| Titel: | Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Erze, Kohle und Koks. | 
| Autor: | Georg v. Hanffstengel | 
| Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 183 | 
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                        Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für
                           								Erze, Kohle und Koks.
                        Von Georg v. Hanffstengel, Ingenieur in
                           									Stuttgart.
                        (Fortsetzung von S. 174 d. Bd).
                        Moderne Lade- und Transporteinrichtungen für Erze, Kohle und
                           								Koks.
                        
                     
                        
                           
                              
                              Hängebahnen mit Schiene oder Seil.
                              
                           Als Hängebahnen im weiteren Sinne dürfen alle die Bahnsysteme bezeichnet werden, bei
                              									denen der Schwerpunkt des Wagens unterhalb des Gleises liegt. Im engeren Sinne
                              									dagegen gebraucht man diesen Ausdruck für Bahnen mit einfacher, starrer Schiene,
                              									deren Wagen von Hand bewegt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 183
                              Fig. 270. Befestigung einer Hängebahnschiene (B. A. M. A G.).
                              
                           Die Vorzüge von Hängebahnen gegenüber Standbahnen liegen darin, dass der Boden von
                              									Gleisen frei bleibt, also der übrige Verkehr nicht gestört wird, und dass die in der
                              									Regel zweirädrigen Wagen leichter beweglich sind, besonders in engen Kurven. Daher
                              									haben sich die gewöhnlichen Hängebahnen mit Handbetrieb überall eingebürgert, wo
                              									massige Kohlenmengen auf geringere Entfernungen zu bewegen sind und eine
                              									selbsttätige Förderanlage sich noch nicht lohnen würde. In erster Linie kommen
                              									kleinere und mittlere Gasanstalten, in Frage, in denen Hängebahnen sowohl für Kohle
                              									als für Koks benutzt werden.
                           Die Hängebahnschiene wird auf Konsolen an der Wand befestigt oder am Dachgebälk oder
                              									sonstigen Trägern aufgehängt. Fig. 270 zeigt eine
                              									Aufhängung mittels gusseisernen Bockes nach Ausführung der Berlin-AnhaltischenMaschinenbau-Aktien-
                                 										Gesellschaft. Meistens wird statt dessen ein gebogener Winkel verwandt.
                           Fig. 271 gibt einen Muldenkippwagen für Hängebahnen
                              									von Arthur Koppel wieder. Die Mulde ist so in
                              									Drehzapfen gelagert, dass sie in jeder Stellung nahezu im Gleichgewicht ist, sich
                              									also leicht kippen lässt. In der aufrechten Lage wird sie durch einen kleinen, am
                              									Gehänge verschiebbaren Klotz festgehalten, der sich gegen Leisten an der Stirnwand
                              									des Gefässes legt. Das aus zwei Stahlrollen mit Traverse bestehende Laufwerk ist mit
                              									dem Gehänge beweglich verbunden, so dass die Mulde sich auf geneigtem Gleise stets
                              									richtig einstellt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 183
                              Fig. 271. Muldenkipper von Koppel.
                              
                           Die B.-A. M.-A.-G. führt neben derartigen Muldenkippern
                              									Wagen mit Bodenklappen nach Fig. 272 aus. Auf beiden
                              									Seiten des Wagens angebrachte Riegelstangen, die als durchschlagende Kniehebel
                              									ausgeführt sind, halten die Klappen sicher geschlossen. Durch Drehung einer durchgehenden Achse mit
                              									Handhebeln wird der Verschluss gelöst. Plötzliches Aufschlagen der Klappen
                              									verhindert ein Flügel, der auf der durchlaufenden Welle im Innern des Wagens so
                              									angebracht ist, dass er sich beim Oeffnen nach oben, also dem Material entgegen,
                              									bewegt, wobei er einen beträchtlichen Widerstand zu überwinden hat.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 184
                              Fig. 272. Hängebahn wagen der B. A. M. A. G.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 184
                              Fig. 273. Beschattung eines Lagerplatzes durch Hängebahnen.
                              
