| Titel: | Die Anwendung des überhitzten Dampfes im Dampfmaschinenbetriebe. | 
| Autor: | O. Herre | 
| Fundstelle: | Band 312, Jahrgang 1899, S. 34 | 
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                        Die Anwendung des überhitzten Dampfes im
                           								Dampfmaschinenbetriebe.
                        Von O. Herre, Ingenieur
                           								und Lehrer.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 17 d.
                           								Bd.)
                        Die Anwendung des überhitzten Dampfes im
                           								Dampfmaschinenbetriebe.
                        
                     
                        
                           C. Konstruktion der Ueberhitzer.
                           Die Ueberhitzungsanlagen lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Man
                              									unterscheidet:
                           I. Anlagen mit mässiger Ueberhitzung, bei welchen die zur Verwendung kommende
                              									Temperatur eine konstruktive Aenderung der üblichen Ausführung der Dampfmaschine
                              									nicht erfordert;
                           II. Heissdampfanlagen mit hoher Ueberhitzung, bei denen die Konstruktion der
                              									Dampfmaschine den hohen Temperaturen angepasst werden muss, also erhebliche
                              									Abweichungen gegenüber der üblichen Bauart zeigt.
                           Die Anlagen der ersten Gruppe sind naturgemäss viel häufiger als diejenigen der
                              									zweiten Gruppe. Bei den ersteren können alte Anlagen, die bisher mit gesättigtem
                              									Dampfe arbeiteten, ohne weiteres mit Ueberhitzungsapparaten versehen werden. Die
                              									Ueberhitzung wird dann so Weit getrieben, wie es ein störungsfreier Betrieb der
                              									vorhandenen Maschine zulässt. In einem solchen Falle ist es daher nur notwendig, die
                              									Kesselanlage einer Veränderung durch Einbau des Ueberhitzers zu unterziehen, während
                              									die Maschine unberührt bleibt, höchstens, dass die vorhandenen Hanfpackungen der
                              									Stopfbüchsen durch Metallpackungen ersetzt werden und die Schmiervorrichtungen
                              									vermehrt bezw. verbessert werden.
                           Bei Heissdampfanlagen kann es sich dagegen nur um Neuanlagen handeln. Im günstigsten
                              									Falle liessen sich die vorhandenen Kessel verwenden, indem sie in Heissdampfkessel
                              									umgebaut würden.
                           Die zur Ueberhitzung dienenden Apparate bestehen aus einer Gruppe geheizter
                              									Rohrelemente, in welche der gesättigte Dampf, der in üblicher Weise erzeugt wird,
                              									eintritt, hier Wärme aufnimmt und als überhitzter Dampf der Maschine zuströmt. Die
                              									Ueberhitzer werden entweder mit eigener Feuerung versehen oder in die Feuerzüge des
                              									Dampfkessels eingebaut. Die zweite Ausführungsart ist die gebräuchlichere; sie hat
                              									den Vorteil, dass nur verhältnismässig geringe bauliche Veränderungen an der
                              									Kessel-Anlage notwendig sind, dass die Anschaffungskosten gering ausfallen und dass
                              									die besondere Bedienung einer weiteren Feuerung nicht erforderlich wird. Dagegen hat
                              									sie den Nachteil, dass eine sichere und schnelle Regulierung der Dampftemperatur
                              									schwer zu erreichen ist.
                           Die Ueberhitzer mit besonderer Feuerung kommen gewöhnlich dort zur Verwendung, wo für
                              									die Unterbringung Von Kesselüberhitzern nicht genügend Raum vorhanden ist, da
                              									erstere an jedem beliebigen Orte aufgestellt werden können. Neben diesem Vorteil hat
                              									diese Anordnung noch den weiteren Vorzug, dass die Ueberhitzungstemperatur ganz
                              									unabhängig vom Betriebe des Dampfkessels reguliert werden kann und dass Störungen im
                              									Betrieb des Ueberhitzers den Gesamtbetrieb nicht hindern, da eine leichte
                              									Ausschaltung des Ueberhitzers möglich ist. Andererseits Werden jedoch die
                              									Anschaffungskosten und in der Regel auch die Bedienungskosten höher, da eine
                              									Feuerung mehr zu versehen ist. Auch darf nicht vergessen werden, dass die Ausnutzung
                              									des Brennmaterials in der Kesselfeuerung allgemein eine bessere ist als in der
                              									relativ kleinen Sonderfeuerung des Ueberhitzers.
                           Die Einteilung der verschiedenen Ueberhitzersysteme kann nach verschiedenen
                              									Gesichtspunkten erfolgen.
                           Nach dem hauptsächlich verwendeten Material unterscheidet man:
                           1. Ueberhitzer aus Gusseisen;
                           2. Ueberhitzer aus Schmiedeeisen.
                           Das verwendete Material bestimmt wesentlich die Form und auch die Wirkungsweise der
                              									Ueberhitzer.
                           Gusseiserne Ueberhitzer werden mit grösserer Wandstärke auszuführen sein als
                              									schmiedeeiserne. Infolgedessen ist bei sonst gleichen Verhältnissen für denselben
                              									Wärmedurchgang bei gusseisernen Ueberhitzern eine grössere Temperaturdifferenz
                              									erforderlich. Man wird daher gusseiserne Ueberhitzer höheren Temperaturen der
                              									Feuergase aussetzen müssen als schmiedeeiserne. Da aber Gusseisen den Feuergasen
                              									gegenüber widerstandsfähiger ist, auch die Gefahr des Durchbrennens der grösseren
                              									Wandstärke wegen geringer ist, so bedeutet dies keinen Nachteil.
                           Die grössere Masse der gusseisernen Rohre vermag eine bedeutende Wärmemenge
                              									aufzuspeichern, die bei Temperaturschwankungen der Feuergase eine willkommene
                              
