| Titel: | Das Cupronelement. | 
| Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, S. 12 | 
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                        Das Cupronelement.
                        Das Cupronelement.
                        
                     
                        
                           Dieses von Umbreit und Matthes hergestellte
                              									Primärelement zur Erzeugung stärkerer, konstanter elektrischer Ströme ist ein
                              									verbessertes Lalande-Element (Kupferoxyd-Alkali-Zink), welches bedeutende Vorzüge
                              									sowohl vor dem Lalande'schen als auch anderen nassen
                              									und trockenen Elementen besitzt.
                           Die Lalande'sche Idee, Verwendung von Kupferoxyd als
                              									depolarisierenden Stoff in galvanischen Elementen, ist eine der fruchtbarsten auf
                              									dem betreffenden Gebiete, und nur einige konstruktive Mängel tragen die Schuld
                              									daran, dass die 1884 gemachte Erfindung keinen Eingang in die Praxis fand. Wohl
                              									griffen vor 6 bis 8 Jahren verschiedene namhafte Fachleute die schon halb vergessene
                              									Idee auf, wesentliche Erfolge aber wurden nicht erzielt, bis das Cupronelement Ende
                              									des Jahres 1893 auf den Markt kam und als praktisch ausprobierte Konstruktion sich
                              									schnell Freunde erwarb.
                           Um das Prinzip des Cupronelements zu erklären, ist es jedenfalls angebracht, von
                              									dessen Vorbilde, dem Lalande-Element, auszugehen. Das Kupferoxyd CuO ist ein
                              									Metalloxyd, welches sehr leicht seinen Sauerstoff an andere oxydierbare Körper
                              									abgeben kann, weshalb es vorzüglich zur Depolarisation in galvanischen Elementen
                              									befähigt ist. Diese Eigenschaft war schon vor Lalande
                              									(also vor 1884) bekannt, jedoch kannte man bis dahin keine Lösung (Elektrolyt),
                              									welche nicht in irgend einer Weise schädlich auf das Kupferoxyd eingewirkt
                              									hätte. In allen Säuren (mit Ausnahme einiger schlechtleitender organischen Säuren)
                              									wird CuO mehr oder weniger aufgelöst und musste deshalb von Verwendung derselben
                              									abgesehen werden. Lalande gebührt nun das Verdienst,
                              									ein Elektrolyt gefunden zu haben, welches auf CuO keine chemische Einwirkung ausübt:
                              									Alkalilösung (Auflösung von Aetzkali KOH oder Aetznatron NaOH in Wasser). Die beiden
                              									Laugen stehen den Säuren in Bezug auf Leitungsfähigkeit durchaus nicht nach, üben
                              									auf CuO gar keine Wirkung aus und greifen im kalten Zustande Zink nicht an, sofern
                              									letzteres chemisch rein oder gut amalgamiert ist. Beide Laugen aber sind befähigt,
                              									beträchtliche Mengen Zinkoxyd ZnO bezw. Zinkoxydhydrat ZnOgH2 in Lösung zu nehmen.
                           Lalande konstruierte sein Element folgendermassen: In
                              									einem gusseisernen Topfe befand sich eine 1 bis 2 cm hohe Schicht pulverförmigen
                              									schwarzen Kupferoxyds. Der Topf wurde mit Kalilauge von 30% Kaligehalt gefüllt und
                              									mit einer gutschliessenden Hartgummidecke geschlossen. In der Mitte dieses Deckels
                              									war ein Zinkkolben, nach unten hängend, angebracht. Der eiserne Topf bildete sonach
                              									mit dem Kupferoxyd den positiven, dem Zinkkolben den negativen Pol. Die Stromabgabe
                              									(Entladung) ging nun in der Weise vor sich, dass sich das Zink unter Reduktion des
                              									Kupferoxyds als Zinkoxyd löste und in die Flüssigkeit ging. War sonach entweder
                              									alles Kupferoxyd reduziert oder aber die Lösung mit Zinkoxyd gesättigt, so liess die
                              									Stromentwickelung nach und hörte zuletzt ganz auf.
                           Um das schwammige, reduzierte Kupfer wieder in Oxyd überzuführen, musste dasselbe in
                              									besonderen Oefen einer anhaltenden Erhitzung unterworfen werden, was aber
                              									hinsichtlich des Kostenpunktes einer Neubeschaffung von Kupferoxyd gleichkommt.