                           Die Bahn ist, wenn möglich, so anzulegen, dass ein Kreislauf der Wagen stattfinden
                              									kann. Nur auf kurzen Strecken oder bei geringen Leistungen darf man von dieser Regel
                              									abgehen. Häufig lässt sich die Einrichtung so treffen, dass ein grösserer Teil des
                              									Gleises mit schwachem Gefälle verlegt wird, so dass die Wagen auf dieser Strecke
                              									ohne Triebkraft laufen. Fig. 273 gibt die Skizze
                              									einer Hängebahnanlage, die nach diesem Prinzip arbeitet und für Beschüttung eines
                              									Lagerplatzes dienen soll.Ein Entwurf dieser
                                    											Art wurde von C. Eitle, Stuttgart, für ein
                                    											grösseres Gaswerk gemacht. Der Hauptschienenstrang abcde umkreist den Platz mit dem zur Bewegung der Wagen
                              									nötigen Gefälle. Bei e befindet sich ein Aufzug, der
                              									die Wagen, nachdem sie ihren Weg vollendet haben, wieder auf die Höhe der
                              									Beladestation und damit des Punktes a hebt. Die
                              									Schienen a b und c d sind
                              
                              									durch eine Reihe mit Weichen angeschlossener Querstränge fg,
                                 										hi usw. untereinanderverbunden. In beliebigen Zwischenräumen werden
                              									verstellbare Anschläge angebracht, die selbsttätiges Ausschütten der Mulden
                              									bewirken. Auf diese Weise kann die Anlage mit sehr wenig Bedienung arbeiten. Da
                              									zwischen den Punkten f und g das Gefälle wesentlich grösser ist als zwischen b und c, so wird es zweckmässig sein, das
                              									Laufwerk der Wagen mit einer einfachen Geschwindigkeitsbremse auszurüsten.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 184
                              Hängebahnanlage für Schiffsentladung von Gebr. Weismüller.
                              
                           Der Inhalt der Wagen pflegt zwischen 0,3 und 0,6 cbm zu schwanken. Das Gewicht jeder
                              									einzelnen Ladung wird, wenn erforderlich, durch Laufgewichtswagen mit
                              									Schienenunterbrechung festgestellt; häufig werden auch Zählwerke eingebaut. Für
                              									Anlagen, bei denen die vollen und die leeren Wagen auf dem gleichen Strang befördert
                              									werden, führt die B.-A. M.-A.-G. ein Zählwerk, Bauart
                              										Burgmann, aus. Die Wirkung dieses Zählwerkes beruht
                              									darauf, dass ein Schienenstück mit längerer Spannweite sich beim Vorübergang des
                              									beladenen Wagens erheblich durchbiegt, wobei eine an dem Laufwerk angebrachte Knagge
                              									das Zählwerk in Bewegung setzt. Leere Wagen dagegen passieren ungehindert, da die
                              									Schiene sich nicht genügend senkt. Einen vollen Wagen zurückzuschieben und doppelt
                              									zu zählen, wird durch den Anschlag des Zählwerks verhindert, der nur in einer
                              									Richtung nachgibt.
                           Auf längeren Strecken und bei grösserer Leistung werden die Wagen zweckmässig an ein
                              									endloses Zugseil angeschlossen, und es ergibt sich dann ein ganz ähnlicher Betrieb
                              									wie bei Seilförderung auf Standbahnen. Die Zeichnung der Beladestation einer
                              
                              									eigenartigen Anlage nach diesem System wurde mir von Gebr.
                                 										Weismüller, Frankfurt a. M.-Bockenheim, zur Verfügung gestellt (Fig. 274
                              									u. 275).
                              									Die Hängebahn befördert Erze und Kohlen über eine längere Geländestrecke vom Schiff
                              									zur Fabrik. Die Wagen werden an drei Stellen mit Hilfe ebenso vieler Winden ins Schiff
                              									hinuntergelassen, dort voll geschaufelt, aufgezogen und auf die Schiene gesetzt, um
                              									der Seilstrecke zugeschoben zu werden. Die Winden sind einfache
                              									Keilräderreibungswinden und werden durch Zugketten von der Beladestation aus
                              									gesteuert. Von der Seilförderung ist nur die Endleitrolle mit zwei kleinen
                              									Tragröllchen zu sehen. Das ganze Gerüst lässt sich bei Hochwasser und Eisgang auf
                              									Laufrollen zurückschieben.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 185
                              Fig. 276. Stützpfeiler für eine Drahtseilbahn.
                              
