| Titel: | Die Vorträge vor der fünften Hauptversammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft. | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 50 | 
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                        Die Vorträge vor der fünften Hauptversammlung der
                           								Schiffbautechnischen Gesellschaft.
                        Die Vorträge vor der fünften Hauptversammlung der
                           								Schiffbautechnischen Gesellschaft.
                        
                     
                        
                           Vor der fünften Hauptversammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft, die am
                              									19. und 20. November in der Aula der Königlich Technischen Hochschule zu
                              									Charlottenburg stattgefunden hat, ist eine Reihe technisch interessanter Vorträge
                              									gehalten worden, über deren Inhalt nachstehend berichtet werden soll.
                           In dem ersten Vortrag gab Herr Geh. Regierungsrat Professor Dr.
                                    										Riedler eine Begründung des Wesens der Dampfturbine und eine
                              									Schilderung der Umwälzung, die dieser neue Dampfmotor auf dem ganzen Gebiete der
                              									Krafterzeugung schon jetzt hervorgerufen hat und voraussichtlich hervorrufen wird.
                              									Im einzelnen führte dazu Herr Geheimrat Riedler etwa
                              									folgendes aus.
                           Die herrschende Kolbendampfmaschine ist nicht mehr
                              									erheblich verbesserungsfähig, weder maschinentechnisch noch thermisch, d. i. in der
                              									wirtschaftlichen Ausnutzung der Dampfkraft. Es ist eine vollständige Umgestaltung
                              									der Dampfmaschine in der neuen Form der Dampfturbine erforderlich. Diese nutzt die
                              									Strömungsenergie des Dampfes an Stelle der Spannungsenergie aus. Turbinen sind viel
                              									billiger als Kolbendampfmaschinen, erfordern weniger Raum, fast keine Bedienung und
                              									verbrauchen nicht mehr Dampf als beste Kolbendampfmaschinen, so dass ihnen ein
                              									grosses Verwendungsfeld offen steht.
                           Die Räder von Dampfturbinen müssen, je nachdem der Dampfstrahl durch Reaktion oder
                              
                              									unmittelbar durch Aktion wirkt, mit ebenso grosser oder halb so grosser
                              									Anfangsgeschwindigkeit laufen, wie der Dampf ausströmt; nur dann kann die
                              									Strömungsenergie voll ausgenutzt werden. Solche unbrauchbar hohe Geschwindigkeiten
                              									müssen durch besondere Konstruktionsmittel auf praktisch brauchbare
                              									Geschwindigkeiten herabgemindert werden. Bei den Turbinen von Laval, die mit kleinen Rädern auf biegsamen Wellen
                              									arbeiten. wird die hohe Drehgeschwindigkeit von 150–300 Umdrehungen in der Sekunde
                              									durch Zahnräder auf etwa 1/10 vermindert. Solche Zahnräder verursachen Geräusch
                              									und Abnutzung und schliessen diese Turbinen vom Grossbetriebe aus.
                           Bei den zahlreich ausgeführten Turbinen von Parsons wird
                              									die Geschwindigkeit dadurch vermindert, dass der Dampfdruck nicht auf einmal,
                              									sondern in zahlreichen Abstufungen hintereinander ausgenutzt wird, so dass die
                              									Radgeschwindigkeit nur dem geringen abgestuften Dampfdruck zu entsprechen hat. Dies
                              									führt bei geringen Drehgeschwindigkeiten oder grossen Leistungen auf 100 bis 150
                              									Stufen und doppelt so viele Turbinenräder, jedes Rad mit Hunderten von Schaufeln, so
                              									dass grosse Turbinen Hunderttausende von Schaufeln erfordern; solche Turbinen werden
                              									daher vielgliedrig, ausserordentlich langund schwer, kostspielig und
                              									empfindlich. Die Hunderte von Lauf- und Leiträdern müssen, um Dampfverluste zwischen
                              									den einzelnen Stufen zu vermeiden, mit ganz geringen Spielräumen, weniger als ¼
                              									Millimeter, untereinander und gegen das Turbinengehäuse ausgeführt werden. Eine
                              									wirkliche Abdichtung zwischen den einzelnen Stufen ist überhaupt unmöglich. Wird der
                              									Spielraum grosser ausgeführt, so ist der Dampfverlust sehr gross. Ausserdem lässt
                              									die Parsons-Turbine nur eine sehr unvollkommene
                              									Drosselregulierung zu. Für stark verringerte Leistung oder Geschwindigkeit ist sie
                              									überhaupt nicht regulierbar. Der Dampf fliesst dann mit unrichtiger Geschwindigkeit
                              									durch die Turbinenschaufeln, so dass Parsons z.B. bei
                              									Schiffmaschinen für veränderliche Leistung die Kolbendampfmaschine zu Hilfe nehmen,
                              									eine besondere Maschine für die verringerte Leistung aufstellen muss. Die aus der
                              										Parsons – Turbine hervorgegangenen Turbinen von Rateau, Zoelly u.a. besitzen ähnliche Mängel. Richtig
                              									hingegen ist die Turbine von Curtis, die nur wenige,
                              									etwa 3–4 Druckstufen besitzt und in jeder dieser 2–3 fach wiederholte Ausnutzung der
                              									Dampfgeschwindigkeit ermöglicht. Sie ist einfacher, vermeidet grosse Baulänge und
                              									Gewichte, sie ist vollständig regulierbar, aber sie erfordert gleichfalls zwischen
                              									ihren 6–12 Lauf- und Leitkränzen die Herstellung und die dauernde Erhaltung eines
                              									ganz minimalen Spielraums. Diese Turbine wird in stehender Bauart gegenwärtig für
                              									grosse Leistungen, bis 10000 Pferdekräfte, in Amerika ausgeführt.
