| Titel: | Die Laval'sche Dampfturbine. | 
| Autor: | Wilh. Müller | 
| Fundstelle: | Band 313, Jahrgang 1899, S. 145 | 
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                        Die Laval'sche Dampfturbine.
                        Von Wilh. Müller in
                           								Cannstatt.
                        Die Laval'sche Dampfturbine.
                        
                     
                        
                           Neben dem Diesel-Motor, der eine Erfindung von grosser Tragweite, gegenwärtig
                              									die vollkommenste Methode, Wärme in Arbeit zu verwandeln, darstellt, verdient ein
                              									neues System für die mechanische Ausnutzung hochgespannten Dampfes, die Laval'sche Dampfturbine, als bedeutende
                              									Errungenschaft des Maschinenbaues im letzten Jahrzehnt die Beachtung weitester
                              									Kreise. Umlaufende Dampfmaschinen ohne Zuhilfenahme eines hin und her gehenden
                              									Kolbens haben schon die Alten gekannt, es sei nur an den Heronsball und die auf dem Prinzip des Segner'schen Wasserrades beruhende Aeolipile
                              									(durch Heron von Alexandrien 120 v. Chr. beschrieben),
                              									sowie noch auf Branca's Maschine (1630), bei welcher
                              									der ausströmende Dampf auf ein Schaufelrädchen wirkte, hingewiesen. Watt hat die Idee, den Dampfdruck ohne Vermittelung von
                              									Pleuelstange und Kurbel auszunutzen, ebenfalls erfasst und zur Ausführung zu bringen
                              									versucht. Neuere Konstrukteure haben die Lösung des Problems, wie z.B. bei der
                              									rotierenden Maschine von Cox, mittels eines
                              									plattenförmigen Kolbens, der an einer exzentrisch durch den Cylinder gehenden Welle
                              									sitzt, oder durch sogen. Kapselräder angestrebt. Auch die Dampfturbine von Parson hat Verbreitung gefunden, bei der eine grosse
                              									Anzahl kleiner Turbinenräder hintereinander im Dampfcylinder auf einer Achse
                              									angeordnet sind, abwechselnd mit den an der Cylinderwand festen entsprechenden
                              									Leiträdern. Die erste derartige Dampfturbine (1884) von 6  lief mit 18000
                              									Umdrehungen in der Minute, während für grössere Maschinen von etwa 50  die
                              									Umdrehungszahl auf 6500 herabgemindert wurde. Parson
                              									gibt an, dass pro elektrische Pferdekraft und Stunde 16 kg Dampf von 6,6 kg
                              									Ueberdruck gebraucht werden; der Hauptverlust entsteht durch Uebertritt eines Teils
                              									des Dampfes an der äusseren Laufradkante, den er schätzungsweise zu 20%
                              									veranschlagte. Dass hierbei unmittelbar eine umlaufende Bewegung erhalten und das
                              									Schwungrad entbehrlich wird, macht eine ausserordentliche Einfachheit und
                              									Leichtigkeit der Maschine möglich, das Undichtwerden der
                                 										beweglichen Kolben bietet bei allen diesen Versuchen jedoch die grösste
                                 										Schwierigkeit, abgesehen davon, dass die sehr grossen Umlaufszahlen bei
                              									einigermassen günstiger Ausnutzung der Dampfgeschwindigkeit sorgfältigste
                              									Konstruktion der Lagerung und Schmierung der Wellzapfen erfordert.
                           Bei Anwendung dieser verschieden konstruierten Maschinen wurde von den gewöhnlichen
                              									Dampfmaschinen ausgegangen, indem man den Dampf den alten Bedingungen entsprechend
                              									(direkter Dampfdruck oder direkter Dampfdruck und Erzeugung eines Vakuums) arbeiten
                              									lassen wollte; daraus ergab sich die Notwendigkeit einer möglichst genauen Anpassung
                              									der beweglichen Teile, um Dampfverluste zu vermindern, und nur so wenig Spielraum zu
                              									gestatten, dass die Reibung auf geringstes Mass beschränkt blieb. Die anfänglich
                              									gute Leistung verminderte sich jedoch derart, dass ein grösserer Teil dieser
                              									Apparate von der Praxis endgültig abgelehnt ist.
                           Ehe auf den Gegenstand näher eingetreten wird, sei eine kurze Abschweifung auf das
                              									Gebiet der hydraulischen Kraftmaschinen gestattet. H. v.
                                 										Reiche hat in seinen „Gesetzen des
                                    											Turbinenbaues“ (Leipzig 1877) zuerst den Vorschlag gemacht, zur
                              									Nutzbarmachung ausserordentlich hoher Gefälle „mehrspaltige“ Turbinen auszuführen. Denkt man sich die
                              									Gefällshöhe H in n gleiche
                              									Teile geteilt und in jedem dieser Teilpunkte eine Ueberdruckturbine auf der
                              									nämlichen Achse angeordnet, dergestalt, dass sämtliche Turbinen kongruent sind und
                              									jedes Wassermolekül sämtliche Turbinen nacheinander
                              									durchströmen muss, so werden diese Turbinen gleichviel Arbeit entwickeln; jede
                              									derselben wäre für eine Gefällshöhe \frac{H}{n} zu konstruieren.
                              									In nämlicher Weise wird aber die ganze Maschine arbeiten, wenn man alle Turbinen an
                              									einem beliebigen Ort (natürlich mit Rücksicht auf das Sauggefälle) so nahe als
                              									möglich zusammenrückt, so dass die Turbinenräder zu einem einzigen Element vereinigt
                              									sind.
                           Mehrspaltige Radialturbinen lassen sich natürlich nach
                              									demselben Prinzip bauen, nur müssen in diesem Falle die einzelnen Turbinen für bestimmte Gefällshöhen konstruiert sein, weil in den
                              									verschiedenen Spalten die Radgeschwindigkeit verschieden ist.
                           Ein ähnlicher Gedanke scheint Charles A. Parson bei
                              									seiner Stufendampfturbine vorgeschwebt zu haben, obgleich es dem Erlinder erst nach
                              									mannigfachen Versuchen gelang, Konstruktionsschwierigkeiten ganz bedeutender Art zu
                              										überwindenStribeck,„Die Dampfturbine von Parson“, Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
                                    											1889 Bd. 33 S. 606..
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 145
                              Fig. 1.Parson'sche Dampfturbine.
                              