                           Schienenhängebahnen der beschriebenen Art sind zweckmässig bei Förderung im Innern
                              									eines Gebäudes oder für kurze Wege ausserhalb. Wenn es sich aber um Transport über
                              
                              
                              									Land auf längere Entfernungen handelt, so wird das Gerüst zu kostspielig und man ist
                              									auf Seil als Tragorgan angewiesen. Solche Bahnen mit Trag- und Zugseil werden
                              									gewöhnlich im engeren Sinne als Drahtseilbahnen oder auch als Luftseilbahnen
                              									bezeichnet. Sie sind wirtschaftlich den Standbahnen mit Seilbetrieb überlegen, wo
                              									nicht der Grund und Boden sehr billig zu haben ist. Bei schwierigen
                              									Geländeverhältnissen bilden sie häufig das einzige Auskunftsmittel, da sie von der
                              									Bodengestaltung völlig unabhängig sind. In Deutschland betreiben zwei Firmen, Adolf Bleichert u. Co. in Leipzig und J. Pohlig in Köln in grossem Maassstabe den Bau von
                              									Drahtseilbahnen. Ein Teil der folgenden Angaben ist den Katalogen dieser beiden
                              									Firmen entnommen.
                           Die Tragseile werden normal in Abständen von etwa 40 bis 100 m durch hölzerne oder
                              									eiserne Gerüste gestützt, doch machen besondere Geländeverhältnisse häufig sehr viel
                              									grössere Enternungen notwendig. Nach Angabe von Pohlig
                              									sind schon Spannweiten bis zu 1100 m ausgeführt worden. Fig. 276 skizziert einen hölzernen Stützpfeiler, auf dem die Tragseile
                              									mittels langer Schuhe aufliegen. Die Rollen R schützen
                              									das Zugseil vor zugrossem Durchhang, wenn sich wenig Wagen auf der Strecke
                              									befinden. Die beiden voneinander unabhängigen Tragseile, von denen das eine für die
                              									vollen, das andere, mit kleinerem Durchmesser, für die leeren Wagen bestimmt ist,
                              									sind an einem Ende der Bahn verankert, am anderen über Rollen nach unten abgelenkt
                              									und durch schwere Gewichte gespannt. Bei grösseren Längen werden ausserdem
                              									Zwischenspannvorrichtungen eingelegt. Auf den Stationen wird der Wagen vom Zugseile
                              									gelöst und geht auf feste Hängeschienen über. Damit das Zugseil nicht zu schwer
                              									ausfällt, werden bei längeren Bahnen in Abständen von etwa 5000 m Zwischenstationen
                              									eingeschaltet, auf denen der Wagen an ein neues Zugseil angeschlossen wird. Unter
                              									günstigen Verhältnissen darf diese Entfernung bis auf 10000 m erhöht werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 185
                              Fig. 277. Verschlossenes Seil von Bleichert.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 185
                              Fig. 277a.Simplexseil nach Pohlig.
                              