                           In der Turbine von Riedler-Stumpf wird nur die
                              									Aktionswirkung des Dampfstrahls benutzt und nur ein Turbinenrad verwendet. Das Rad
                              									hat entweder grossen Durchmesser, 2–3 m, wenn der Dampf nur einstufig arbeiten soll,
                              									oder bei kleineren Rädern wird die Dampfgeschwindigkeit in mehreren Stufen
                              									ausgenutzt, also der mit grosser Geschwindigkeit aus dem kleinen Rad ausströmende
                              									Dampf wieder demselben Rade zur Arbeit zugeführt.
                           Die Schaufeln sind nicht besonders eingesetzt, sondern in den Radkranz eingefräst.
                              									Die Sicherheit des Rades ist daher eine sehr grosse. Solche Räder lassen sich genau
                              									ausbalanzieren, erfordern weder biegsame Wellen noch Räderübersetzungen und laufen
                              									mit Geschwindigkeiten von 5–50 in der Sekunde. Dies ist die einfachste und billigste
                              									Gestaltung der Turbine. Mit ihr wurde aber derselbe geringe Dampfverbrauch wie mit
                              									den übrigen Turbinen erreicht, weil der Arbeitsdampf durch eigenartige Düsen als
                              									ganz geschlossener Dampfring zugeführt wird, eine gute Führung des Dampfstrahles
                              									gesichert ist und an den Turbinen überhaupt keine Dichtungen oder empfindliche Teile vorkommen, die
                              									Räder vielmehr zwischen den Düsen mit grossen Spielräumen laufen können, und endlich
                              									weil die hohe Temperatur überhaupt nicht mit dem Rade in Berührung kommt, sondern
                              									nur mit der Düsenmündung, so dass auch der Wärmeverlust sehr gering wird. Für
                              
                              									niedrige Drehgeschwindigkeiten werden 2 bis 4 Räder hintereinander mit ebenso vielen
                              									Stufen des Dampfdruckes verwendet.
                           Zuerst wurde eine 500pferdige Maschine dieser Art ausgeführt und erprobt, dann von
                              									der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft eine
                              									2000pferdige Turbine im Kraftwerk Moabit der Berliner Elektrizitätswerke aufgestellt
                              									und betrieben. Hierbei ergab sich mit einem Rade ein
                              									Dampf verbrauch bis herab zu 7½ kg für die Kilowatt-Stunde, also nicht mehr als bei
                              									den besten Verbunddampfmaschinen. Hierauf wurde von der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft eine Reihe von Turbinen von 15–500
                              									Kilowatt Leistung mit den zugehörigen Dynamomaschinen gebaut. Auch die kleinsten
                              									Turbinen ergaben den befriedigenden Dampfverbrauch von 17 kg für die
                              									Nutzpferdekraft, die 500pferdige einen solchen von 14 kg, in beiden Fällen mit
                              									kleinen Rädern und freiem Dampfauspuff.
                           Auf Grund der bisherigen über 10 jährigen Erfahrungen ist die Dampfturbine als die
                              									einfachste und beste Dampfmaschine zu bezeichnen; sie gewährt folgende wesentliche
                              									Vorteile gegenüber den Kolbendampfmaschinen:
                           Dampfturbinen gestatten die beste Ausnutzung von Heissdampf, falls sie so gebaut sind, dass sie keine empfindlichen
                              
                              									Dichtungen besitzen. Sie sind immer betriebsbereit und
                              									können unter der gleichen Voraussetzung sofort ohne Vorwärmung angelassen werden.