                           Die von Prof. A. Morton konstruierte „Reaktionsdampfmaschine“ beruht auf dem
                              									Grundsatz der mehrspaltigen Radialturbinen. Indem der
                              									Dampf durch die verschiedenen Kanäle streicht, treibt er rückwirkend die
                              									Cylinderwandungen entgegengesetzt der Ausströmungsrichtung um. Es sind bei seinem
                              									System somit mehrere Radialturbinen ineinander geschachtelt, doch kann die
                              									bezeichnete Konstruktion den Dampf nicht so gut ausnutzen, wie Turbinen mit
                              									Leitapparat, da die Austrittsgeschwindigkeit aus den einzelnen Rädern stets
                              									vernichtet und nicht als Eintrittsgeschwindigkeit ins nächste Rad ausgenutzt
                              									wird.
                           Später haben Parson und Co. diese Anordnung zu Gunsten
                              										ineinander liegender Radialturbinen mit innerer
                              									Beaufschlagung verlassen. Leit- und Laufradkränze wechseln ab, die im Leitrad
                              									befindliche Geschwindigkeit wird in nachfolgendem Laufrad stets wieder in Arbeit
                              									umgesetzt. Sämtliche Laufräder Z sitzen auf einer
                              									gemeinsamen Scheibe R, welche auf der Antriebswelle W festgekeilt, ebenso die Leiträder C auf einer solchen, die mit der Cylinderwand P verbunden ist (Fig.
                                 									1).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 146
                              Fig. 2.Schematische Darstellung der Laval-Turbine.
                              
