| Titel: | Tauglichkeit des Aluminiums zu Gefässen. | 
| Autor: | O. L. | 
| Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, S. 62 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Tauglichkeit des Aluminiums zu
                           								Gefässen.
                        Tauglichkeit des Aluminiums zu Gefässen.
                        
                     
                        
                           Obwohl sich mit der Zeit immer deutlicher herausgestellt hat, dass die
                              									Hauptnutzung des Aluminiummetalls in seiner metallurgischen Verwendung beruht, wird
                              									man doch voraussichtlich auch fernerhin viele Geräte des täglichen oder gewerblichen
                              									oder wissenschaftlichen Gebrauchs daraus herstellen, zu denen es sich durch sein
                              									geringes spezifisches Gewicht empfiehlt. Von vielen Stellen aber, deren sich das
                              									Aluminium beim ersten, allseitigen Sturm lauf auf das industrielle Gebiet zu
                              									bemächtigen strebte, wird es fernerhin nicht allein durch den ihm augenblicklich
                              									missgünstigen Modegeschmack ausgeschlossen werden, sondern auch seiner leichten
                              									chemischen Angreifbarkeit halber und wegen aller hierdurch gegebenen
                              									Unannehmlichkeiten. So scheint es sogar aus der militärischen Ausrüstung verdrängt
                              									werden zu sollen, nachdem die französische Heeresverwaltung, die mit ersichtlicher
                              									Vorliebe für das leichte Metall es in grosser Ausdehnung eingeführt und zu Näpfen
                              									sowohl für den Soldaten wie für das Lager, zu Viertelmassen, Kochtöpfen und den
                              									Wasserkästen der Cisternenwagen benutzt hatte, bei der Expedition nach Madagaskar
                              									trübe Erfahrungen damit gemacht hat. Die Menschheit lässt sich bekanntlich immer
                              									erst durch die praktischen Erfahrungen belehren; dass es solcher aber auch in diesem
                              									Fall gar nicht erst bedurft hätte und die eingetretenen Uebelstände als notwendige
                              									Ausflüsse der durch wissenschaftliche Versuche bestimmten Eigenschaften des
                              									benutzten Metalls anzuerkennen sind, weist mit verstecktem Humor A. Ditte nach, der hierüber der französischen Akademie
                              										(C. r. 1899, 793) Mitteilung gemacht hat.
                           Zu den Gefässen wird fast nie reines Aluminium, sondern zumeist, und das war auch bei
                              									den in Frage gekommenen der Fall, mit Kupfer legiertes verwandt; gerade die
                              									Legierung aber ist noch hinfälliger und leichter zersetzbar als das gediegene
                              									Aluminiummetall. Die französische Heeresverwaltung hat zweierlei Bleche verarbeitet;
                              									das eine, aus dem die Gefässkörper hauptsächlich hergestellt wurden, enthielt 3%
                              									Kupfer und daneben dessen Verunreinigungen, wie 0,29 bis 0,37% Eisen, 0,37 bis 0,54%
                              									Silicium und Spuren von Kohlenstoff, im anderen, das zu den Ringen und Ketten der
                              									Näpfe, den Henkeln der Kochtöpfe u.a.m., also zum „Zubehör“ diente, betrug
                              									die Menge des Kupfers 5 bis 6% und die der genannten Verunreinigungen zusammen noch
                              									nicht 1%.