                           Die Tragseile brauchen nur wenig biegsam zu sein und werden daher aus starken
                              									Runddrähten als Spiralseile hergestellt. Neuerdings werden mit Vorliebe Seile
                              									verschlossener Konstruktion aus Formdrähten angewandt, die den Laufrollen eine
                              									glatte Oberfläche bieten und Eindringen von Feuchtigkeit in das Innere erschweren.
                              									Ein solches verschlossenes Seil zeigt Fig. 277 im
                              									Querschnitt, eine Abart, von J. Pohlig unter dem Namen
                              										„Simplex-seil“ eingeführt, Fig. 277a.
                           Als Zugseil wird ein Litzenseil benutzt, das an einem Ende der Bahn über die
                              									Antriebsscheibe läuft, während die Umkehrscheibe am anderen Ende gleichzeitig für
                              									die Spannvorrichtung verwandt wird. Die Geschwindigkeit des Zugseiles beträgt 1 bis
                              									2 m/Sek., lässt
                              									sich aber mit den neueren Kupplungsapparaten auf 2½ bis 3 m/Sek. steigern.
                              									In Fig. 276 liegt das Zugseil unter dem Tragseil.
                              									Diese Anordnung empfiehlt sich bei grosser Zugseilspannung, während die umgekehrte
                              									Lage bei geringem Widerstand bevorzugt wird und den Vorteil bietet, dass auf den
                              									Stationen der Verkehr unter den Tragseilen nicht durch das Zugseil behindert
                              									wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 185
                              Fig. 278. Drahtseilbahnwagen von Pohlig.
                              
                           Der Wagen (Fig. 278) unterscheidet sich von einem
                              									gewöhnlichen Hängebahnwagen nur durch den Kupplungsapparat, der sehr sorgfältig
                              									auszuführen ist, da der sichere Betrieb der Bahn davon abhängt, ob die Kupplung,
                              									namentlich bei ungünstiger Witterung, zuverlässig arbeitet. Die älteren Apparate
                              									waren bei Steigungen über 1 : 5 bis 1 : 4 nicht mehr betriebssicher, so dass man für solche
                              									Fälle zum Knotenseil griff (vergl. Seilförderung auf Standbahnen). Neuerdings
                              									indessen sind Seilklemmapparate geschaffen worden, die, wie es scheint, allen
                              									Bedingungen gerecht werden und sogar noch in Steigungen von 45 °, sowie bei Eis und
                              									Schnee, zuverlässig funktionieren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 186
                              Kupplungsapparat „Automat“ von Bleichert & Co.
                              
                           Wie aus den Fig.
                                 										279–283 hervorgeht, greift bei dem Kupplungsapparat der Firma Bleichert das Wagengehänge G an einer mit zwei Laufrollen versehenen Achse M an, die ihrerseits in einem in der Zeichnung nicht sichtbaren Gleitstück
                              									gelagert ist. Dieses überträgt die Last des Wagens auf den Hebel H, dessen einer Arm B als
                              									Klemmbacke ausgebildet ist und einer ähnlich geformten Backe B' am Laufwerk gegenübersteht. In Fig. 279 ist das
                              									Gleitstück entlastet, da das Gehänge unmittelbar durch die Laufröllchen R (Fig. 281) gestützt
                              									wird. Daher bleibt die Zange geöffnet. Denkt man sich indessen die
                              										„Kuppelschienen“
                              									S gesenkt gegenüber der Tragschiene S', bezw. ganz entfernt, so wirkt die volle Last des
                              									Wagens auf den Hebel H, der das zwischen die Backen
                              									gelegte Seil nunmehr mit einer von dem Wagengewicht und der Hebelübersetzung
                              									abhängigen Kraft einklemmt. (s. auch Fig. 282 u. 283).
                           Ein- und Auskuppeln der Wagen geschieht vollständig selbsttätig durch die
                              									entsprechend gebogenen Schienen S, auf welche die
                              									kleinen Tragrollen auf den Stationen auflaufen, so dass die Backen sich öffnen und
                              									das schräg geführte Zugseil sich einlegen bezw. heraushebenkann. Der
                              									Bedienungsmann hat nur den Wagen, möglichst mit der Geschwindigkeit des Zugseiles,
                              									anzuschieben bezw. ihn an der Endstation in Empfang zu nehmen.
                           Der „Universalklemmapparat“ von J. Pohlig,
                              									(vergl. Fig. 278), dem dieselbe gute Wirkung
                              									nachgerühmt wird, benutzt zum Festklemmen des Seiles einen Gewichtshebel, dessen
                              									Welle zwei entgegengesetzt gerichtete Gewinde trägt, das eine mit sehr grosser, das
                              									andere mit geringer Steigung. Ersteres dient dazu, während der einen Hälfte der
                              									Hebeldrehung die beiden Klemmbacken einander rasch zu nähern. Dann tritt es ausser
                              									Wirksamkeit und überlässt das endgültige Festklemmen dem feinen Gewinde, das eine
                              									sehr intensive Pressung hervorruft. Diese wird noch verstärkt dadurch, dass der
                              									Hebel beim Einkuppeln mit einem scharfen Ruck in die Endstellung geworfen wird. Ein-
                              									und Auskuppeln vollziehen sich ebenso selbsttätig wie bei dem vorher beschriebenen
                              									Apparate.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 186
                              Einzelheiten einer einseiligen Bahn.
                              