                           Die brauchbarste und konstruktiv am meisten durchgebildete Form von Dampfturbinen,
                              									welche das ganze Spannungsgefälle auf einmal nehmen und
                              									durch besonderen Leitapparat die erzeugte grosse Geschwindigkeit in einem Laufrad wieder entziehen, ist die Laval'sche, über welche auch die zuverlässigsten
                              									Versuchswerte vorliegen (Fig. 2).
                           Dr. de Laval in Stockholm fasste den glücklichen
                              									Gedanken, die lebendige Kraft des Dampfes – ähnlich wie
                              									man bei Pelton-Rädern die Geschwindigkeit des Aufschlagwassers benutzt – auf die
                              									Radschaufeln einer einfachen Achsialturbine geradeso zu übertragen, wie jene des
                              									Wassers beim hydraulischen Motor vorgenannter Art. Der Grundgedanke seiner Turbine
                              									besteht darin, dass der unter hohem Druck eingetretene, aber dann vollkommen
                              									ausgedehnte Dampf in die Schaufeln des Laufrades gelangt; die Ausdehnung erfolgt auf
                              									dem Wege vom Einlassventil bis zur Mündung der Dampfstrahlrohre, deren Achsen gegen
                              									die Radebene schwach geneigt sind. Die Dampfstrahlen treten in den Rezeptor ein und
                              									gleiten infolge der relativen Geschwindigkeit an den Schaufeln entlang, denen sie
                              									die lebendige Kraft des Dampfes mitteilen. Derselbe tritt auf der entgegengesetzten
                              									Radseite mit einer absoluten Geschwindigkeit aus, die man durch eine günstige
                              									Schaufelform so klein als möglich zu gestalten trachtet.
                           Der aus einer kleinen Oeffnung in die Luft ausgetretene Dampf nimmt
                              									nachgewiesenermassen keine grössere Geschwindigkeit als 350 m in der Sekunde an,
                              									gleichviel, wie gross der Ueberdruck auch sein mag; soll er seine Geschwindigkeit
                              									als Arbeitsleistung auf die Schaufeln abgeben, so müssen diese in geschlossenem
                              									Strahl getroffen werdenProf. M. Schröter, Vortrag im Polyt.-V.
                                    										München.. Laval konstruiert die Düse,
                              									durch welche der Dampf strömt, und dabei eine Geschwindigkeit annehmen muss, welche
                              									dem gesamten Druckunterschied entspricht, derart, dass der Dampf zunächst durch die
                              									engste Stelle des Bronzemundstückes tritt, wobei er 350 m Geschwindigkeit annimmt,
                              									beim Durchfliessen durch eine etwas weitere Oeffnung erfährt er eine
                              									Geschwindigkeitszunahme und Druckverminderung; die Oeffnung erweitert sich mehr und
                              									mehr und entspricht die konische Erweiterung der Düse noch praktisch ausführbarer
                              									Möglichkeit der Expansionskurve des Dampfes, die bei verschiedenen
                              									Eintrittsspannungen verschieden sich gestaltet. Beim Austritte des Dampfes aus der
                              									Düse ist die Spannung des Turbinenraumes erreicht, der Strahl wird sich nicht mehr
                              									seitlich zerstäuben, sondern geschlossen gegen das Laufrad strömen, durch welches
                              									ihm seine Geschwindigkeit bezw. sein Arbeitsvermögen entzogen wird. Die
                              									Dampfgeschwindigkeit trifft mit rund 1100 m in der Sekunde das Laufrad. Die
                              									Umdrehungszahl des Rades, welche je nach der Maschinentype 7400 bis 30000 Touren in
                              									der Minute beträgt, entspricht einer zwischen 170 bis 400 m in der Sekunde
                              									wechselnden Geschwindigkeit.
                           Die Laval'sche Dampfmaschine ist analog einer
                              									Druckturbine mit wagerechter Achse, teilweiser Beaufschlagung und freiem Ausfluss
                              									des Wassers konstruiert, letzterer ist thatsächlich durch den Druckunterschied im
                              									Leitstück und Laufrad charakterisiert. Der Turbinenkörper ist auf einer Stahlachse
                              									aufgesteckt, die bei einer Maschine von 5  nicht mehr als 4½ mm Dicke an der
                              									schwächsten Stelle bezw. 30 mm bei einer Maschine von 300  besitzt; die Welle
                              									ruht an den Enden auf zwei Lagern, das Ganze rotiert in einem Gehäuse, das mit
                              									eingegossenen Dampfverteilungskanälen versehen auch die schon erwähnten Mundstücke
                              									trägt, die den Zweck haben, dem Dampf Gelegenheit zur Ausdehnung zu geben und die
                              									Strahlen zu leiten; gleichzeitig dient es der Dampf aus Strömung und als Auflager
                              									für das Wellenende (Fig. 3 bis 7). Um die Umlauf zahl auf praktisch brauchbare Grösse
                              									herabzumindern, ist ein Zahnräderpaar im Hintersetzungsverhältnis 1 : 8 bis 1 : 12,
                              									meist 1 : 10 angeordnet, die Zähne der Pfeilräder sind unter 45° gegeneinander
                              									geneigt und haben entsprechend dem geringen Zahndruck sehr kleine Teilung, aber
                              									grosse Zahnbreite, mittels Ringschmierung ist ein ununterbrochener Oelumlauf
                              									vorgesehen. Das Motorrad besitzt zwei Lager, desgleichen die Vorgelegewelle; am Ende
                              									von letzterer sitzt der äusserst gedrängt gebaute Regulator, der den gleichmässigen
                              									Gang durch ein Drosselventil bewirkt. Die Düsen werden aus einem gemeinsamen Ring
                              									gespeist, die Regelung der Maschine wird dadurch ermöglicht, dass die symmetrisch
                              									verteilten Mundstücke, die den Dampf zuleiten, bei nicht voller Belastung der
                              									Maschine jetzt automatisch indirekt vom Regulator bethätigt abgeschlossen werden
                              									können. Einige Bemerkungen über Herstellung der Maschinen in der de Laval'schen Fabrik in Stockholm und in der Maschinenbauanstalt „Humboldt“ in Kalk mögen
                              									hier Platz finden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 146
                              Fig. 3.Turbinenmotor bis 30  der Maschinenbauanstalt
                                 											„Humboldt“.
                              
