| Titel: | Allgemeine Fragen der Technik. | 
| Autor: | P. K. von Engelmeyer | 
| Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, S. 65 | 
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                        Allgemeine Fragen der Technik.
                        Von Ingenieur P. K. von
                                 									Engelmeyer, Moskau.
                        (Fortsetzung von S. 17 d. Bd.)
                        Allgemeine Fragen der Technik.
                        
                     
                        
                           Dreiakt im Patentwesen.
                           Sämtliche Patentgesetze befassen sich mit Erfindungen, und doch suchen wir in den
                              									Gesetzen vergebens die Definition des Begriffes „Erfindung“. Die meisten
                              									Gesetze enthalten die Bestimmung, ein Patent soll nur eine Erfindung decken, und
                              									keines sagt, was ist die Einheit der Erfindung. So schwebt der ganze Patentschutz in
                              									der Luft. Nur dann scheint alles gut zu gehen, wenn das Patent nicht angefochten
                              									wird. In der Regel wird aber ein Patent um so mehr angefochten, je wertvoller es
                              									ist, d.h. je nützlicher die Erfindung. Diese Thatsache wird zur Genüge mit den
                              									zahllosen Auer-Prozessen demonstriert. Die
                              									Unbestimmtheit der grundlegenden Begriffe bildet eine Wolfsgrube, wo ganze Vermögen
                              									zu Grunde gehen.
                           Man sagt uns, die Gesetze überlassen die Entscheidung der technologischen und der
                              									juristischen Wissenschaft. In der That wurden von beiden Seiten ganze Bibliotheken
                              									voll geschrieben. Die Belege hierfür sollen später folgen, und wir werden uns
                              									überzeugen können, dass auch hier endgültige Definitionen mangeln. Was wir bezüglich
                              									der früheren Maschinenlehren gesagt, lässt sich fast wörtlich bezüglich der früheren
                              									theoretischen Betrachtungen der Erfindung wiederholen: auch hier wollte man
                              									Definitionen für die Erfindung aufstellen, ohne sich klar zu werden, dass man nur
                              									einzelne Seiten des Problems erfasste. Und es wurde allgemein der Fehler begangen,
                              									die volle Erfindung lediglich als Ergebnis der Intuition anzuschauen, so dass man
                              									sich nicht einmal getraute, die Genesis der Erfindung überhaupt zu erforschen.
                           Wir bemerken aber noch einen Fehler: man wurde nicht gewahr, dass man zwei
                              									verschiedene Fragen vor sich hatte: was ist eine Erfindung? und in welchem Stadium
                              									ihrer Genesis ist eine Erfindung patentfähig? Zwei Fragen, die sich nicht decken und
                              									von denen jede für sich beantwortet werden will. Der Fehler lag in der Vermengung
                              									zweier Gesichtspunkte: des psychologischen und des juristischen.
                           Alles Schwanken hört auf, sobald wir diese zwei Betrachtungsweisen auseinander halten
                              									und bei der psychologischen Analyse des Erfindens uns durch den spontanen Charakter
                              									der Intuition nicht verwirren lassen. Dann gewinnen wir eine feste psychologische
                              									Basis, worauf wir klare logische Definitionen der grundlegenden Begriffe begründen
                              									können. Alsdann sind wir ans Ziel gelangt, denn die Logik allein besitzt jene höhere
                              									Autorität, der sich jedermann fügt. Der Technologie, als solcher, ist zur Zeit eine
                              									solche Autorität nicht zuzumuten. Nehmen wir z.B. die Glasfabrikation. Die
                              									technische Zugehörigkeit von Kieselsäure, Alkali, Brennstoff zu dem nötigen Apparat
                              									erscheint dem Techniker bindend fest; nicht aber einem technisch fremden. Ein
                              									solcher will und kann sich nur auf die logische Zugehörigkeit stützen. Auf diesen
                              									Umstand hat, meines Wissens, zuerst E. Hartig
                              									hingewiesen und dabei den Wunsch ausgesprochen, dass eine neue Disziplin begründet
                              									werde: die „Technologik“, die aus Technik und Logik bestehen und die
                              									technische Zugehörigkeit in der logischen ausdrücken soll.
                           Einen festen Boden gewinnen wir, indem wir den Dreiakt als Grundlage anerkennen.
                              									Alsdann erscheint uns die Genesis der Erfindung als Funktion der drei Grundpotenzen:
                              									des Wollens, des Wissens und des Könnens, in die geschilderten drei Akte zerfallend.