                           Die durch wissenschaftliche Untersuchung der beiden Bleche bestimmten Eigenschaften,
                              									aus denen man die bei der Benutzung gesammelten Erfahrungen zu erklären vermag, sind
                              									nun folgende. Erhitzt man die Bleche auf dunkle Rotglut, so verändern sie ihr Gefüge
                              									und ihre Oberfläche wird runzlig und blasig; schreckt man sie nach dem Erhitzen in
                              									kaltem Wasser ab, so nehmen sie ein verworren-körniges, krystallinisches Gefüge an,
                              									bedecken sich mit feinen Kritzeln, werden brüchiger und zeigen in den beim
                              									Abschrecken entstandenen Rissen glänzende Ränder und grobes Korn. Das abgeschreckte
                              									Blech zeigt gegenüber chemischen Einwirkungen ein etwas anderes Verhalten als das
                              									nicht abgeschreckte, das sich z.B. in auf 2% verdünnter Schwefelsäure nur sehr
                              									langsam auflöst unter Entwickelung einiger Wasserstoffblasen und sich da mit einer
                              									zunächst grauen, später schwarzen, nicht anhaftenden Schicht fein verteilten Kupfers
                              									mit eingesprengtem Eisen und Silicium bedeckt, worunter die schön weisse, aber matte
                              									und von lauter feinen, fühlbar untereinander gleich grossen Rauhigkeiten gebildete
                              									Oberfläche sich mit kleinen dunklen Punkten bestreut zeigt, die aus Kupfer bestehen.
                              									Beim abgeschreckten Bleche dagegen geht die Auflösung unter gleichen Umständen etwas
                              									schneller von statten, so dass die Oberfläche nach einigen Tagen moiriert aussieht
                              									und von Kritzeln und feinen Spalten bedeckt wird, die durch den schwarzen
                              									Niederschlag, der in sie eindringt, recht auffällig hervortreten; betrachtet man sie
                              									unter dem Mikroskop, so beobachtet man eine Art von Netz, gebildet von emporragenden
                              									weisseren Partien und gelblichen seichten Vertiefungen, die durch ein System von
                              									mehr oder minder feinen Spalten voneinander getrennt werden; die Zersetzung der
                              									Legierung hat da begonnen mit einer Trennung in Schuppen und Blättchen, die sofort
                              									bereit sind, sich unter der Wirkung des Wasserstoffgases oder der Thonerde
                              									abzuheben, die bei der Umwandlung des Aluminiums entstehen. Die gleichen
                              									Erscheinungen findet man auch an nicht abgeschreckten Blechen in dem Falle, dass die
                              									Erhitzung beinahe den Schmelzpunkt erreicht hatte und die Abkühlung an der Luft
                              									schnell erfolgte.
                           Unter Mitwirkung der atmosphärischen Luft greifen auch Alkalikarbonate in verdünnter,
                              									2%iger Lösung, 8 g Salz im Liter haltiges Wasser, eigentliches oder verdünntes
                              									Meerwasser die Aluminiumlegierungen bei gewöhnlicher Temperatur heftig an; schon
                              									nach einigen Stunden ist deren Oberfläche von einer schrittweise wachsenden
                              									Thongallertschicht bedeckt, die sich zum Teil in weisse Klümpchen von dreifach
                              									gewässerter Thonerde umsetzt, während die salzigen Lösungen alkalinisch werden.
                              									Schliesslich zeigt die Oberfläche überall dort, wo sie von der Flüssigkeit
                              									berührt wurde, eine Hülle weisser, mehliger, wenig aneinander haftender
                              									Thonerdeklümpchen, unter der sich ein ganz dünner gelblicher, anhaftender,
                              									ungleichartiger Ueberzug aus Thonerde mit etwas Kupfer, Eisen und Silicium findet.
                              									Setzt man eine polierte Aluminiumplatte der Einwirkung einer der genannten
                              									Flüssigkeiten aus, so wird die Politur sofort zerstört und bedeckt sich die
                              									Oberfläche mit einem weissen Schleier aus körniger, krystallinischer Thonerde;
                              									wäscht man ihn mit Hilfe sehr verdünnter Schwefelsäure weg, so findet man die
                              									weisse, durch den Zusammenschluss feiner Rauhigkeiten matte Oberfläche übersäet von
                              									dunkeln Punkten, deren grösste die mattrote Färbung des reinen Kupfers deutlich
                              									erkennen lassen.