                              									Reserve zur Erzielung möglichst gleichmässiger Ueberhitzungstemperatur bildet.
                           Um grosse Heizflächen zu erzielen, werden die gusseisernen Rohre mit Rippen versehen.
                              									Da sich die Zwischenräume aber leicht mit Russ und Flugasche füllen, so kann die
                              									Leistungsfähigkeit der Ueberhitzer leiden, wenn dieselben nicht zugänglich
                              									angeordnet werden und Vorrichtungen zum Reinigen fehlen.
                           Bezüglich der Anordnung der Rohrelemente kann man unterscheiden:
                           1. Ueberhitzer mit hintereinander geschalteten Rohrelementen, wenn der Dampf die
                              									einzelnen Rohre des Ueberhitzers hintereinander durchströmt;
                           2. Ueberhitzer mit parallel geschalteten Rohrelementen, wenn der Dampf ström geteilt
                              									wird und jedes Rohrelement nur von einem Teil des Dampfes durchströmt werden
                              
                              									soll.
                           Bei Hintereinanderschaltung fällt die Dampfgeschwindigkeit in den Rohren relativ
                              									gross aus; ebenso ist der Querschnitt des Dampfstromes ein grösserer. Bei
                              									Parallelschaltung ist es umgekehrt: die Dampfgeschwindigkeit ist kleiner, da der
                              									Gesamtquerschnitt aller parallel geschalteten Rohre verhältnismässig gross ist;
                              									trotzdem haben die einzelnen Dampfströme nur kleinen Querschnitt.
                           Nun hat sich gezeigt, dass die Dampfgeschwindigkeit auf das Resultat der Ueberhitzung
                              									von gewissem Einfluss ist. Ruhender Dampf nimmt nur schwer Ueberhitzungswärme an. Es
                              									mag dies durch die Thatsache erklärbar sein, dass sich nur die äusseren Teile der
                              									Dampfmasse überhitzen, welche dann als schlechte Wärmeleiter die weitere
                              									Wärmeaufnahme erschweren. Bei strömendem Dampfe findet dagegen wohl stets eine etwas
                              									wirbelnde Bewegung statt, besonders wenn der Dampf veranlasst wird, seine
                              									Bewegungsrichtung häufig zu wechseln.
                           Auch ist wohl anzunehmen, dass der ruhende Dampf seine Wärme rückwärtsleitend dem
                              									Kesselinhalt zuführt und hier die Bildung gesättigten Dampfes veranlasst.
                           Grössere Dampfgeschwindigkeiten können daher vorteilhaft sein, doch ist der Einfluss
                              									der Geschwindigkeit auf die Wärmeaufnahme noch so wenig festgestellt, dass eine
                              									Bestimmung der günstigsten Werte nicht erfolgen kann. Jedenfalls ist es zweckmässmg,
                              									bei der Dimensionierung des Ueberhitzers die Dampfgeschwindigkeit zu beachten. Bei
                              									den meisten ausgeführten Anlagen finden sich Geschwindigkeiten von etwa 18 bis 50 m
                              									in der Sekunde.
                           Besonders wichtig ist es aber, den Querschnitt des Dampfstromes möglichst klein zu
                              									machen, wenn man eine gleichartige Ueberhitzung erreichen will; bei grossen
                              									Querschnitten überhitzt sich nur die Peripherie der Dampfmasse. Daher ist auch von
                              									einer Konstruktion, bei welcher die Heizgase im letzten Zuge den Dampfsammler
                              									umspülen, höchstens ein oberflächlich getrockneter, niemals aber überhitzter Dampf
                              									zu erwarten.
                           Werden die Rohrelemente hintereinander geschaltet, so muss der Dampfstrom
                              									notwendigerweise seine Richtung häufig wechseln; üblich ist die ∪- oder S-förmige und die
                              									spiralförmige Führung des Dampfes.
                           Sind die Rohre parallel geschaltet, so können sie entweder sämtlich gerade sein und
                              									parallel angeordnet werden, so dass der Dampf im Ueberhitzer seine Richtung nicht
                              									wechselt, oder sie sind auch bogenförmig, dann meistens ∪- oder S-förmig ausgeführt. Auch Doppelrohre
                              									finden bei einzelnen Systemen Anwendung.
                           Charakteristisch ist allen Ueberhitzern mit Parallelschaltung das Vorhandensein
                              									zweier Dampfkammern. Die erste ist mit gesättigtem Dampf gefüllt und steht mit dem
                              									Kessel in Verbindung; ihre Aufgabe besteht in der Zerteilung des Dampfes. Die zweite
                              									Kammer sammelt den in den Rohren überhitzten Dampf wieder und führt ihn der Maschine
                              									zu. Die Dampfkammern sind sehr verschiedenartig konstruiert und werden aus Gusseisen
                              									und auch aus Schmiedeeisen hergestellt.
                           Wir wenden uns nunmehr zur Besprechung der einzelnen Systeme.
                           
