelangt man auch hierbei zu dem Quotienten
                              										\frac{259,2}{246,9}=1,05.
                           Man könnte auch eine Flüssigkeit, z.B. Zuckerlösung als Normalflüssigkeit betrachten
                              									und darauf alle anderen beziehen. Rüböl von 19,6° ergibt das Product Tν0= 336, Zuckerlösung derselben Consistenz aber 232,4, die relative
                              									Beweglichkeit des Rüböls bei 19,6° wäre dann
                              										\frac{336}{246,9}=1,05. Bei dieser Art von Rechnung gelangt
                              									man zu Zahlen, die unabhängig von dem Aichungsergebniss des Viscosimeters sind. Mein
                              									Viscosimeter zeigt übrigens, wie ich hier beifüge, die Auslaufszeit von 52,7
                              									Secunden für Wasser von 20° C.
                           Bemerken muss ich noch, dass die Thermometer des Viscosimeters und des
                              									Consistenzmessers mit einem Normalthermometer verglichen werden müssen; jedenfalls
                              									sind sie unter einander zu vergleichen, um die Beobachtungen stets auf gleiche
                              									Temperatur bei beiden Instrumenten zu reduciren. Da sich bei den Angaben zweier
                              									Thermometer Unterschiede bis zu 1° ergeben, so würde man erhebliche Fehler begehen,
                              									wenn man die Thermometer ohne weiteres als richtig respective übereinstimmend
                              									betrachtete.
                           Bei meinem Engler'schen Viscosimeter ergibt sich ferner
                              									der Uebelstand, dass das Innenthermometer nicht ganz in die Flüssigkeit eintaucht.
                              									Ich habe es deshalb vorgezogen, ein anderes dünnes Thermometer durch die
                              									Deckelöffnung bis auf den Boden des Gefässes in die Flüssigkeit einzusenken.
                           Resumirt man zum Schlusse, so ergibt sich Folgendes:
                           1) Die Flüssigkeiten zeigen bei gleicher Consistenz grosse Verschiedenheiten in ihrer
                              									Zähigkeit; fette Oele sind erheblich zäher als wässerige Flüssigkeiten.
                              									Schmierfähigkeit und Zähigkeit sind einander proportional.
                           2) Als Maass der Schmierfähigkeit kann man die Ausflusszeit aus dem Engler'schen Viscosimeter bei gleicher Consistenz, als
                              									Maass der Beweglichkeit aber das Product aus Viscosität und Consistenz
                              									betrachten.
                           3) Die Schmierfähigkeit bezieh. Beweglichkeit der fetten Oele nimmt mit steigender
                              									Temperatur ab; bei einer, etwa 30 Umdrehungen übersteigenden Consistenz verlieren
                              									die Schmieröle ihren öligen Charakter.
                           Zur Beurtheilung der Leistungsfähigkeit eines Schmieröles muss man daher sowohl
                              									Viscosität wie Consistenz in Betracht ziehen.