                           Aehnlich und beinahe ebenso intensiv sind die Zersetzungserscheinungen an den auf
                              									Madagaskar gebrauchten Aluminiumgeräten. Während die mit einem Teerüberzug versehene
                              									Aussenseite eines Blechstückes von einem Cisternenwagen nur sehr geringe
                              									Veränderungen aufweist, ist die mit dem Wasser in Berührung gewesene Seite bis in
                              									grosse Tiefe umgewandelt, grau, ein Gemenge von Metall mit fest anhaftender
                              									Thonerde. Bis zu einer gewissen Tiefe hat das Blech Schichtung angenommen und ist
                              									infolgedessen in Lamellen und Blättchen spaltbar; es ist leicht zerbrechlich und
                              									erscheint die von Blättchen und Körnern gebildete Bruchfläche sandig. Nimmt man das
                              									Mikroskop zu Hilfe, so erkennt man, dass das stark angefressene Metall teilweise von
                              									Krystallen oder kleinen Haufen von dreifach gewässerter Thonerde bedeckt wird;
                              									entfernt man diese durch Waschen mit ganz verdünnter Schwefelsäure, so zeigt die
                              									Metalloberfläche Hohlräume und kleine, glänzend weisse Vorragungen, die oft den
                              									Eindruck abgerundeter und verunstalteter Krystalle machen. Die vieleckigen
                              									Vertiefungen erinnern an von losgelösten Krystallen hinterlassene Eindrücke. Die
                              									Flächen der Erhöhungen und Vertiefungen sind äusserst fein durchlöchert, entweder
                              									infolge der beginnenden Oxydation des Aluminiums oder der Einwirkung des zum
                              									Abwaschen benutzten angesäuerten Wassers. Die Masse der dem Metall beigemengten
                              									Thonerde erweist sich jedoch im ganzen gering; sogar in den am stärksten
                              									umgewandelten Partien beträgt sie nicht über 13 bis 14% der Gesamtmasse, was also
                              									der Oxydation von etwa 5% Aluminium entspricht.
                           Erscheint demnach der Betrag der chemischen Umwandlung geringfügig, so wirkte diese
                              									dennoch deshalb unheilvoll, weil hierbei das Aluminiumblech sein Gefüge und damit
                              									zugleich seine Eigenschaften änderte, z.B. auch die ihm ursprünglich eigene
                              									Zerreissfestigkeit verlor. Taucht man es jetzt in kaltes, angesäuertes Wasser, so
                              									zeigt es ein von dem oben mitgeteilten abweichendes Verhalten: es wird schneller
                              									zersetzt, wobei sich von ihm ein metallischer Staub ablöst, der aus undeutlich
                              									polyedrischen Körnern mit mehr oder weniger abgerundeten Ecken und Kanten und ganz
                              									fein durchlöcherten Flächen besteht. An den Polyedern erkennt man rechte Winkel und
                              									durch das Zusammenstossen von drei geradlinigen Kanten gebildete Spitzen mit drei
                              									gleichwinkligen Flächen, die wahrscheinlich einem Rhomboeder oder einem rhomboidalen
                              									Dodekaeder angehören. Je tiefer die Zersetzung des Bleches vorschreitet, desto
                              									langsamer wird sie, desto geringer auch die Menge des sich ablösenden Metallstaubes,
                              									und nach einer gewissen Zeit vollzieht sich die Auflösung wie bei neuem Bleche,
                              									wobei sich die Oberfläche mit einem schwarzen Ueberzuge aus fein verteiltem Kupfer
                              									bedeckt.
                           Bringt man ein Bruchstück von dem verdorbenen Bleche in destilliertes Wasser, so wird
                              									dieses schwach alkalinisch durch die Aufnahme der ganz geringen Mengen von Chlor,
                              									Thonerde und Natron. Hieraus darf man folgern, dass das im Wasserkasten während
                              									seines Gebrauches enthalten gewesene Wasser Spuren von Salz besessen hat, was ja bei
                              									der Mehrzahl der Flusswasser der Fall ist; vielleicht hat auch der Cisternenwagen
                              									einmal zum Transport von sogar schwach brackischem Wasser gedient; jedenfalls ist
                              									das Metall in Gegenwart des Sauerstoffs und der Kohlensäure aus der Atmosphäre
                              									angegriffen worden, und von dem Zeitpunkte des Beginns der Umwandlung an trug das
                              										„kranke“ Metall den Zersetzungskeim in sich. Die weitere Entwickelung der
                              									Krankheit ist leicht zu begünstigen; dazu genügt es, ein Stück des angegriffenen
                              									Bleches mit ein wenig Wasser der Einwirkung der Luft auszusetzen: da wird das Wasser
                              									alkalinisch; schon nach 24 bis 48 Stunden schwimmen Thonerdeflocken in dieser
                              									Flüssigkeit und bilden eine leichte Schicht auf der Oberfläche des Blechstückes;
                              									dann wächst die Schicht weiter, es bilden sich nach und nach anwachsende weisse
                              									Massen von dreifach gewässerter Thonerde und die Umänderung des kranken Metalls
                              									greift allmählich um so weiter in die Tiefe, je länger der Versuch andauert.