                              									Sie besitzen im Innern keine beweglichen Teile, welche geschmiert werden müssen. Der
                              									Oelverbrauch fällt weg; es gelangt auch kein Oel in das Kondensationswasser und in
                              									die Dampfkessel, und Störungen des Kesselbetriebes fallen weg. Grosse
                              									Kolbenmaschinen erfordern zu ihrer Wartung 2 bis 3 Mann, darunter wenigstens einen
                              									erfahrenen Maschinisten. Dampfturbinen erfordern eigentlich keine Wartung, wenn sie ohne empfindliche Teile und Dichtungen gebaut
                              									sind. Ein Mann kann viele Turbinen und zugleich andere Betriebe überwachen. Reibung und Abnutzung sind bedeutungslos, weil die
                              									Turbinen so gebaut werden können, dass sie keine reibenden Teile im Innern besitzen,
                              									auch keine Dichtungen, weil ferner die einzigen Reibungsstellen, die Lagerzapfen,
                              									selbsttätige Schmierung erhalten und die Turbinenräder mit so geringem Gewicht
                              									gebaut werden können, dass keine Abnutzung der langen Zapfenflächen eintritt. So
                              									z.B. ist das Gewicht des 2000pferdigen Turbinenrades im Moabiter Kraftwerk nur 700
                              									kg, und Räder dieser und noch viel bedeutenderer Grösse können auf dem Kopfende
                              									einer vorhandenen Welle, z.B. der Dynamowelle, fliegend angebracht werden, so dass
                              									die Turbine gar keine eigentliche Lagerung besitzt, sondern das Turbinenrad durch
                              									das Dynamolager getragen wird. Der eigene Widerstand solcher einfachen Turbinen ist
                              									daher sehr gering. Der mechanische Wirkungsgrad sehr hoch.
                           Die Anlagekosten von Dampfturbinen sind sehr gering. Die
                              									Turbine kostet weniger als eine Kolbendampfmaschine, das Raumerfordernis ist etwa ⅕–1/10 einer gleichwertigen Dampfmaschine und zwar
                              									sowohl an Grundfläche wie an Höhe. Dampfturbinenräder erfordern kein Fundament, da keine Kräfte vorhanden sind, die sie
                              									zu verschieben trachten; sie erfordern kein Schwungrad, keine Massenausgleichung,
                              									besitzen keinen Totpunkt und sind in jeder Lage betriebsbereit.
                           Für diese neue Gestaltung der Dampfmaschine sind nunmehr auch die zugehörigen Arbeitsmaschinen umzugestalten,so die Dynamomaschinen, die lange Zeit vergeblich auf einen
                              									allen Anforderungen entsprechenden raschlaufenden Motor warten mussten; es sind Flügelpumpen für grosse Druckhöhen zu schaffen, Flügelgebläse für Hochöfen und Stahlwerke, Schleuderkondensatoren an Stelle der bisherigen Luftpumpen,
                              										Schleuderkompressoren usw., alle diese
                              									Arbeitsmaschinen unmittelbar mit der Dampfturbine gekuppelt und mit ihr mit
                              									Geschwindigkeiten von 500–3000 Umdrehungen in der Minute laufend. Bei allen diesen
                              									Maschinen werden die bisherigen langsamlaufenden hin- und hergehenden Kolben durch
                              									raschlaufende Räder ersetzt und grosse Vorteile insbesondere hinsichtlich der
                              									Anlagekosten erzielt. Viele dieser Neugestaltungen sind bereits ausgeführt und
                              									erprobt, so die Gebläse und die Schleuderkondensatoren zum Ersatz der gewöhnlichen
                              									Luftpumpen.
                           Ein wichtiges Feld für die Dampfturbine ist die Schiffsmaschine. Auf diesem Gebiete sind viele wichtige Forderungen bisher
                              									nicht erfüllt. Die Schiffsschraube muss bei der verhältnismässig geringen
                              									Umdrehungsgeschwindigkeit von Schiffsturbinen stets in mehrere Schrauben geteilt werden, so dass die zweite Schraube im Abwasser
                              									der ersten und die folgende im Abwasser beider laufen muss.