                           Die vielen löffelartigen Schaufeln, die in fertigem Zustand Kanäle von gleichem
                              									Querschnitt mit gleichem Neigungswinkel am Eintritt wie am Austritt bilden, werden,
                              									nachdem sie vorgeschmiedet sind, auf Fräsmaschinen bearbeitet, wobei zum genauen und
                              									raschen Einpassen und zur Verschiebung gegenüber dem Fräser geeignete Lehren zur
                              									Benutzung kommen. Zwei auf die Welle gepresste, genau abgedrehte Scheiben nehmen in
                              									schwalbenschwanzförmigen Nuten die Schaufeln auf. Die Turbine wird am Umfang geschliffen und auf
                              									einen Dorn mit sehr dünnem Zapfen abgelehrt. Auch die Turbinenachse wird
                              									nachgeschliffen; um dem Apparat einen hohen Grad von Genauigkeit zu geben, ist die
                              									Ablehrvorrichtung auf einer ungewöhnlich starken Platte angebracht. Die Zähne der
                              									Vorgelegeräder sind mittels Maschinen, welche das Werkstück während der Arbeit um
                              									einen gewissen Bogen schwingen lassen (wie solche bei Herstellung der Riffel an
                              									Schrotwalzen vorkommen), geschnitten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 147
                              Fig. 4.Turbinendynamo für Gleichstrom bis 50  der
                                 										Maschinenbauanstalt „Humboldt“.
                              
                           Mit steifen Wellen wären bei vorerwähnten grossen
                              									Geschwindigkeiten sehr ernste Nachteile, starke Erhitzung der Achslager, selbst ein
                              									Bruch der Welle zu befürchten. Laval hat diese
                              									Schwierigkeit in sinnreicher Weise und mit Erfolg, indem er sich die
                              									Rotationseigenschaft der Körper zu nutze machte, durch die „biegsame Welle“,
                              									die sich während des Ganges von selbst in die Schwerpunktslage einstellt,
                              										überwundenVgl. Civilingenieur, 1895 Heft 4, und Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
                                    											1895 Nr. 40..
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 147
                              Fig. 5.Längenschnitt.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 147
                              Fig. 6.Grundriss.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 147
                              Fig. 7.Seitenansicht.
                              