                        
                           I. Ueberhitzer für mässige Ueberhitzung.
                           
                              1. Ueberhitzer aus
                                    										Gusseisen.
                              Die Rohrelemente sind hintereinander geschaltet.
                              
                                 
                                    a) Der Ueberhitzer von
                                       												Schwörer, Colmar i. E.
                                    
                                 Bei diesem System, welches gegenwärtig wohl das verbreitetste ist, werden
                                    											gusseiserne Rohre verwandt, welche aussen mit radialen, innen mit axialen
                                    											Rippen versehen sind. Die Aussenrippen vermehren die wärmeaufnehmenden
                                    											Flächen, die Innenrippen die wärmeabgebenden Flächen. Durch letztere wird
                                    											auch der Querschnitt des Dampfstromes in sehr zweckmässiger Weise zerteilt,
                                    											so dass die Ueberhitzung auch im Kern des Dampfstromes eine gute ist.
                                    											Schliesslich erlangt das Rohr infolge dieser Formgebung eine grosse
                                    											Festigkeit, was mit Rücksicht auf hohe Dampfspannungen nur erwünscht ist.
                                    											Die Verbindungsstellen der Rohre sind dem Feuer ausgesetzt und erfordern
                                    											daher besondere Beachtung, wenn sie dauernd dicht halten sollen. Die
                                    											Verbindung der Rohre erfolgt nach Schwörer's
                                    											Patent mit eingelegtem Stahlring und durch einen besonderen feuerfesten
                                    											Kitt. Klagen über undicht gewordene Verbindungen sind nicht bekannt
                                    											geworden.
                                 Die Anordnung des Ueberhitzers am Kessel ist aus den Fig. 3 bis 8 auf S. 253
                                    											bis 255 Bd. 300 dieses Journals ersichtlich. Die
                                    											Fig. 1 und 2 an derselben Stelle zeigen einen Schwörer-Ueberhitzer mit
                                    											besonderer Feuerung.
                                 Von den vielen exakt durchgeführten Versuchen, welche die Vorzüglichkeit des
                                    												Schwörer'schen Ueberhitzers erkennen
                                    											lassen, mögen hier neben dem schon erwähnten Versuche an der Maschine der
                                    											Firma Ed. Vaucher und Co. (vergl. Tabelle VIII)
                                    											nur noch zwei Versuche besprochen werden.
                                 Professor M. Schröter berichtet in der Zeitschr. d. Ver. d. Ing., 1896 S. 249 u. f.
                                    											sehr ausführlich über eine Reihe vergleichender Versuche, die er an der
                                    											Dreifach-Expansionsmaschine der Kammgarnspinnerei
                                       												Augsburg ausgeführt hat. Wegen der Einzelheiten dieses
                                    											interessanten Berichtes muss auf die Quelle verwiesen werden; hier sollen
                                    											nur die wichtigsten Ergebnisse Erwähnung finden.
                                 Die Maschine ist mit geteiltem Niederdruckcylinder und zwei um 90° versetzten
                                    											Kurbeln ausgeführt und soll bei 11 at Admissionsdruck normal 1500
                                    												i leisten. Der Hochdruckcylinder
                                    											und ein Niederdruckcylinder wirken auf eine Kurbel, der Mitteldruckcylinder
                                    											und der zweite Niederdruckcylinder auf die andere. Die bestehende
                                    											Kesselanlage lieferte jedoch nur Dampf von 6 at Spannung, da von der
                                    											Anschaffung einer neuen Kesselanlage für die neue Maschine zunächst noch
                                    											Abstand genommen worden war.
                                 Es wurden 3 Hauptversuche mit überhitztem und 3 mit gesättigtem Dampf
                                    											vorgenommen. Um die Wirkung des Dampfmantels bei überhitztem Dampf zu
                                    											untersuchen, wurden beim ersten Versuch alle Mäntel geheizt. Beim zweiten
                                    											und dritten Versuch wurden dagegen der Mitteldruckcylinder und die zwischen
                                    											Hoch- und Mitteldruckcylinder liegende Beikammer (Receiver) nicht geheizt.
                                    											Der Dampfmantel des Hochdruckcylinders liess sich leider nicht ausschalten.
                                    											Bei den beiden ersten Versuchen betrug die Leistung 1200 , beim
                                    											letzten 1000 . Bei den 3 Versuchen mit gesättigtem Dampfe wurden
                                    											alle Mäntel geheizt. Die Leistung betrug beim ersten Versuch 1200 ,
                                    											beim zweiten und dritten 1000 . Beim dritten Versuch wurde noch die
                                    											Anzahl der Kessel von 9 auf 5 vermindert, um den Einfluss der Dampfnässe zu
                                    											ermitteln. Die erzielten Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle
                                    											enthalten.
                                 Tabelle IX.
                                 