                           Nicht das Schiff soll sich den Turbinen anpassen, sondern umgekehrt: der Turbinen
                              									wegen sollen nicht mehr Schraubenwellen ausgeführt werden als der Schiffszweck
                              									erfordert, also höchstens zwei. Es sind aber Schiffe mit 4 Wellen gebaut worden nur
                              									der Turbinen wegen. Parsons ist, um die Forderungen der
                              									Kriegsschiffsmaschinen erfüllen zu können, um die Höchstleistung, die Marschleistung
                              									bei verringerter Geschwindigkeit und die Mindestleistung zu erzielen, gezwungen, 4
                              									Wellen mit 8 Schrauben zu verwenden. Er muss jede Turbine in eine Hoch- und
                              									Niederdruckmaschine zerlegen, muss für den Rückwärtsgang besondere Turbinen
                              									aufstellen und endlich für die Marschleistung wieder eine geteilte besondere Turbine
                              									aufstellen, so dass im ganzen 10 Turbinen anstelle der bisherigen 2 Dampfmaschinen
                              									erforderlich sind. Hierbei können weder Kosten noch Raum gespart werden; im
                              									Gegenteil, die Anlage wird sogar teurer. Das ist ein Abweg. Die geteilten Schrauben und ihre Antriebsmaschinen sollten
                              									so angeordnet werden, dass die Wirkung jeder einzelnen Schraube festgestellt und
                              									nach Bedarf richtig gestellt werden kann. Getrennter Antrieb jeder Schraube wäre
                              
                              									deshalb das richtigste. Bei vielen Schrauben einer gemeinsamen Welle ist keine
                              									Möglichkeit vorhanden, die Wirkung der einzelnen festzustellen. Ausserdem wäre es
                              									besser, wenn die zweite Schraube im Abwasser der ersten im verkehrten Sinne laufen
                              									würde, damit die Drehbewegung, welche das verdrängte Wasser durch die erste Schraube
                              									erhält, nutzbar gemacht werden kann. Endlich sollten die hintereinander arbeitenden
                              									Schrauben nicht mit zunehmender Steigung ausgeführt werden, wie dies bisher
                              									geschieht, sondern besser mit zunehmender Geschwindigkeit.
                           Die Forderungen sind erfüllbar durch die gegenläufigen
                                 										Turbinen von Riedler-Stumpf. Bei diesen
                              									Turbinen durchströmt der Dampfstrahl zunächst die Schaufeln des ersten Rades, und
                              									dieses treibt durch eine Hohlwelle die erste Schraube. Der ausströmende Dampf
                              									durchströmt dann nicht wie bei den bisherigen Turbinen ein passives Leitrad, sondern
                              									das Leitrad wird zum Laufrad gemacht, dem der Arbeitsdampf zugeführt wird. Dieses
                              									zweite Rad läuft daher in entgegengesetzter Richtung und treibt durch die Höhlung
                              									der ersten Welle hindurch die zweite Schiffsschraube an, die im Abwasser
                              									entgegengesetzt und rascher läuft als die erste Schraube. Hierbei ergibt sich eine
                              									überraschende Einfachheit der Turbinen für den Schiffszweck, aber auch für alle anderen Arten ihrer
                              									Verwendung.
                           Die Dampfturbine ist berufen, eine Umwälzung auf dem Gebiete
                                 										der Krafterzeugung hervorzubringen. Die Dampfmaschine ist während eines
                              									Jahrhunderts industrieller Entwicklung zur Weltherrschaft gelangt, hat die sozialen
                              									und wirtschaftlichen Verhältnisse völlig umgestaltet und sich unaufhaltsam, mit
                              									elementarer Gewalt, Bahn gebrochen. Kein Wettbewerb anderer Maschinen konnte gegen
                              									diese gewaltige Kraftmaschine Erfolg erringen. Nur bei den eigenartigen
                              									Kleinbetrieben werden andere Motoren vorteilhaft verwendet, und wo natürliche
                              									Wasser-Kräfte vorhanden sind, haben die Wasserkraftmaschinen grosse Bedeutung
                              									erlangt. Die Elektrizität kommt hierbei nicht in
                              									Betracht. Wir vermögen sie noch nicht als primäre Energieform herzustellen, die
                              									Elektrotechnik ist vielmehr die grösste Abnehmerin der Dampfkraft geworden. Nur die
                              										Gasmaschine und andere Verbrennungsmotoren haben
                              									die Dampfmaschine überflügelt, weil sie eine doppelt so günstige Verwertung der
                              									Brennstoffwärme ermöglichen und daher wirtschaftlich vollkommner sind. Deshalb
                              									verdrängen gegenwärtig die Verbrennungsmotoren die Dampfmaschinen, aber nur dort, wo
                              										Abgase verfügbar sind, wie bei Hochöfen, Kokereien
                              									usw., oder wo Kraftgas billig herstellbar ist, also nur auf beschränkten Gebieten
                              									und unter bestimmten Verhältnissen. Deshalb wird die Dampfmaschine durch die
                              
                              									Gasmaschine im Bereich von Hüttenwerken, vielen Kohlengruben und auch aus einzelnen
                              									Kraftwerken vollständig verdrängt werden. Diese Entwicklung hat in den Hütten am
                              									Rhein und an der Mosel bereits in grossem Masstabe begonnen, und alle andern werden
                              									nachfolgen.