                           Jedes Laufrad wird, um überzeugt zu sein, dass dasselbe der
                              									aussergewöhnlich gesteigerten Fliehkraft Widerstand leiste, mit der
                              									anderthalbfachen Geschwindigkeit längere Zeit erprobt. Die langen, aus Rotguss mit
                              									Antifriktionsmetall gefütterten Lager sind mit schraubenförmigen Nuten versehen,
                              									durch welche ununterbrochen und selbstthätig Oel durchgesaugt wird; neuere Maschinen
                              									erhalten ausschliesslich Kingschmierung, wodurch ein sehr geringer Oelverbrauch
                              									erzielt wird. Ungeachtet der hohen Umlaufszahl – unter Verwendung eines geeigneten
                              									Turbinenöls – hat die Praxis angesichts jahrelangen Betriebes, da weder Warmlaufen
                              									noch nennenswerte Abnutzung der reibenden Teile eingetreten, die Durchführbarkeit
                              									eines der Hauptorgane der Laval'schen Turbine bewiesen.
                              									Die Schwingungen sind unbedeutend.
                           Auf Transmissionen oder Arbeitsmaschinen wird die Arbeit durch nahtlose Hanfriemen
                              									übertragen, welche die erforderliche Spannung durch eine an einem Hebel schwingende
                              									Belastungsrolle erhalten; bei Zentrifugen, Kreiselpumpen, Gebläsen, Schiffsschrauben
                              									und Dynamomaschinen findet unmittelbare Kuppelung mit dem Vorgelege statt. Bis 30
                              									 einschliesslich wird nur ein Vorgelegerad angebracht, zur Aufhebung
                              									seitlichen Druckes sind bei Maschinen etwa von 50  ab zwei Vorgelege
                              									angeordnet, wobei Dynamomaschinen mit zwei in gleichem Sinne umlaufenden Ankern
                              									Verwendung finden können (Fig. 4).
                           Ist Riemenbetrieb erwünscht, so dienen hierzu zwei hintereinander gesetzte Scheiben.
                              									Turbinenmotore von 100  und darüber können auch mit Seilscheiben versehen
                              									werden. Die Seilscheiben für 100  Maschinen haben je 460 mm Durchmesser, 205
                              									mm Breite und fünf Rillen für 25 mm starke Transmissionsseile. Bei allen Turbinen
                              									von 10  aufwärts, welche mit mehr als zwei Dampfdüsen betrieben werden, ist
                              									die Absperrung einzelner oder mehrerer Düsen mittels Ventil und Handrad vorgesehen
                              										(Fig. 8 bis 10).
                           Theorie und Konstruktion der Dampfturbine hat Prof. Ludw.
                                 										Klein in der Zeitschrift des Vereins deutscher
                                 										Ingenieure, 1895, veröffentlicht, auch haben in den soeben erschienenen:
                              										„Vorlesungen über Theorie der Turbinen“ von Dr. Gustav Zeuner (Leipzig 1899) die Dampfturbinen besondere Beachtung
                              									gefunden, an welche sich folgende allgemeine theoretische Erläuterungen nach
                              									Ingenieur Sosnowski-Paris anschliessen mögen.
                           Was das Laufrad betrifft, so wird die Theorie für dasselbe in ähnlicher Weise wie
                              									Seitenansicht. für eine Aktionsturbine aufgestellt, für die Einströmungsdüsen jedoch
                              									die Eigenschaften des elastischen Fluidums berücksichtigt. Mit bestimmtem Druck
                              									tritt der gesättigte Dampf aus dem Kessel und strömt durch das Turbinenrad in die
                              									freie Luft, oder mit bestimmtem Druck in den Kondensator über, nachdem er die Düse
                              									passiert hat; letztere muss deshalb so geformt sein, dass sie die freie Bewegung des
                              									Fluidums unterstützt, sie muss dort endigen, wo letzteres bei grösster
                              									Geschwindigkeit dieselbe Spannung besitzt wie das umgehende Feld. Ein
                              									Drucküberschuss zwischen Düse und Rad darf nicht vorhanden sein, denn der Dampf
                              									würde sonst fortfahren, sich zwischen den Schaufeln auszudehnen und zu grosse
                              									Austrittsgeschwindigkeit erlangen; ebensowenig darf die Spannung unter jene des
                              									Feldes herabsinken, da hierdurch Wirbelbildung, d.h. Wiedererwärmung des Dampfes
                              									veranlasst und infolgedessen nur ein Teil seiner lebendigen Kraft ausgenutzt
                              									würde.
                           Um die Maximalleistung zu erreichen, sind deshalb folgende Bedingungen im Laufrad zu
                              									erfüllen. Um Stösse zu vermeiden, müssen die Laufradschaufeln die Richtung der
                              									relativen Eintrittsgeschwindigkeit besitzen. Die Umfangsgeschwindigkeit soll gleich
                              									sein der relativen Austrittsgeschwindigkeit des Dampfes, folglich auch jener der
                           