                           Die Firma Bleichert nimmt für ihren neuen
                              									Kupplungsapparat neben den schon erwähnten Vorteilen als wesentliche Verbesserungen
                              									in Anspruch, dass er Seile von verschiedener Stärke mit der gleichen Sicherheit
                              									fasst, dass er in beiden Richtungen wirkt, und endlich, dass er grössere
                              
                              									Geschwindigkeit zulässt und damit alle Teile schwächer zu dimensionieren
                              									gestattet.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 186
                              Fig. 287. Seilbahn für Schiffsbekohlung von der Lidgerwood Mfg. Co.
                              
                           Die Leistung einer Seilbahn berechnet sich, wenn man annimmt, dass die einzelnen
                              									Wagen einander in Abständen von 20 Sek. folgen und 500 kg Inhalt haben, auf 90 t i.
                              									d. Stunde. Eine so hohe Leistung wird nur selten verlangt, kann aber, wenn
                              									gewünscht, durch Vergrösserung des Wageninhaltes noch beliebig vermehrt werden. So
                              									hat die Firma Pohlig vor kurzem auf den Rombacher
                              
                              									Hüttenwerken eine Bahn ausgeführt, auf der Wagen von 1000 kg Inhalt eineinander
                              									in 18 Sekunden Zwischenraum folgen, womit sich eine Leistung von 200 t in der Stunde
                              									ergibt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 187
                              Fig. 288. Doppelter Telpher mit Kohlebehältter von 8 t Inhalt.
                              
                           Bei kurzen Strecken und geringen Fördermengen kann die Anlage dadurch vereinfacht
                              									werden, dass nur ein Tragseil verwandt wird, auf dem die Wagen, event. zu Zügen
                              									vereinigt, hin- und hergezogen werden.
                           Wird nur bergab gefördert, so ist bei genügendem Gefälle automatischer Betrieb
                              									möglich, wie bei der früher beschriebenen Bremsbergförderung.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 187
                              Fig. 289. Telpher mit Selbstgreifer.
                              
                           Seilbahnen der besprochenen Bauart werden vielfach benutzt, um Erze und Kohlen von
                              
