| Titel: | Das Bauwesen und die Feuerungsanlagen auf der Deutschen Städte-Ausstellung in Dresden. | 
| Autor: | Gustav Rauter | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 106 | 
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                        Das Bauwesen und die Feuerungsanlagen auf der
                           								Deutschen Städte-Ausstellung in Dresden.
                        Von Dr. Gustav Rauter.
                        (Schluss von S. 95 d. Bd.)
                        Das Bauwesen und die Feuerungsanlagen auf der Deutschen
                           								Städte-Ausstellung zu Dresden.
                        
                     
                        
                           Karl
                                    											Wegener in Berlin SW. führt seine
                              									selbstätige rauchfreie Stückkohlenfeuerung vor (Fig.
                                 										38-39). Hierbei wird der Rost aus
                              									keilförmigen Stäben gebildet, die sich als Kegel mit abgestumpfter Spitze im Kreise
                              									um die Mündung des rechtwinklig gekrümmten Kohlenzuführungsrohres angeordnet finden.
                              									In dem wagerecht liegenden Teil des letzteren wird ein Kolben langsam vorwärts
                              									bewegt, der die Kohlen durch die Rohrmündung mitten auf den Rost führt, während sich
                              									die Schlacken am Umfange des Verbrennungsraumes ansammeln und hier abgezogen werden
                              									können. Die Regelung des Feuers wird durch einen Essenschieber bewirkt, während die
                              									einzubringende Kohlenmenge durch die Bewegungsgeschwindigkeit des Kolbens geregelt
                              									werden kann. Interessant ist der mit der Feuerung verbundene Apparat zur
                              									selbsttätigen Aufzeichnung des Kohlenverbrauches, durch den auf einer in Stunden und
                              									Minuten eingeteilten Skalajedesmal angezeigt wird, wie oft eine Menge von bei
                              									spielsweise 20 kg Kohle auf den Rost befördert worden ist, so dass sich am Ende des
                              									Tages ohne weiteres die Art und Weise des Heizens kontollieren lassen kann.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 106
                              Fig. 38. Selbsttätige Stückkohlenfeuerung von Wegener.
                              
                           I. A. Topf u. Söhne in Erfurt stellten ihre
                              									rauchverhütende Planrostfeuerung aus. Diese arbeitet in der Weise mit sekundärer
                              									Luft, dass sich über der Feuertür ein Gehäuse befindet, das durch einen Deckel gut
                              									verschliessbar ist und das zur Regulierung des Luftzutrittes dient. Von da aus tritt
                              									die Luft in einen flachen Raum über, der durch das Flammrohr oder das Feuergewölbe
                              									einerseits und durch eine in einem gewissen Abstande davon befestigte gusseiserne
                              									gebogene Platte oder durch ein zweites Gewölbe andererseits gebildet wird. Diese Art
                              									und Weise der Erwärmung der Sekundärluft schützt zugleich den Kesselboden in
                              									gewissem Umfange vor der Stichflamme. Die Regulierungsvorrichtung für die
                              									Sekundärluft wird
                              									von der Feuertür in Bewegung gesetzt, indem bei jedesmaligem Oeffnen der Feuertür
                              									ein Gewicht angehoben wird, das durch sein langsames Niedersinken Luft in die
                              									erwähnte Oeffnung hineindrückt. Zugleich mit dieser Vorrichtung empfiehlt die
                              									genannte Firma auch ihre Schüttfeuerungen mit Treppenrosten in verschiedenen Formen
                              									der Ausführung.
                           Von sonstigem Zubehör zu Dampfkesselfeuerungen sind zunächst die Messapparate zu
                              									erwähnen, in deren Konstruktion rastlos weiter gearbeitet wird. G. A. Schultze in Berlin SW. hatte seinen bekannten
                              									Differential-Rauchgasanalysator ausgestellt (s. D. p. J. 1903, 318, 90). Max Schubert in Chemnitz führt
                              									seine „Zugometer“ genannte Zugmesser vor, die nach dem Membransystem
                              									konstruiert sind und auch in der Ausstattung einem Manometer ähnlich sehen. Sie
                              									gestatten jederzeit vom Heizerstande aus ein bequemes Beobachten der Zugstärke. Eine
                              									zur Untersuchung des Sauerstoffgehaltes der abziehenden Heizgase dienende Bürette
                              									derselben Firma ist so eingerichtet, dass sie auf einer Skala anzeigt, mit einem wie
                              
                              									grossen Luftüberschuss man gerade arbeitet. Der Apparat wird von dem Erfinder
                              									Zugobürette genannt.
                           Einen Heizlochdeckel mit Glassplatte nach System Ruber
                              									führt das Eisenhütten- und Emallierwerk Tangerhütte
                              									vor. Der Deckel ermöglicht durch seine Konstruktion das jederzeitige Beobachten
                              									industrieller Feuerungen auch bei geschlossenen Feuerlöchern.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 107
                              Fig. 39. Selbsttätige Stückkohlenfeuerung von Wegener.
                              