                                    
                                    Textabbildung Bd. 312, S. 34
                                    Ueberhitzter Dampf;
                                       												Gesättigter Dampf; Alle Mäntel geheizt; Cylinder II und Beikammer I
                                       												nicht geheizt; Versuchsdauer; Indizierte Leistung; Admissionsdruck aus
                                       												den Diagrammen; Vacumeter; Dampftemperatur beim Einlass; Temperatur des
                                       												Einspritzwassers; Temperatur des Luftpumpenwassers; Effektives
                                       												Speisewasser pro HPi und Stunde; Verdampftes Speisewasser pro qm
                                       												Heizfläche und Stunde
                                    
                                 Für den Vergleich mit gesättigtem Dampf wären die Versuche II und III zu
                                    											benutzen, da Versuch I mit voller Mantelheizung ausgeführt wurde. Man
                                    											erkennt, dass die Mantelheizung selbst bei der nur schwachen Ueberhitzung um
                                    											etwa 50° C. schon nachteilig wirkt. Der Unterschied wäre gewiss noch viel
                                    											deutlicher hervorgetreten, wenn es möglich gewesen wäre, auch den
                                    											Hochdruckcylinder ohne Heizung zu benutzen.
                                 Die Dampfersparnis gegenüber der Verwendung gesättigten Dampfes beträgt bei
                                    											1200  (Versuch II und IV)
                                 6,39 – 5,66 = 0,73 kg oder \frac{0,73\,.\,100}{6,39}=11,4%.
                                 Bei 1000  Leistung ergibt sich, wenn man das
                                    