                           Aehnlicher Art sind die Verderbniserscheinungen an Näpfen, Viertelmassen und
                              									Kochtöpfen; auch da ist das angegriffene Metall mit wasserhaltiger Thonerde gemengt,
                              									brüchig, von narbiger, rauher Oberfläche und deutlich blätterigem Gefüge, wenngleich diese
                              									Eigenschaften nicht so sehr in die Augen fallen wie bei dem dickeren Bleche, das zu
                              									den Wasserkästen genommen war; doch liessen sich auch hier polyedrische Körner mit
                              									fein durchlöcherten Flächen nachweisen. Die Verrottung des Bleches dieser Gefässe
                              									kann von der Einführung gesalzener Speisen in deren Inneres herrühren, wodurch das
                              									poröse Metall mit Salz mehr oder weniger infiziert wurde, das die Luft zur
                              									Einwirkung veranlasste, deren einmal begonnener Angriff dann Fortschritte machen
                              									konnte; thatsächlich ergab ein Versuch, dass destilliertes Wasser durch ein
                              									Blechstück von einem verdorbenen Napfe alkalinisch gemacht wurde, ebenso wie dies
                              									durch ein Stück vom Wasserkasten erfolgt war; mithin waren auch in ihm alkalinische
                              									Substanzen enthalten, die Krankheitskeime für das Metall, und pflanzte sich auch am
                              									Napf bleche die Oxydation bei Berührung mit Wasser fort; es bedeckte sich mit
                              									dickeren Thonerdeklümpchen auf den dem Flüssigkeitsspiegel nahen Stellen, wo die
                              									atmosphärische Luft am leichtesten zutreten kann, und schritt die Verrottung
                              									allmählich weiter.
                           Eine andere die Oxydation begünstigende Ursache scheint im Gefüge des verrotteten
                              									Metalls selbst zu liegen. Es konnte ja vorkommen, dass Flüssigkeit enthaltende, zur
                              									Erwärmung aufs Feuer gestellte Gefässe vergessen wurden oder für einige Stunden sich
                              									selbst überlassen werden mussten, so dass in solchem Falle nach der Verdampfung der
                              									Flüssigkeit der Gefässboden bis zu einer der Dunkelrotglut oder sogar dem
                              									Schmelzpunkte nahen Temperatur erhitzt wurde und danach mehr oder weniger jäh
                              									abkühlte entweder infolge des Erlöschens des Feuers oder des Eingiessens von kaltem
                              									Wasser oder des Eintauchens in solches. Da nun geglühtes und abgeschrecktes Blech,
                              									wie oben mitgeteilt ist, ausser grobkörnigem Gefüge auch eine mit Rissen ganz
                              									bedeckte Oberfläche erhält, konnten alle verderblichen Reagentien viel leichter als
                              									in neues Blech eindringen.