                           Versuche mit Laval'schen Turbinen
                              									nach Berichten der Prüfungskommissionen zusammengestellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 148
                              Ort der Aufstellung und Jahrgang;
                                 										Type der Turbine ; Versuchszeit bezw. Dauer; Kohlen- und Wassermessung;
                                 										kg; Umdrehungen in der Minute; n; Dampfdruck im Kessel; kg per qcm; Dampfdruck
                                 										in der Turbine; Druck beim Dampfauslass und Luftleere; Bemerkungen; Leistung der
                                 										Turbine; Dampfverbrauch pro  u. Std.; Kohlenverbrauch pro  u.
                                 										Std.; Elektrische Energie und Bemerkungen; Sockholm, Mai 1893; Gebr. Masselin u.
                                 										Söhne, Bernay, Juli 1895; Stockholm, April 1895; Magazine Breguet, Clichy-Platz,
                                 										Paris, August-September 1895; Société d'Eclairage Electrique, Bordeaux
                                 										August-September 1895; Gebr. Bouvier, Spinnerei, Vienne (Dep. Isère); Société
                                 										Filatures, Troyes, November; Edison Electric Illuminating Co., New York, April
                                 										1896; Uhr; Std.; von; Dyn.; d. Turb.; Mittel; absol. Dr. od.; cm; Luftleere; at;
                                 										Ausströmung im Wasserstrahlkondensator; Zentrifugalpumpe drückt mit 0,81 kg im
                                 										Wasserstrahlkondensator; Wasserstrahlkond.; Oberflächenkond.; Im Kondensator bei
                                 										Dampfausströmung; Mit Kondensatorbetrieb; elektr.; pro elektr. ; Kohle v.
                                 										South Yorkshire; Nutzeffekt d. Dynamo; Volle Kraft; Düsen; V; A; Watt; normale
                                 										Belastung; halbe Belastung; Etwa halbe Belastung; Dynamo; Doppeldyn.
                              
                           
                           relativen Eintrittsgeschwindigkeit; diese Forderung
                              									bestimmt die Schaufelwinkel, welche doppelt so gross als der Winkel der Düse sein
                              									sollen.
                           Nach bekannten Gesetzen ist deshalb
                           β = 2α
                           
                              v_1=v_2=c_1=c_2-\frac{\omega}{2\,cos\,\alpha}
                              
                           
                              \omega'=2\,v_1\,sin\,\frac{\beta}{2}=2\,v_1\,sin\,\alpha
                              
                           Es ist a der Neigungswinkel der
                              									Verteilungs-, β jener der Empfangsschaufeln, v1 die lineare
                              									Geschwindigkeit der Turbine, ct die relative Geschwindigkeit beim Austritt, ω die absolute Geschwindigkeit beim Eintritt, ω' die absolute Geschwindigkeit beim Austritt.
                           Die theoretische Leistung des Verteilers ist gleich:
                           