                              									Diese schwierige Wiederverwendung (Regeneration) des schwammigen Kupfers ist wohl
                              									der wichtigste Anlass gewesen, auf welchen die Nichteinführung des Lalande-Elements
                              									zurückzuführen ist. Ein weiterer Uebelstand war der, dass das pulverförmige
                              									Kupferoxyd schlechten Kontakt mit dem Eisentopf behielt und demzufolge nur
                              									verhältnismässig schwächere Ströme, wenn auch äusserst konstant, abgeben konnte.
                           Schon Lalande selbst und später Edison erkannten die Mängel des pulverförmig angewandten Kupferoxyds und
                              									suchten beide letzteres in kompakte Form zu bekommen, Lalande durch Mischung mit erhärtenden Chemikalien, Edison durch starke Kompression von 300 at. Es gelang
                              									auch beiden, brauchbare Platten zu erhalten, jedoch auch diese Verbesserungen hatten
                              									keinen Eingang in die Praxis gefunden, denn die Schwierigkeit wegen der Wiederladung
                              									war hier noch grösser als beim pulverförmigen Kupferoxyd. Oberstabsarzt Dr. E. Böttcher war wohl der erste, der diese Wiederladung
                              									(Regeneration) in einfachster Weise erzielte. Durch Behandlung mit verschiedenen
                              									Chemikalien stellte er in Eisenblechtöpfen kompakte poröse Böden aus Kupferoxyd her.
                              									Die Wirkungsweise und Anordnung ist sonst wie beim Lalande-Elemente, nur dass die
                              									Kupferoxydböden sich nach ihrer Reduktion leicht unter Aufsaugen des Sauerstoffes
                              									der Luft wieder oxydieren. Dr. Böttcher umging dadurch
                              									das Rösten oder Auswechseln des reduzierten Kupfers.
                           Das Cupronelement nun beruht auf einem ähnlichen Prinzip wie das von Dr. Böttcher angewendete; es ist sonach ein verbessertes
                              									Lalande-Element, nur vermeidet es alle über dieses angeführten Nachteile.
                           Aus beistehender Fig. 1 sind die konstruktiven Details
                              									zu ersehen. In einem viereckigen Glaskasten, der oben geschliffen und durch einen
                              									Hartgummideckel verschlossen ist, befinden sich zwei Zinkplatten und dazwischen die
                              									poröse Kupferoxydplatte. Das Gefäss ist mit Kali- oder Natronlauge von 20 bis 22°
                              									Bé. gefüllt. Die Stromabgabe geschieht durch zwei oberhalb des Deckels befindliche
                              									vernickelte Messingklemmen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 13
                              Fig. 1.
                              
                           Der chemische Vorgang bei der Stromabgabe ist folgender: Durch Stromschluss wirkt das
                              									Zink (da es einen bedeutend höheren Oxydationswert als Kupfer hat) auf das
                              									Kupferoxyd reduzierend ein. Es bildet sich Zinkoxydhydrat, welches sich in der
                              									Alkalilösung auflöst und zum Teil infolge seiner spezifischen Schwere mehr nach
                              									unten sinkt. Infolgedessen bleibt das Zink immer metallisch blank und auch die
                              									Lösung behält fast bis zur Sättigung mit Zinkoxyd ihre gute Leitungsfähigkeit.
                           CuO + Na2OAq + Zn = Cu + Na2OAq, ZnO2H2.
                           Es kann nun so lange Strom entnommen werden, als 1. noch Oxyd auf der Kupferplatte
                              									ist, 2. noch freie Alkalilösung, und 3. noch Zink vorhanden ist. Sind diese drei
                              									Faktoren alle vorhanden, so gibt das Element einen konstanten und dabei
                              									verhältnismässig starken Strom ab.
                           Das Cupronelement verhält sich während der Entladung fast wie ein Akkumulator, die
                              									Spannung behält innerhalb der Entladungsperiode ziemlich denselben Stand und fällt
                              									plötzlich um 30 bis 40%, sobald das Oxyd aufgebraucht und die Lösung gesättigt ist.