                           Bezüglich der Heizung für Wohnräume waren Gebr. Körting
                              									in Körtingsdorf bei Hannover mit ihren Heizvorrichtungen nach dem
                              										„Luftumwälzungsverfahren“ zur Stelle. Hierbei sind Heizkörper angeordnet,
                              									ähnlich denjenigen der gewöhnlichen Dampfheizungen, wobei in jeden Körper von unten
                              									ein Dampfstrahl in tangentialer Richtung eingeblasen wird. Der Dampf saugt hierbei
                              
                              									die umgebende Luft an und führt sie im Kreislauf durch das betreffende Heizelement.
                              									Durch den so erzeugten gleichmässigen Kreislauf eines Gemisches von Dampf und Luft
                              									wird bewirkt, dass die Heizkörper oben wie unten gleiche Temperatur haben, und dass-
                              									auch die einzelnen Heizkörper untereinander keine wesentlichen
                              									Temperaturunterschiede aufweisen. Hierdurch ist übermässige örtliche Erhitzung der
                              									Heizkörper ausgeschlossen und somit auchdas Verkohlen des darauf angesammelten
                              									Staubes vermieden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 107
                              Heizkörper nach dem Luftumwälzungsverfahren von Gebr. Körting.
                              
                           Wie Fig. 40
                              									u. 41
                              									erkennen lassen, strömt der Dampf durch Düsen in jedes einzelne Element ein und wird
                              									dann durch den mittelsten der drei nebeneinander angeordneten Kanäle nach oben
                              									getrieben. Hier teilt sich dann der Dampfstrom und geht in den beiden äusseren
                              									Kanälen wieder nach unten herunter. Das Kondenswasser kann hier abfliessen, während
                              									die nicht kondensierten Dämpfe und Gase durch den eintretenden Dampf von neuem nach
                              									oben mitgerissen werden. Einem Prüfungsschein der physikalisch-technischen Reichsanstalt zu Charlottenburg, über das
                              									Verhalten eines derartigen Heizkörpers bei Dampfdrücken von drei und 186 mm
                              									Wassersäule entnehmen wir folgende Angaben:
                           
                              
                                 Wirksamer Dampfdruck in mm Wassersäule
                                     3
                                 186
                                 
                              
                                 Wärmegrade an den Kanälen des
                                    											Heizkörpers,    gemessen
                                 
                                 
                                 
                              
                                 unten
                                 links
                                 38,8
                                 94,0
                                 
                              
                                 „
                                 mitten
                                 43,3
                                 95,5
                                 
                              
                                 „
                                 rechts
                                 38,4
                                 94,4
                                 
                              
                                 Mitte
                                 links
                                 32,2
                                 94,4
                                 
                              
                                 „
                                 mitten
                                 33,7
                                 95,2
                                 
                              
                                 „
                                 rechts
                                 32,0
                                 94,5
                                 
                              
                                 oben
                                 links
                                 31,3
                                 94,7
                                 
                              
                                 „
                                 mitten
                                 32,8
                                 95,3
                                 
                              
                                 „
                                 rechts
                                 31,4
                                 94,6
                                 
                              
                                             mittlere Wärmegrade
                                 35
                                 94,5
                                 
                              
                                 Wärmeabgabe in Cal. f. d. Stunde und qm
                                 22
                                 705
                                 
                              
                                 Aus dem Heizkörper verdrängte Luft in %
                                 11
                                 91
                                 
                              
                                 Luftwärme °C.
                                 23
                                 25
                                 
                              
                           H. Kori, Berlin W., stellt seine Verbrennungsöfen für
                              									Abfälle aller Art aus. Diese Oefen werden je nach dem Zweck, dem sie dienen sollen,
                              									in verschiedenen Ausführungsformen und Grössen gebaut. In der kleinsten Form dienen
                              									sie für die Beseitigung von Verbandzeug, von kleinen Versuchstieren oder
                              									dergleichen, während die grösseren Formen (Fig. 42 u. 43) zur
                              									Beseitigung von Markthallenabfällen usw. bestimmt sind. Die Oefen besitzen neben dem
                              									eigentlichen Verbrennungsraum (Fig. 42) eine Nebenfeuerung (Fig. 44), die dazu dient, den Rauch zu verzehren, der
                              									sich beim Verbrennen der Abfälle selbst gebildet hat. Bei grösseren Anlagen ist nur
                              									für je zwei Oefen eine derartige Nebenfeuerung erforderlich. Die Abfälle gelangen
                              									zunächst auf den Schrägrost S (Fig. 42) und sodann
                              									auf den Planrost R, hinter dem sich die eigentliche
                              									Feuertür befindet. Die Verbrennungsgase gelangen durch die Kanäle G und K2 sowie O1 und O2 in die Nebenfeuerung und hier durch A in die Esse. Bei der Anordnung ist besonderes Gewicht
                              									darauf gelegt, die eigene Verbrennungswärme der Abfälle auszunutzen und nur
                              									erforderlichenfalls zum Betriebe der Nebenfeuerung besonders Brennmaterial zu
                              									verwenden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 108
                              Verbrennungsofen von Kori für Abfälle.
                              