                              \eta=\frac{\omega^2-\omega'^2}{2}=1-tang^2\,\alpha
                              
                           Für α = 20°, welches der praktisch kleinste Winkel ist,
                              									ergibt sich
                           η = 0,87
                           Die Maximalleistung würde sich bei α = 0, d.h. dann
                              									ergeben, wenn die lineare Geschwindigkeit gleich wäre der halben Geschwindigkeit des
                              									eintretenden Fluidums.
                           Die theoretische Leistung der Maschine als Funktion der Umfangsgeschwindigkeit des
                              									Turbinenrades bei gleicher Dampfgeschwindigkeit würde für ω = 100 m in der Sekunde 45% von der Umfangsgeschwindigkeit des Laufrades
                              									= 155 m in der Sekunde betragen, sie würde sich auf 73% bei 300 m in der Sekunde und
                              									bei 400 m in der Sekunde auf 85% erhöhen, die jedoch wegen Materialfestigkeit nicht
                              									überschritten werden dürften. Praktisch genommen ergeben sich mehr oder weniger
                              									grosse Abweichungen von diesen Werten, denn die Ausführung der Schaufeln wird kaum
                              									so möglich sein, dass nicht das Vorkommen von Stössen in Betracht zu ziehen wäre;
                              									ebenso wird die relative Geschwindigkeit beim Eintritt aus ihrer normalen Richtung
                              									abgelenkt, wodurch sich die Leistung des Verteilers auf etwa 85 bis 75% vermindert.
                              									Hieraus geht hervor, dass praktisch eine Arbeitsleistung bis etwa 60% erreicht
                              									werden kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 149
                              Fig. 8.Dampfverteilungsdüse mit Absperrventil für
                                 										Kondensationsmaschinen.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 149
                              Fig. 9.Verstellbare Dampfverteilungsdüse für Hochdruckmaschinen mit
                                 										Kondensation.
                              
                           Die Dampferzeuger arbeiteten anfangs mit 2 kg Druck, ja selbst noch unter diesem;
                              									schon ein Druck von 4 kg wurde damals als gefährlich betrachtet. Stufenweise ist man
                              									inzwischen auf 6, 10 und 15 kg hinaufgegangen und vielleicht wird man eines Tages
                              									noch auf höhere Spannungen kommen. Kolbenmaschinen, ausnahmsweise für so hohen Druck
                              									schon ausgeführt, zeigen jedoch erhebliche Uebelstände, aus Gründen, welche zu
                              									entwickeln überflüssig sein dürfte; die Laval'sche
                              									Turbine vermag jedoch den Dampf bei jedwedem Druck auszunutzen, da er in lebendige
                              									Kraft verwandelt wird, ehe er in den Motor selbst gelangt. Voraussichtlich steht man
                              									mit Hilfe desselben vor einer ökonomischen Arbeitsleistung, welche die seither
                              									angewandte übertrifft.
                           Neben Einfachheit der Konstruktion – denn lose Teile sind an der Laval-Turbine nicht
                              									zahlreich – darf das sehr geringe Gewicht derselben zu den Vorzügen gerechnet
                              									werden. Es entfallen z.B. auf je 1 
                           
                              
                                 bei Dampfturbinen von
                                 
                                    
                                    
                                 5
                                 10
                                 15
                                 20
                                 30
                                 50
                                 75
                                 100
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 an Gewicht
                                 kg
                                 30
                                 25
                                 18,3
                                 20
                                 18,6
                                 29
                                 33,3
                                 36
                                 
                              
                           Durch unmittelbare Kuppelung mit Dynamomaschinen,
                              									Schiffsschrauben, Zentrifugalpumpen, Gebläse u.s.w. ist eine neue, sehr zweckmässige
                              									Dampfmaschinentype geschaffen, welche die Vorteile der Ersparnis an Kraft, Kosten
                              									und Raum, durch Wegfall der Transmissionen, geringes Gewicht im Verhältnis zur
                              									Arbeitsleistung, in sich schliesst.
                           Erneuerung einzelner Teile mag die biegsame Hauptwelle mit Trieb, Turbinenrad und
                              									Lagerschalen, sowie die Wechselräder betreffen, die durch unvorsichtige Behandlung,
                              									Mängel in der Wartung und Schmierung entstehen kann. Für den Betrieb unter sehr
                              									veränderlichen Dampfspannungen oder Kraftbedarf ist die Dampfdüse mit einer
                              									Regelspindel auszustatten, um den Querschnitt der Düse den veränderlichen
                              									Verhältnissen, wirtschaftlicher Ausnutzung entsprechend, einstellen zu können (Fig. 9).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 313, S. 149
                              Fig. 10.Absperrbare Dampfdüse.
                              