                           Die Gasmaschine würde auch über die bezeichneten Gebiete hinaus vordringen, wenn ihr
                              									nicht die Dampfmaschine in ihrer neuen Gestalt als Dampfturbine entgegenträte, in welcher sie wegen ihrer Einfachheit und
                              									Billigkeit auf den wichtigsten Gebieten wieder Alleinherrscherin bleibt.
                           Die Umgestaltung der Dampfmaschine wird von den weittragendsten Folgen begleitet
                              									sein. Kraftanlagen aller Art, insbesondere die grossen Kraftwerke der städtischen
                              									Betriebe, Bergbauten und Fabrikbetriebe, die längst schon in der Zentralisierung der Krafterzeugung ihren Vorteil
                              									erkannt haben, aber wegen Kostspieligkeit der bisherigen Kraftmaschinen Neuanlagen
                              									häufig vermeiden mussten, haben nunmehr die Möglichkeit, mit den einfachen
                              									Dampfturbinenbillige und vollkommene Kraftwerke zu schaffen. Dabei kommt in
                              
                              									Betracht, dass die Millionen von Pferdekräften, die gegenwärtig für Kraftwerke aller
                              									Art in Betrieb stehen, erst der Anfang einer technisch und wirtschaftlich
                              									vollkommenen Krafterzeugung und Verteilung sind. Die Elektrotechnik wird in diesem
                              									Zusammenhange eine wichtige Rolle spielen, sie wird aber ihre Konstruktionen
                              									sachgemäss an die neue Dampfmaschine anpassen müssen. Ebenso bedeutend ist die
                              									Umgestaltung für die Schiffsmaschinen. Die Dampfturbine ist als Schiffsmaschine
                              									besonders geeignet; sie kann alle wesentlichen Mängel, unter denen der Betrieb
                              									grosser Schiffsmaschinen insbesondere leidet, vermeiden und wird grosse Ersparnisse
                              									an Raum, Gewicht und Kosten ermöglichen.
                           Die Durchbildung und Einführung der Dampfturbinen ist daher eine Aufgabe grössten
                              									Stils, von grösster technischer und wirtschaftlicher Bedeutung; sie bedeutet die
                              									grösste Umwälzung, die seit Einführung der Dampfmaschine in den industriellen
                              									Betrieben vorgekommen ist. Deutschland ist in der Durchführung leider
                              									zurückgeblieben und in Gefahr, vom Auslande überflügelt zu werden. Etwa zwei Jahre
                              									ausgiebigster Arbeit werden erforderlich sein, um den Vorsprung einzuholen. Es
                              									handelt sich daher bei der Einführung der Dampfturbine nicht nur um eine gewaltige
                              									Aufgabe der Zukunft, sondern um eine wichtige Frage der
                                 										Gegenwart.
                           In der sich an diesen Vortrag anschliessenden Erörterung bemerkte der Vertreter der
                              									Firma Brown, Boveri u. Cie., Aktiengesellschaft (Parsons-Turbinen), Herr Boveri, dass Parsons und nicht der Schwede
                              										de Laval als Schöpfer der Dampfturbine anzusehen
                              									wäre, und bemängelte unter Hinweis auf die grossen, im Schiffsmaschinenbau von der
                              										Parsons-Turbine bereits erzielten Erfolge, die an
                              									diesem Turbinensystem von Herrn Geheimrat Riedler
                              									geübte Kritik. Herr Boveri erklärte dann, dass er die
                              									fünffache Sicherheit der grossen Räder der Riedler-Stumpf-Turbine nicht für genügend halte, ihm die Parsons-Turbine wegen ihres geringen Durchmessers für
                              									die Schiffsmaschine besonders geeignet erschiene, und er überzeugt sei, dass die Parsons-Turbinenanlagen für das Torpedoboot und den
                              									kleinen Kreuzer unserer Marine die gleichzeitig in England im Bau befindlichen
                              									Schiffsturbinen in der Leistungsfähigkeit übertreffen werden.
                           Nach einem entgegnenden Schlusswort seitens des Herrn Geh. Regierungsrats Riedler wurde dieser Gegenstand verlassen.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)