                              									Diese Ansicht umfasst alle Erfindungsarten, die wir in nur zwei Gattungen einteilen:
                              									in die räumlichen Gebilde und in die zeitlichen Verfahren. Zu dem Begriff der
                              									Erfindung gehören noch zwei Merkmale: der Ursprung und das Ziel. Das erste führt die
                              									Entstehung des Ganzen auf die schöpferische Geisteskraft zurück, das zweite will,
                              									dass der Erfindung immer ein technischer Effekt innewohne.
                           Das erste klar bewusste Konzept, das Ergebnis des ersten Aktes, ist noch keine
                              									Erfindung; es ist nur erst die Idee, das Prinzip einer solchen und erhebt sich noch
                              									nicht über die reine Absicht, denn die Ausführbarkeit ist noch nicht bewiesen. Das
                              									Ergebnis des zweiten Aktes, das Schema eines Gebildes oder der Plan eines
                              									Verfahrens, ist wieder keine Erfindung, denn das Werk existiert noch nicht in der
                              									Wirklichkeit. Indessen ist nunmehr seine Ausführbarkeit bewiesen und es kann als ein
                              									logischer Begriff definiert werden. Endlich kommt der dritte Akt und bringt eine dem
                              									Begriff entsprechende Existenz zu stände. Die Erfindung ist endlich da.
                           Auf der gewonnenen Einsicht fussend, sind wir im stände, logische Definitionen jener
                              									Begriffe zu formulieren, welche das Erfinderrecht begründen.
                           Wir beginnen mit der Frage: Was ist die Erfindung? Erfindung
                                 										ist Lösung eines technischen Problems, bestehend in einem neuen Gegenstande oder
                                 										in einem neuen Arbeitsverfahren und durch einen vollen Dreiakt
                                 										hervorgebracht. Die sprachliche Kürze dieser Formel ist nur erreicht durch
                              									den Gebrauch zweier als definiert geltenden Begriffe: des technischen Problems und
                              									des Dreiaktes. Da eine jede Problemlösung immer mit einem Schöpfungsakte beginnt, so
                              									ist der schöpferische Ursprung der Erfindung hervorgehoben. Es wird ferner auch die
                              									Neuheit betont, die Conditio sine qua non des Patentrechtes. Ferner kommen die zwei
                              									Gattungen zur Sprache, in die man vernünftigerweise sämtliche Erfindungen einteilen
                              									soll. Endlich wird ausgedrückt, dass nur der volle Dreiakt der Erfindung die
                              									faktische Existenz verleiht. Somit dürfte allen Anforderungen mit unserer Definition
                              									entsprochen sein.
                           Bekanntlich verweigern mehrere Patentgesetze den Schutz der wissenschaftlichen
                              									Entdeckungen. Somit drängt sich die Frage auf: Worin liegt
                                 										der Unterschied zwischen einer Erfindung und einer Entdeckung? Die Frage
                              									wurde bereits mehrfach diskutiert, doch nicht endgültig beantwortet. Manche haben
                              									gesagt, die Entdeckung enthülle etwas in der Wirklichkeit Bestehendes, nur noch
                              									unbekannt Gewesenes; dagegen liefere die Erfindung etwas vordem nicht Gewesenes. Man
                              									denkt dabei an die Entdeckung eines neuen Landteiles, eines Himmelskörpers oder
                              									eines neuen chemischen Individuums. Eine solche Auffassung des Begriffes Entdeckung
                              									ist nicht streng genug. Man sagt: Davy hat 1807 das
                              									Metall Kalium entdeckt. Man muss aber sagen: künstlich hergestellt, weil Kalium in
                              									metallischem Zustande nirgends vorkommt. Andererseits hat Pasteur in den Gärungsprozessen eine Reihe Entdeckungen gemacht, die mit vollem
                              									Rechte auch Erfindungen genannt werden müssen, weil sie einen anerkannten
                              									technischen Effekt besitzen (Pasteurisation des Bieres). Was ist ferner der Pacinotti-Gramm'sche Ring, eine Erfindung oder eine
                              									Entdeckung? Beides zugleich, denn Pacinotti hat mit dem
                              									Ringe eine Entdeckung demonstriert (die Möglichkeit der Erzeugung eines
                              									Gleichstromes ohne Kommutator) und Gramm hat eine
                              									Erfindung zu stände gebracht, weil er einen technischen Effekt im Ringe erschaute.