                           Die Laval'sche Dampfturbine ist über das Versuchsstadium
                              									hinaus und eine in der Praxis bereits erprobte Maschine. Seit ihrer Einführung in
                              									die Industrie (1892) sind innerhalb 7 Jahren etwa 35000  in Schweden,
                              									Norwegen, Holland, Belgien, England, Frankreich, Spanien, Deutschland,
                              									Oesterreich-Ungarn, Russland, Nord- und Südamerika in Dienst gestellt worden. Sie
                              									kann unter jedem Druck arbeiten, also auch unter Druck Verhältnissen, für welche
                              									unsere Kolbenmaschinen nicht mehr ausreichen würden. Der Dampfverbrauch ist abhängig
                              									von der Höhe des zur Verfügung stehenden Druckes und der Grösse der Turbine,
                              									folgerichtig um so geringer, je grösser der Druck und je vollkommener der angewandte
                              									Kondensator ist. Wünschenswert bleibt jedoch hohe Spannung zu verwenden. Als
                              									geeignete Kesselsysteme werden seitens der Laval Angturbin
                                 										Actiebolag stehende Röhrenkessel und Cornwall-Röhrenkessel für kleinere
                              									Anlagen, für solche von 30 bis 200 qm Heizfläche Tischbein-Kessel mit Wellrohren und
                              									von da ab Babcock- und Wilcox-Röhrenkessel empfohlen.
                           Die Verdampfungsfälligkeit ist sicherheitshalber mindestens 5% höher anzunehmen als
                              									für die entsprechende Dampfturbine gerechnet wird. Bei Kesseln für
                              									Kondensationsturbinen ist ausserdem der Dampf verbrauch für den Betrieb der
                              									Kondensanlage mit 7% einzurechnen, ferner noch zu berücksichtigen, dass bei
                              									Anwendung von Strahlkondensatoren der Wasserverbrauch grösser ist als bei anderen
                              									Dampfmaschinen; es kommt dies zum Teil auf Rechnung der Undichtheit der Lager der
                              									dünnen Wellen, die nunmehr durch Anordnung von Doppelkugelgelenken mit eingebauter,
                              									somit beweglicher Stopfbüchse zu beiden Seiten des Turbinengehäuses beseitigt ist
                              									und genügt das 35- bis 40fache Wasserquantum reichlich. Uebrigens arbeiten Turbinen
                              									ebenso wie Dampfmaschinen mit Kondensation erheblich besser als ohne Kondensation,
                              									indem sich in diesem Falle der Dampfverbrauch beträchtlich verringert. Bei
                              									genügendem Wasservorrat finden Wasserstrahlkondensatoren, bei beschränktem
                              									Wasservorrat Kühlwerke oder Einspritzkondensatoren Anwendung.
                           Vorgenommene Verbrauchsversuche haben bei 8 at Betriebsdruck 22 kg Dampfverbrauch bei
                              									5 , bei 10  = 20 kg, bei 20  = 18,3 kg, bei 30  = 17 kg
                              									u.s.w. für die effektive Pferdekraftstunde und Dampfaustritt in die freie Luft
                              									ergeben. Für Maschinen von 75 bis 200  betrug er durchschnittlich 10 bis 14
                              									kg bei 5 bis 10 at Dampfdruck und 62 bis 65 cm Luftleere im Kondensator, so dass
                              									sich die Turbinen in dieser Hinsicht mit guten Kolbendampfmaschinen messen können.
                              									(Vgl. Tabelle S. 148.)
                           Bisher war das Torpedoboot „Turbinia“, das durch
                              										Parson'sche Dampfturbinen getrieben wird, als das
                              									schnellste Schiff bekannt; das Ende Juni in England an der Tyne in See gestochene,
                              									gleichfalls mit Dampfturbinen ausgerüstete „schnellste
                                    											Schiff der Welt“ hat ihm den Rang abgelaufen. Es legt 35
                              									Knoten in der Stunde zurück, eine bisher unerreichte Leistung. Die Länge des
                              									Schiffes beträgt ungefähr 100 Euss (nahezu doppelt so viel wie bei der Turbinia) und ist in jeder Beziehung grösser als die
                              										Turbinia angelegt, nämlich als achtschraubiger
                              									Dampfer mit etwa 12000 . Ein ähnliches Boot, das den Namen „Viper“ erhalten soll, wird gegenwärtig im
                              									Auftrag der englischen Admiralität gebaut.