                              									Aber in einem Punkte unterscheidet sich das Cupronelement wesentlich vom
                              									Akkumulator; es gibt im Ruhezustand bei demselben keine Lokalströme und keine
                              									Selbstentladung. Während ein Akkumulator die Ladung nach 2 bis 3 Monaten schon fast
                              									ganz verloren hat, muss ein Cupronelement noch nach Jahren, von der Füllung an
                              									gerechnet, seine volle Kapazität geben, sofern die Lösung hermetisch von der Luft
                              									abgeschlossen ist.
                           Die Wiederherrichtung (Regeneration) eines entladenen Cupronelements ist die denkbar
                              									einfachste, es genügt, das ganze System herauszuheben, mit Wasser abzuspülen und 20
                              									bis 24 Stunden an einen trockenen warmen Ort zu stellen, eventuell natürlich auch
                              									Lösung und Zink zu ersetzen, falls nötig.
                           Der Zinkverbrauch ist durch viele Versuche fast genau dem theoretischen Werte
                              									entsprechend gefunden worden, 1,20 bis 1,25 g pro Ampère-Stunde, während an
                              									Aetznatron und Aetzkali (technisch rein) etwa 4 bezw. 6 g pro Ampère-Stunde
                              									gebraucht werden.
                           Die Kupferoxydplatten erleiden durch die Ladung und Entladung nicht die geringste
                              									Veränderung, müssen also unbegrenzt benutzt werden können, abgesehen von Defekten,
                              									die durch unrichtige Behandlung, Schlag oder Fall entstehen.
                           Die Elektromotorische Kraft des Cupronelements ist in den ersten Minuten meist 1 bis
                              									1,1 Volt, während die normale elektromotorische Kraft 0,85 Volt ist. Die
                              									Klemmenspannung variiert je nach der entnommenen Stromstärke zwischen 0,80 und 0,75
                              									Volt. Die Ueberspannung von 0,15 bis 0,25 Volt rührt von dem in den feinen Poren der
                              									Kupferoxydplatte verdichteten freien Sauerstoff her. Um die Ueberspannung schnell zu
                              									beseitigen, genügt ein Kurzschluss von einigen Minuten.
                           Welche vorzügliche Konstanz das Cupronelement selbst bei starker Stromabgabe besitzt,
                              									ist aus folgenden graphischen Darstellungen der Entladungskurven ersichtlich.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 13
                              Fig. 2.Cupronelement Nr. I (Entladungskurve bei starkem Strom).
                              Füllung: 200 g Aetznatron (techn.);
                                 										Aeusserer Widerstand (gemessen); Innerer Widerstand (berechnet); Mittlere
                                 										Klemmenspannung; Mittlere Stromstärke; Güteverhältnis (Nutzeffekt); Kapazität
                                 										(Strommenge) 53,5 Ampère-Stunden.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 13
                              Fig. 3.Cupronelement Nr. I (Entladungskurve bei schwachem Strom).
                              Füllung: 200 g Aetznatron (techn.);
                                 										Aeusserer Widerstand (gemessen); Innerer Widerstand (berechnet); Mittlere
                                 										Klemmenspannung; Mittlere Stromstärke; Güteverhältnis (Nutzeffekt); Kapazität
                                 										(Strommenge) 60 Ampère-Stunden.
                              
                           Die Fig. 2 und 3 zeigen
                              									die Entladungskurven für Element Nr. I bei starkem und schwachem Strom. Für den
                              									Fachmann bedarf es hierzu weiter keiner Erklärung. Ein Vergleich der mittleren
                              									Klemmenspannungen beider Kurven zeigt, dass diese nur wenig voneinander abweichen,
                              									was nur auf den fast unmessbar geringen inneren Widerstand zurückzuführen ist.
                           Die sehwache Stromstärke von 0,15 Ampère (Fig. 3)
                              									entspricht ungefähr
                              									der Stromstärke, die ein Mikrophon zum Betriebe braucht. Es kann sonach ein
                              									Mikrophon mit Element Nr. I = 400 Stunden dauernd
                              									benutzt werden, eine Leistung, die wohl überhaupt mit keinem anderen Element
                              									(abgesehen vom Akkumulator) möglich ist. Wir wollen hierbei noch erwähnen, dass die
                              									besten und grössten Trockenelemente nicht im stände sind, diese schwache Stromstärke
                              									von 0,15 Ampère = 400 Stunden dauernd abzugeben, während das Cupronelement Nr. I mit
                              									Leichtigkeit den 10fachen Strom abgeben kann, ohne überanstrengt zu werden.