                           Demnach lassen sich alle Verrottungsfälle von Aluminiumgefässen, die in Europa wie in
                              									den Kolonien vorgekommen sind, sehr wohl aus den Eigenschaften des Aluminiummetalls
                              									und der geringe Kupfermengen enthaltenden Legierungen desselben erklären. Unter den
                              									mannigfaltigen Einwirkungen, die von Flusswasser, von mehr oder minder brackischem
                              									Wasser, von Meerwasser, von reiner oder, wie in der Nähe der Küsten, von mit
                              									Salzteilchen geschwängerter Luft, von gesalzenen und von durch Essig oder
                              									Fruchtsäfte gesäuerten Speisen und Nahrungsmitteln, von salzigen Flüssigkeiten und
                              									Substanzen, wie Weinstein, Sauerkleesalz u.a.m., ausgehen, wird eben die Oberfläche
                              									des Aluminiums angegriffen und die begonnene Verrottung kann sich im Trocknen
                              									fortpflanzen mit Hilfe der entstandenen, mehr oder weniger mit alkalinischen
                              									Substanzen getränkten Thonerdeklümpchen und mittels der ununterbrochenen
                              									Aufeinanderfolge exothermischer Reaktionen, die an allen von jenen Klümpchen
                              									bedeckten Stellen vor sich gehen.
                           Ditte macht noch auf eine andere und von den erwähnten
                              									ganz verschiedenartige Zerstörungsursache aufmerksam, deren Wirkungen nicht zu
                              									gering zu schätzen sein möchten, die aber nur den Legierungen, nicht dem gediegenen
                              									Aluminium gefährlich werden kann: nämlich auf die elektromotorischen Kräfte, die bei
                              									der Berührung verschiedenartiger Metalle auftreten. Sieht man von den in ganz
                              									untergeordneten Mengen gegenwärtigen „Verunreinigungen“ durch Eisen, Silicium
                              									u.a.m. ab und zieht nur das legierte Kupfer in die Betrachtung, so erscheint es in
                              									Rücksicht auf die Verbrennungswärmen von Aluminium und Kupfer ganz naturgemäss, dass
                              									dieses beim Angriff durch verschiedene Reagentien schwieriger gelöst wird als jenes
                              									und mithin in Gestalt dunkler, über die Aluminiumoberfläche hin verstreuter Punkte
                              									zurückbleibt. Diese bilden aber mit dem unterliegenden Aluminium und den sie
                              									nässenden Flüssigkeiten galvanische Ketten oder Säulen, deren elektrische Wirkungen
                              									an der weiteren Auflösung des Aluminiums als des leichter angreifbaren Elementes
                              									mitwirken. Auch im Kontakt der beiden Legierungen von 3 und 6% Kupfer entwickelt
                              									sich elektromotorische Kraft und erreicht der Betrag dieser verschiedenen Energien
                              									oft nahezu den von gewissen gebräuchlichen galvanischen Säulen. G. Manoeuvrier bestimmte die Spannung einer mit
                              									Meerwasser Angefeuchteten Säule, in der 3% Kupferhaltiges Aluminium auf Kupfer und
                              									wiederum 6% Kupferhaltiges Aluminium auf Kupfer folgte, zu 0,505, 0,486 und 0,488
                              									Volt; liess er das reine Kupfer weg und bildete er die Säule nur aus den beiden
                              									Legierungen (und Meerwasser), so ging allerdings die Spannung auf 0,4 Volt zurück.
                              									Da diese Kräfte im geschlossenen Bogen wirken und keinen erheblichen Widerständen
                              									begegnen, müssen ihre Wirkungen sehr beträchtlich sein. Auf diese Weise vermag die
                              									Elektrizität mitzuwirken an der Zersetzung von Aluminiumgegenständen, die benetzt
                              									werden von einer Flüssigkeit, welche das Aluminium mit oder ohne Hilfe der
                              									atmosphärischen Gase anzugreifen vermag.
                           Schliesslich zeigt Ditte, dass zu den mannigfaltigen
                              									Feinden des von irgend welchem schützenden Ueberzuge entblössten Aluminiums als ein
                              									die Erhaltung der Gefässe sehr gefährdender Umstand noch die Reinigung hinzutritt.
                              									Hierzu sind saure Flüssigkeiten, die ja auch die fetten Substanzen nicht
                              									annehmen, an sich nicht geeignet, noch weniger aber alkalinische, die dem eben
                              									erwähnten Zwecke sehr dienlich wären, denn diese greifen nicht nur das Metall im
                              									kalten und noch stärker im warmen Zustande an, sondern sie schlüpfen auch an
                              									Stellen, von denen sie nicht wieder vertrieben werden können, nämlich unter alle um-
                              									oder zurückgeschlagenen Blechteile und in jeden Spalt oder zufällige Rauhigkeit.