                                    											Mittel aus
                                    											den Ergebnissen von Versuch V und VI wählt, eine Ersparnis von
                                 5,97 – 5,38 = 0,59 kg oder \frac{0,59\,.\,100}{5,97}=9,9%.
                                 Berücksichtigt man, dass der Dampfverbrauch der mit
                                    											gesättigtem Dampf arbeitenden Maschine an sich schon ausserordentlich gering
                                    											ist, vielleicht der geringste, der bei 6 kg Anfangsspannung erreicht wurde;
                                    											ferner, dass die Ueberhitzung nur eine sehr mässige war, so wird man den
                                    											Erfolg der Ueberhitzung als einen ausgezeichneten ansehen müssen. Grössere
                                    											Ueberhitzung als bis 215° C. liess sich nicht anwenden, da sonst der
                                    											Maschinenbetrieb nicht mehr tadellos war.
                                 Ueberraschend ist noch das Ergebnis des letzten Versuches VI. Die
                                    											Ausschaltung von 4 Kesseln blieb ohne nachteiligen Einfluss auf das
                                    											ökonomische Resultat, da die geringe Verminderung des Dampfverbrauches wohl
                                    											belanglos ist. Es folgt hieraus, dass die Qualität des Dampfes selbst bei
                                    											einer Beanspruchung von 24,34 kg pro Quadratmeter Heizfläche und Stunde sich
                                    											bei der benutzten Kesselanlage – Cornwall-Kessel mit 2 Flammrohren – nicht
                                    											verschlechterte.
                                 Der Bayerische Dampfkesselrevisionsverein führte
                                    											im Mai 1893 eine Reihe von Leistungsversuchen an der mit Schwörer'schen Ueberhitzern versehenen
                                    											Dampfanlage der Baumwollfeinspinnerei in
                                       												Augsburg aus. Dem Berichte des Direktors Gyssling sei hier folgendes entnommen:
                                 Die Kesselanlage besteht aus 5 Bouilleurkesseln mit je 1 Oberkessel, 2
                                    											Siedern, 2 seitlichen Vorwärmern und Unterfeuerung mit Jordan-Rost. Von der
                                    											Kesselanlage führt eine 50 m lange und gut isolierte Leitung von 210 mm
                                    											lichter Weite zur Maschine. Diese ist als Compound-Maschine mit Kondensation
                                    											und Sulzersteuerung von der Maschinenfabrik
                                       												Augsburg gebaut. Die Cylindermäntel und -deckel werden mit
                                    
                                    											Kesseldampf geheizt. Die Hauptabmessungen der Anlage sind folgende:
                                 
                                    
                                       Heizfläche eines Kessels
                                       80
                                       qm
                                       
                                    
                                       Rostfläche    „         „
                                       1,8
                                       „
                                       
                                    
                                       Betriebsüberdruck
                                       7
                                       at
                                       
                                    
                                       Durchmesser des Hochdruckcylinders
                                       676,4
                                         mm
                                       
                                    
                                               „              „  
                                          													Niederdruckcylinders
                                       1050,75
                                       „
                                       
                                    
                                               „            der Kolbenstangen
                                       115
                                       „
                                       
                                    
                                       Hub der Maschine
                                       1350,25
                                       „
                                       
                                    
                                       Umdrehungszahl in der Minute
                                       66
                                       
                                       
                                    
                                       Kolbengeschwindigkeit
                                       2,97
                                       m
                                       
                                    
                                 Es wurden 3 Versuche am 25., 26. und 30. Mai vorgenommen. Die beiden
                                    											ersten Versuche wurden mit überhitztem Dampfe ausgeführt. Es waren 4 Kessel
                                    											im Betrieb. Beim dritten Versuche, bei dem gesättigter Dampf benutzt wurde,
                                    											waren alle 5 Kessel im Betrieb. Der Dampfmantel des Receivers und des
                                    											Niederdruckcylinders waren bei Versuch I und III geheizt, bei Versuch II
                                    											nicht geheizt. Die Ergebnisse sind in Tabelle X im Auszuge
                                    											wiedergegeben.
                                 Tabelle X.
                                 
                                    
                                    Textabbildung Bd. 312, S. 35
                                    Ueberhitzter Dampf;
                                       												Gesättigter Dampf; Mantel am Receiver u. Niederdruckcylinder geheizt;
                                       												Mantel am Receiver u. Niederdruckcylinder nicht geheizt; Dauer des
                                       												Versuches; Sohlen verheizt; In der Stunde auf 1 qm Rostfläche, 1 qm
                                       												Heizfläche; Speisewasser verdampft; In der Stunde auf 1 qm Heizfläche;
                                       												Temperatur des Speisewassers; Dampfspannung im Ventilkasten;
                                       												Dampftemperatur hinter den Ueberhitzern, im Sammelrohr, im Ventilkasten;
                                       												1 kg Kohle verdampft Wasser; Heizwert der Kohle; Wärmebilanz; Nutzbar
                                       												gemacht zur Dampfbildung, Ueberhitzung; Gesamte nutzbar gemachte Wärme;
                                       												Verloren im Aschenfall; Verloren im Kamin; Rest (Strahlung u.s.w.);
                                       												Summe-Heizwert; Gesamtleistung; Dampfverbrauch pro HPi und Stunde;
                                       												Dampfersparnis; Ersparnis an Kohlenkosten
                                    
                                 Die Ueberhitzung, die hier, gemessen am Ventilkasten, etwa 75° C. beträgt,
                                    											veranlasst bereits eine Dampfersparnis von 20,21 % und eine Kohlenersparnis
                                    											von 18,45 %. Ferner ist aber noch zu beachten, dass die 4 benutzten Kessel
                                    											etwa ebenso stark beansprucht werden als 5 Kessel bei Verwendung gesättigten
                                    
                                    
                                    											Dampfes. Es kann daher nicht nur ein Heizer erspart werden, sondern es ist
                                    											auch noch ein Kessel zur Reserve vorhanden.
                                 