                              									Jede Erfindung birgt auch eine Entdeckung in sich: eine Erkenntnis.
                           Die angeführten Beispiele scheinen die Frage nur noch zu verdunkeln, thatsächlich
                              									aber werfen sie im Gegenteil über dieselbe das erwünschte Licht und führen zur
                              									endgültigen Unterscheidung der beiden Begriffe: Erfindung und Entdeckung. Das
                              									Kriterium hierfür bildet nur der Gebrauch, den man aus einer neuen Geistesschöpfung
                              									macht; wird damit ein intellektuelles Unbehagen beseitigt, so ist es eine Entdeckung
                              										(E. Mach); wird damit ein praktisches Bedürfnis
                              									befriedigt, so ist es eine Erfindung. Erfindung und
                                 										Entdeckung unterscheiden sich nur teleologisch. Nach unserer Definition ist
                              									die Erfindung die Lösung eines technischen Problems; die Lösung eines
                              									wissenschaftlichen Problems ist eine Entdeckung.
                           Nunmehr gehen wir zu der Frage über: Was ist die Erfindung
                                 										als patentrechtliche Einheit? Diese Frage löst sich in die folgende auf:
                              										In welchem genetischen Stadium ist eine Erfindung
                                 										patentfähig? Eine blosse Idee ist nirgends patentfähig. Das heisst: der
                              									erste Akt gibt noch keine patentrechtliche Einheit. Es ist einleuchtend: eine
                              									Absicht, mag sie noch so sehr verlockend sein, darf nie als massgebend angesehen
                              									werden, solange deren Erfüllbarkeit noch nicht bewiesen ist. Die Beweisführung
                              									bringt erst der zweite Akt. Obwohl das Werk immer noch nicht da ist, so ist doch die
                              									Absicht so weit detailliert und auf allgemein Anerkanntes zurückgeführt, dass die
                              									Ueberzeugung von der Realisierbarkeit in einem jeden Sachkundigen wach wird. Das
                              									werdende Werk ist jetzt in seinen wesentlichen Teilen sichtbar. Es kann jetzt als
                              									logischer Begriff definiert, d.h. einem höheren Gattungsbegriffe untergeordnet und
                              									die kennzeichnenden Merkmale desselben können verzeichnet werden.
                           So kann beispielsweise das moderne Zweirad folgendermassen definiert werden: es ist
                              									ein Veloziped (Gattung), welches gekennzeichnet ist durch die Fusstritte auf einer
                              									Vorgelegewelle und eine beliebige Geschwindigkeitsübersetzung zwischen dieser und
                              									der hinteren Antriebswelle. Die konstruktive Beschaffenheit der Teile und des Ganzen
                              									kommt hier noch nicht in Betracht. Dieser unscheinbare Umstand ist für die
                              									Begrenzung des Erfinderrechtes von der grössten Wichtigkeit. Wenn das System (das
                              									Schema) einer Maschine u. dgl. oder der Plan eines Verfahrens patentiert wird, so
                              									deckt der Patentschutz alle Ausführungen und alle Konstruktionen desselben Schemas.
                              									Ist dies in der Patentbeschreibung ausdrücklich betont worden, so steht jede neue
                              									Konstruktion desselben Schemas unter demselben Patentschutz. Hat sich dagegen der
                              									Erfinder nebst dem Schema auch noch eine Konstruktion desselben patentieren lassen,
                              									so hat jeder andere Konstrukteur Anspruch auf ein Abhängigkeitspatent.
                           Daraus erhellt, dass die Patentierung des Schemas dem Erfinder den berechtigt
                              									breitesten Patentschutz gewährt und dass derjenige Erfinder, der eine volle
                              									Konstruktion patentiert, sich selbst schadet.
                           
                              Der zweite Akt ist es, der eine patentrechtliche Einheit
                                 										herstellt.
                              
                           Und was ist dem Patentgesetze gegenüber das Resultat des dritten Aktes, die
                              									Konstruktion an und für sich? Die Frage ist auch unschwer zu entscheiden. Entsteht
                              									eine neue Konstruktion eines bereits patentierten Schemas, so kann sie höchstens auf
                              									ein Abhängigkeitspatent Anspruch erheben. Dagegen kann die neue Konstruktion eines
                              									bereits bekannten und nicht patentierten Gegenstandes nur unter Musterschutz
                              									gestellt werden.