                              									der Grube zur Bahn oder zum Verwendungsorte zu schaffen. Zur Beschickung von
                              									Hochöfen sind sie zweckmässig, wenn das Erz- oder Kokslager sich in grösserer
                              									Entfernung von den Oefen befindet. Die Seilbahn, welche meistens mehrere Oefen
                              									zugleich bedient, wird direkt über die Gichtbühne geführt, wo der Wagen abgekuppelt
                              									und auf eine Hängeschiene geleitet wird, die um die Gicht herumläuft. Bleichert hat auf verschiedenen Werken bei geringer
                              									Entfernung zwischen Ofen und Lagerplatz Bahnen mit starren Hängeschienen gebaut, die
                              									auf einer stark geneigten eisernen Brücke montiert sind. Die Leistung dieser Anlagen
                              									ist bei dem kontinuierlichen Betriebe sehr reichlich gross, so dass die Bahnen nur
                              									zeitweilig arbeiten. Die Eisenkonstruktion fällt verhältnismässig leicht aus, da die
                              									Einzellasten gering sind, so dass die Anlage sich ziemlich billig stellen
                              									dürfte.
                           Eine andere Bauart von Drahtseilbahnen benutzt statt getrennten Trag- und
                              									Zugorgane nur ein einziges Seil, das die Last gleichzeitig trägt und fortbewegt. Da
                              									das belastete, straff gespannte Seil dauernd über Rollen laufen muss, so wird sich
                              									ein rascher Verschleiss einstellen, wenn schwere Lasten gefördert werden. Da diese
                              									Bauweise immerhin wegen ihrer Billigkeit unter Umständen in Wettbewerb treten kann,
                              									namentlich für vorübergehende oder selten benutzte Anlagen, so seien in den Fig. 284
                              									bis 286
                              									einige Einzelheiten einer in Indien erbauten einseiligen Bahn gegeben, die leichte
                              									Lasten in beträchtlicher Steigung zu fördern hat, bei Spannweiten bis zu 500 m.Nach „Traction and
                                       										Transmission“. Die in Fig. 284 angegebene
                              									Schiene trägt den Wagen an den Stationen und ermöglicht den Klemmbacken, sich unter
                              									der Wirkung ihres Eigengewichtes zu öffnen. Sie umschliessen das Seil (Fig. 286)
                              									und klemmen es, wenn die Hängeschiene sich senkt, mit einer von dem Wagengewichte
                              									abhängigen Pressung zwischen sich. Wie Fig. 287
                              									zeigt, findet eine Kniehebelwirkung statt, die sich durch Aenderung der
                              									Stangenlängen regeln lässt.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 187
                              Fig. 290. Telpher mit Winde bei beschränkter Konstruktionshöhe.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 187
                              Fig. 291. Rotierende Schiene für Kohlenlagerplätze.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 319, S. 187
                              Fig. 292. Verschiebbare Schiene für Kohlenlagerplätze.
                              
                           Eine interessante Anwendung findet diese Art von Drahtseilbahnen bei der Bekohlung
                              									von Kriegsschiffen während der Fahrt nach dem System der Lidgerwood Mfg. Co., New York, das Fig.
                                 										287 schematisch darstellt Ein ¾zölliges Seil läuft von der im Kohlenschiff
                              									aufgestellten Zweitrommelwinde in geschlossenem Zuge über die an den Masten beider
                              									Schiffe gelagerten Rollen. Am oberen Trum a wird ein
                              									Wagen befestigt, der mit zwei Rollen auf dem unteren Seile b läuft und in einem Haken die Last trägt, bestehend aus zwei Kohlensäcken
                              									von je 190 kg Gewicht. Die Säcke werden durch einen Aufzug gehoben und in den Wagen
                              									eingehängt. Sodann rückt der Maschinist die Trommel I
                              									ein, die das untere Seil einzieht, während eine Reibungskupplung der anderen Trommel
                              									Seil herzugeben gestattet. Auf diese Weise wird der mit dem oberen Seil fest
                              									verkuppelte Wagen nach dem Kriegsschiff hinübergezogen, wo die Last selbsttätig
                              									ausgehängt wird. Dann zieht Trommel II den leeren Wagen
                              									zurück. Die durch Einstellen der Reibungskupplung regulierbare Seilspannung, etwa
                              									1400 kg, genügt um den Sack während der ganzen Fahrt über Wasser zu halten. Die
                              