                              
                                 
                                    b) Der Ueberhitzer von Gebr.
                                       												Böhmer in Magdeburg.
                                    
                                 Auch dieser Ueberhitzer hat radiale Aussenrippen, dagegen sind die Rohre
                                    											innen glatt. Eine Wand teilt das Innere in zwei Hälften, so dass der Dampf
                                    											gezwungen wird, jedes Rohrelement zweimal in entgegengesetzter Richtung zu
                                    											durchströmen. Fig.
                                       												5 bis 7 zeigen die Konstruktion im Detail. Besondere Sorgfalt ist auch
                                    											hier den Flanschdichtungen zugewendet. Wie Fig. 8 und 9 erkennen
                                    											lassen, erfolgt die Dichtung durch einen elastischen schmiedeeisernen Ring,
                                    											der sich beim Anziehen der Flanschschrauben gegen die eingelegten Drahtseile
                                    											presst. Der noch verbleibende Zwischenraum wird von feuerfestem Kitt
                                    											ausgefüllt.
                                 
                                    
                                    Textabbildung Bd. 312, S. 35
                                    Ueberhitzer von Gebr. Böhmer.
                                    
                                 
                                 Die Anordnung des Ueberhitzers am Kessel ist in den Fig. 10 bis 14
                                    											dargestellt.
                                 
                                    
                                    Textabbildung Bd. 312, S. 36
                                    Flanschendichtung beim Ueberhitzer von Gebr. Böhmer.
                                    
                                 Fig. 10 und
                                    												11 zeigen
                                    											den Ueberhitzer in stehender Anordnung. Die Heizgase treffen die Rippenrohre
                                    											nach dem Verlassen der Flammrohre, also am Ende des ersten Feuerzuges. Die
                                    											Stromrichtung des Dampfes ist an den eingezeichneten Pfeilen leicht zu
                                    											verfolgen. Der Dampf strömt aus dem Dome nach hinten, passiert den
                                    											Ueberhitzer und gelangt wieder nach vorn, um dem Maschinenhause zugeführt zu
                                    											werden.
                                 Die zweite der Praxis entnommene Ausführung zeigt in den Fig. 12 bis 14 einen liegend
                                    											angeordneten Ueberhitzer. Auch hier ist derselbe am Ende des ersten Zuges
                                    											eingebaut. Der Dampfsammler ist bei Betrieb mit überhitztem Dampf ausser
                                    											Benutzung. Nur wenn eine Ausschaltung des Ueberhitzers notwendig werden
                                    											sollte und demnach mit gesättigtem Dampf gearbeitet werden müsste, kommt
                                    											derselbe zur Verwendung, indem dann die drei Ventile geschlossen werden
                                    											müssen, die den Ueberhitzer absperren. Die Führung des Dampfstromes vom Dome
                                    											nach den Ueberhitzern, die Vereinigung des überhitzten Dampfes beider Kessel
                                    											und die Abführung zur Maschine ist aus den eingetragenen Pfeilen
                                    											ersichtlich. Die Rückwand der Ueberhitzerkammer ist mit Reinigungsöffnungen
                                    											versehen, um mittels eines Dampfstrahles Flugasche und Russ von den
                                    											Rippenrohren abblasen zu können. Zur Abführung des Kondensationswassers ist
                                    											am tiefsten Punkte des Ueberhitzers eine Entwässerungsleitung angeordnet.
                                    											Als ein Vorteil der Ueberhitzerkonstruktion ist noch anzuführen, dass sich
                                    											die Rohre bei der Erwärmung frei ausdehnen können, und dass besonders die
                                    											Dichtungen von diesen Formveränderungen unbeeinflusst bleiben, da sie
                                    											sämtlich nur an einem Ende liegen. Es ist dies für die Haltbarkeit der
                                    											Dichtungen von grossem Nutzen.
                                 Der Ueberhitzer wird auch bei Bedarf mit besonderer Feuerung versehen. Nach
                                    											einem Bericht des Magdeburger Vereins für
                                       												DampfkesselbetriebFlugblatt, 1896 Nr. 7. ergaben sich bei
                                    											vergleichenden Versuchen, die mit gesättigtem und überhitztem Dampfe an der
                                    											liegenden Verbundmaschine mit Kondensation von etwa 70  des
                                    											Mühlenbesitzers A. F. Deissner in Frohse bei
                                    											Schönebeck im Juli 1896 angestellt wurden, zu Gunsten der Ueberhitzung eine
                                    											Dampfersparnis von 26,5 % und eine Kohlenersparnis von 20 %. Ein guter
                                    											Beweis für die Zweckmässigkeit der Konstruktion.
                                 