                           Das Gesagte lässt sich folgendermassen kurz zusammenfassen. Der erste Akt gibt nichts
                              									Patentfähiges. Das geben nur die beiden ersten Akte zusammen. Sind die Ergebnisse
                              									der beiden Akte (das Schema) unter Patentschutz gestellt, so ist das zulässig
                              									breiteste Erfinderrecht gesichert. Die Hinzufügung des Ergebnisses des dritten Aktes
                              									unter ein Patent beeinträchtigt dies Recht. Das Ergebnis des dritten Aktes allein,
                              									die Konstruktion an und für sich, darf höchstens als Gebrauchsmuster den
                              									Rechtsschutz geniessen.
                           Wer durch Neigung oder Beruf Veranlassung nimmt, in verschiedenen Staaten die
                              									erteilten Patente zu verfolgen, wird wohl verwundert sein, wie oft die um ein Patent
                              									Ersuchenden sich selbst ungeahnt schaden, indem sie eine mechanische Erfindung bis
                              									ins Detail beschreiben. Nur in den chemischen Erfindungen sticht das richtige Gefühl
                              									häufiger durch, indem man sich hütet, ziffernmässige Rezepte anzugeben, und die
                              									Quantitäten meist nur unter gewissen Grenzen andeutet. Das ist praktisch und gerecht
                              									zugleich. Der Begriff des Verfahrens muss eindeutig bestimmt werden, ohne Unterlass
                              									des Wesentlichen; weiter fordert das Gesetz gar nichts. Das ziffernmässige Rezept
                              									aber nimmt in der chemischen Erfindung denselben Platz ein, wie die Konstruktion in
                              									der mechanischen. In diesem Sinne hören wir in den letzten Jahren die chemischen
                              									Technologen von der chemischen Konstruktion reden.
                           Vor formalistischer Detaillierung der Patentansprüche kann nicht genug gewarnt
                              									werden. Besonders überzeugend beweist Hartig, wie
                              									verwirrend für die Patentämter, wie mehrdeutig und wie schlecht die Patentsphäre
                              									begrenzend diejenigen Beschreibungen sind, welche bis in die letzten
                              									Konstruktionseinzelheiten eingehen und noch etwa von Arbeitszeichnungen begleitet
                              									werden. Diese Ansicht hat auch Stercken so eingehend
                              									durchgeführt, dass wir ohne Bedenken die Regel aufstellen: eine gute, eindeutige
                              									Beschreibung, die der Patentbehörde die Sache sofort aufklärt und dem Erfinder den
                              									nach den Umständen weitesten Patentschutz verleiht, soll mit der Formulierung der
                              									Idee (erster Akt) anfangen und zu dieser mindestens eine schematisch wiedergegebene
                              									Ausführungsform (zweiter Akt) beibringen.
                           Wir haben gesehen, dass erst, wenn die Erfindung bis zum Ende des zweiten Aktes
                              									vorgedrungen ist, sie derart bestimmt wird, dass die endgültige Ausführung derselben
                              									durch Sachverständige keine weitere schöpferische, sondern lediglich konstruktive
                              									bezw. handwerksmässige Thätigkeit erfordert. Und das ist gerade die Forderung,
                              									welche die meisten Patentgesetze für die Patentfähigkeit einer Erfindung aufstellen.
                              									Da ein Schema nur eine Erfindung kennzeichnet, so ist auch die Forderung der Einheitlichkeit des Patentobjekts vorgesehen.
                           Es erübrigt uns nun noch, den patentrechtlichen Begriff des „Aequivalentes“ aus der dreiaktigen Theorie zu beleuchten.
                              									Ursprünglich der Wirtschaftslehre entnommen und in der wissenschaftlichen Chemie
                              									festen Fuss habend, wird der Begriff des Aequivalenten besonders in Amerika häufig
                              									in Patentsachen angewandt und deckt alle mechanischen wie chemischen Einzelheiten
                              									(Mechanismen wie Verbindungen), die in einer Erfindung durcheinander ersetzt werden
                              									können, ohne dass das Resultat sich ändert. So sind bekannterweise Zahnräder, Riemen
                              									und Seile einander äquivalent. Handelt es sich nur um die Vernichtung einer sauren
                              									Reaktion, so sind gar verschiedene alkalische Lösungen einander technisch
                              									äquivalent.