                              									Leistung der Winde ist selbstverständlich übermässig gross, da sie die Kupplung
                              									durchzuziehen hat. Die Geschwindigkeit des Seiles beträgt etwa 5 m/Sek. Sie muss
                              									mindestens doppelt so gross sein, als die Geschwindigkeit, mit der die beiden Schiffe
                              									ihre gegenseitige Entfernung ändern können, denn andernfalls würde, wenn die Schiffe
                              									einander näher kommen, das Seil ins Wasser hängen. So wird das Seil schnell genug
                              									eingezogen und die Aenderung in der Schiffsdistanz beeinflusst nur die Reibkupplung
                              									und die mit ihr verbundene Trommel II die sich je
                              									nachdem schneller oder langsamer als Trommel I drehen
                              									muss.
                           Vom Kriegsschiff aus ist über eine Rolle am Mast des Kohlenschiffes ein Hilfsseil
                              									gezogen, das einen leichten Anker von etwa 2 m Durchmesser durch das Wasser
                              									mitzuschleppen hat und dadurch beständig unter Spannung gehalten wird. Dieses Seil
                              									hat den Zweck, den Wagen auf der Rückfahrt zu tragen und ein Ueberkippen zu
                              									verhindern.
                           Versuche haben eine Leistung von 20 bis 24 t/Std. ergeben, bei 5 bis 6 Knoten Fahrgeschwindigkeit
                              									und bis zu 120 m Entfernung zwischen den Schiffen. Die Vorrichtung hat auch bei
                              									rauhem Wetter den Erwartungen entsprochen.
                           Neben Seil kommt endlich noch der Elektromotor als Betriebsmittel für Hängebahnen in
                              									Frage. Anlagen dieser Art finden neuerdings viel Anklang und werden in den
                              									Vereinigten Staaten von der United Telpherage Co.,
                              									Westfield N. J., in grossem Masstabe ausgeführt. Diese Firma benutzt ein einfaches
                              									Laufwerk mit zwei Rollen, auf deren Achsen kleine Motore aufgesetzt sind. Bei
                              									schweren Lasten bezw. starken Steigungen hilft man sich entweder durch Verwendung
                              									von zwei miteinander gekuppelten Laufkatzen, oder man schaltet ein Vorgelege ein.
                              									Als Träger dient ein I Eisen oder Holzbalken
                              									mitaufgelegter Schiene, nur in Ausnahmefällen läuft die Katze auf den
                              									Unterflanschen eines I Trägers. Bei grossen Spannweiten
                              									von etwa 15 m aufwärts wird Drahtseil benutzt. Zur Stromzuleitung dient eine
                              									Schleifleitung. An den Laufwagen wird die Last entweder unmittelbar angehängt oder
                              									es wird eine kompakt gebaute Winde eingeschaltet.
                           Die Fig. 288 bis 292,
                              									die den Prospekten der Telpherage Co. entnommen sind,
                              									geben einige Beispiele für die vielseitige Verwendbarkeit des Systems. Fig. 288 zeigt einen an zwei „Telphers“
                              									aufgehängten Kohlebehälter, der von einem Bunker aus gefüllt und an beliebiger
                              									Stelle in Eisenbahnwagen entleert wird. Der Führer fährt in einem Schutzhäuschen
                              									mit. Eine Anordnung mit Greiferwinde zeigt Fig. 289.
                              									Das Führerhaus wird hier von einem Anhängewagen getragen. Fig. 290 stellt eine besondere Windenkonstruktion dar, die bei sehr
                              									beschränktem Kopfraum Verwendung findet. Eigenartig ist die Art und Weise der
                              									Bedienung von Lagerplätzen. Um die vielen Querstränge zu vermeiden (vergl. Fig. 273), benutzt die Telpherage Co. nach Fig. 291 und 292 eine einzige bewegliche Querschiene, die je nach
                              									der Form des Lagerplatzes rotiert oder sich in der Längenrichtung bewegt. Dieses
                              									Verfahren ermöglicht eine ganz gleichmässige Aufschüttung des Materials.
                           Zugunsten des Telphersystems gegenüber Hochbahnkranen
                              									wird in manchen Fällen ausschlaggebend sein, dass die Kohle vom Schiff oder
                              									Lagerplatz ohne Umladen nach einer beliebigen Stelle des Kesselhauses geschafft
                              									werden kann.
                           
                              
                                 (Schluss folgt.)