                              
                           
                              2. Ueberhitzer aus
                                    											Schmiedeeisen.
                              Die Rohrelemente sind parallel geschaltet.
                              
                                 
                                    α) Ueberhitzer mit U- oder
                                       												S-förmigen Röhren.
                                    
                                 
                                    
                                       a) Der Ueberhitzer von
                                          													Hering-Nürnberg.
                                       
                                    Bei diesem System werden geschweisste starkwandige Schmiedeeisenrohre
                                       												verwendet. Fig.
                                          													15 und 16 zeigen, wie die Rohre gewöhnlich angeordnet werden. An
                                       												einer gusseisernen Kammer, dem Dampfzerteiler, sind eine Anzahl dieser
                                       												Rohre angeschlossen, die in mehrmalige ∪-förmigen Windungen zu einer zweiten gusseisernen Kammer, dem
                                       												Dampfvereiniger, führen. Die Dichtungen der Rohrverbindungen und die
                                       												Dampfkammern liegen ganz ausserhalb der Feuerung. Die Anordnung des
                                       												Ueberhitzers am Kessel ist in den Fig. 17 bis
                                       													19
                                       												wiedergegeben, welche die Ueberhitzungsanlage der Firma Vonwiller und Co. in Senftenberg
                                       												darstellen.
                                    Die Kesselanlage besteht aus drei Steinmüller-Wasserrohrkesseln mit einer
                                       												Gesamtheizfläche von 320 qm. Einer dieser Kessel ist mit einem Hering'schen Ueberhitzer von 30 qm
                                       												Heizfläche versehen. Dieser ist an dem Kessel seitlich angebaut. Fig. 17
                                       												zeigt einen senkrechten Längsschnitt, Fig. 18
                                       												einen senkrechten Querschnitt und Fig. 19
                                       												einen Horizontalschnitt durch den Ueberhitzer. Die eingetragenen Pfeile
                                       												lassen die Führung der Heizgase leicht erkennen. Durch Drehklappen lässt
                                       												sich die Zugstärke und damit auch die Dampftemperatur regeln.
                                       												Nötigenfalls kann auch der Ueberhitzer ganz aus den Feuerzügen
                                       												ausgeschaltet werden.
                                    
                                       
                                       Textabbildung Bd. 312, S. 36
                                       Ueberhitzer von Gebr. Böhmer (stehende Anordnung).
                                       
                                    An dieser Anlage sind von der Dampfkesseluntersuchungs- und Versicherungsgesellschaft a. G. in
                                          													Wien am 13. und 14. Oktober 1897 zwei Versuche mit überhitztem
                                       												und gesättigtem Dampfe ausgeführt worden, welche den grossen Vorteil der
                                       												Ueberhitzung nachweisen. Dem Berichte des Leiters dieser Versuche,
                                       												Ingenieur K. Kubat, ist hier folgendes
                                       													entnommenZeitschr. d. Dampfk.-Unters, und
                                                															Vers.-Ges. a. G. Wien, 1898 Nr. 1, und
                                             														auch Mitt. a. d. Prax. d. Dampfk.- u.
                                                															Dampfmaschinenbetriebe, 1898 S. 172..
                                    
                                    
                                    
                                       
                                       Textabbildung Bd. 312, S. 37
                                       Ueberhitzer von Gebr. Böhmer (liegende Anordnung).
                                       a Dampfablass; b
                                          													Sicherheitsventil; c Thermometer; d Kondenswasserableitung; e
                                          													Fuchs.
                                       
                                    
                                       
                                       Textabbildung Bd. 312, S. 37
                                       Ueberhitzer von Hering.
                                       