                           Otto Witt hat in ausgezeichneter Weise die
                              									Verschiedenheit hervorgehoben, die zwischen der chemischen
                                 										und der technischen Aequivalenz herrscht. Mit Hilfe des Dreiaktes gelangen
                              									wir aber noch einen Schritt weiter. Ich behaupte: die
                                 										technische Aequivalenz hat mehrere Stufen. Angesichts einer gegebenen
                              									technischen Aufgabe sind alle die Erfindungen einander äquivalent, welche sie lösen.
                              									So alle Flugvorrichtungen. So die Teufverfahren von Poetsch und von Wagner. Dass sich die
                              									Aequivalenz nicht auf alle möglichen Fälle der Anwendung erweitert, bedarf wohl
                              									keiner Betonung, derweil dies ja bei allen Aequivalenzen überhaupt der Fall ist. Aus
                              									dem Gesagten geht jedenfalls hervor, dass ganze Dreiakte
                                 										einander äquivalent sein können.
                           Schreiten wir weiter. Angenommen, der erste Akt ist vollbracht, die Idee aufgeklärt;
                              									entsprechen derselben Idee mehrere Systeme (Schemata), so sind sie einander
                              									äquivalent. So die a. a. O. genannten Systeme der Wasserpumpen. Es können sich somit
                              										auch die zweiten Akte äquivalent sein.
                           
                           Gehen wir nun zu den Konstruktionen über. Hierher gehören eigentlich die oben
                              									angeführten mechanischen wie chemischen Einzelheiten: allgemein bekannte Mechanismen
                              									und chemische Rezepte, die analoge Resultate erzielen und deren gegenseitiger Ersatz
                              									keinen Erfindungsgedanken mehr in sich birgt, sondern lediglich gewerbsmässige
                              									Gepflogenheit erheischt. In diesem Sinne wird der Begriff der Aequivalenz in der
                              									amerikanischen Patentpraxis gebraucht, indem der Erfinder sämtliche Aequivalente für
                              									sich in Anspruch nimmt.
                           Damit aber die volle Sicherheit gewonnen werde, ob man wirklich dem Erfinder
                              									technische Aequivalente und welche sichern soll oder nicht, muss man sich die volle
                              									Klarheit über die verschiedenen Stufen der Aequivalenz verschafft haben, und eine
                              									solche gibt uns der Dreiakt.
                           Aequivalenz in Patentsachen hat drei grundverschiedene
                                 										Stufen, die auch patentrechtlich verschieden behandelt werden müssen. Es
                              									gibt nämlich äquivalente Ideen (Prinzipien), äquivalente Systeme (Schemata) und äquivalente
                                 										Konstruktionen, und zwar in sachlichen Gebilden wie in Arbeitsverfahren, in
                              									den mechanischen wie in den chemischen Erfindungen. Angenommen, wir hätten zwei
                              									äquivalente Erfindungen und müssten die Frage entscheiden, ob die beiden
                              									Erfindungen, von denen eine patentiert sei, unter ein Patent fallen oder nicht? Bekanntlich stellen sich solche Fragen vor
                              									den Gerichten nur zu häufig auf. Wie unbestimmt ist alles, solange solche
                              									prinzipiellen Fragen nur aus kasuistischen Erläuterungen beantwortet werden! Alles
                              									hängt dann davon ab, ob viele Einzelfälle vorgeführt und wie sie beleuchtet worden
                              									sind. Es fehlt die Gewissheit, dass die Entscheidung unter anderen Umständen nicht
                              									anders ausfallen würde. Wie anders ist es, wenn die Entscheidung getroffen wird,
                              									indem man sich auf den festen Boden einer logisch geprüften Ansicht stützt! Dann
                              									sind die Präzedenten nicht mehr die Gründe, sondern nur Erläuterungen der Gründe,
                              									und das ist etwas Verschiedenes. Man hängt nicht mehr ab von der Beredsamkeit des
                              									Anwaltes, von der Fachkenntnis des Experten, von der Parteifreiheit des Richters.
                              									Die Entscheidung bekommt, vielleicht schon in der ersten Instanz, die zwingende
                              									Macht des logischen Denkens, der sich die leidende Partei unterwirft, ohne die
                              									höheren Instanzen zu belästigen.
                           
                              Welche Plagen könnten den Industriellen und welche Bemühungen
                                 										den Richtern erspart werden, wenn dereinst die hier entwickelten Ansichten als
                                 										richtig anerkannt und Allgemeingut würden!