                              									Dort werden sie zurückgehalten durch Flächenadhäsion und Kapillarkräfte und nagen am
                              									Aluminium, wobei sie Thonerdeklümpchen bilden, die von Natronaluminat durchtränkt
                              									bleiben u.s.w.; da Luft und Feuchtigkeit in diese Schlupfwinkel einzudringen
                              									vermögen, dauert in ihnen die Oxydation langsam und heimlich an und zerstört nach
                              									und nach das Metall. Doch sogar die mechanischen Reinigungsweisen, das Waschen und
                              									Reiben mit kaltem oder warmem Wasser und mit feinem Sande, deren Wirkungen an sich
                              									als ungenügende zu bemängeln sind, haben für die Erhaltung der Gefässe Uebelstände
                              									im Gefolge. Sie sind besonders schwierig in allen winkligen Partien auszuführen, und
                              									vermag sich da der feine Sand oft Schlupfwinkel zu schaffen, in die alkalinische
                              									Flüssigkeiten nachdringen und fette Substanzen oder mit Keimen und Bazillen aller
                              									Art beladene Speisereste verschleppen können. So fand sich z.B. unter den
                              									Aluminiumblättern, die den Deckelring der Soldatennäpfe festhalten, eine ganze
                              									Füllung von erdiger Masse und organischen Stoffen. Solche Ablagerungen mögen ebenso
                              									wie eine dünne Fettschicht auf der ganzen Aluminiumoberfläche die Erhaltung der
                              									Gefässe ungemein begünstigen, indem sie die Gefässwände vor den chemischen Angriffen
                              									der Flüssigkeiten schützen, aber sie stellen dafür ernstliche Missstände dar in
                              									Bezug auf Hygieine und Sauberkeit.
                           In Erwägung aller angeführten Eigenschaften wird man fernerhin gut thun, die
                              									Verarbeitung des Aluminiums zu Geräten auf solche zu beschränken, die durch die
                              									Umstände beim Gebrauch nicht leicht gefährdet werden.
                           Diese Warnung Ditte's vor der Verarbeitung des
                              									Aluminiums zu allerlei Geräten, die wegen der Natur ihres Metalls sich den Umständen
                              									nicht gewachsen zeigen, hat nun keinen Geringeren als den berühmten Chemiker Henri Moissan zum Widerspruche veranlasst. In der
                              									nächsten Sitzung der Akademie legte auch er Gefässe vor, die beim Expeditionscorps
                              									auf Madagaskar mehrere Monate lang im Gebrauch gewesen waren und sich zwar voller
                              									Beulen und geschwärzt, aber noch heil und verwendungsbereit erwiesen, verlas eine
                              									grosse Reihe von Zeugnissen, in denen die Truppenteile jenes Corps ihre grosse
                              									Zufriedenheit mit den Aluminiumgeräten aussprachen, und schrieb die Mängel im
                              									allgemeinen den reichlichen Verunreinigungen an Eisen und Silicium zu, mit denen die
                              									1893 hergestellten Aluminiumbleche noch behaftet gewesen seien, während das jetzt
                              									verwandte Produkt viel reiner sei; ausserdem möchte ein Zusammentreffen ungewöhnlich
                              									ungünstiger Umstände die Schuld tragen an der schnellen Zersetzung der von Ditte das vorige Mal vorgelegten Gefässe. Für Trink-,
                              									Ess- und Kochgeschirre empfehle sich das Aluminium ungemein wegen seiner
                              									Leichtigkeit, wegen der Ungiftigkeit seines Oxydes und wegen der leichten
                              									Prägbarkeit, die alle Lötarbeit unnötig mache; diesen Vorzügen gegenüber erscheine
                              									die chemische Empfindlichkeit als ein untergeordnetes Uebel, das um so weniger das
                              									Urteil beeinflussen dürfe, als der von ihr hervorgerufene dünne Ueberzug von
                              									Thonerde, sowie der von Fett den Geräten zum Schutz diene. Wesentliche Vorzüge
                              									besässen die Aluminiumgefässe insbesondere gegenüber den bisher gebräuchlichen aus
                              									Weissblech, die schon wegen der Rostbildung unleidig seien, deren Verzinnung oft
                              									Bleivergiftungen verschulde und bei denen alle Lötstellen den chemischen
                              									Zersetzungen die gewünschten Angriffspunkte böten. Seine eigene Küche sei seit drei
                              									Jahren mit Kasserollen und sonstigen Gefässen aus Aluminium ausgestattet, die sich
                              									sehr gut bewährt hätten.