                           Wir heben dies hiermit besonders hervor, weil gerade in den letzten Jahren viele
                              									Trockenelemente für den Betrieb kleiner Lichtanlagen empfohlen werden.
                              									Selbstverständlich haben auch die Trockenelemente für viele Zwecke grossen Wert und
                              									wird ja auch ein Fabrikant, welcher nur ein wenig von elektrischen Messungen
                              									versteht, nicht so unklug sein, seine Elemente für Starkstromabgabe zu empfehlen;
                              									leider aber wird das Publikum von vielen Charlatanen betrogen und kann vor diesen
                              									nicht genug gewarnt werden.
                           Die Entladungskurven der grösseren Typen haben bei den entsprechenden Stromstärken
                              									genau dieselbe Form wie Type I, weshalb eine Zeichnung der betreffenden Kurven hier
                              									wohl unterbleiben kann.
                           Die Vorteile, welche das Cupronelement gegenüber anderen, gleichviel ob nassen oder
                              									trockenen Elementen, besitzt, seien nochmals wie folgt kurz zusammengefasst:
                           
                              1. Es gestattet dauernde Stromentnahmen.
                              2. Jede Polarisation ist ausgeschlossen, da die festen
                                 										Kupferoxydplatten ihren Sauerstoff sehr leicht abgeben; das Element verhält sich
                                 										in dieser Beziehung wie ein Akkumulator.
                              3. Der innere Widerstand ist infolge der geringen Entfernung
                                 										der Platten voneinander, sowie der hohen Leitungsfähigkeit der Alkalilaugen
                                 										ein sehr geringer.
                              4. In der Ruhe findet kein Materialverbrauch statt, sofern die
                                 										Zinkplatten amalgamiert sind, denn amalgamiertes Zink wird von kalter
                                 										Alkalilauge nicht angegriffen.
                              5. Der Zinkverbrauch ist, der entnommenen Strommenge
                                 										entsprechend, 1,25 g pro Ampère-Stunde, unter Hinzurechnung der Abfälle im
                                 										Höchstfalle 2 g pro Ampère-Stunde.
                              6. Der Verbrauch an Aetzkali bezw.-natron (technisch rein) ist
                                 										pro Ampère-Stunde ca. 6 bezw. 4 g, bei chemisch reinem Aetzalkali höchstens 3
                                 										bezw. 2 g.
                              7. Die Lösung (Elektrolyt) ist vollständig geruchlos, weshalb
                                 										das Element in jedem Raum aufgestellt werden kann.
                              8. Die Kapazität (Strommenge) kann innerhalb der
                                 										Maximalstromgrenze in beliebigen Zeiten entnommen werden, gleichviel ob
                                 										ununterbrochen oder mit Zwischenpausen.
                              9. Die Wiederladung der entladenen Kupferoxydplatten geschieht
                                 										durch Absorbieren des Sauerstoffes der Luft. Es genügt, die Platten 20 bis 24
                                 										Stunden an einen trockenen, warmen Ort zu legen.
                              
                           Es sei an dieser Stelle noch auf den Unterschied zwischen Kali- und Natronlauge
                              									aufmerksam gemacht. In den meisten Fällen genügt die viel billigere Natronlauge,
                              									zumal 2 T. derselben so viel Wirkung ausüben als 3 T. Kalilauge. Letztere dagegen
                              									hat den Vorteil voraus, dass sie nicht auskrystallisiert (bei Natronlauge überziehen
                              									sich die oberen Elementteile leicht mit einem weissen Sodabeschlag).
                           Die mit Zinkoxyd gesättigten Laugen werden in den meisten Fällen weggegossen, bei
                              									grösseren Batterien jedoch rentiert sich Regeneration mit dünneren Lösungen von
                              									Schwefelkalium oder Schwefelnatrium
                           (Na2OAq, ZnO2H2 + Na2S = 2Na2OAq +
                              									ZnS).