                                    Die Kesselanlage lieferte bei den Versuchen den Dampf 400 bezw. 650 mm
                                       												Compound-Maschine mit Kondensation, 400 bezw. 650 mm
                                       												Cylinderdurchmesser, 900 mm Hub und 72 Umdrehungen in der Minute; ferner
                                       												für einen stehenden Compound-Schnellläufer mit Kondensation, 300 bezw.
                                       												460 mm Cylinderdurchmesser, 300 mm Hub und 210 bis 220 Umdrehungen
                                       												in der Minute.
                                    Bei dem am 13. Oktober vorgenommenen Versuch mit überhitztem Dampf liess
                                       												sich die Dampfspannung leicht konstant halten, dagegen war dies am 14.
                                       												Oktober, wo mit gesättigtem Dampf gearbeitet wurde, nur schwer möglich.
                                       												Der Spannungsverlust in der Leitung bis zur grossen Betriebsmaschine
                                       												betrug bei gesättigtem Dampfe nur 0,6 at, bei überhitztem Dampfe war
                                       												dagegen eine Spannungsabnahme überhaupt nicht zu konstatieren
                                       												gewesen.
                                    Bei den Versuchen fand nur 1 Kessel Verwendung. Die Leistung der
                                       												Maschinen wurde durch Indizieren ermittelt. Die wichtigsten Resultate
                                       												sind in folgender Tabelle XI wiedergegeben.
                                    Tabelle XI.
                                    
                                       
                                          
                                          Versucham 13. Okt.Mit
                                             														Ueber-hitzung
                                          Versucham 14. Okt.Ohne
                                             														Ueber-hitzung
                                          
                                       
                                          Versuchsdauer
                                          Std.
                                              9,5
                                              9,5
                                          
                                       
                                          Heizfläche des Kessels
                                          qm 91,2
                                            91,2
                                          
                                          
                                       
                                          Rostfläche des Kessels
                                          „
                                              2,5
                                             2,88
                                          
                                       
                                          Heizfläche des Ueberhitzers
                                          „
                                              30
                                          –
                                          
                                       
                                          Heizwert der Kohle
                                          Kal.
                                          6426
                                            6426
                                          
                                       
                                          Temperatur des Dampfes
                                          °C.
                                            242
                                            170,7
                                          
                                       
                                          Temperaturd. Essengase
                                          vor dem Ueberhitzer.hinter dem
                                             														Ueberhitzeram Ende des 3. Zuges
                                          „„„
                                            480  390  330
                                          ––    400
                                          
                                       
                                          Temperatur des Speisewassers
                                          „
                                            6,5
                                               6,5
                                          
                                       
                                          Verbrauchan Kohlen
                                          im ganzenpro Stundepro 1 qm
                                             														Rostfläche     und Stunde
                                          kg„„
                                          1774186,7  74,6
                                            2565  270,0   93,7
                                          
                                       
                                          Verbrauch anSpeisewasser
                                          im ganzenpro Stundepro 1 qm
                                             														Heizfläche     und Stunde
                                          „„„
                                          10040  1057   11,6
                                          13927  1466   16,0
                                          
                                       
                                          1 kg Kohle verdampft Wasser
                                          „
                                              5,65
                                             5,43
                                          
                                       
                                          Mittlere Dampfspannung
                                          „
                                                8,1
                                               7,5
                                          
                                       
                                          Wirkungsgrad der Kesselanlage
                                          
                                            0,605
                                            0,551
                                          
                                       
                                          Mittlere Leistung der Maschinen
                                          
                                             
                                             i
                                             
                                              129
                                               129
                                          
                                       
                                          Dampfverbrauch pro Stunde und
                                             															i
                                          kg
                                             8,19
                                            11,36
                                          
                                       
                                          Dampfersparnis
                                          %
                                               28
                                          –
                                          
                                       
                                          Kohlenersparnis
                                          „
                                               31
                                          –
                                          
                                       
                                    
                                    
                                    
                                       
                                       Textabbildung Bd. 312, S. 38
                                       Ueberhitzungsanlage von Vonwiller und Co.
                                       
                                    Sowohl die Dampf- wie die Kohlenersparnis fiel hier sehr bedeutend
                                       												aus. Dass die letztere grösser ist als die erstere, ist wohl
                                       												hauptsächlich auf den besseren Kesselwirkungsgrad bei Ueberhitzung
                                       												zurückzuführen. Ein Kessel scheint in diesem Falle bei gesättigtem Dampf
                                       												schon überlastet zu sein.
                                    Bei anderen mit Hering'schen Ueberhitzern
                                       												vorgenommenen Versuchen haben sich ähnliche Resultate ergeben, so z.B.
                                       												an der Neuanlage der Firma Baroper Walzwerk,
                                          													Akt.-Ges., Barop, wo im April 1898 angestellte Versuche 20 %
                                       												Dampfersparnis und 35 % Kohlenersparnis zu Gunsten der Ueberhitzung
                                       												ergeben haben.
                                    
                                       (Fortsetzung folgt.)