                           Die von Conrad Bauer zu Niederschönhausen bei Berlin
                              									ausgestellte Müllverwertungsanlage fällt zwar nicht vollständig in das Gebiet der
                              									Müllverbrennung, ist aber doch dazu bestimmt, wenigstens einen Teil der Abfälle
                              									durch Feuer unschädlich zu machen oder zu verwerten. Nach Bauers System wird der Müll zunächst sortiert, und zwar durch Absieben,
                              									unterstützt durch Ausschleudern und durch die Einwirkung eines mittels Exhaustors
                              									erzeugten Luftstromes. Auf diese Weise werden aus dem Müll zunächst die leichteren
                              									Abfälle an Papier und dergleichen, ferner auch die Eisenteile und anderen
                              									Metallabfälle, Glasscherben und Knochen ausgesondert. Bauschutt, Topf- und
                              									Porzellanscherben sollen mechanisch zerkleinert und zu Kies verarbeitet werden. Die
                              									Asche wird entweder für sich allein oder mit einem geringen Zusatz an gelöschtem
                              									Kalk als Auffüllmaterial für Bauzwecke verwendet. Auch soll sie in Vermischung mit
                              									dem aus Scherben erhaltenen Kies und nach Zusatz eines geeigneten Bindemittels zu
                              									Steinen verarbeitet werden. Die brennbaren Stoffe schliesslich werden verbrannt und
                              									dienen zum Betriebe der Anlage oder zu anderen Zwecken. Nach diesem System
                              									hergestellte Mauersteine, sowiedanach gewonnener Brennstoff in Brikettform
                              									waren gleichfalls ausgestellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 108
                              Fig. 44. Verbrennungsofen von Kori für Abfälle.
                              
                           Ferner zeigt auch die Sonderausstellung des Verbandes der
                                 										Feuerbestattungsvereine hierher gehörige Konstruktionen, indem verschiedene
                              									Zeichnungen von Verbrennungsöfen für Leichen ausgestellt waren. Sie werden mit
                              									Gasfeuerung nach dem System von Richard Schneider in
                              									Dresden betrieben.
                           Schliesslich ist in diesem Zusammenhange noch die Vorführung der Deutschen Wassergas-Beleuchtungsgesellschaft zu Berlin
                              									zu erwähnen, die Beleuchtungsanlagen mit dem von ihr vertretenen System der
                              									Wassergaserzeugung nach Dellwick und Fleischer
                              									ausgestellt hatte. Hierbei wird die Wassergaserzeugung mit der Leuchtgasherstellung
                              									nach dem Grundsatze der sogenannten Autokarburation
                              									verbunden. Das Verfahren geht von dem durch die Verwendung des Auerbrenners
                              									veränderten Verhältnissen in der Gasbeleuchtung aus. unter denen es nicht mehr
                              									erforderlich ist, in erster Linie aus der Kohle ein möglichst leuchtkräftiges Gas
                              									herzustellen, vielmehr ein Gas erzeugt werden muss, das eine möglichst hohe
                              									Flammentemperatur ergibt. Letztere steigt aber um so höher, je mehr Wassergas dem
                              									Leuchtgase zugeführt wird. Aus diesem Grunde arbeitet man in der Weise, dass man in
                              									den Gasanstalten nur so viel Leuchtgas erzeugt, dass eben diejenige Menge von Koks
                              									erhalten wird, die für die Herstellung von Mischgas erforderlich ist. Man verwandelt
                              									also die ganzen erhaltenen Koksmengen in Wassergas und setzt dieses dann dem zuerst
                              									erhaltenen Leuchtgase zu. Verfährt man so, so erhält man ein Gemisch von etwa einem
                              									Teil Leuchtgas und zwei Teilen Wassergas. Will man jedoch ein Gas erzeugen, das
                              									nicht ausschliesslich für den Auerbrenner berechnet ist, sondern einen höheren
                              									Heizwert besitzt, so wird man nicht die ganze erhaltene Koksmenge auf Wassergas
                              
                              									verarbeiten, sondern etwa nur die Hälfte davon, so dass man ein Gemisch aus gleichen
                              									Teilen Leuchtgas und Wassergas erhält.
                           Diese Ausstellung würde eine passende Ueberleitung zu derjenigen bilden, die von den
                              										Städtischen Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerken
                              									veranstaltet war. Jedoch würde die Besprechung dieser letzteren hier zu weit führen,
                              									zumal es sich in dieser Gruppe der Städte-Ausstellung weniger um die Einzelheiten
                              									bestimmter Verfahren, als um die Darstellung von Beleuchtungsanlagen usw. im ganzen
                              									handelte, wobei namentlich auch die verwaltungstechnischen Grundsätze, die
                              									Rentabilität usw. eine grosse Rolle spielten.