                           Den Widerspruch einer solchen Autorität durfte Ditte
                              									natürlich nicht unbeachtet lassen; in der Sitzung vom 17. April hielt er sein Urteil
                              									in vollem Umfange aufrecht. Wenn Moissan meine, dass
                              									nur die reichlichen Beimengungen von Eisen und Silicium die Schadenstifter seien, so
                              									befinde er sich damit im Irrtume; auch wären die zu den Versuchen benutzten Stücke
                              									von Aluminiumblech, an denen er den Gang der Zersetzung demonstriert habe, nicht
                              									etwa vor längerer Zeit fabriziert worden, sondern seien moderne Produkte und stammen
                              									aus der von Moissan selbst als beste empfohlenen
                              									Bezugsquelle. Jedenfalls übten metallische Beimengungen einen unheilvollen Einfluss
                              									aus, was erkläre, dass über die aus ganz reinem Aluminiumbleche hergestellten
                              									Feldflaschen niemals und von keiner Seite geklagt worden sei; alle anderen Gefässe
                              									zur Feldausrüstung würden aber aus Legierungen mit 3 oder mit 6% Kupfer verfertigt.
                              									Seine Aufgabe sei auch nicht gewesen, über die Dauer und Haltbarkeit der
                              									Aluminiumausrüstungsgegenstände ein bestimmtes Urteil abzugeben, und liege es ihm
                              									ferne, der Militärverwaltung die Verwendung des Aluminiums abzuraten, da in diesem
                              									besonderen Falle die Leichtigkeit des Metalls von ganz erheblichem Werte sei; die
                              									Gewichtsersparnis in der Ausrüstung des Feldsoldaten durch Aluminiumgeräte an Stelle
                              									solcher aus schwereren Materialien komme ja entweder der Krafterhaltung des Mannes oder der
                              									Vermehrung seiner Patronenzahl zu gute. Deshalb habe er, Ditte, sich darauf beschränkt, der Militärverwaltung Vorschläge zu machen,
                              									die bezwecken, die mechanische Reinigung der Gefässe zu erleichtern und die
                              									chemische Zersetzung zu verzögern, nämlich die Gefässe ohne spitze und enge innere
                              									wie äussere Winkel und Ecken zu gestalten, ferner Nietbleche, Umfaltungen oder
                              									Umschläge des Bleches, sowie Randreife möglichst zu vermeiden und die Gefässe nur
                              									aus einer einheitlichen Legierung zu verfertigen. Die Erfahrungen, die er selbst mit
                              									Küchengeräten gemacht habe, könne er im Gegensatze zu Moissan nicht als erfreulich bezeichnen, denn es stelle sich immer bald
                              									der fettige, unappetitliche Ueberzug ein, der auch in hygieinischer Beziehung sehr
                              									bedenklich sei; ihn wiesen auch die von Moissan der
                              									Akademie als Belegstücke guter Erhaltung vorgelegten Gefässe auf, die auf Madagaskar
                              									benutzt worden waren. Dieser Ueberzug lasse sich sauber nur entfernen durch
                              									gründliches Aufwaschen mit sodahaltigem Wasser, aber alkalinische Flüssigkeiten
                              									dieser Art seien eben die schlimmsten chemischen Feinde des Aluminiums.
                           
                              
                                 O. L.